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Was sagte man bitte zu einer Person, wegen der eine andere dich wegen ihr verlassen hatte? Mir fiel nichts ein, deshalb schwieg ich und starrte sie nur an. Mehr oder weniger freundlich.

Das war also Aurelia.

Aber was hatte das Mädchen gefaselt?

Und Mama und ich vermissen dich so sehr... Was hatte das zu bedeuten? War alles sich anders und würde sich zum guten wenden, was ich nicht gedacht hätte.

Aber große Augen machen und einen anlachen konnte jeder. Ein Mörder oder ein Freund. oder eine böse Königin, wie im Märchen Schneewittchen. Und ich war dann wohl Schneewittchen persönlich. Doch voreilige Schlüsse ziehen, brachte mir in dieser Situation nicht sehr viel. Nein, dadurch wurde alles noch viel, viel schlimmer.

Meine Hände klammerten sich an den dreckigen Stoff meines Kleides.

Es musste einfach ein Traum sein! Obwohl ich ihn noch nicht zugeordnet hatte, wohin er gehörte: Zum Alptraum oder einem normalen Traum, indem man Spaß hatte und nie wieder aufwachen wollte.

Jetzt wünschte ich mir, alles wäre so geblieben wie früher. Das ich jetzt immer noch auf einem Eisberg in Alaska in einem Iglo wohnen würde, Holz für das Lagerfeuer sammeln müsste, den Geschichten und Legenden von Zoes Opa lauschen könnte und...

...endlich wieder Ich sein konnte. So wie ich früher war. Kindlicher, unbeschwert, nun halt aus den Augen eines Kindes. Da war die Welt nur ein Spiel in der man selbst die Hauptrolle spielte.

In Wirklichkeit aber, war die Welt etwas ganz anderes.

Ja, ein Spiel.

Aber keines das immer ein Happy End besaß.

Nein ein Spiel von Leben und Tod.

„Ist alles okay, Silber? Ich kann dir gerne ein Glas Wasser holen, das würde die sicher gut tun", meinte Aurelias freundliche Stimme und schreckte mich aus meinen Gedanken.

Natürlich, dieses kleine nervige Kleinkind, was man Schwester nannte, war ja auch noch da. Und hatte anscheinend auch keine Ahnung, was sich gerade in Elvyria abspielte. Aber zumindest wusste Ich nun, das ich wieder in der Gegenwart war.

Obwohl mir keine richtige Lösung einfiel, die besagte, wie ich hierher gekommen war. War ich etwa teleportiert? Und konnte ich das auch mit meinem reinen Willen?
Zu viele Fragen, viel zu wenige Antworten.

Ich drehte mich mit einem Seufzen zu Aurelia. „Nein danke, mir geht es gut", meinte ich ein wenig patzig und Aurelia wich erschrocken zurück. Ich hatte wohl doch ein wenig zu scharf geklungen. „Entschuldige", fügte ich hinzu, um mein Gewissen zu stärken.
Aurelia trat wieder einen Schritt vor und strahlte mich über das ganze Gesicht an.

Ich seufzte wieder. Hoffentlich war das Zuhause meiner Mutter nicht so weit entfernt, sonst würde ich durch Aurelias Gerede die Kontrolle über mein Bewusstsein verlieren. Und über meine Nerven erst recht. 

In diesem Teil von Elvyria sah alles ganz anders aus. Viel magischer, viel endloser und viel entspannter. Nicht so wie in den Gassen wo es Straßenräuber auf deine Tasche abgesehen hatten, Bauern gierig auf einen Kauf der Prinzessin hofften. Nein, diese Welt war anders. 

Hatte ich in meinem Leben geahnt, das es eine große Wendung haben würde, würde ich die Schule für magisch Begabte aufsuchen? Nein. War es so gekommen? Ja. 

„Das Leben wurde uns geschenkt. Deshalb sollten wir dem der uns Leben schenkte ebenfalls eines schenken...", flüsterte Aurelia. 

„Was meinst du damit, Aurelia? Ist etwas mit Mama?" Nun glaubte ich nicht mehr, das meine Mama mich nicht geliebt hatte. Warum sonst hätte sie mich vermissen sollen? Und Aurelia von mir erzählen sollen, wenn ich keine Rolle in ihrem Leben gespielt hätte? Warum? 

Aurelia senkte den Kopf. „Mama liegt im sterben ", schluchzte sie und presste ihr nasses Gesicht an mein Kleid. Für mich brach mein Leben zusammen. 


Ich klopfte Aurelia sanft auf den Rücken. Sie war, wie ich, eher klein für ihr Alter und reichte mir nur bis zum Kinn. Ich umarmte sie. „Alles gut ", meinte ich und wischte eine Träne von Aurelias Wange, obwohl ich selbst damit zu kämpfen hatte, nicht zu weinen. 

Aurelia klammerte sich nicht mehr weiter an mich, sondern trat einen Schritt zurück. Aus großen Augen sah sie zu mir hoch. Es war unmöglich ihr nicht die Wahrheit hi sagen. 

„Weißt du, warum Mama stirbt, Silber?", fragte sie. 

Ich hatte eine Ahnung. Aber ich wusste nicht ob ein zehn-jähriges Mädchen diese Antwort ertragen konnte. Aber ich musste ihr die Wahrheit sagen. Sie hatte ein Recht auf meine ehrliche Antwort auf ihre Frage. Naja, weil ich Dank ihr jetzt wusste das meine Mutter mich nicht freiwillig allein gelassen hatte. Sie hatte es tun müssen. Um mich zu beschützen. 

„Wo ist sie? Wer ist bei ihr?", stellte ich ihr eine Gegenfrage um mich vor der Antwort zu drücken. 

„Sie ist in unserem Pavillon. Mit Mira, Maggie und Melly. Die Drillinge sind Heiler und versuchen Mama zu helfen. Mit Tränken und Flüssigkeiten. Mit Medizinen. Aber als ich nicht da sein sollte, nur gelauscht habe, haben sie zu Mama gesagt das sie ihr nicht helfen können. Und das sie nie wieder sein wird, wie sie einmal war. Aber wenn ich Mama besuchte, sagt sie mir, das alles wieder gut wird und verheimlicht mir, was wirklich in unserer Welt passiert...",  erzählte meine kleine Schwester und ich wusste, das ich ihre einzige Hoffnung war. 

Die einzige Möglichkeit zu erfahren, was gerade passierte. Wer SIE war. 

„Aurelia, was ich dir jetzt erzähle, wird wahrscheinlich eher verstörend für dich sein. Aber ich sehe ein, das du erfahren willst was in dieser Welt, Elvyria vorgeht. Davor musst du mir allerdings etwas versprechen, okay?" Ich legte meine Hand auf Aurelias Schulter während wir langsam weiter liefen. In einem dichten Wald, von dem ich nicht wusste wie ich ihn einschätzen konnte. 

„Welches Versprechen?", fragte Aurelia. Ihre Stimme zitterte ein wenig. Trotzdem ballte sie die Fährte und sah mich herausfordernd an. 

„Traue niemandem.  Es könnte tödlich für dich enden. 

Gehe nie alleine in eine Richtung, wo es  gefährlich werden könnte. 

Achte immer auf deine Umgebung! Ein Pfeil, den du nicht siehst und du bist tot.

Okay, so weit, verstanden?" 

Aurelia nickte. 

„Dann kommen wir zu der wichtigsten Regel: Töte nur, wenn es nötig ist. Wenn es nicht nötig ist  und du es trotzdem tust, stirbst du selbst." 

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