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Wie ich mir den Unterricht bei Willow vorgestellt hatte, wusste ich nicht mehr. Auf jeden Fall hatte ich ihn mir weniger anstrengend als einen Wolf jagen, lernen wie meine tierische Familie zu heulen und vor allem Kate für Essen in ihrem Laden auszuhelfen. Aber diese erste Stunde das anstrengenste was ich je in meinem Leben erlebt hatte. Willow hetzte uns zwar nicht, aber ab und zu klatschte sie in die Hände und hat uns, ein wenig schneller zu machen. Naja, sie hatte auch gut reden. In der Zeit in der wir Tränke mischten, Flüssigkeiten umfüllten und Kräuter klein schnitten saß Willow in ihrem Pavillon auf einem Gartenstuhl und sah uns bei der Arbeit zu, während unsere Lehrerin in Wildkunde ein Löwenweibchen unterm Kinn kraulte die nach Willow Kim hieß und Leila gehörte. Leila war ein schlankes schwarzhaariges Mädchen, die ein buntes Kleid aus Blumen trug und in dessen schwarzen Zopf Rosen geflochten waren. Sie arbeitete fleißig und Willow lobte sie, als sie als Erste mit dem Vergiss-Mich-Trank fertig wurde. „Wie kann Leila so schnell arbeiten? Ich habe noch nicht mal diese verflixten fleischfressenden Pflanzen unter Kontrolle!" Wie auf's Stichwort machte Lunas Pflanze einen riesigen Satz nach vorn und biss ihr in den Finger. „Das reicht! Ich gehe!" Ohne noch ein Wort stand Luna auf, knallte ihr Messer auf den Tisch und verließ das Gelände. „Pass auf! Du weißt schon wegen was!" Orange schien beunruhigt, das sich Luna nun allein in das Mädchenzimmer der Vynx traute, wahrscheinlich hatte sie immer noch Angst, dass Jo enführt worden war. Obwohl ich mir langsam auch Sorgen machte. Es war schon kurz nach neun Uhr und meine Freundin war immer noch nicht aufgetaucht. Luna winkte ab. „Mir passiert schon nichts. Falls mich jemand angreift, was höchst unwahrscheinlich ist, gibt es immer noch die Sicherheitswärter in den Gängen, die Herr von Nelvaron heute morgen zusammen getrommelt hat. Macht euch keine Sorgen." Damit ging Luna und ich glaubte nicht, das sie noch einmal im Unterricht in Wildkunde erscheinen würde. Orange schnitt gedankenverloren Veilchen in kleine Stücke und rührte sie in den brodelnden Kessel der vor ihr stand. Lila seufzte leise. Sehnsüchtig blickte sie zu dem Teil des Geländes wo um diese Zeit die Tiere der Kinder untergebracht waren, die im Unterricht waren. Ich hatte noch unserem etwas schlechterem Anfang vorgeschlagen, noch einmal von neu zu beginnen. Nachdem sie mich besser kennengelernt hatte, wirkte Lila viel offener und fröhlicher, aber vor den andern Klassenkameraden sowie vor Luna und Orange zeigte sie sich eher ablehnend. Trotzdem hatte sie mir erzählt, um nach dem holprigen Start auch mein Vertrauen zu gewinnen, das sie ebenfalls zwei tierische Begleiter hatte. Ihr Reittier, ein Reh namens Feline und dessen Rehkitz Ronja waren ihr zur Owlwater gefolgt. Ich hatte Lilas Begleiter zwar noch nicht kennengelernt, was Lila nach der Schule unbedingt nachholen wollte, trotzdem freute ich mich, denn in Alaska gab es nicht viele freie Rehe, endlich zwei kennen zu lernen die in wilder Natur gelebt hatten. Ich war gespannt was mich erwartete.
