16
Es waren nur wenige Sekunden, die ich Zeit hatte. Wie in Zeitlupe schossen zwei der Gestalten auf mich zu. „Konzentriere dich, Silber, konzentriere dich", sprach ich mir Mut zu. Wenn sie mich erreichten, war es vorbei. „Warum tut ihr das? Für wen?" , fragte ich. Die Gestalten hielten inne. „Warum sollten wir dir das erzählen? Wir haben eine Aufgabe. Und es endet nicht gut für dich, wenn du jetzt widersprichst", brüllte der Mann mir entgegen. „Ihr könnt mich nicht töten. Ihr braucht mich und das wozu ich im Stande bin. Es würde sich als Nachteil erweisen, solltet ihr mich töten. Und das würde für Euch nicht gut enden... " Ich sprach ruhig und wählte meine Worte genau, nur ein falsches und ich könnte sterben. „Du sagst es" , zischte die Frau. „Dich uns zu widersetzen! Du dummes, verlogenes Gör!"
„Ich glaube eher, du wirst zurücktreten müssen!", rief plötzlich eine sanfte, helle Stimme hinter mir.
Ich drehte mich um und sah direkt in die hellbraunen Augen eines blassen, kleinen Mädchens mit rötlichen Haaren. Einen Moment breitete sich Stille aus, dann begann eine der Frauen laut zu lachen.
„Du? Du kleines, dummes Kind? Weißt du überhaupt was das bedeutet? Kind?" Die Frau zeigte ihre roten, intensiv glühenden Augen und tatsächlich trat das Mädchen einen Schritt zurück, was unter den dunklen Gestalten wieder erbärmliches Gelächter auslöste. Das war mein Moment. Ich trat in Sekundenschnelle einen Schritt vor und konzentrierte mich. Ein Eistrahl schoss aus meinem Zeigefinger und traf die lachende Frau mitten ins Herz. In kurzer Zeit war sie zu einer Eisstatue geworden. Das Lachen erstarb mit einem Mal. Nur der kalte Wind war zu hören, wie er die Blätter an den Bäumen abriss und sie nach unten fallen ließ. Ich zog das kleine Mädchen hinter mich. „Wer bist du? ", flüsterte ich leise dem Mädchen zu, während ich wachsam die Gestalten beobachtete, die sich nicht geregt hatten.
„Nisha", antwortete das Mädchen leise.
Sie war blass, sehr blass und eine weiße Strähne glitt durch ihre rötlichen Haare. Ich überlegte, ob sie eine Farbtochter sein konnte, bemerkte aber dass das nicht sein konnte, da es wenige Farbtöchter gab und weiß eigentlich keine richtige Farbe war. Nisha bemerkte meinen Blick.
„Pigment -Störung", flüsterte sie.
Ich hatte nicht wirklich eine Ahnung was das war, denn als Polarwolf gab es so etwas nicht und außer Kate kannte ich niemanden der Menschen und Kate hatte nicht diese Störung gehabt. Nisha war ziemlich dünn angezogen, fror aber anscheinend nicht. Auf ihrer Schulter saß eine Maus und auf ihrer Hand ein verletzter Käfer. „Ich kann kleine Tiere heilen", meinte das kleine Mädchen leise. Das klang interessant. Vielleicht war sie ja magisch begabt? Die Gestalten hatten sich seit des Eisstrahles nicht mehr bewegt. Vorsichtig schlich ich durch den frisch gefallenen Schnee, der bei jedem meiner Schritte leise knirschte. Nisha folgte mir, bei ihr hörte man nicht mal ihre Schritte, ich hätte sie garnicht bemerkt, wenn ich nicht nach hinten gesehen hätte. Die Gestalten standen genau vor mir. Sie hätten einfach zugreifen können, mich packen können und mich zu der Person bringen, die mich so dringend brauchte. Taten sie aber nicht. Ich nahm die Kapuze von einer der Personen und zog sie herunter. Ein kaltes, weißes Gesicht mit grauen Augen kam zum Vorschein. Die Augen waren grau. Sie waren erloschen, kein Funken Licht, obwohl ich mir nicht sicher war, ob sie davor Licht gehabt hatten. Die Personen waren tot. Ich hatte fünf Personen mit einem Eisstrahl getötet. Obwohl ich nicht wusste, wie es passieren konnte, wenn ein Strahl eine Person traf, dann alle tot waren. Vielleicht lag es daran, das ich mehr über meine Mutter erfahren wollte und mich an denen rächte, die das anscheinend nicht wollten. Und an der Wut, die ich an diese Personen verspürt hatte. Mein Herz pochte schmerzhaft gegen meine Brust. Trotzdem. Ich war ein Mörder. Auch wenn diese Personen mich auch zweifellos getötet hätten, wenn ich nicht gehandelt hätte.
