66. Raven Hale #facingCrowley
„Hört ihr das?"
„Nein, aber ich sehe es!"
Noch während Theo sein letztes Wort beendet, stößt mich Derek leicht zur Seite und richtet seine Waffe auf die aufschwingende Doppeltüre, die in dieser Sekunde vier Angreifer durchbrechen. Sie müssen auch der Ursprung der vermehrten Trippelgeräusche gewesen sein, die Derek bereits Sekunden zuvor zu hören vermutet hat. Doch ohne weiter darüber nachzudenken, richte auch ich meine Waffe auf den Angreifer, der in dieser Sekunde den Fehler seines Lebens begeht und mich angreift. Derek dagegen hat bereits mit zwei der vier Angreifer zu kämpfen, während die restlichen Rudelmitglieder - Lydia, Theo und Stiles - von dem vierten Soldaten angegriffen werden.
Blitzschnell weiche ich dem Angreifer aus, den ich als einen jungen Soldaten meines Vaters wiedererkenne. Aufgrund meines unerwarteten Ausweichens, stolpert er nach vorne und hat mit seinem Gleichgewicht zu ringen. Ich nutze dieses Unsicherheit, um ihn mit einem gekonnten Schlag, kombiniert mit einem Tritt in den Magen, zu Fall zu bringen. Ich richte den Lauf meiner Waffe auf seinen Kopf und genieße wenige Millisekunden lang, seine zerstörte Überlegenheit. Dann drücke ich ab und töte ihn. Doch bevor ich den Sieg über den Mann genießen kann, werde ich hart gegen die Wand geschleudert und ich verliere meine Pistole. Sie schlittert gefühlt lautlos über den Boden, obwohl das Geräusch einfach nur von einem weiteren Schuss übertönt wird. Ich erkenne meinen Angreifer, der wütend auf mich zukommt, und ich sehe hinter ihm Derek der es in der Zwischenzeit ebenfalls geschafft hat einen seiner beiden Angreifer ein für alle mal auszuschalten. Der zweite Angreifer ist dabei von ihm gewichen und kämpft jetzt gegen Theo.
Mein Kopf wird aufgrund meiner kurzzeitigen Unaufmerksamkeit zur Seite geschlagen und ich pralle hart gegen die Steinwand. Ich spüre pulsierenden Schmerz und dickflüssiges, heißes Blut an einem Hinterkopf. Der männliche Angreifer steht dicht vor mir und da ich ihn nicht wiedererkenne, gehe ich davon aus, dass er zu Tamora gehören muss. Ich hole aus und möchte ich niederschlagen. Ich gehe davon aus, dass der Mann genauso von seiner Machtposition überzeugt ist wie jeder Soldat meines Vaters. Jedoch werde ich überrascht. Der Mann blockt meinen Schlag gekonnt ab und verpasst mir stattdessen selbst einen kräftigen Faustschlag. Mein Klopf fliegt erneut zur Seite und dieses Mal spüre ich das Blut nicht nur an meinem Hinterkopf.
Wut rauscht durch meinen Körper und langsam bewege ich meinen Kopf zurück. Ich öffne meine Augen und starre den Mann durch einen blutroten Filter an. Ich habe mich noch vollständig unter Kontrolle, doch aufgrund der Vorgeschichte von Tamora, ihren Leuten und McCall, habe ich die Vermutung dass ich an dieser Stelle am besten mit meinen Werwolfkräften voran komme...und wie erwartet weicht der Angreifer leicht zurück. Ich nutze diese Bewegungslosigkeit und schlage den Mann mit einer kräftigen Bewegung bewusstlos. Er fällt auf den Boden und ohne Reue verpasse ich ihm zwei wütende Tritte in den Magen. Blut läuft über mein Gesicht und verfängt sich mit einem metallisch süßen Geschmack an meinen Lippen.
Plötzlich ruft Derek meinen Namen und ich schaue auf. Auch er hat gegen einen der vier Angreifer gewonnen, obwohl er im Gegensatz mir etwas glimpflicher davon gekommen zu sein scheint. Aus dem Augenwinkel bemerke ich, dass Lydia und Theo ebenfalls einen der Angreifer ausgeschaltet haben, während Stiles alles andere als kampfbereit neben ihnen steht. Mein Onkel hat seine freie Hand gehoben und zeigt mit ihr in Richtung der, noch immer geöffneten, Flügeltüre. Ich folge seiner Bewegung und erblicke im ersten Moment niemand. Doch dann treten drei Personen in mein Blickfeld und überrascht schnappe ich nach Luft. Ich verwandele mich zurück in einen Menschen und starre wutentbrannt durch die Türöffnung.
