20. Scott McCall

„Warte ich bringe dich zur Türe," ruft mir McCall nach wenigen Sekunden anbietend nach und holt mich mit nur wenigen Schritten ein. Ich drücke mich noch vor ihm aus dem Zimmer und vermute hinter seinem Angebot seine erhoffte Chance, noch einmal mit mir im Privaten zu reden. Daher antworte ich nichts auf seine Worte und lehne sein Angebot auch nicht schon im Vorraus ab. Genau wie seine Freude, die verständnisvoll in seinem Zimmer zurückbleiben. Ich schenke ihnen keine weitere Aufmerksamkeit und verabschiede mich auch nur flüchtig. Abschließend schleiche ich nahezu lautlos die Treppen hinunter und bleibe an der geschlossenen Wohnungstüre stehen. McCall ist dabei dicht hinter mir und bleibt anschließend neben mir im breiten Gang stehen. Somit blockiert er einerseits einen Teil der Eingangstüre und mit seinem Körper auch den Weg zu Wohnzimmer und Küche.

Ich bleibe stehen und werfe ihm einen abwartenden Blick zu. Jedoch macht er keine Anstalt etwas zu sagen, weshalb ich nach einem Gesprächsthema suche um die Stille zwischen uns zu unterbrechen: die Berührung.

„Du und Malia also," stelle ich jetzt also mit einem neutralen Unterton fest und wippe auf meinen Fußballen leicht auf und ab. Zur selben Zeit behalte ich den Alpha im Auge, der bei meinen Worten überrascht die Augenbrauen hochzieht. Ich schließe daraus, dass er gerade selbst dabei war seine Worte loszuwerden und keine Eigeninitiative von mir erwartet hätte. Geschweige denn von dem zugegebenermaßen nicht gerade Raven-gewohnten Thema. Jedoch antwortet er nahezu sofort.

„Ja," er zögert kurz, „Es hat sich im Laufe des letzten Jahres einfach so ergeben und...," ein kleines Lächeln bildet sich auf meinen Lippen und bevor McCall weitersprechen kann, unterbreche ich ihn: „Du schuldest mir keine Erklärung!" Ich machen eine wortunterstützende Geste und erhalte mein unangenehmes Lächeln aufrecht. Denn auch wenn das Lächeln auf meinem Gesicht durchaus gezwungen aussieht, meine ich meine Worte jedoch genauso: McCall schuldet mir keine Rechtfertigung. Er kann tun und lassen was er will....mit wem er will. Noch nicht einmal einen Stich im Herzen spüre ich bei diesem Gedanken - ich habe mit der großen Liebe abgeschlossen.

Aber vielleicht rede ich mir das auch nur ein. Auf irgendeine komische Art und Weise mag ich ihn ja immerhin.

In dieser Sekunde scheint dem Alpha jedoch etwas einzufallen. Oder er scheint zu mindestens endlich die richtigen Worte zu seinem eigenen Thema zu finden und jetzt nur noch darauf zu warten das Malia-als-neue-Freundin-Thema endlich fallen lassen zu können. „Da ist noch was anderes, was du vielleicht wissen solltest," fängt er jetzt langsam an und wirkt ebenfalls etwas nervös. Schon jetzt vermute ich, dass das genannte Andere nicht gerade ein fröhlicher Glückwunsch zu meinem längst verstrichenen Geburtstag ist. Das lese ich schon allein aus seiner angespannten Körperhaltung ab, die sich in den letzten paar Sekunden stark verändert hat. Jedoch erwidere ich vorerst nichts auf die Worte von McCall und gebe ihm stattdessen mit einem langen Blick das Zeichen zum Weitersprechen.

„Zwei Tage nachdem du mit Crowley abgehauen bist kamen zwei Männer nach Beacon Hills," automatisch sucht mein Kopf in meinen Erinnerungen nach dem genannten Personen. Die meisten Namen die dabei in meinem Kopf auftauchen sind Feinde von mir. Leute die es auf mein Leben abgesehen haben. Ein eiskalter Schauer läuft mir über den Rücken. Jedoch spricht McCall in dieser Sekunde bereit weiter: „Einer von ihnen hat sich als Matty Anderson vorgestellt," mir fällt erleichtert ein Stein vom Herzen als ich den Namen meines Ersatzvaters höre, „Der andere als dein Freund, Lewis Bradly!"

Ich glaube im ersten Moment so etwas wie Eifersucht in McCalls Haltung und Unterton wahrzunehmen als er den Namen des Jungen ausspricht, der schon seit Jahren für mich wie ein Bruder ist. Jedoch schiebe ich diese Vermutung sofort auf meine Fantasie. Immerhin hätte der Alpha keinen Grund auf Lewis eifersüchtig zu sein. Wir waren nie ein Paar und ich bin mir auch sicher, ihm gegenüber erwähnt zu haben, dass Lewis wie ein Bruder für mich ist.

„Sie wollten wissen wo du bist. Was mit dir passiert ist. Sie waren in Sorge," spricht McCall weiter und obwohl ich seinen beobachtenden Blick deutlich auf mir spüren kann, lasse ich vorerst keine sichtbaren Gefühle zu. Ich möchte ihm nicht zeigen, dass ich innerlich zwischen Freude und Angst zerrissen werde. „Ich habe ihnen versprochen mich zu melden wenn ich etwas über dich höre oder falls du wieder hier auftauchst," er lässt seinen restlichen Satz in der Luft zwischen uns hängen und langsam nicke ich.