„Mama, warum... ", riss die helle Stimme eines Mädchens mich aus meinen Gedanken. „Warum trägst du eine Kapuze und Brandon, warum bist du so weiß und ... wer seid ihr?" Das Mädchen das nun, die Arme vor der Brust verschränkt vor mir und Nisha stand, hatte lange blonde Haare, in die Federn der verschiedensten Vogelarten eingeflochten waren. Ihre hellblauen Augen fixierten uns, nicht gerade unfreundlich aber so, als wären wir ihr eine Erklärung schuldig.
„Was habt ihr mit meiner Mum gemacht? Hat sie etwas getan? Könnt ihr sie nicht einfach in Ruhe lassen?", schrie das Mädchen. Die schwarzen Gestalten, schienen ihre Familie zu sein. Ihre Mum und ein ... Brandon. Allerdings schien sie nicht zu wissen, was ihre Familie getan hatte, aber eine Vermutung schien sie zu haben, hatte aber anscheinend keine große Lust, diese mit uns zu teilen. Ich fragte mich, wie man einem Mädchen beibrachte das die Mutter eine Lügnerin war und das ich sie umgebracht hatte. Nisha bemerkte, das ich nicht wusste, was ich antworten sollte und traf einen kleinen Schritt vor. Während das Mädchen aus dem Wald getretene war, hatte sie in geschwungener Schrift mit einer Feder etwas auf einer Pergamentrolle notiert. Die reichte sie dem Mädchen nun. Misstrauisch rollte diese sie auf und begann zu lesen. Ich hoffte, das Nisha nicht geschrieben hatte, das ich die Mörderin ihrer Familie war. Das Mädchen warf wütend die Pergamentrolle zu Boden. Ihr Atem wurde schneller, während Tränen ihr über das Gesicht liefen. Sauer auf uns, schien sie aber nicht zu sein. Eher machte sie den Eindruck sauer auf ihre Familie und wütend auf sich selbst zu sein. Mit großen Schritten eilte sie zu der erstarrten Figur und riss ihr die Kapuze vom Kopf. Sie starrte ihn wütend und weinend zu gleich an. Ihre Faust schoss nach vorn und traf die Gestalt des Mannes im Gesicht. Blut tropfte aus der unförmigen Nase. Am liebsten hätte ich ihr gesagt, das sie damit aufhören sollte, nachher erwachten die Gestalten wieder aus ihrer Trance. Aber ich wusste wie man sich fühlte, wenn Menschen die man liebte, einen im Stich ließen. Der Wind wurde lauter, toste durch meine Ohren. Der Schnee wirbelte plötzlich auf. Reflexartig griff ich nach Nishas Hand und drückte sie. Dann wurde ich durch die Luft geschleudert und ließ Nishas Hand los. Auch das Mädchen stieg in den Himmel, was passierte gerade? Ich schloss die Augen. Mir wurde schwindelig. Dann wurde alles schwarz. Ich spürte nur noch wie ich hart auf dem Boden aufschlug.
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