Verbotene Gefühle
Felix lag regungslos in seinem Bett, die Dunkelheit seines Zimmers war wie eine undurchdringliche Wand, die ihn von der Außenwelt abschirmte. Das sanfte Ticken der Wanduhr, das in der Stille der Nacht widerhallte, füllte den Raum, als wäre es der Puls der Welt selbst, der in ihm widerhallte. Es klang fast wie der Schlag seines eigenen Herzens, das schneller pochte, je mehr er über die letzten Tage nachdachte.
Seit dem Abendessen bei Changbins Familie, seit den flüchtigen Blicken und den unbewussten Berührungen, hatte sich etwas in ihm verändert - etwas, das er nicht begreifen konnte und das ihn mit einer Intensität durchströmte, die er nie zuvor gefühlt hatte. Es war nicht das schlichte Knistern einer gewöhnlichen Schwärmerei, sondern eine brennende Sehnsucht, die tief in seiner Brust wuchs und ihn von innen heraus verzehrte. Diese Gefühle ließen sich nicht in Worte fassen, sie waren zu komplex, zu mächtig und zu gefährlich. Und doch konnte er sich nicht davon abwenden.
Er drehte sich zur Seite und starrte aus dem Fenster, wo der Mond schwach durch die Vorhänge schimmerte und das Zimmer in ein gespenstisches, fast melancholisches Licht tauchte. Er wollte einfach nicht mehr an Changbin denken.
Doch je mehr er sich zwang, den Gedanken an den anderen zu verdrängen, desto stärker kam die Erinnerung zurück - das Gefühl von Changbins Hand, die fast zufällig über seinen Arm gestrichen war, das Lächeln, das immer noch in seinem Kopf nachhallte, die Augen, die ihn mit einer Tiefe ansahen, die ihn erschütterte. Es war, als ob Changbin ein Teil von ihm geworden war, ein Gedanke, der nicht mehr verschwinden wollte, egal wie sehr Felix versuchte, ihn zu ignorieren.
Felix seufzte und zog sich die Decke bis zum Kinn. Diese Gefühle machten ihn unruhig und verängstigten ihn. Er hatte immer geglaubt, dass er das Leben seiner Eltern leben würde, die Erwartungen erfüllen, die sie an ihn stellten - ein Leben in der Welt der Kirche, der Disziplin und der Bescheidenheit. Doch hier war er, in einer neuen Stadt, an einem neuen Ort, umgeben von neuen Gesichtern und Erlebnissen, und er fühlte sich, als würde er sich selbst verlieren.
Der Gedanke an Changbin, seine Nähe, seine Aura, die er nicht wirklich verstand, aber dennoch spürte, forderte eine Seite in ihm heraus, die er nie gekannt hatte. Es war, als würde sein Herz in zwei Hälften gerissen werden - ein Teil von ihm wollte diesen Gefühlen folgen, während der andere sich verzweifelt versuchte, gegen sie zu wehren.
Er wusste, was seine Familie von ihm erwartete. Sie wollten, dass er ein guter Sohn war - gehorsam, diszipliniert und vor allem anständig. Und in dieser Welt war das, was er empfand, eine Sünde. In der strengen moralischen Ordnung, in der er aufgewachsen war, gab es keinen Platz für diese Art von Zuneigung. Diese Gedanken - seine Wünsche - waren verboten. Und die Vorstellung, dass jemand, sei es seine Familie oder seine Freunde, auch nur den Hauch eines Verdachts hegen könnte, ließ ihm das Blut in den Adern gefrieren.
Wie konnte er ihnen das erklären? Wie sollte er ihnen erklären, dass er für einen anderen Jungen empfand, dass er sich in einer Weise zu Changbin hingezogen fühlte, die er nicht in Worte fassen konnte?
Der Druck in seiner Brust wuchs. Diese ständigen, quälenden Gedanken, die sich immer wieder um Changbin drehten, ließen ihn nicht los. Es war ein stiller Kampf, der sich in ihm abspielte - ein innerer Krieg zwischen der Realität, die ihm auferlegt worden war, und den Gefühlen, die er sich nicht selbst erklären konnte. Wie konnte er mit sich selbst im Reinen sein, wenn er etwas verbarg, das so stark war, dass es in ihm brannte?
In dieser quälenden Stille saß Felix eines Morgens an seinem Schreibtisch und versuchte verzweifelt, sich auf seine Hausaufgaben zu konzentrieren. Doch seine Gedanken schweiften immer wieder ab, zurück zu den wenigen Momenten, die er mit Changbin verbracht hatte. Da hörte er die Tür zu seinem Zimmer leicht knarren und seine Mutter trat ein. Ihr Lächeln war warm, aber in ihren Augen lag ein forschender Blick, der Felix sofort das Gefühl gab, sie könne mehr wissen, als sie zugab.
„Felix, geht es dir gut?" fragte sie, und die einfache Frage traf ihn wie ein Schlag.
