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Nicht Sheira? Nicht Sheira war es gewesen die Blue umgebracht hatte, ich war mir ganz sicher. Es war diese Frau gewesen, die Königin von Elvyria. Die damalige. Und alle hatten die Schuld auf Sheira geschoben.
Ich stellte mir vor, wie es wäre, wenn ich Sheira gewesen wäre.
Wie hätte ich mich benommen? Aber wie konnte es passieren? Hatten die anderen Farbtöchter nicht gesehen wie Sheira Blue getötet hatte? Wie hatte dies dann passieren können?
Das Sheira Sea Work hatte fliehen müssen? Das eine Person, nur weil jemand den Verdacht in die Welt gesetzt hatte, das diese eine Mörderin war? Und das war nun meine Mutter gewesen.
Noch ein Fehler von ihr. Obwohl ich mir nicht sicher war, ob meine Mutter es als Fehler sah. Aber ich konnte mir einfach nicht einreden das meine Mutter mich nur weggegeben hatte, weil Aurelia mächtiger als ich war. Ich wusste, wie alt meine Schwester war, da die Dienerin der Frau, zu der meine Mum gekommen war, das Geburtsdatum genannt hatte, wann Aurelia zur Welt kommen würde. Wenn ich Mathematik bei Herr von Nelvaron nur ein weniges bisschen verstanden hatte konnte ich es ausrechnen.
Am Ende kam ich auf zehn Jahre. Drei Jahre jünger als ich. Ich fragte mich plötzlich, wie Aurelia jetzt aussah, hatte sie immer noch blonde Locken und große blaue Augen?
Ich verbat mir selbst nur einen Gedanken an meine Schwester zu verschenken. Das konnte ich einfach nicht. Sie hatte mir meine Mutter gestohlen! Wäre sie nicht da gewesen, hätte meine Mutter mich allein groß gezogen. Nur mich. Zumindest versuchte ich mir das einzureden.
Obwohl es auch sein konnte, das meine Mutter mich auch so nicht hatte haben wollen. Das Aurelia nur die passende Ausrede war. Ich schluckte, fast bekam ich keine Luft mehr. Ich konnte das nicht glauben! Meine Wut auf Aurelia wurde stärker. Aber ich musste mich konzentrieren!
Wut war gefährlich.
Denn aus Wut wurde Hass.
Und wenn ich Aurelia hasste, hatte SIE genau das erreicht was sie wollte.
Und das wiederum konnte nicht passieren.
Nein, das durfte nicht passieren.
Sonst wäre Hoffnung der Bewohner, mich als ihre einzige Lösung zu sehen, verschwunden.
Und so würde ich meine Mutter noch mehr enttäuschen.
Wenn das überhaupt ging. Ich zwang mich, nicht daran zu denken. Denn dann war Ich nicht besser als SIE. Die, die gerade vor mir stand und mich aus kalten leeren Augen musterte.
Sie wusste das ich es war. Das spürte ich.
„Lass uns alleine!", sagte sie und begann danach hysterisch zu lachen. Ich bekam Angst.
Dieses Gefühl hatte ich noch nie verspürt. Nicht als mir Atra begegnet war. Nicht als ich IHREN Namen gehört hatte. Nicht als ich in die Kutsche verschleppt worden war. Nie.
Nicht einmal bei Jos Entführung. Das Kindermädchen eilte sofort aus dem Raum. Prinzessin Elvyria blieb stehen und sah gedankenverloren und traurig mir in die Augen.
„Elvyria Xenia Elizabeth, die Zweite! RAUS!", schrie die Königin und warf ihrer Tochter einen so hasserfüllten Blick zu, das mir ein Schauer über den Rücken lief. Ich konnte nicht fassen, wie Elvyria behandelt wurde. Vor allem aber hoffte ich, das meine Mutter besser war, obwohl sie Aurelia mehr mochte.
Mit Tränen in den Augen raffte die Prinzessin ihr Kleid und hastete hinaus. Ihr Leibwächter rannte ihr mit ernster Miene und ohne einen Funke Mitleid in seinen blauen Augen nach.
