SPINNENHARZ


Dunkel war die Nacht und wie schwarzer Samt lag der Himmel über ihr, als sie durch das hohe, flüsternde Schilfgras schlich.

Nur die schmale Mondsichel, die den letzten Rest der abnehmenden Silberscheibe trug, spendete schwaches Licht, doch die Wölfin benötigte es nicht.

Ihre Sinne waren gespitzt, scharf wie Dornen. Sie lauschte auf jedes noch so leise Rascheln in den dünnen Halmen, die seufzend über ihren vom Flussschlamm unsichtbar gemachten Pelz strichen.

Ihre schönen, geschwungenen Pfoten trafen lautlos auf dem vom Frost knisternden Boden auf und ihre Schnauze zuckte, damit ihr auch ja kein Windhauch entging.

Als sie zwischen die stämmigen Eichen trat, meinte sie, in der Ferne eine Katze jaulen zu hören. Sie wusste, wo das geheime Lager des DonnerClans lag, hatte es mondelang jede Nacht ausgekundschaftet.

Und heute war die eine Nacht, in der ihre Familie endlich Frieden finden würde, in der sie sich von ihrem Schicksal lösen würde.

Leise lief sie los, in einem gestreckten Trab, ihre Tatzen verursachten kaum einen Laut.

Als sie die gewölbten Brombeerbüsche der Lagerumgrenzung entdeckte, wurde sie langsamer, ließ ihre Muskeln entspannen und legte sich auf die Lauer. Das spärliche Licht ließ sie wie einen befremdlichen Felsen erscheinen und Silberdistel war kaum noch zu bemerken.

Auf den Herzschlag genau verließ Spinnenharz durch den schmalen Gang den unter einem toten Baum versteckten Heilerbau und sie wusste, die Heilerin würde nun zu ihrem gelbäugigen Gefährten im SchattenClan aufbrechen. Die dunkelgetigerte Kätzin sah sich um, ihre blauen Augen schweiften mit peinlicher Genauigkeit über das schlafende Lager.

Die silbernen Augen des lauernden Jägers wurden eng und sie bleckte ihre Fänge, als Spinnenharz schließlich an ihrem Versteck vorbeikam.

Der Milchgeruch hing schwer in der Luft und der Bauch der Heilerin wölbte sich von ungeborenen Jungen. Sie war eine der Verräterinnen, die der SternenClan auserwählt hatte und Silberdistel würde ihren schrecklichen Auftrag mit Genugtuung ausüben.

Plötzlich jaulte die hochträchtige Kätzin auf und sie wusste, es war der Zeitpunkt gekommen. Nur wenige, mit dem Fluss der Zeit schnell verrinnende Augenblicke trennten sie noch vom Blut, das ihre Zähne benetzen würde wie ein wunderschönes, tiefrotes Netz aus Leben.

Die Dunkelgetigerte schleppte sich mit vor Anstrengung angelegten Ohren zu einem tiefhängenden Busch und gebar vier gesunde Junge. Die verschlammte Wölfin bellte beinahe laut auf, als sie die albernen Namen hörte. Sollte es so sein. Es würde sowieso nie jemand mitbekommen, wie sie die winzigen, verknautschten Katzenjungen genannt hatte.

Mit einem tiefen Grollen in der Brust stürzte sie sich in das Gebüsch und zerfetzte die Kehle der Heilerin. Blut tropfte aus ihrem Brustfell und versickerte im Schnee. Die noch blinden Kinder ließ sie leben. Sie konnten sterben oder überleben, abhängig davon, wie schnell sie gefunden wurden.

Zufrieden und mit vom Lebenssaft rot verfärbten Lefzen trabte sie hocherhobenen Kopfes ins DonnerClan-Lager hinein. Ihr tiefes, kehliges Heulen weckte nun auch den Rest dieser jämmerlichen Verräter. Nach und nach kamen sie aus ihren schwachen Bauen herausgetorkelt und rissen die verschreckten Augen auf.

Silberdistel wusste bereits, wen sie noch töten musste. Einige von ihnen sah sie in der Menge stehen, beschützten Jungen, Gefährten, Älteste. Es würde nutzlos sein.

Sie würden alle sterben. Alle, die der SternenClan auserkoren hatte. Alle, die Schlitzkralle gedient hatten.

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