Ihr Ton war sanft, aber in der Art, wie sie ihn ansah, spürte Felix eine tiefe Besorgnis, die ihm unangenehm war.
„Ja, alles ist gut, Mama," antwortete er, seine Stimme klang zu schnell, zu gezwungen, und er spürte sofort, dass es nicht glaubwürdig war.
Doch er konnte nicht anders. Es war das einzige, was er ihr antworten konnte, auch wenn es sich falsch anfühlte. Sie warf ihm einen weiteren prüfenden Blick zu, aber dann nickte sie nur und seufzte leise.
„Du weißt, dass wir immer für dich da sind, oder? Dass wir nur das Beste für dich wollen?"
Ihre Worte waren voller Liebe und Sorge, und Felix fühlte sich von einer Welle von Schuld erdrückt. Wie konnte er ihr das sagen? Wie konnte er ihr erklären, dass die Welt, in der sie lebte, für ihn immer enger und erdrückender wurde, während eine andere Welt, die er nicht verstand, immer größer in ihm wurde?
Er konnte sich nicht auf die Hausaufgaben konzentrieren. Der Rest des Tages war ein verschwommener Schleier aus Gesprächen, Lächeln und Momenten der Leere. Als er wieder in die Schule ging, versuchte er, Changbin zu meiden. Doch die Begegnungen waren unausweichlich.
Egal, wie sehr er versuchte, sich abzulenken, sein Blick fand immer wieder zu Changbin zurück, als ob der andere eine unsichtbare Anziehungskraft auf ihn ausübte. In der Pause, auf dem Flur, bei den Sportstunden - überall war Changbin. Felix konnte nicht anders, als ihn zu suchen, als ihm nachzuschauen, als sein Herz bei jedem flüchtigen Blick auf den anderen zu rasen begann.
Und dann, eines Tages, als er in der Mittagspause wie zufällig in die Nähe des Bereichs schlenderte, wo Changbin mit seinen Freunden stand, fühlte er plötzlich eine leichte Hand auf seiner Schulter. Die Wärme, die von dieser einfachen Berührung ausging, durchzog ihn wie ein Stromschlag. Es war eine Berührung, die weit mehr bedeutete, als sie auf den ersten Blick zeigte. Changbin stand vor ihm, sein Gesicht in einem ehrlichen Lächeln erstrahlend.
„Felix! Schön, dich zu sehen," sagte Changbin mit seiner tiefen Stimme, und Felix spürte, wie sich alles in ihm zusammenzog.
Diese Worte, so beiläufig, schienen ihn in einen Zustand der Bewusstlosigkeit zu versetzen. Changbins Lächeln war wie ein Magnet, der alle seine Ängste, alle seine inneren Kämpfe für einen Moment beiseite schob.
„Hey, Changbin," flüsterte Felix, seine Stimme fast unhörbar, als er sich zwang, den Blick zu halten.
Doch der Druck in seiner Brust ließ ihn fast ersticken.
„Alles gut bei dir?", fragte Changbin, seine Augen suchten die seinen mit einer Intensität, die Felix fast durchbohrte.
„Du wirkst irgendwie nachdenklich."
Felix wusste nicht, wie er antworten sollte.
„Oh, ich... hab nur viel um die Ohren. Neue Schule, neue Stadt, du weißt schon..."
Seine Worte waren flach, selbst ihm fiel auf, wie wenig sie mit dem zu tun hatten, was wirklich in ihm vorging.
Changbin nickte und legte dann, so selbstverständlich, eine Hand auf seine Schulter.
„Das verstehe ich. Aber wenn du mal jemanden zum Reden brauchst, ich bin hier."
Es waren diese wenigen Worte, diese Geste der Freundlichkeit, die Felix bis ins Mark trafen. In Changbins Nähe fühlte er sich irgendwie verstanden, auch wenn er es selbst nicht richtig begreifen konnte. Doch genauso schnell schlich sich wieder diese qualvolle Unsicherheit in ihm ein - war das wirklich nur Freundschaft, was er da fühlte?
Felix wusste, dass er sich selbst in eine unmögliche Lage gebracht hatte. Die Verwirrung, die in ihm wuchs, war nicht mehr zu ignorieren. Aber tief in seinem Inneren wusste er auch, dass diese Gefühle, wie schmerzhaft und unerreichbar sie auch sein mochten, nicht verschwinden würden.
Als er sich später in seinem Zimmer wiederfand, mit den Gedanken auf Changbin fokussiert, fühlte er sich zerrissen. Der innere Kampf zwischen dem, was er zu sein hatte, und dem, was er fühlte, zerriss ihn immer weiter.
Doch in der Dunkelheit der Nacht, als er alleine war, gab es keinen Weg, sich zu verstecken. Die Wahrheit lag wie ein schwerer Schatten auf ihm: Er war in Changbin verliebt.
Und diese Liebe, so sehr sie auch verboten war, würde ihn niemals loslassen.
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