Kapitel 43

~Pov. Yoongi~
Jimin und ich hatten an dem Tag noch ein wenig geschrieben und er fragte mich, ob ich morgen Zeit hätte, um mit ihm Physik zu lernen. Ich stimmte zu und so stand er keine 24 Stunden später vor meiner Wohnungstür. Ich ließ ihn rein und er zog sich seine Schuhe und seine Jacke aus, ehe er mich in eine Umarmung zog, die ich sofort erwiderte. "Sind deine Eltern da?", fragte er und löste sich von mir. "Nein, die arbeiten. Möchtest du etwas trinken?", fragte ich und er bejahte. Ich ging in die Küche, holte zwei Gläser aus einem Schrank und eine Wasserflasche aus dem Kühlschrank.

Jimin hatte die Gläser genommen und gemeinsam gingen wir in mein Zimmer. Ich ging nochmal schnell ins Wohnzimmer zurück, um einen Stuhl zu holen und stellte ihn dann ebenfalls an meinen Schreibtisch. Er setzte sich hin und ich holte meine Physiksachen, ehe ich mich neben ihn setzte und das Heft aufschlug. Ich zeigte ihm das momentane Thema und auch die Hausaufgaben, die wir bekommen hatten. Gemeinsam fingen wir an die Aufgaben abzuarbeiten, jedoch ließ er mich am Anfang mit der jeweiligen Aufgabe alleine, damit ich es alleine probierte. Das klappte mal besser, mal schlechter.

Als wir mit den Aufgaben fertig waren machten wir noch einige Aufgaben im Buch, bei denen die Lösungen hinten drin standen. Die ein oder andere schaffte ich sogar komplett und ohne Fehler alleine zu lösen, bei den meisten aber musste er mir immer wieder kleine Hinweise geben. Dennoch merkte ich jetzt schon eine Verbesserung im Vergleich zu früher. Irgendwann war er so gnädig, dass wir eine Pause machten und ich mich erschöpft nach hinten in den Stuhl sinken ließ. "Du wirst langsam besser.", sagte er fröhlich, was mich ebenfalls lächeln ließ.

"Ja, langsam wird's besser. Aber ich denke wir werden noch eine Weile brauchen, bis ich es wirklich alleine hinkriege. Falls ich das überhaupt irgendwann schaffen sollte." "Mit mir als Nachhilfelehrer sicherlich.", sagte er grinsend und lehnte sich ebenfalls zurück. Gespielt genervt verdrehte ich die Augen und schaute geradeaus ins Nichts. Zwischen uns herrschte eine angenehme Stille und es war auch schön einfach nur nebeneinander zu sitzen und nichts zu tun.

Nach einiger Zeit gab Jimins Handy einen Ton von sich. Er nahm sein Handy und las sich die Nachricht durch. Dann sagte er:"Die Jungs wollen mal wieder was zusammen machen. Hättest du Lust?" "Was ist denn geplant?", fragte ich. "Weiß ich noch nicht. Sie überlegen gerade in der Gruppe. Du kannst ja mit überlegen, wenn du willst.", schlug er vor. Zögernd griff ich nach meinem Handy und ging in unsere Gruppe. Sie hatten ziemlich viel geschrieben, das meiste aber war Spam und nicht wirklich wichtig. Die momentanen Ideen waren Basketball spielen oder etwas essen gehen. Also so, wie sonst auch. 'Ich bin für's Basketball spielen", schrieb ich in den Chat und sperrte dann wieder mein Handy.

"Wollen wir weiter machen?", fragte er dann und ich atmete genervt aus. "Das waren keine 5 Minuten.", protestierte ich. "Ich habe schon ein paar mal mit dir gelernt. Je länger die Pausen, desto unkonzentrierter wirst du." Leider hatte er da Recht, also ließ ich mich überreden und setzte mich wieder richtig hin.

Wir machten noch eine Weile lang Physikaufgaben, dann machten wir meine Mathehausaufgaben. Als wir auch damit fertig war stand ich auf und räumte meine Hefte in den Schrank, unter meinem Schreibtisch. Dann ließ ich mich geschafft auf mein Bett fallen, schloss meine Augen und atmete aus. Jimin musste lachen und fragte:"So fertig?" Ich nickte und sagte:"Zu viele Formeln und Buchstaben für einen Tag. Im ernst, da sind mehr drin, als in meinem Deutschheft." Erneut musste Jimin kurz lachen und ich hörte seinen Stuhl kurz knarzen. Dann senkte sich neben mir die Matratze und ich öffnete die Augen. Jimin hatte sich neben mich gesetzt, stützte sich mit einer Hand neben mir leicht ab und schaute mich an.

