Kapitel 13
* So stelle ich mir in etwa das kleine Messer vor, die Klinge ist aber mehr gebogen *
„ Evan, bist du noch wach?", fragte Minerva, die sich im Schneidersitz und zugedeckt vor dem Feuerplatz hingesetzt hatte.
Evan stöhnte genervt auf und hob seinen verwuschelten Kopf ein wenig. „ Ich war gerade so kurz davor einzuschlafen, weißt du?", murrte er.
Unbewegt starrte sie weiterhin die blutrote, langsam erlischende Glut an. Abwesend fragte sie, ins leere starrend,: „ Schläft er schon?"
Verwirrt runzelte er die Stirn. Dann,nach einem kurzen Seitenblick zu Cian, beäugte Evan Mina misstrauisch. „ Ja", sagte er langsam.
Sie atmete angespannt aus. „Sind sie zurück gekommen?"
Er seufzte genervt und wischte sich müde über sein Gesicht. „ Was soll zurück gekommen sein? Drück dich bitte genauer aus, ich bin müde."
Neugierig blickte sie ihn mit vor Dunkelheit geweiteten Pupillen an. „ Wir führen ab jetzt Nachtwachen ein. Wenn es stimmt was der Junge gesagt hat, sollten wir lieber vorsichtig sein. Ich übernehme die erste Wache und wecke dich dann. Schlaf gut." Sobald sie fertig gesprochen hatte, drehte Mina ihren Kopf den Sternen zu und ignorierte vollkommen das resignierte Seufzen und Kopfschütteln von Evans Seite.
Ihr war es im Moment egal, was er nun von ihren rätselhaften Aussagen und ihr selbst dachte. Was seine Erinnerungen anging, hatten sie keinen Fortschritt gemacht, hatten einen Mund mehr zu füttern, die rote Armee auf den Fersen und bald keinen Proviant mehr. Besser konnte es wohl nicht mehr kommen, dachte sie ironisch. Der Winter stand bald vor der Tür und zu dritt waren sie nun noch langsamer. Die Blätter an den Bäumen wurden immer weniger und zeigten das Ende des Herbstes an. Sie schnaubte missgelaunt und schnappte sich ihre vertrauten Bündel, um sich ihre Handgelenke zu verbinden. Ihr Inneres schrie geradezu nach Frustabbau. So war das alles nicht geplant. Fest schlossen sich ihre kühlen Finger um das dunkle Leder der Griffe. Der kleine Finger ihrer Linken Hand führte sich wie von selbst zu dem fast geschlossenen Ring am Ende des geschwungenen Griffes. Der Ring saß locker an ihrem Finger, locker genug um die kleine Waffe ohne sie festhalten zu müssen einmal ihre Hand umdrehen lassen zu können.Sie ging in Position und atmete tief aus. Dann begann sie mit einer ausladenden Handbewegung mit dem Training.
Sie atmete aus und konzentrierte sich.Links, Rechts, Oben, Unten, Umdrehung, Stich, Sprung,... Ihr Zopf flog ihr nahezu durch die Luft hinterher. Zischend sauste die Luft an ihrem Gesicht vorbei als Mina mit geschlossenen Augen einen komplizierten Schlag ausführte. Während ihre Brauen konzentriert zusammengezogen waren durchstoß ihr keuchender Atem ab und zu die Stille der Nacht, das zusammen mit dem gelegentlichen Schrei eines Nachtvogels und dem dumpfen Geräusch ihrer Füße, die auf den Boden aufkamen ein wenig rauschend in Minas Ohren klang. Mit einem Mal blieb sie mit hängenden Armen stehen und nahm tiefe Atemzüge ehe sie sich rücklings auf den Boden legte und den Himmel betrachtete.Sie legte ihre Waffen neben sich auf das feuchte Gras und ihre verbundenen Hände auf ihren Bauch. Wieder einmal seufzte sie und betrachtete mit glänzenden Augen ihre Wächter der Nacht und fragte sich willkürlich, ob diese Welt, ihre Welt, die wahre Welt war. Ob diese Nacht, in der nur einzelne helle Wolken den Nachthimmel trübten, die wahre Nacht war. Ob sie, die kaltherzige, grobe und kämpferische Minerva,die wahre Mina war.Wer konnte ihre Fragen beantworten?, fragte sie sich. Mina lachte leise und lächelte in sich hinein. Sie war wohl die einzige, die dazu im Stande war ihre Fragen zufriedenstellend zu beantworten. So würde sie es machen, sie würde sich ihre Fragen selbst beantworten.Die Frage, ob José noch lebte, wer sie wirklich war und wie Evan's und ihre Vergangenheit und Zukunft aussah.
Sie warf noch einen letzten Blick auf die Sterne ehe sie sich gähnend streckte und zu dem friedlich schlafendem Evan ging. Sie kniete sich zu ihm hinunter und rüttelte ihn wach. Nach einigen gescheiterten Versuchen versteifte sich Evan schließlich genervt stöhnend und öffnete seine grünen Augen.
„Schon gut, schon gut. Bin ja schon wach", murmelte er mit rauer Stimme ehe er sich räusperte.
„Ich gehe dann mal schlafen, Evan. Weck mich, wenn was los ist, keine dummen Aktionen, verstanden?"
Er brummte nur was zustimmendes und setzte sich auf das kühle Gras. Jetzt galt es, nicht einzunicken.
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