1. Raven Cooper

„Star Wars!"
„Batman!"
„Star Wars!"
„Batman!"

Genervt verdrehe ich die Augen und balle meine Hände zu Fäusten. Anschließend richte ich mein tödlichen Blick auf die zwei kleinen Jungen, die in dieser Sekunde mehr als nur laut über ihr - was auch immer diskutieren. Dabei stehen sie vor dem breiten Schaufenster, dass sowohl eine lebensgroße Figur aus Star Wars als auch eine aus Batman enthält. Die Mutter der Beiden steht währenddessen mit etwas Abstand neben ihnen und ist in ein angeregtes Gespräch mit einer Gleichaltrigen vertieft. Sie scheint noch nicht einmal zu bemerken, dass sich die Zwillinge so laut streiten, dass sie sogar die alltäglichen Geräusche der Oxford Street übertönen.

Wie gerne würde ich mir in dieser Sekunde die Kugel geben.

Doch ohne meinen Selbstmordgedanken zu folgen, wende ich meinen mörderischen Blick von den zwei Jungen ab und lasse ihn stattdessen - wie eigentlich schon die ganze Zeit geplant - suchend durch meine Umgebung schweifen. Dabei streife ich jedes Geschäft, jedes Schaufenster, jedes Auto und jede einzelne Person, die sich in dieser Sekunde auf der berühmten Shopping Meile aufhält, solange bis ich die gesuchte Person zwischen all' den fremden Menschen erkenne.

Der große, für sein Alter zugegeben gut trainierte, Mann steht mit dem Rücken zu mir auf der anderen Straßenseite und starrt das Schaufenster vor ihm selbst scheinbar interessiert an. Trotz der Entfernung kann ich in dem Panoramafenster das leicht verzogene Gesicht des Mannes erkennen. Die braunen Haare sind ordentlich, jedoch in einem recht jugendlichen Stil, nach hinten gekämmt und verleihen dem älteren Mann einen etwas jüngeren Eindruck, der durch den sportlichen Körper verstärkt wird. Der Drei-Tage-Bart lässt ihn jedoch erwachsen wird. Somit vermittelt er den Eindruck eines Mitte 30 jährigen, obwohl er schon weitaus älter sein muss.

Ich sehe, wie er sich von dem Schaufenster wegdreht und sich, als würde er meinen beobachteten Blick bemerken, misstrauisch in seiner Umgebung umsieht. Instinktiv reagiere ich blitzschnell und drehe mich ohne zu Zögern zu dem Schaufenster in meinem Rücken um, nur um es gespielt interessiert zu betrachten. Doch anstatt die, hinter der Scheibe aufgestapelten, Spielsachen zu begutachten beobachte ich weiterhin die Spiegelversion meiner Zielperson. Diese hat es inzwischen aufgegeben, in der Meng nach verdächtigen Personen zu suchen. Stattdessen hat sie sich in Bewegung gesetzt und läuft mit schnellen Schritten die Straße entlang.

Sofort setze ich mich ebenfalls in Bewegung. Ich streife mir meine Kapuze vom Kopf und vergrabe meine Hände in den Hosentaschen. Somit sehe ich den unschuldigen Jugendlichen auf der Strasse verwechselnd ähnlich. Ohne den Mann zu auffällig nachzustarren, beobachte ich ihn stets aus dem Augenwinkel und folge ihn somit durch die, zur Mittagszeit vollgestopften, Oxford Street. Den Kindern, die sich noch immer lautstark vor dem Spielwarengeschäft streiten, werfe ich beim Vorüber gehen einen bösen Blick zu, was sie jedoch nicht zu bemerken scheinen. Deshalb rempele ich den einen der beiden Jungen unsanft mit der Schulter an, sodass er überrascht zurücktaumelt und fast auf seinen Hintern fällt. Das wiederum bemerkt natürlich die Mutter, woraufhin sie mir fluchende Worte nachjammert und sich ihrem weinenden Sohn zuwendet. 