Matty. Lewis. Ich vermisse sie und zu wissen, dass sie - trotz meinen letzten Worten - sogar nach Beacon Hills gefahren sind um mich zu finden, lässt den Bereich um mein Herz sofort warm werden. Jedoch wird diese Wärme sofort von der kalten Realität verdrängt: würde McCall sie über meinen Standort informieren, würden sie erneut in mein Drama geraten. Vielleicht würde dieses Mal sogar mein schlimmster Albtraum in Erfüllung gehen und anstatt mich selbst zu opfern, würden Matty und Lewis für mich sterben. Ich sperre meine Gefühle zurück in die dunkelste Ecke meiner Seele und richte meinen Blick undurchschaubar auf den Alpha.

„Wirst du es tun?" stelle ich ihm anschließend eine neutrale Frage und lasse ihn nicht aus den Augen. Er zögert kurz und wippt mit seinem Körper kaum merklich auf und ab. Dann räuspert er sich und antwortet schulterzuckend: „Ich sollte. Meine Mutter würde es in solcher Situation auch wissen wollen!" Ich bin mir nicht ganz sicher, wie ich mit dieser Antwort umgehen soll und reagiere deshalb nur mit dem Hochziehen einer Augenbraue. Jedoch ahne ich schon, dass er Matty bald anrufen wird und in dieser Sekunde fallen mir keine Wörter ein, die seine Meinung ändern könnte. „Aber ich werde es nicht tun. Du solltest die Chance haben es ihnen selbst zu sagen!" Überrascht ziehe ich die Augenbrauen nach oben, während mir zur selben Zeit erneut ein Stein vom Herzen fällt. McCalls Hand wandert jetzt zu seiner Hosentasche und ohne auch nur daran zu denken, dass er gleich eine Waffe herausziehen könnte, warte ich geduldig darauf, dass er sie wieder rauszieht.

Jetzt in seiner Hand: ein Zettel.

Er reicht ihn mir und als ich ihn annehme berühren sich für wenige Sekunden unsere Finger. Mir zwei Handgriffen habe ich das Stück Papier auseinander gefaltet und richtig gedreht. Meine Augen wandern über das Papier und ich erkenne die achtstellige Handynummer von Matty wieder, die mir bereits wie mein eigener Name ins Gehirn gebrannt ist. Jedoch erkenne ich an der mir unbekannten Handschrift, dass mein Ersatzvater die Nummer an Scott weitergegeben und er sie dann erneut für mich  niedergeschrieben haben muss. Er konnte ja nicht wissen, dass ich sie bereits in und auswendig kenne. Mein Daumen streicht sanft über die Zahlen.

„Du hast zwei Tage Zeit," fängt McCall jetzt erneut mit sprechen an, weshalb mein Blick von der Nummer auf dem Papier zu seinem Gesicht schweift, „Ansonsten rufe ich ihn an!" Obwohl mir der Alpha in diesem Moment droht, klingen seine Worte nicht annähernd wie eine Warnung. Stattdessen erkenne ich hinter seiner Deadline die ehrlichen Absichten. Er kann sich wohl deutlich vorstellen, wie seine Mutter - wie er sich selbst - in so einer Situation fühlen würde. Immerhin ist auch er sich der Gefahr bewusst.

„Danke," sage ich jetzt mit einer ehrlichen Dankbarkeit und nicke ihm mit vollem Respekt zu. Zur selben Zeit lasse ich den Zettel in meine Jackentasche gleiten und öffne mit der anderen Hand die Haustüre. Sofort erfasst mich ein kalter Wind, der sogar an McCalls Langarmpullover zerrt und meine Haare erfasst. „Werde ich dich Wiedersehen?" stellt der Alpha mir jetzt eine Frage und ich kann nicht anders als seinen hoffnungsvollen Unterton herauszuhören.

Anstatt zu antworten, trete ich aus dem schützenden Haus heraus in die Einfahrt. Erneut erfasst mich eine starke Windeböhe. „Ich weiß nicht," antworte ich anschließend auf seine Frage und zucke betont leicht mit den Schultern, „Aber du schuldest mir noch immer ein paar Antworten zum letzten Jahr!" Ich meine was ich sage. Ich werde den Alpha wahrscheinlich Wiedersehen, was auch er scheinbar so in meine Worte interpretiert. Denn auch wenn er jetzt verständnisvoll nickt, kann ich für wenige Sekunden das erfreute Lächeln erkennen.

„Bleib am Leben," sagt er jetzt an mich gewandt und mit einem simplen Nicken verabschiede ich mich von ihm. Dann drehe ich mich ohne ein weiteres Wort um und schlendere entspannt zu meinem Motorrad. Meine Laune ist so gut wie schon lange nicht mehr und sie wird noch besser, als ich an meinem Motorrad ankomme und zufrieden feststelle, dass sich kein Rabe in der Dunkelheit der bereits angebrochenen Nacht versteckt.

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Ein paar von euch hatten sich ein klärendes Nachgespräch zwischen Scott und Raven gewünscht und tadaaa...das war auch so eingeplant 😂 hach wir sind uns einfach alle zu ähnlich 😊🤷🏼‍♀️ aber hättet ihr die „Wendung" mit Matty und Lewis erwartet? Und denkt ihr, sie werden (sollten) nach Beacon Hills kommen? Bin schon mal auf die Diskussion mit euch gespannt 😅🙈

Lg CoolerBenutzername
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