Kapitel 22

~Pov. Jimin~
Es sind mittlerweile drei Wochen vergangen, seitdem wir von Yoongis Vergangenheit erfahren haben. Langsam wurde es erträglicher damit zu leben, dennoch dachte ich sehr viel darüber nach. Wieso er so gewesen ist, wieso er so abartig gehandelt hatte. Das konnte er doch nicht freiwillig gemacht haben. Oder?

Und hatte ihn das vielleicht stumm gemacht? Der Tod von diesem Jungen? Oder hatte er immer schon wenig gesprochen? Und wieso hatte er uns alle blockiert und nahm unsere Anrufe nicht an? Auch wenn wir bei ihm klingelten sagte seine Mutter immer nur, dass er entweder nicht da war oder sehr beschäftigt. Wenn wir sagten, dass er sich bitte melden solle passierte nichts.

Als sich die anderen damals gewundert hatten, wieso er die Gruppe verlassen hat, haben Jin und ich  es ihnen gesagt und sie waren ebenfalls geschockt. Ich hingegen war ein wandelndes Wrack. Ich habe viel geweint, ich wollte nicht verstehen, dass er so ein Mensch gewesen ist. Ich konnte es nicht verstehen. Er war immer so lieb und schüchtern gewesen, ich konnte mir ihn einfach nicht also so jemanden vorstellen. So jemanden kalten und bösartigen. Und dass ich mich in so jemanden verliebt hatte.

Zwei Wochen nachdem wir das erfahren hatten haben wir aufgehört zu versuchen ihn zu erreichen. Wir waren uns einig, dass wir ihn erstmal in Ruhe lassen sollten, zumal wir alle selber noch immer nicht wussten, wie wir damit umgehen sollten. Wir hatten zwar schon lange und oft darüber geredet und sie waren sich auch einig, dass sie ihn nicht als so jemanden sehen konnten und wollten. Dass es natürlich scheisse von ihm gewesen ist, jeder aber eine schlechte Seite hatte und Fehler machte.

Doch irgendwie war es für mich sehr schwer diese Ansicht zu teilen. Ich verstand, was sie damit meinten und sie hatten auch recht. Dennoch fühlte es sich komisch an zu wissen, dass man Wochen, Monate lang mit jemandem befreundet gewesen ist, der so etwas schreckliches getan hatte.

Vielleicht lag es an meinen Gefühlen für ihn, dass es mir so schwer fiel so eine schlechte Seite zu verstehen und anzunehmen. Vielleicht war das aber auch generell meine Einstellung. Ich wusste es nicht und war mir nicht sicher, wann ich es herausfinden würde.

Wir waren gemeinsam draußen unterwegs und machten uns einen entspannten Tag. Es war Samstag und wir hatten beschlossen mal etwas wieder gemeinsam zu machen und hatten auch vor bei Jin zu übernachten. Es tat gut mit ihnen über andere Themen zu reden und mit ihnen wieder Spaß zu haben und fast sorgenfrei zu sein. Wir gingen gerade durch einen Park und alberten viel herum.

Jungkook und Taehyung spielten fange und rannten quer über die Wiesen, wo andere Leute picknickten oder einfach nur saßen und sich unterhielten. Es war lustig mit anzusehen, wie sie sich gegenseitig fingen, stolperten oder sich fast gegenseitig umrannten.

Langsam wurde es kühler und ich zog mir meine Jacke an, die ich um meine Hüfte gebunden hatte. "Wenn wir eh schon hier sind, wollen wir zu dem Burgerladen, den es da hinten gibt?", fragte Hoseok. "Ja, der ist mega gut!", sagte Jin. "Yaay Burger!", rief ich begeistert und riss die Arme in die Luft. "Hoffentlich gibt es wieder Angebote, dass es ein bisschen günstiger ist.", meinte Hoseok.

Wir liefen weiter durch den Park, da wir durch diesen durchlaufen mussten, um zu dem Restaurant zu kommen. Neben dem Kiesweg, der sich durch den ganzen Park zog, standen am Rand immer wieder Bänke. Weiter vor uns stand ebenfalls eine, auf der jemand drauf saß. Ein Jogger war vor ihm in der Hocke, hatte eine Hand auf seinem Knie und redete wohl mit ihm.

"Ist das nicht Yoongi?", fragte Jin verwirrt. Als ich mir die beiden genauer ansah erkannte ich, dass er recht hatte. Yoongi saß auf der Bank und je näher wir kamen, desto schlimmer sah er aus. Er war ganz blass, seine Haare waren zerzaust, seine Wangen waren, vermutlich von Tränen, sehr nass und sein ganzer Körper zitterte heftig, obwohl er etwas schwitzte. Es hatte so ausgesehen, als wenn er den Mann ansah, der vor ihm saß und mit ihm redete, doch nun erkannte man, dass er ihn wohl gar nicht wirklich wahr nahm. Es sah so aus, als würde er durch den Mann durchsehen.

Er sah völlig fertig aus und das tat mir unglaublich weh. Mein Herz schmerzte und am liebsten würde ich ihn in den Arm nehmen und sagen, dass alles in Ordnung sei und ich bei ihm war. Doch ich traute mich irgendwie nicht und ich verstand selber nicht genau wieso. Wir liefen alle etwas langsamer und musterten die beiden vor uns.

"Was ist mit ihm?", fragte Hoseok verwirrt, doch wir wussten darauf alle keine Antwort. Nun schienen auch Jungkook und Tae zu merken, dass was war und kamen zu uns. Wir waren immer noch ein Stück von der Bank entfernt, doch dann löste sich Jin von uns und ging auf die beiden zu. Er redete mit dem Mann, der ihm antwortete, ehe er sich ebenfalls vor Yoongi kniete. Dafür stand der Mann auf, holte sein Handy raus und hielt es sich kurze Zeit später ans Ohr.

