Kapitel 15

Breit lächelnd gingen die Gefährten auf das unscheinbare Dorf zu. Es war ein wunderbarer Tag, der Himmel war bis auf wenige Wolken klar und die Sonne schien milde auf die feuchte Erde herab. Die wenigen Vögel, die noch nicht vor der schleichenden Kälte geflohen waren, zwitscherten vergnügt und betrachteten das rege Treiben in der Dorfmitte, auf die die drei nun zugingen. Die von den Karren in den Schlamm gezogenen Furchen glänzten in der Sonne und wurden durch die vielen geschäftigen Stiefel, die zielgerichtet ihren Weg gingen, mit einem Schmatzen geebnet. Vor dem kleinen gemauerten Brunnen in der Mitte des Platzes blieben sie schließlich stehen. Mina lehnte sich gut gelaunt an den Brunnen, auf den sich Cian schon hingesetzt hatte und begann mit der Planung für den Tag:,,Also, wir haben einiges zu tun: wir müssen dem Dorfältesten über die Erzen berichten, unsere Vorräte auffrischen, einige Zimmer in einem Gasthaus mieten ... habe ich etwas vergessen?" , fragend schaute sie in die schweigende Runde, ,,Gut, wer würde was machen? Wir haben genau drei Sachen, die erledigt werden müssen." Enthusiastisch schaute sie ihre Gefährten an.
,,Äh ... Mina?", meldete sich schließlich Evan und fuhr sich durch sein fettiges Haar, ,, Wie wäre es, wenn wir uns erstmal ausruhen? Ich meine, wir sind jetzt schon mehrere Wochen am Stück gewandert und ich bin, um ehrlich zu sein, ziemlich am Ende. Außerdem glaube ich, dass eine Pause uns allen gut tun würde."
Cian nickte zustimmend und sah an sich hinab. ,, Und eine Wäsche, sowohl für uns selbst als auch für unsere Kleidung, wäre auch ziemlich vorteilhaft. "
Erstaunt musste die Kräutersammlerin ihnen Recht geben. Es stimmte wirklich, auch die Wechselkleidung die sie mitgenommen hatten, war vor Schmutz ganz steif und die Flecken auf ihrer jetzigen Kleidung schienen sie förmlich anzustarren. Es würde ziemlich respektlos vorkommen, so verdreckt dem Dorfältesten gegenüber zu treten.
Seufzend stimmte sie zu. Die Dorfbewohner schienen sie nicht aus den Augen zu lassen und tuschelten eifrig mit ihren Nächsten. Reisende waren hier wohl nicht so oft gesehen, wunderte sie sich. Und das, obwohl die Erzen so nah waren und es eigentlich viele Flüchtlinge geben müsste. Na hoffentlich würde sich alles in dem Gespräch mit den Bewohnern klären. Dorfleute neigten sehr schnell dazu, den Scheiterhaufen anzuzünden und ihre Opfer mit misstrauischen Blicken zu durchboren, bevor sie sie verdächtigten, die schlimmsten Dinge angestellt zu haben. Aufmerksam sah Mina sich um. ,, Seht mal!", rief auf einmal Cian und zeigte auf ein Gasthaus mit dem Namen Hermann's. Das verzierte Schild quietschte im seichten Wind und sah ziemlich mitgenommen aus.
,,Na, ich weiß nicht ... ", hörte Minerva Evan missmutig murmeln.
,,Etwas besseres wirst du hier wohl kaum finden", erwiederte Cian und betrachtete die hölzerne Tür, deren Beschlag schon rostig war. Obwohl es früher Nachmittag war, wehte der Wind den Gefährten schon lautes Grölen zu. Mit unleserlicher Mine ging die Kräutersammlerin auf das wenig seriöse Gasthaus zu. Der weiche Boden gab unter ihren Füßen nach und formte matschige Spuren. Der Geruch vieler Jahre Trunk, Spiel und Speise sowie der verschwitzter Männer wehte ihr entgegen als sie die Tür mit einem Quietschen öffnete. Die Luft flüchtete förmlich vor der Männerschaar. Verständlich. Mit gerümpfter Nase betrat die junge Frau schließlich das Stammlokal aller Dorfsäufer und hielt auf die Bar zu. Viele vor Abnutzung glänzende Hocker waren vor das zerkratzte Herz einer jeden Schenke gestellt und von manchen nach Arbeit riechenden Leuten besetzt. Seufzend ließ Mina ihren Blick schweifen, während ihre 2 Mitläufer hinter ihr die Tür schlossen. In einer Ecke des Raumes spielte ein sehr mittelmäßiger Musikant auf seiner Fiedel, wurde aber hoffnungslos übertönt. Die Reisende gab sich einen Ruck und drehte sich zu ihren Jungs um.
,, Folgendes", flüsterte sie ihnen hastig ihre Eingebung zu, ,, Wir haben nicht besonders viel Geld, wir werden uns ein Zimmer teilen müssen. Aber weil bestimmt Fragen aufkommen werden bist du, Evan, ab heute mein inofizieller Ehemann, und du Cian, mein kleiner Bruder. Spielt einfach eure Rolle", hektisch gestikulierte sie mit ihren Armen als sie ihre skeptischen Blicke sah. Bevor jemand Einspruch erheben konnte ging sie möglichst selbstbewusst auf den Besitzer zu. Er putzte gerade die Bar mit einem alten Lappen. Sich selbst ermutigend richtete Mina ihren Gang auf und sprach den Mann an : ,, Hey, Wirt! Ist noch etwas frei? Mein Mann, mein Bruder und ich würden gerne ein Zimmer für 3 Nächte beziehen,", sie deutete auf Evan und Cian.
Der füllige Mann richtete sich schwerfällig von seiner Arbeit auf und musterte die drei aus seinen trüben blauen Augen. Seine buschigen Augenbrauen zogen sich zusammen. ,,Ein Zimmer für 3 Nächte?", wiederholte er und sieß sie nicht aus den Augen.
,, So ist es", stimmte der Weißhaarige zu und umarmte seine "Frau" von hinten. Er legte seinen Kopf besitzergreifend auf den von Mina und brummte : ,,Wie viel?"
Minerva überspielte ihre unangenemen Gefühle äußerlich durch Verlegenheit und starrte steif auf den Boden. Sie biss die Zähne zusammen. Es ist nötig, erinnerte sie sich.
Der Wirt blickte nachdenklich auf die Gefährten. ,, 35 Schimmernde." Sein Gesicht verriet keine Regung.
Mina schüttelte leicht ihren Kopf. Das war zu viel. Evan bemerkte ihre Bewegungen und erwiederte den Blick des Gasthausbesitzers entschlossen.
,,28."
,,33."
,,29."
Die beiden lieferten sich ein Blickduell der wenig feinen Art und blitzten ihren Gegenüber an. Cian blickte aufmerksam von einem zum anderen. Es war wirklich wichtig, so wenig Geld wie möglich auszugeben, schließlich konnten sie sich nichts dazuverdienen.
Schließlich seufzte der Wirt und Evan lächelte erfreut.
,,30 Schimmernde. Aber ihr müsst euch nützlich machen. Essen ist inklusive."
Evan schlug triumphierend ein und Mina übergab erleichtert lächelnd die schimmernden Metallklumpen.
So viel Willensstärke hatte sie ihm nicht zugetraut.

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