Ich verdrehe darüber bloß die Augen, ohne auch nur einen Blick zurück zuwerfen. Stattdessen lasse ich meine Konzentration zurück auf den Mann wandern, der in dieser Sekunde in eine kleinere und auch wesentlich ruhigere Straße einbiegt. Ohne auf die fahrenden Autos zu achten, überquere ich mit schnellen Schritten die Straße, wie es in dieser Sekunde auch etliche andere Personen - darunter auch zwei Polizisten - machen. Somit brauche ich noch nicht mal Glück, um nicht angefahren zu werden. Die Autos halten auch so.

Auf der anderen Straßenseite angekommen biege ich in die Gasse ein, in die der ältere Mann verschwunden ist. Ohne meine schnellen Schritte zu drosseln, eile ich den Gehweg entlang und halte dabei Ausschau nach dem braunhaarigen, sportlichen, in schwarz gekleideten Mann. In der selben Sekunde klingelt mein Handy und ohne den suchenden Blick von der Umgebung zu nehmen, ziehe ich es aus meiner Hosentasche heraus und nehme den Anruf ohne zu Zögern entgegen.

„Zielperson?"

Wie erwartet, ertönt die befehlerische Stimme Crowleys in mein Ohr, während ich durch das Handy heraushören kann, dass er sich gerade in seinem eigenen Penthouse befindet. Denn nur in diesem erlaubt er die Gesellschaft von Ryan und Rose. In dieser Sekunde finde ich den Mann in der Menge wieder und genauso knapp wie Crowleys Frage, ist in diesem Moment auch meine Antwort:

„Blickkontakt auf drei Uhr. Vielleicht zehn Meter Abstand zwischen uns!"

„Sehr schön!"

Obwohl ich einen solchen Beschattungsauftrag schon öfter für meinen Vater ausgeführt habe, war ich noch nie so dicht an der eigentlichen Zielperson wie jetzt. Etwas, was auch mein Vater weiß, weshalb sein Ton auch so zufrieden und vielleicht auch etwas lobend klingt. Meine noch freie Hand wandert zu meiner Jacke, unter der ich meine Pistole in Verdeckter-Ermittler-Manier versteckt halte. Dafür trage ich ein Achselholster. Zur selben Zeit verschnellere ich meine Schritte, mit dem Ziel den Mann einzuholen.

Jetzt oder nie.

„Kein Eingreifen," ertönt jetzt die strenge Stimme meines Vaters und ein ungläubiges Lächeln macht sich auf meinem Gesicht breit. „Ich soll nicht eingreifen? Ich war noch nie so nah an ihm dran!" Ich habe das Gefühl sogar ohne Werwolfkräfte den Herzschlag der Zielperson wahrnehmen zu können, obwohl noch immer ein metergroßer Abstand zwischen uns ist. Natürlich ist diese Einbildung Quatsch. Trotzdem unterstreicht sie mein eben genannter Fakt: ich war noch nie so nah an ihm dran.

„Du greifst unter keinen Umständen ein," wiederholt mein Vater seine Worte auf eine strengere Weise und ich kann hören, wie sehr ihm mein Widerstand gegen seinen Befehl missfällt. Ich jedoch, kann nicht anders als genervt mit den Zähnen zu knirschen und weiterhin dem Mann vor mir zu folgen. „Hast du gehört Raven?" Ich hasse es wenn Crowley auf diese Art mit mir redet. In diesen Sekunden komme ich mir immer vor wie ein kleines Kind.

„Ich bin so dich an ihm dran. Ich könnte es hier und jetzt zu Ende bringen!"

Meine Augen weiten sich leicht, als ich sehe wie die Zielperson von der belebten Straße in eine kleine Nebengasse einbiegt, die nur von Ladenbesitzer, Straßendiebe oder Obdachlose verwendet wird. Ich werfe einen überprüfenden Blick über meine Schulter und stelle fest, dass er sich doch tatsächlich alleine in diesen abgelegenen Teil der Oxford Street wagt. Außerdem scheint er mich noch nicht bemerkt zu haben. Meine freie Hand wandert unter den dünnen Stoff der Lederjacke und umfasst den Griff der Waffe. Die andere Hand verharrt mit meinem Handy am Ohr, während ich den Befehl meines Vaters missfolge und dem älteren Mann in die Seitenstraße folge.

