12
„Sie ist einfach umgekippt. Mitten in Mathematik. Es war kurz bevor der Ruf des Phönix erklungen ist. Ich weiß nicht was mit ihr los war. Ihre Augen waren weit aufgerissen, aber sie war nicht bei sich. Glauben Sie, das es ihr bald besser gehen wird?" Orange schien neben mir zu stehen, trotzdem kam es mir so vor, als würde sie Meilen von mir stehen. Mein Kopf rumorte und pochte und ich war mir nicht sicher, ob ich überhaupt noch einen klaren Gedanken fassen konnte. „Ich krieg das schon hin. Ein wenig Traumtrauben und eine Tasse Minz-Tee und morgen ist sie wie neu. Mach dir keine Sorgen, Orange. Ich glaube nicht, dass das hier Silbers letzter Besuch sein wird. Und vielleicht wird sie nächstes Mal nicht so milde, mit der Wunde am Kopf ausgehen. Tust du mir den Gefallen, ein wenig auf sie zu achten? Und mir Bescheid zu sagen, wenn sie sich seltsam verhält, Schmerzen hat, mit denen sie nicht zu mir gehen will?" Diese Stimme gehörte Willow. Hatte ich nur geträumt? War meine Mum garnicht da gewesen, hatte ich mir alles nur eingebildet? Nein, Nein, NEIN! Das konnte nicht sein! Ich war so nah an ihr gewesen! Es war mir so real vorgekommen. Was hatte meine Mutter gesagt?
„Du musst die Vergangenheit loslassen, damit du nach vorne gehen kannst und deine Zukunft eine Chance hat."
Als wäre das so einfach. Als könnte man den Schmerz und den Trauer einfach ignorieren. Nein, soweit war ich noch nicht. Auch wenn es mir vielleicht noch mehr Schwierigkeiten machte, wenn ich die Vergangenheit unnötig wieder aus dem Konzept brachte. Ich versuchte, mir mit geschlossenen Augen klar zu machen, das ich mich an die Vergangenheit klammern musste, falls nötig. Denn sonst würde ich meine Mutter vergessen. Sie einfach vergessen, wie ein wertloses Stück Stoff oder eine Haarnadel, die man verlor und an die man nie wieder dachte. Nein, das durfte nicht passieren. Obwohl ich nur eine, aber dafür um so wertvollere, Sache besaß, die meiner Mum gehört hatte. Ihr Medaillon.
Ich öffnete langsam die Augen, schloss sie aber gleich darauf wieder, als Schwindel sich durch meinen Kopf drehte und mit jeder Sekunde, der Raum um mich sich schneller zu drehen begann. „Gibt es schon Neuigkeiten wegen der Verschwundenen...?", fragte Orange. Ich hörte Schritte rechts neben mir und nahm an das Willow durch den Pavillon ging, wahrscheinlich um mir irgendeinen Trank in den Rachen zu schütten. „Die Zeiten haben sich geändert...", flüsterte Willow, die dicht neben mir zu stehen schien. Ich verstand nicht mehr wirklich, was sie damit meinten. Es war doch alles, wie vor ein paar Tagen auch, oder wusste ich etwas nicht, was alle anderen um mich herum wussten? Ich öffnete die Augen, nur so weit, das ich Willow und Orange sehen konnte, ohne das sie bemerkten, das ich wach war. „SIE ist zurück...", sagte Willow so leise, das ich sie kaum verstand. Wer um Gottes Willen war SIE? Willow sah Orange tief in die Augen. Sie strich über ihre heute giftgrüne Robe, die mit den verschiedensten Pflanzen verziert wurde und sanft über den Boden glitt, wenn Willow sich bewegte. Orange zuckte zusammen. „Zufall, oder? Gerade wenn SIE wieder da ist, das dann Kinder verschwinden die Silber, der mächtigsten der Farbtöchter, zum verwechseln ähnlich sehen... Und gerade dann, wenn Blues Todestag sich zum 14. Mal jährt. Es wird schwer für Rida sein. Sie ist schließlich die Einzige aus der letzten Farb-Generation die noch lebt. Und dann noch SIE..." Willow verstummte. Auch Orange sagte kein Wort, was ich bei ihr eigentlich noch nie mitbekommen hatte, da sie sonst redete und redete und redete und kaum aufhörte mit dem reden. Deshalb wollte ich den düsteren Moment verbannen und tat so, als würde ich jetzt aufwachen. Mit einem etwas übertriebenem Gähnen reckte ich mich und setzte mich auf. Mein Gehirn fühlte sich zwar immer noch so an, als würde Zoe darauf herum gekaut haben, aber es war schon besser als vor ein paar Minuten. Trotzdem fiel mir igendetwas auf. Irgendwas an mir war anders. Ich fühlte mich schwacher, aber das war es nicht. Orange starrte mich an. „Ist etwas?", fragte ich, was zwar immer noch nicht nach einer gesunden Silber klang, aber ich war froh, überhaupt reden zu können, ohne die Kontrolle über mich zu verlieren. „Du bist nur ein wenig anders... so", meinte Orange. Ich rechnete mit dem Schlimmsten. „Bin ich geschrumpft? Ist meine Hautfarbe rot? Sind meine Haare violett?" Das Letzte wäre für mich das Schlimmste gewesen. Wie sollte meine silberne Haarsträhne, als Zeichen einer Farbtochter zur Geltung kommen, wenn die Haare lila waren? Obwohl es bei Lila noch schlimmer gewesen wäre, da man ihre Haarsträhne nicht einmal mehr gesehen hätte. „Nein, Silber, es war nur zu deinem Besten, wie MUSSTEN es tun, okay? Ich weiß du hasst mich gleich, ich weiß das ich eine furchtbare Freundin bin, aber so wird niemand denken, du wärst die Tochter von Silva Daelvon. Und Willow glaubte, es wäre die Version bei der du keinen Schmerz verspüren wirst, also..." Was wollte sie mir sagen? Eigentlich war es mir so ziemlich egal wie ich aussah, ich wollte nur das Orange endlich auf den Punkt kam. „Silber, ich glaube wir hätten dich fragen sollen, aber die Entführer sind auf freiem Fuß und wie du jetzt aussiehst, werden sie nicht so schnell merken, das vor ihnen du, Silva Daelvons Tochter, die wunderbare Silber Daelvon steht", meinte Willow wage. „Was-ist-los?", fragte ich, langsam wurde ich ungeduldig. In diesem Moment stürzte Lila in den Pavillon. „Silber! Es geht dir gut, zum Glück. Ich dachte schon, deine letzte Stunde hätte geschlagen als du auf den Boden gesunken bist. Geht es ihr gut? Ist etwas gebrochen, oder Schlimmeres?" Normalerweise kannte ich Lila als wortkarge, ruhige Farbrochter, Kind von Lalin La Rush, die nie mehr als das Nötigste von sich gab. „Oh ha. Wie siehst du denn aus? Was hast du mit deinen Haaren gemacht? Warum sind sie plötzlich so..." Orange stieß ihr unsanft den Ellenbogen in die Seite. „Sie weiß es noch nicht", zischte sie. „Was?" Jetzt reichte da mir. Ich stand wackelig auf und ging mit gesenktem Kopf zum Spiegel, der mit Diamanten verziert war. Egal, was es war, es war anscheinend eine große Veränderung an mir. Ich hob den Kopf und stieß einen Schrei aus. Meine Haare waren kurz. Bis kurz über die Ohren.
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