Nach Ewigkeiten - Mika
Liebevoll ziehe ich sie noch einmal in meine Arme und vergrabe mein Gesicht in ihrer Halsbeuge. Meine Schwester war das einzige was ich noch hatte, nachdem meine Eltern starben. Meine Mutter hatte Krebs und als mein vater sie mitten in der Nacht überstürzt ins Krankenhaus fahren wollte, fuhr er in einen Baum hinein und beide starben. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie meine Schwetser, die fünf Jahre älter ist als ich, ans Telefon ging. Sofort wusste ich, das was nicht stimmte, als ihr strahlendes Lächeln von ihren geschwungen Lippen verschwand und sich Tränen in ihren Augen bildeten. Danach war meine Schwester drei Jahre lang ganztags für mich da, bis ich achzehn wurde. Ich suchte mir meine eigene Wohung und zog aus, gegen ihren Willen. Aber ich wollte, dass sie ihr eigenes Leben begann.
"Bruderherz, du solltest los", flüstert sie leise, wobei ich mir genau vorstellen kann, wie sich das wundervolle Lächeln auf ihren Lippen bildet, dass sie nur mir schenkt. Aber sie hat recht, ich sollte gehen. In zwanzig Minuten muss ich bei meinem dritten Bewerbungsgespräch in dieser Woche und bei dem elften im ganzen Monat sein. Es ist schwer einen Job zu bekommen, wenn man nicht für diesen brennt. Ehrlich gesagt bewerbe ich mich überall wo es möglich ist, denn durch den Tod meiner Mutter verschlechterten sich meine Noten noch mehr und ich schaffte nur knapp meinen Abschluss. Dadurch komme ich allerdings auch nicht an meinen Traumjob heran. Dieser ist wohl wie die Sonne, viel zu weit weg von mir, viel zu gross und viel zu heiss. Ich wollte schon immer Tierarzt werden. Ich will den Tieren helfen und sie retten. Aber dafür habe ich nicht einmal den richtigen Abschluss.
Seufzend löse ich mich aus der Umarmung meiner Schwester und nicke ihr noch einmal zu. Sie hasst es, wenn ich zum Abschied Worte verwende, weshalb ich ihr den Gefallen tue und es lasse. Ich drehe mich um, jedoch offenbar zu langsam, denn Robin schubst mich leicht nach vorne. Empört drehe ich mich doch noch einmal um. "Eyy." Sie schmunzelt mich nur an und schickt mir eine Kusshand zu. Daraufhin grinse ich frech und meine schelmisch: "Tschüss Schwesterherz, ich hab dich so lieb und werde dich fest vermissen." Sofort wird sie wütend, doch bevor sie auf mich losgehen oder etwas sagen konnte, sprinte ich los. Sie würde mir nicht nachrennen, sie ist zu langsam um mir nach zu kommen, auch wenn ich nicht so aussehe, als ob ich schnell wäre.
Schweratmend bleibe ich nach einer Weile an einer Ecke stehen und stütze mich an der kalten Steinmauer eines Hauses ab. Der Schnee verfängt sich in meinen Wimpern und die kalte Luft schmiegt sich um mich. Ein Blick auf meine Uhr zeigt mir, das ich noch zehn Minuten habe um zu dem Gespräch zu gelangen. Ich muss mich beeilen, denn der Weg bis dahin ist nicht gerade kurz. Ich stapfe also weiter zügig durch den Schnee. Irgendwann ziehe ich den Zettel aus meiner Jackentasche, auf dem alle Informationen zu dem Job stehen. Durch die Schneeflocken die darauf landen und langsam vor sich hinschmelzen, wird er schnell etwas feucht und labrig, aber lange würde ich ihn nicht mehr brauchen. Ich will nur noch einmal alles überfliegen um nachher nichts falsches zu sagen. Kellner ist vielleicht nicht einmal so ein schlechter Beruf, denn ich kann schliesslich nicht gerade schlecht mit Menschen umgehen. Ich bin höchstens etwas ungeschickt, wodurch es doch etwas problematisch werden könnte.
Ich zerknülle den nassen Zettel in meinen Händen, da er nicht mehr leserlich ist und stopfe ihn in meine Jackentasche zurück. In diesem Moment sehe ich aus dem Augenwinkel wie jemand neben mir vorbei läuft. Es kommt mir wie in Zeitlupe vor, als die Person zu Boden fällt und ich zu ihm blicke. Und da sehe ich ihn wieder. Nach Ewigkeiten..
"Kian"
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