Es ist kurz vor halb vier.

„Raven du hast genau fünf Sekunden um die Waffe dort zu lassen, wo sie ist," ich bin noch nicht mal mehr überrascht über Crowleys Wissen. In den letzten Monaten habe ich mich daran gewöhnt, ständig von einem seiner Gestaltenwandler beobachtet zu werden. Auch wenn ich mir noch immer nicht ganz sicher bin, wie diese in Rabengestalt mit ihm kommunizieren. Trotzdem lasse ich mich nicht von seiner befehlerischen Drohung einschüchtern, sondern lasse meine Hand genau dort liegen, wo sie gerade ist: an meiner Waffe.

Ich höre Crowleys Stimme in meinem Ohr leise von fünf herab zählen, während der Mann vor mir wissend stehen bleibt, sich jedoch noch nicht umdreht. Ich ziehe meine Waffe aus dem Holster und entsichere sie mit einem hörbaren Klick. Der Mann zuckt nicht einmal zusammen. Er dreht sich jedoch auch nicht um. Stattdessen bleibt er weiterhin mit dem Rücken zu mir stehen, auch wenn seine Muskeln sichtbar abgespannt sind.

Er weiß das ich hier bin und er weiß auch, dass ich nicht gerade hier bin um ein nettes Gespräch zu führen.

„Eins," Crowley atmet tief und fast schon demonstrativ enttäuscht durch, „Null!" In der selben Sekunde werde ich von zwei Männern überraschend kräftig zu Boden gerissen, wodurch sowohl meine Waffe, als auch mein Handy, aus meiner Hand gleiten und schlitternd über den Boden rutschen. Ich kann aus dem Augenwinkel sehen, wie die eigentliche Zielperson den Moment nutzt und einen Blick zu mir riskiert. Für wenige Sekunden treffen sich unsere Blicke, bevor er sich umdreht und rennend davon eilt. Die beiden Angreifer halten mich derweilen fest auf dem Boden, während ich noch nicht einmal versuche sie mithilfe meiner Werwolfkräfte loszuwerden.

Denn die Zielperson ist weg...und noch viel schlimmer: sie weiß jetzt, das jemand hinter ihr her ist. Sie weiß, dass jemand drauf und dran ist sie zu töten. Ab jetzt wird sie auf der Hut sein. Sie wird sich verstecken und wie zuvor nahezu spurlos untertauchen. Die letzten Monate. Alles umsonst. Ich möchte mein Handy zurück in die Hand nehmen und Crowley wütend für den hinterhältigen Angriff seiner Männer zusammen schreien. Nur dank ihnen ist mein Mordversuch missglückt. Nur wegen ihm ist er das.

Nur wegen Crowley ist Peter Hale jetzt über alle Berge. Der Peter Hale der seine eigene Nichte - die Geliebte von Crowley und noch wichtiger meine leibliche Mutter - eiskalt getötet hat. Der Peter Hale, den ich jetzt schon seit neun Jahren versuche zu finden und zu töten.

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Herzlich Willkommen zurück und einen frohen dritten Advent :D ich hoffe ich enttäusche euch nicht allzu sehr mit diesem kleinen Anfangskapitel - wie ihr seht lege ich noch immer wert auf den inzwischen typischen Star-Wars-Einstieg. Ich bin schon mal auf eure Reaktionen gespannt, vor allem weil ich ja schon von ein paar tollen Theorien gehört habe (die mal mehr und mal weniger zutreffen) und deshalb an dieser Stelle auch noch mal direkt ein riesiges Dankeschön an euch alle: nur dank euch stehe ich jetzt hier und präsentiere das dritte Buch dieser Reihe. Ich liebe euch dafür <3

LG CoolerBenutzername

Ps.: Wie oft/schnell die nächsten Kapitel kommen weiß ich noch nicht. Momentan bin ich wieder im Schulstress und über Weihnachten kommen Verwandte aus Berlin. Deshalb muss ich mal schauen ob ich überhaupt zum Schreiben komme. Aber das vesteht ihr sicherlich. XD

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