Wir gingen ebenfalls zu ihnen, wobei mir aber immer flauer im Magen wurde. Sobald ich ihn sah, sobald ich nur an ihn dachte, hatte ich den Jungen vor Augen und auch Vorstellungen, wie Yoongi ihn fertig gemacht haben könnte. Ich konnte es einfach irgendwie nicht ignorieren oder so hinnehmen. "Was ist los?", fragte Jungkook besorgt, als wir bei ihnen ankamen. Yoongi sah bei der Frage nicht auf und schien nun ebenfalls durch Jin durchzusehen und ihn gar nicht zu bemerken, obwohl er nun ebenfalls eine Hand auf seinem Knie hatte.

"Der Mann arbeitet als Arzthelfer und meinte, dass es wohl ein Nervenzusammenbruch sei.", sagte er und zog sich seine Jacke aus. Dann legte er sie vorsichtig um Yoongi. Yoongi hatte seine Hände fest zu Fäusten geballt, so sehr, dass die Knöchel weiß gefärbt waren. Sanft nahm Jin sie in seine und nun schien Yoongi ihn endlich zu bemerken und sah ihn an. "Yoongi es ist alles gut. Du bist in Sicherheit, dir passiert nichts. Wir sind bei dir. Gleich kommt Hilfe und dann wird es dir besser gehen, versprochen.", versuchte er Yoongi zu beruhigen.

Viel änderte sich nicht, nur dass er Jin direkt ansah, anstatt in die Leere zu starren und wieder neue Tränen über seine Wangen liefen. Jin stand langsam auf und legte vorsichtig seine Arme um ihn. Yoongi erwiderte es und krallte sich fast schon in das Oberteil des Älteren, wobei seine Hände immer noch sehr zitterten.

Jin setzte sich langsam neben ihn, wobei sie sich ein wenig drehten und Yoongis Kopf an Jins Brust lag. Als dann immer wieder Schluchzer zu hören waren und er anfing zu weinen, fiel es mir schwer mir meine eigenen Tränen zu unterdrücken. "Shh, es wird alles gut Yoongi.", sagte er sanft und strich dem jüngeren sanft über den Kopf. "Hilf mir.", kam es plötzlich zittrig von ihm und mir blieb das Herz kurz stehen. Geschockt sahen wir uns gegenseitig an und auch Jin was kurz überfordert, strich ihm dann aber weiter sanft über den Kopf und sagte:"Es kommt bald Hilfe."

Ich brauchte einige Zeit, um das zu realisieren. Nach Monaten war das das erste, was wir von ihm hörten. Ich hätte nie damit gerechnet mal seine Stimme zu hören, weswegen mich das sehr aus dem Konzept brachte. Plötzlich hörte man eine Sirene, sehr leise, aber hörbar und es wurde auch lauter, bis es nach wenigen Sekunden aufhörte. Es dauerte kaum zwei Minuten, da sah man den Rettungswagen am Eingang. Zum Glück war das Tor groß genug, dass der Wagen ohne große Probleme durchfahren konnte.

Sie fuhren bis zu uns vor und stiegen sofort aus. Einer fragte, wer der Anrufer war, woraufhin sich der Jogger meldete und mit dem Sanitäter redete. Zwei kamen zu Yoongi und fragten, was genau los sei und fingen an Dinge zu machen wie Blutdruck messen. Jin erklärte, dass wir hier vorbei gelaufen waren und dazu gestoßen sind. Zudem sagte er noch, dass Yoongi ein guter Freund von uns sei. Als wir erwähnten, dass er Minderjährig war fragten sie uns, ob wir die Eltern informieren könnten.

"Ich glaube keiner von uns hat ihre Nummern. Aber wir wissen, wo sie wohnen, nicht die Adresse aber wir wissen wo.", meinte Hoseok. "Gut, dann gebt ihnen bitte bescheid. Sollten sie sich nicht in einer Stunde im Krankenhaus irgendwie melden, werden wir selber jemanden losschicken." Damit einverstanden ließen sie uns in Ruhe und kümmerten sich weiter um Yoongi, der immer noch heftig zitterte und weinte. Sie fragten Jin, ob er helfen könnte, ihn in den Krankenwagen zu bringen und gemeinsam schafften sie es, ihn auf die Liege zu setzen.

"Wenn ihr mit ihm so gut befreundet seid wäre es gut, wenn er jemanden bei sich hat, der ihm vertraut ist." Sofort lagen die Blicke der Anderen auf mir und mir wurde mulmig zumute, doch ich wusste ebenso wie sie, dass ich den besten Draht zu Yoongi hatte und es daher am besten wäre, wenn ich mit gehen würde. Also stieg ich mit ein und setzte mich auf einen Sitz, der direkt neben der Liege war.

Jin hatte seine Jacke wieder genommen und nun bekam Yoongi eine Decke um die Schultern gelegt. Er zitterte immer noch heftig und sah stumm nach unten. Die hintere Hälfte der Liege war aufgerichtet, gegen die er sich lehnen konnte. Zögernd legte ich meine Hand auf seine Schulter und es brauchte einige Sekunden, ehe er seinen Kopf langsam in meine Richtung drehte. Es lag vermutlich an den Medikamenten, dass er nun seine Umwelt wieder einigermaßen gut wahrnahm.

Ich zögerte, sagte dann aber:"Es wird alles gut, okay? Wir fahren jetzt ins Krankenhaus, dann wird es dir gleich besser gehen. Ich bleibe die ganze Zeit bei dir wenn du das willst, okay?" Es liefen immer wieder Tränen aus seinen Augen, die er sich weg wischte und dann nach unten sah, ehe er kurz nickte.

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