Mitten im Raum stehen Crowley und Tamora. Corey haben sie dabei schützend vor sich gestellt und würde ich in dieser Sekunde weder Gefolgsleute sehen, noch riechen, noch hören, würde ich nicht glauben können, dass Zwei meiner drei Hauptziele sich dermaßen schutzlos vor mir präsentieren. Ich presse meinen Kiefer zusammen, lade meine Pistole mit normaler Munition nach und stürme ohne auf Derek oder die Anderen zu warten in den Raum. An Crowleys Blick erkenne ich, dass er bereits auf mich gewartet hat. Jedoch verrät er mir auch, dass er noch immer ein Ass im Ärmel hat. Ich lasse mir diese, zur Vorsicht rufende, Beobachtung jedoch nicht anmerken und komme stattdessen mit etwas Abstand vor ihm zu stehen.
„Ich wusste, dass du diejenige sein wirst, die mir entgegen tritt," sagt mein Vater jetzt mit zufriedenen Blick auf mich und reicht Corey grob an Tamora weiter. Diese umfasst den ängstlich dreinblickenden Jugendlichen mit einem festen Griff und hält ihm zur selben Zeit die Waffe an den Kopf. Kurzzeitig schnappe ich Coreys angsterfüllten Blick auf. „Eine falsche Bewegung und ich töte ihn. Da können dann selbst seine Heilkräfte nicht mehr helfen," kündigt die Jägerin jetzt an und obwohl ich meinen Vater nur aus dem Augenwinkel sehe, bemerke ich bei ihm in dieser Sekunde ein verächtliches Augenverdrehen. Er scheint von solchen Ansprachen Tamora's sichtbar genervt, auch wenn er genau dieselben hält. Ich unterbreche den Blickkontakt zu Corey und richte meine Agen stattdessen auf meinen Vater.
„Wo sind all' deine Wachhunde?" frage ich jetzt belustig an ihn gewandt, da mir ein gezielter Blick durch den Raum das beweist, was ich schon beim Eintreten nicht glauben konnte. Außer uns ist niemand im Raum. Weder Anhänger von Tamora, noch die ausgebildeten Soldaten Crowley's. Ich bin zur selben Zeit erfreut und in höchster Alarmbereitschaft. Irgendwas stimmt hier nicht...und wenn doch, dann ist das alles hier viel zu einfach um das endgültige Finale zu sein. Aus dem Augenwinkel kann ich sehen, wie sich das Rudel inzwischen um mich herum gesammelt hat. Somit steht es fünf zu zwei.
„Ich brauche keine," an dieser Stelle zitiert mich mein Vater mit einem verächtlichen Ton, „Wachhunde!" Er gibt Tamora einen Befehl, in dem er eine einfache Handbewegung macht. Überraschenderweise versteht sie ihn sofort und wirft keine Widerworte ein. Stattdessen zerrt sie Corey, der schon minutenlang versucht panisch erneuten Blickkontakt zu mir herzustellen, was ich jedoch vorerst gewissentlich ignoriert habe, unsanft in Richtung der uns gegenüberliegende Wand. An dieser kann ich nichts besonderes erkennen, außer bröckelnden Beton und mehreren, herabhängenden Eisenketten. Ich richte meine Konzentration zurück auf Crowley, auch wenn es jeder Faser meines Körpers widerspricht Tamora mit Corey nur noch aus dem Augenwinkel zu beobachten.
Scott würde mich umbringen, wenn dem Chamäleon etwas passieren würde.
Ich halte es für den richtigen Moment, um eine drohende Ansage zu machen: „Bitte Crowley. Du weißt, dass du nicht gegen uns alle ankommen kannst!" Demonstrativ zeige ich auf meine Unterstützung, die alle eine kampfbereite Haltung eingenommen haben. Dabei sieht vor allem mein Onkel mit der Waffe in der Hand reizbar gefährlich aus. Durch meine offizielle Einbeziehung von Derek und den Anderen in die Situation, wirft mein Vater ihnen zum ersten Mal einen Blick zu. Doch überraschenderweise scheint er nichts zu dem Bruder meiner Mutter zu sagen zu haben. Dabei sollten die beiden sich kennen. Stattdessen hält er den Blickkontakt mit Derek nur kurz aufrecht, bevor er seine Augen auf Theo, Lydia und Stiles richtet. Doch auch zu ihnen sagt er nichts und lässt seine Augen stattdessen wieder zu mir wandern. Ich höre wie mein Vater die Anstalt macht etwas auf meine Aussage zu erwidern, weshalb ich meine Aufmerksamkeit vollständig zurück auf ihn richte.
„Ich werde ja auch nicht derjenige sein, der sich die Hände schmutzig macht!"