Endlich, nach einer gefühlten Ewigkeit, beendete Willow die Stunde und gab uns glücklicherweise nur wenig Hausaufgaben auf. Ihr fiel erst kurz davor auf, das Luna fehlte. „Wo ist eure Freundin hin?", fragte sie mich und Lila während sie Nells Vergiss-Mich-Trank in ihr Regal stellte. „Ähm, sie wird nicht mehr kommen, fürchte ich", meinte Lila vorsichtig. „Sie wurde von einer fleischfressenden Pflanze gebissen und... Naja. So was lässt sich Luna nicht gefallen", sagte ich. „Okay, ihr versteht ich muss mit Figilius darüber reden. Eure Freundin müsste dann aber an meiner zusätzlichen Fächer teilnehmen, sonst wird das nichts. Richtet ihr das aus?" „Mache ich", murmelte ich, war mit meinen Gedanken aber woanders. War Jo etwa wirklich entführt worden? Wenn ja und vor allem wenn Luna und Orange Recht hatten, was wollten diese Entführer von mir? Denn das alle Mädchen mit einer silbernen Haarsträhne verschwunden waren, galt das dann noch als harmloser Zufall? Oder würde ich bald von allen Seiten bewacht werden? War ich wirklich so besonders, wie es alle dachten? Und lag es daran wer meine Mutter gewesen war und das ich eine Farbtochter bin, das sie ausgerechnet mich haben wollten? Es waren viel zu viele Fragen worauf ich keine Antwort hatte. Mit dem komischen Gefühl beobachtet zu werden, verließ ich den Pavillon und machte mich auf den Weg zur zweiten Stunde.
Mathematik gefiel mir noch weniger als Wildkunde. Obwohl Herr von Nelvaron uns alles geduldig erklärte verstand ich nicht, warum man so etwas zum Leben brauchte? Wer will schon wissen was die dritte Wurzel aus acht ist? Das war total langweilig. Luna allerdings kapierte die Formeln sofort und versuchte mir zu helfen. Aber so sehr sie sich auch anstrengte ich kapierte den Sinn einfach nicht. Außer Luna meldete sich niemand, weshalb Herr von Nelvaron sich nur zu ihr gute Notizen machte. Ich war froh, als der Ruf eines Phönix erklang um daran zu erinnern das wir nun eine halbe Stunde frei hatten bevor der Unterricht weiterging. Erleichtert und ohne zu wissen, was mich erwartete betrat ich zusammen mit Lila den Bereich in dem die Tiere untergebracht waren.
„Darf ich vorstellen, Feline und Ronja, meine zwei Süßen", meinte Lila und stieg über das Gatter des Freigeheges der Tiere. Heute war es ziemlich kühl, ich zog mir schnell noch eine Jeansjacke über, bevor ich ebenfalls über das Gatter kletterre. „Dahinten sind sie. Aber vorsichtig, Feline ist sehr scheu. Ronny eher nicht, sie schnuppert sehr gerne an deinen Klamotten. Aber Feline vertraut wirklich niemandem..." Ich näherte mich dem Reh, während Lila mir erläuterte wie scheu Feline war. Vorsichtig streckte ich meine Hand aus und versuchte Feline in meinen Gedanken zu erreichen. „Ich bin Silber. Und du bist Feline, oder? Keine Angst, ich bin da, ich tue dir nichts." Zuerst antworte Feline nicht und ich befürchtete schon meine Nachricht hätte sie nicht erreicht, als sie vorsichtig einen Schritt zu mir machte und sich vor mir verbeugte. „Mein Name ist Feline Celestia Juna Cecilia Melody, zukünftige Anführerin des Reh-Clans. Es ist mir eine Freude dich kennenzulernen, Silber." Ihre melodische Stimme hörte sich sanft an und ich wusste das sie mir vertraute. Mit offenem Mund stand Lila hinter mir und sah mich aus großen Augen an. „Das kann nicht sein. Sie hat noch nie einem Menschen vertraut, außer mir. Nicht einmal Willow, obwohl ich ihr versicherte das sie ihr nicht weh tun würde. Und du sagst ein paar Worte und sie vertraut die blind. Bei mir hat das ein paar Tage gedauert", erzählte sie und lächelte. Der Ruf des Phönix erklang. Nun würde ich gleich erfahren was in aller Welt Meeria waren. Und ob ich so eines reiten konnte.
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