Das Tor fiel mit einem lauten "Rums" ins Schloss. Ich versuchte langsam und ruhig zu atmen. Klappte nicht wirklich, aber innerlich wurde ich ein wenig ruhiger. Eigentlich war es ein Wunder, das ich überhaupt noch lebte. Warum hatte diese Frau mich nicht schon längst umgebracht, warum wartete sie bis jetzt? Ich verstand es nicht. Aber dies war auch egal.
Ich musste es nicht verstehen.
Ich musste es nur bekämpfen.
Und töten.
Die linke Hand der wahren SIE streckte sich nach einem Zepter aus, der auf einem Kissen vor ihr lag. Sie strich sich eine ihrer schwarzen Haare hinters Ohr und lächelte mich falsch an.
„Ich denke, du weißt, wer ich bin?", sagte sie mit klangvoller, melodischer Stimme, die versuchte mich auf ihre Seite zu ziehen. Doch ich ließ mich davon nicht einschüchtern. Ich musste mutig sein. Sonst war alles um sonst. Sie griff sanft nach meiner Dreck verschmierten Hand.
„Fassen Sie mich nicht an! Ich weiß wer sie sind! ich weiß es! Ich weiß, das Sie es waren, die Blue getötet haben! Mich können Sie nicht mit ihrer harmonischen Stimme und dem liebevollen Blick um den Finger wickeln! Wie können Sie es wagen, meine Tante zu töten! Sie miese, verlogene ...", meinte ich. Mir fiel kein Wort ein, das ein so abscheuliches Wesen beschreiben konnte.
Sie lachte wieder dreckig, aber ihr falsches einer Schlange ähnelnde Lächeln verschwand endlich und sie sah mich nun anders an. Voller puren Hass. Ihre Lippen formten sich wider zu einem Lächeln, diesmal gab sie sich aber nicht die Mühe, nett wirken zu versuchen. Stattdessen lächelte sie mich mit einem Ausdruck im Gesicht an, den ich nicht beschreiben konnte, aber ich wusste, das er nichts gutes für mich bedeutete. Meine linke Hand krallte sich in den Stoff meines Kleides, meine rechte versuchte die Kontrolle über meine Magie mit dem Reiben meiner Finger wieder zu erstellen. Ich hatte sie vor Angst verloren.
Ich sah wieder auf und sah zu der Königin.
Doch da war keine mehr. Der Platz vor mir war leer. Nur noch das Pochen eines Spechtes war zu hören, der gegen einen Baum hackte. Der Wind fuhr durch meine kurzen, braunen Haare und Ich umfasste mein Medaillon, das wieder begann heftig zu vibrieren. Dann hatte ich wieder eine Vision.
Vor mir lag ein langer Gang, der nie zu enden schien und von dem ich nicht erkennen konnte, wann er endete. An den Wänden hingen Kronleuchter, die die schmale in ein schwaches Licht tauchte. Auf dem Boden waren Holzstäbe, die es mir schwerer machten, ordentlich zu gehen. Das Licht wurde heller und ich musste meine Augen zusammen kneifen um nicht von dem grellen Licht mitgerissen zu werden. Ich hatte keine Ahnung woher, aber sofort wusste ich, das es, wenn ich eine der Stangen berührte tödlich für mich endete.
Als ich dieses Hindernis überwunden hatte, befand ich mich plötzlich in einer Art Pflanzen -Welt, diese mich an Willows Pavillon erinnerte, obwohl es tausend mal größer war, als das Heilhaus meiner Schule. Es flogen Eulen in den buntesten Farben herum und es kam mir so vor, als wäre ich im Paradies. Pegasus schossen durch die Lüfte, Einhörner grasten auf den saftigen Wiesen. Ich wusste genau wo lang, obwohl ich noch nie zuvor hier gewesen war.
„Da bist du ja Silber! Ich wollte dich schon immer mal kennenlernen! Und Mama und ich vermissen dich so sehr. Bitte bleibe!"
Es war keine Vision. Es war Wirklichkeit. Vor mir stand ein etwa 10-Jähriges Mädchen mit blonden Locken, durch die eine goldene Strähne floss. Es gab keine Zweifel.
Vor mir stand Aurelia Daelvon.
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