"Wann schreibst du die nächste Arbeit oder Test in Physik oder Mathe?", fragte er. "Bis jetzt wurde uns noch nichts angekündigt." "Okay. Wenn du es weißt sag bescheid, ich helf' dir." "Okay. Danke wirklich.", sagte ich, musste dann aber gähnen und kniff dabei die Augen etwas zusammen. "Oh Gott, haben dich die Aufgaben so fertig gemacht?", fragte Jimin leicht lachend. Ich nickte und ließ meine Augen geschlossen. Nach wenigen Sekunden spürte ich, wie er mit einer Hand sanft durch meine Haare fuhr, was mich lächeln ließ. Nach wenigen Sekunden löste sie sich und legte sich auf meine Wange, wo er mit dem Daumen sanft über meine Haut fuhr. Nun öffnete ich wieder meine Augen und sah direkt in die von Jimin. Er lächelte verliebt, was ich genau so erwiderte.

Sein Daumen hörte auf sich zu bewegen und kurz passierte nichts, dann beugte er sich aber vorsichtig zu mir runter und legte seine Lippen sanft auf meine. Sofort schloss ich meine Augen und erwiderte genauso vorsichtig. Das war seit gestern unser erster Kuss und ich war wieder genau so aufgeregt und voll mit Adrenalin und Glücksgefühlen. Sanft fing er an seine Lippen zu bewegen und zögernd legte ich meine eine Hand an seine Schulter, die andere in seinen Nacken. Ich vergas fast alles um mich herum, verlor mein Zeit Gefühl und konzentrierte mich nur noch auf ihn, auf uns.

Man hörte ein Rascheln, was mich ein wenig aus unserer kleinen Welt holte, dennoch unterbrach ich den Kuss nicht. Ich brauchte einen kurzen Moment, um zu verstehen, was das für ein Geräusch war. Dann aber hörte ich, wie sich die Haustür öffnete und erschrocken fuhr ich hoch. Blöderweise war Jimin im Weg und nach wenigen Zentimetern, vielleicht sogar noch weniger, stießen unsere Köpfe recht stark und mit einem dumpfen Knall gegeneinander. Vor Schmerz leicht stöhnend ließ ich mich wieder zurück ins Bett fallen und fasste mir an die Stirn. Ein stechender Schmerz breitete sich von der Stelle weiter aus, doch wurde schnell erträglicher, sodass es nur noch ein drückendes Pochen war.

Ich spürte, wie meine Wangen vor Scham ganz warm wurden und ich setzte mich schnell auf, woraufhin mir aber etwas schwindelig wurde. Jimin hatte sich ebenfalls richtig aufgesetzt und rieb sich selbst auch die Stirn. "Hab' ich dir weh getan?", fragte ich zögernd und schuldbewusst. "Tut nur ein bisschen weh. Was war denn?", fragte er verwirrt und schaute mich an. Ich jedoch schaute peinlich berührt weg und erklärte:"Irgendjemand ist nach Hause gekommen und ich habe mich erschrocken." "Echt? Das habe ich gar nicht gemerkt.", erwiderte er.

"Ich geh kurz hallo sagen.", sagte ich, stand auf, nahm mein Handy und verließ mein Zimmer. Es stellte fest, dass es meine Mutter war, die nach Hause gekommen war und ich begrüßte sie kurz, fragte wie ihr Tag war und erklärte auch, dass Jimin gerade da war. Das alles machte ich über das Handy. Ich wusste nicht wieso, aber ich hatte immer noch eine gewisse Hemmung mit meinen Eltern zu reden, während ich bei Jimin das eigentlich überhaupt nicht spürte. Doch meine Eltern störte es nicht, sie waren froh, wenn ich ab und zu mal etwas sagte.