Noch bevor Crowley diese Andeutung weiter ausführen kann, habe ich ein ungutes Gefühl im Magen...und die Hände meines Vaters beweisen meine schlimmsten Befürchtungen. Langsam wandern sie seitlich seines Körpers nach oben und dunkler Nebel bildet sich an seinen Füßen. Ich werfe Derek einen kurzen Blick zu - er scheint den Nebel nicht deuten zu können - dann lasse ich meine Augen über das selbstgefällige Gesicht meines Vaters zu Tamora wandern. Diese hat Corey in der Zwischenzeit grob an die Wand gekettet. Somit steht er mit nach oben gestreckten Armen dicht an die Wand gepresst und kann sich nicht bewegen. Die Eisenketten sind um seine Hand- und Fußgelenke geschnallt und bieten nicht genug Spielraum um sie als Waffe zu benutzen.
Mein Blick fliegt zurück zu Crowley und während es sonst minutenlang gedauert hatte, bis Rose und Ryan sich aus dem Nebel geschält haben, ist es jetzt bereits schon nach wenigen Sekunden passiert. Sie stehen uns direkt gegenüber und starren uns aus dunklen Augen an. Ich spüre Derek's Verwunderung, stelle zur selben Zeit jedoch fest, dass er die beiden Kinder nicht sofort als harmlos einstuft. Somit begeht er nicht denselben Fehler wie Liam und Theo zuvor. Trotzdem spüre ich die Angespanntheit meine Onkels, die mir verrät, dass er jederzeit zu einem Angriff bereit ist. Ich muss ihn aufhalten oder die Situation zu mindest entschärfen. Im Hintergrund höre ich sowohl Stiles als auch Lydia erschrocken nach Luft schnappen. Ich ignoriere sie vorerst.
„Du fliehst also wieder einmal und lässt deine Gefolgsleute alles ausbaden?" frage ich jetzt leicht provokant ab Crowley gewandt und beobachte die beiden Kinder an seiner Seite genau. Bisher bewegen sie sich keinen Zentimeter. „Ich gebe ihnen die Chance das zu Beenden, was ich bisher nicht zu schaffen vermagt habe," ohne Nachfragen zu müssen, weiß ich, dass ich Crowleys unfinished business bin. Ich bin noch immer am Leben und wie mein Vater mir bereits offenbart hat, hat er nicht vor das so zulassen. „Ich möchte doch, dass du und deine Schlampenmutter wieder vereint werden," höhnt Crowley jetzt weiter und wütend balle ich meine Hände zu Fäusten. Meine Mutter zu beleidigen ist für mich eine tödliche Sünde und nicht nur das. Sie verdient Rache.
Ich trete leicht nach vorne und sehen Crowleys amüsierten Blick, der sich auf sein eigenes Kommentar bezieht. Es beweist mir, dass er eine wichtige Tatsache in der Situation übersehen hat. In dieser Sekunde hat er nicht nur meine Mutter, sondern auch Derek's Schwester beleidigt. Ich spüre seine geballte Wut und höre wie er ebenfalls einen Schritt nach vorne tritt. Instinktiv hebe ich meinen Arm und halte den vor Wut bebenden Mann somit davon ab, kampfbereit neben mich zu treten. Dabei habe ich im ersten Moment einige Bedenken, dass er meiner stummen Aufforderung gehorcht. Doch sobald Dereks Brust gegen meinen Arm stößt bleibt er wortlos hinter mir stehen.
„Du solltest lieber rennen," sage ich jetzt drohend in Crowleys Richtung und fixiere ihn mit einem mörderischen Blick. „Und mir die ganze Show entgehen lassen?" fragt mein Vater daraufhin arrogant nach und lacht gespielt amüsant vor sich hin. Meine Hände spannen sich noch mehr an. Meine Knöchel treten alarmierend weiß hervor und meine Fingernägel bohren sich langsam in meine Haut. „Dieses Mal werde ich dich töten Crowley," bringe ich anschließend in einem knurrenden Tonfall hervor und sekundenlang lasse ich meinen Blick zu Corey schweifen. Er hängt erbärmlich hilflos an den Ketten fest und ich spüre Tamoras Unsicherheit. Auch aus ihrer Richtung nehme ich Angst wahr und mir wird klar, dass sie die Gestalten von Ryan und Rose bisher für Real gehalten haben muss. Doch sie aus purem Rauch auferstehen zu sehen, scheint in ihr ein gemischtes Gefühl geweckt zu haben. Jedoch ignoriere ich ihre Unsicherheit und formuliere meine Drohung weiter aus.
„Und nicht nur deshalb, weil du dich mit mir anlegst," ich überlege mir meine nächsten Worte genau, bevor ich mit bebender Wut weiterspreche: „Sondern auch, weil du dich mit meinen Freunden anlegst...und weißt du was ich noch mehr hasse als überhebliche Väter? Leute die meine Freunde bedrohen. Also," ich mache eine gespielte Denkpause, „Du solltest lieber rennen, solange du noch kannst!"
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