5
Als ich aufwachte, schien die Sonne durch das saphirblaue Himmelbett und ich hielt mir die Hand vor die Augen, um etwas erkennen zu können. Neben mir schnarchte Jo immer noch leise vor sich hin. Luna und Orange lagen friedlich in ihren Betten, sie atmeten ruhig, was ich an ihrer hoch und wieder senkenden Brust erkannte. Ich warf die Decke zurück und bemerkte Zoe, die es sich zwischen meinen Beinen gemütlich gemacht hatte und so auch eingeschlafen war. Ich schob sie sanft zur Seite und stieg aus dem Bett. Als ich abends in das Mädchen- Schlafzimmer gekommen war, war nur noch ein Schrank leer gewesen, weshalb ich diesen genommen hatte. In diesem hing eine Uniform die aus einem gold und blau verzierten Top bestand. Dazu ein Rock, in den selben Farben und lange blaue Strümpfe. Schuhe standen nicht dabei, weswegen ich mir meine braunen Stiefel für meinen ersten Tag an der Owlwater aussuchte. Ich bemerkte ein geschwungenes, goldenes V an der Brust des Tops. „Hallo Silber? Weckst du mich denn gar nicht? Oder glaubst du ich will zu deinem ersten Schultag an einer richtigen Schule nicht mit?", drang Zoes Stimme in meine Ohren. Ich wusste zwar, das die anderen meine Freundin nicht hören konnten, trotzdem legte ich meinen Finger auf die Lippen und bedeutete Zoe ruhig zu sein. Man konnte schließlich nie wissen. „Ich will noch einmal in die Bibliothek. Willst du mit?", flüsterte ich und Zoe nickte. „Du siehst hübsch aus", meinte sie und musterte mich. „Zumindest anders, als in meiner alten Winterhose und dem langen Mantel, den ich bei euch immer getragen habe", meinte ich, schließlich war es in Alaska kalt gewesen und so was wie Geld kannten Polarwölfe nicht. Da hatte Kate, die Besitzerin eines kleinen Laden in Alaska, mir ein paar Klamotten gegeben, die zu abgenutzt waren, dass Kate sie in ihrem Laden verkaufen konnte. Ich schlich leise zur Tür, öffnete sie und schlich in den Gang. Der war nur ein wenig mit Fackeln beleuchtet und ich hatte keine Ahnung, ob es in meiner magischen Unterkunft überhaupt Lichtschalter gab. Zoe folgte mir auf leisen Pfoten. „Und du glaubst wirklich, das du in der Bibliothek etwas über deine Mutter findest?", hörte ich Zoes Stimme in meinem Kopf. Ich blieb stehen und drehte mich zu ihr um. „Ich weiß es ist nicht einfach, aber du musst jetzt durchhalten. Ohne das Rudel und deine Freunde, du kannst das nicht, oder?" Zoe war schon immer ängstlich gewesen, zumindest ängstlicher als ich, die sich immer sofort gleich in ein neues Abenteuer gestürzt hatte. Zoe hatte lieber immer dicht bei ihrer Mutter gestanden und auf die gehört. Sie waren halt ziemlich unterschiedlich. Und trotzdem gab es niemanden, den ich mehr mochte als diese Polorwölfin und genau das sagte ich ihr jetzt ins Gesicht. „Weißt du jetzt eigentlich auch, wer dein Vater ist?", fragte Zoe, nachdem ich sie fest an mich gedrückt hatte. „Nein, als meine Mutter mich damals euch gab, hat sie nicht davon gesprochen, wer mein Papa ist und wo er lebt. Aber sie scheint, wenn er noch lebt, nicht ein sonderlich gutes Verhältnis zu meinem Vater zu haben." Ich streichelte Zoe hinterm Ohr, tätschelte sie und stand auf. „Und deshalb will ich mehr über sie und vielleicht auch meinen Vater erfahren." Niemand verstand besser als Zoe, das ich meine Familie vermisste. Sie vermisste ihren Vater auch. Er war gestorben, noch bevor die Wölfe mich adoptiert hatten. Zoe sprang ebenfalls auf und lief mit weiter hinterher. Plötzlich sah ich ein flackerndes Licht den Gang hinunter huschen. Es wurde immer greller und blendete mich. Zoe allerdings lief einfach weiter. Aber das Licht war zu stark, ich musste stehen bleiben. Was war das? Und vor allem, warum schien es Zoe nicht zu stören? Ruckartig war das Licht plötzlich weg. Komisch. Doch nun hörte ich schwere Schritte auf der langen Wendeltreppe, die nach oben führte. Ich packte Zoe und zog sie in einen Gang. Ich hatte keine Ahnung, wie spät es war, aber wahrscheinlich war die Nachtruhe noch nicht vorbei. Wenn Miss van Coubon um die Ecke biegen würde, hätte ich ein Problem. Gleich, als ich sie das erste Mal gesehen hatte, hatte ich sie als unfreundlich aussortiert. Ich presste mich an die Wand und versuchte langsamer zu atmen. Zum Glück war es nicht Selly Coubon, die um die Ecke bog, sondern Miss Light, die ich schon bei Willow kennengelernt hatte. Sie sah sich kurz um, holte ein Medaillon aus ihrer Umhängetasche und setzte sich auf eine Bank, die eigentlich für die Schüler gedacht war. Na toll! Es sah nicht so aus, als würde sie gleich wieder gehen. Ich seufzte leise. Doch dann stand Moon Light auf und verschwand auf dem Balkon, der nur für Lehrer gedacht war. Ich rannte los, mir war es jetzt egal ob ich jemanden weckte oder nicht, zog die Tür zur Bibliothek auf und ließ sie hinter mir und Zoe ins Schloss fallen. Dann begann ich ein paar Bücher zu suchen, die etwas mit meiner Mum zu tun hatten. Silva Daelvon.
Als ich schon eine gefühlte Ewigkeit in den vielen Büchern nach einem zu meiner Mutter gesucht hatte, hörte ich plötzlich das leise Knarzen der Bibliothekstür. Das Sonnenlicht spiegelte sich an etwas ab, woraus ich schloss das die Person, die nun mit mir in diesem Raum stand, Kristalle am Körper trug. Ich hoffte, das Zoe verstanden hatte, das sie nun keinen Mucks von sich geben durfte, denn sonst würde ich gleich an meinem ersten Schultag richtig Ärger bekommen. schließlich hatte Miss van Coubon uns ausdrücklich verboten, in den Ruhezeiten unsere Zimmer zu verlassen. Leise schlich ich zu einem sparsam belichteten Ecke des Zimmers, das hinter einem Regal war und bedeutete Zoe mir leise zu folgen. Die jedoch sprang gutgelaunt auf mich zu. Der Boden knarzte. Okay, manchmal verstanden Polarwölfe echt überhaupt nichts. Natürlich wusste die Bibliothekarin jetzt das jemand hier war. Außer sie hörte aus Kopfhörern Musik, was Kate früher manchmal getan hatte. Aber ob es das in dieser völlig anderen Welt überhaupt gab? Ich seufzte und trat hinter dem Regal hervor. Erstaunt wich ich einen Schritt zurück. Vor mir stand ein schwarzhaariges Mädchen mit asymmetrischen Schnitt. Sie sah mich aus ängstlichen braunen Augen an. Allein das wäre nicht sonderlich komisch gewesen, aber als ich ihre Haare genau unter die Lupe nahm bemerkte ich eine violette Haarsträhne zwischen den dunklen glatten Haaren.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top