Ich ging danach wieder in mein Zimmer, wo nun Jimin in meinem Bett lag, er hatte die Augen aber offen und sah mich an. Ich schloss meine Tür hinter mir, setzte mich zu ihm und fragte schmunzelnd:"Bist du auch müde oder was?" "Nein, es ist nur gemütlich. Wo ist eigentlich der Bär, den ich dir damals geschenkt habe? Der ist hier nirgendswo." Ich zögerte, sagte dann aber:"Ich habe ihn im Schrank versteckt. Ich wollte nicht, dass meine Eltern ihn sehen. Ich wollte es nicht erklären müssen." "Kann ich verstehen. Eltern können sehr neugierig sein. Glaub mir, ich weiß das.", sagte er und zum Ende hin verfinsterte sich seine Miene ein wenig, was ich sofort merkte.

"Hey, was ist?", fragte ich besorgt aber auch vorsichtig, da ich ihm nicht zu nahe treten wollte. Als ich das fragte legte ich sanft meine Hand auf seine. Er schwieg kurz, seufzte dann aber und setzte sich auf. Dabei ließ er meine Hand nicht los, im Gegenteil, er hielt sie fester in seiner. Er schaute auf unsere Hände und fing an zu erzählen:"Gestern bin ich halt nach Hause gegangen und war gut gelaunt. Meine Mutter hat halt gemerkt, dass ich ziemlich gut gelaunt war und hat, keine Ahnung wie, mit irgendwelchen Mütterkräften oder so, eben gemerkt, dass ich vermutlich...verliebt bin."

Er schwieg eine Weile und wusste wohl nicht wie er weiter reden sollte. Ich hatte ihn noch nie so unsicher und unentschlossen erlebt. Sanft legte ich noch meine andere Hand auf seine uns strich mit meinem Daumen sanft über die Haut. Er sollte sich die Zeit nehmen die er brauchte und nicht das Gefühl haben gedrängt zu werden. Er atmete kurz tief ein und fuhr dann fort:"Sie hat halt gefragt, wer sie ist und ob meine Mutter sie kennt und so."

Nun verstand ich, was das Problem war. "Also wissen deine Eltern nicht, dass du auf Jungs stehst.", stellte ich fest und er nickt zögernd. "Ich weiß auch nicht ob ich mit ihnen reden soll und wann und wie und...keine Ahnung.", murmelte er frustriert. Sanft verstärkte ich den Druck meiner Hände, was er sofort erwiderte, jedoch nicht aufschaute. "Meine Eltern wissen es auch nicht. Und ehrlich gesagt habe ich gestern auch viel darüber nachgedacht. Was sie davon halten würden, wie sie reagieren würden, wie der Rest der Familie reagieren würde...wie..deine Freunde reagieren würden. Oder...wissen sie es?" Er schüttelte den Kopf.

Einige Zeit, vielleicht sogar Minuten, schwiegen wir, bis ich das Wort wieder ergriff. "Wir haben ja noch Zeit. Wir müssen uns darüber eigentlich noch keine Gedanken machen, wir sind seit gerade einmal 24 Stunden zusammen. Wir haben genug Zeit und wenn wir denken, dass der richtige Zeitpunkt gekommen ist sagen wir es." "Und wenn der richtige Zeitpunkt nicht kommt?", fragte er und klang dabei leicht verzweifelt. Ich löste meine Hand von seiner und drückte seinen Kopf am Kinn sanft nach oben, sodass er mich anschaute. "Dann müssen wir uns den richtigen Zeitpunkt selbst gestalten. Aber wir haben noch genug Zeit. Und wenn wir das Gefühl haben, dass es etwas langanhaltendes ist, dann schaffen wir das auch. Okay?"

Zögernd nickte er und sanft zog ich ihn in eine Umarmung, was er direkt erwiderte. Es war unglaublich seltsam mal selbst die Person zu sein, die Stärke zeigte und versuchte den anderen aufzubauen. Das sollte nicht bedeuten, dass er in dieser Situation schwach oder unmännlich sei, aber ich merkte, dass ich in einer besseren Verfassung war und ich nun somit die Person war die, die dem anderen Halt und Zuversicht schenken musste. Es war ein ungewohntes, gleichzeitig aber auch ein sehr schönes Gefühl jemanden das geben zu können.

Jimin legte seinen Kopf auf meine Schulter und ich strich ihm sanft über den Rücken. Nach kurzer Zeit legte er seine Arme fester um mich, was ich genauso erwiderte. "Danke, wirklich.", murmelte er und vergrub sein Gesicht in seiner Halsbeuge. "Du musst mir nicht danken.", erwiderte ich und so schwiegen eine lange Zeit, saßen einfach auf dem Bett und lagen in den Armen des jeweils anderen.

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