*7. Krankenflügel und Konfrontation

Unsere Geschichte der Zauberei Klasse war relativ klein, denn viele hatten zu Beginn der sechsten Klasse die Möglichkeit genutzt, dieses Fach abzuwählen. Ich als fleißige Schülerin gehörte selbstverständlich zu den wenigen, die verblieben und sich mehr oder weniger aufmerksam die Vorträge von Professor Binns anhörten. Ich hatte bereits in der ersten Klasse herausgefunden, wie man in diesem Fach wach blieb. Und zwar indem man sich während der gesamten Stunde stichpunktartig Notizen zum Thema machte. So hatte ich es bis zu einem O in den ZAGs geschafft!

Im Klassenzimmer angekommen lächelte Dorcas mir noch einmal zu, ehe sie sich zu ihren anderen Freunden setzte. Neben ihr waren noch vier weitere Ravenclaws anwesend, während wir Gryffindors nur zwei Personen zählten und zwar Mary McDonald und mich. Mit insgesamt sieben Leuten im Klassenraum sollte man sich schon ernsthaft fragen, warum sie nicht einfach die Schüler aus den anderen Häusern zu uns schickten. Schließlich waren die in der anderen Klasse auch nur zu sechst!

Wie immer setzte ich mich etwas abseits von allen anderen hin und malte auf meinem Pergament herum, bis endlich Professor Binns durch die Wand geschwebt kam und mich dazu veranlasste, die Tinte auf meinem Pergament verschwinden zu lassen.

Mit seiner monotonen Stimme fing Professor Binns seinen Vortrag zum Leben von Merlin an und ich kratzte mit meiner Feder über das Pergament, um fokussiert zu bleiben. An manchen Tagen schien es wie Folter, sich so lange zu konzentrieren, doch an anderen Tagen, fiel es mir furchtbar leicht. Heute war ein guter Tag, denn ich schaffte es ausnahmsweise meine Gedanken auszuschalten.

Das hielt auch bis zur Mitte der Stunde gut an, doch dann klopfte es auf einmal an der Tür und Professor Binns unterbrach überrascht seinen Redeschwall und drehte sich zu Filch um. Filch war wohl die letzte Person, die ich erwartet hätte und noch mehr überraschte es mich, dass er überhaupt angeklopft hatte.

Er trat ein, suchte die Reihen ab und ließ seinen Blick auf mir verharren. Merlin, was war denn jetzt los? Mit einem seiner verstörenden Blicke hob der den Finger und deutete auf mich, ehe er ein einziges Wort rausbrachte: „Mitkommen!"

Fassungslos sah ich ihn an, doch dann nickte ich und packte meine Sachen zusammen, nur um ihm aus dem Klassenzimmer zu folgen. Mir war unwohl, denn ich hatte keine Ahnung, was nun passieren würde. Seit wann spielte Filch überhaupt den Boten? Oder wollte er mich selbst irgendwo im Kerker foltern? Ich erinnerte mich noch gut an eine Situation, in welcher Filch sich darüber beschwert hatte, dass niemand mehr im Kerker angekettet wurde.

Es dauerte eine Weile, bis mir auffiel, in welche Richtung wir gingen, doch nach einer Weile war es klar. Aber was bei Merlins Barte sollte ich denn bitte im Krankenflügel? Ich war ziemlich verwirrt, als Filch auf die Tür zeigte und mir damit bedeutete, hineinzugehen. Allerdings war ich nicht die einzige, die scheinbar hierher geordert wurde, denn Lupin, Black und Snape waren ebenfalls anwesend. Unschlüssig trat ich in den Raum, als ich Professor Slughorn und Professor McGonagall erblickte, welche alle Anwesenden aus zusammengekniffenen Augen musterten.

„Wir müssen Ihnen leider mitteilen, dass wir Sie untersuchen müssen", meinte Professor McGonagall knapp. Worauf denn bitte untersuchen? Ob wir Gras bei uns hatten und einen auf Ökos machen wollten oder wie? Auch die anderen wirkten etwas verwirrt und natürlich gerade in dem Moment wehte eine seichte Brise durch den Raum, sodass mir Snapes wundervoller Körpergeruch in die Nase stieg. Warum duschte der auch nie?

„Warum das denn?", stellte Black die Frage, die mir selbst auf der Zunge brannte.

„Sie waren die Personen, die als einzigen nahe des Kessels waren, der explodierte. Ich muss Ihnen leider sagen, Mister Black, dass Ihr Trank so katastrophal gebraut war, dass ich mich frage, warum es denn keine Bewertung niedriger als ein T gibt", wetterte Professor Slughorn.

„Horace", wurde er wiederum von McGonagall ermahnt. Scheinbar war es nicht in ihrer Vorstellung, einen Schüler derart bloßzustellen. Doch zugegeben hatte Black es wirklich verdient.

„Jedenfalls ist Madam Pomfrey etwas aufgefallen, als sie Mister Rosier untersuchte. Und zwar hatte er Rückstände des Tranks auf seiner Haut, welche teilweise eingezogen waren und eine Art Pocken bildete", erklärte Professor Slughorn weiter und mit einem Mal wusste ich, worauf das alles hinauslaufen würde. Allerdings war ich mir ziemlich sicher, dass ich es bemerken würde, hätte ich irgendwo Pocken an meinem Körper, doch glauben würde mir das sowieso niemand. Es war doch albern, würden sich bei einem von uns Pocken bilden, würden wir natürlich auf ersten Wege in den Krankenflügel gehen, doch scheinbar reichte das unseren lieben Lehrern nicht.

Während Madam Pomfrey angewuselt kam, um sich Lupin genauer anzusehen, schweifte mein Blick zu einem der Krankenbetten, in dem Rosier reglos lag. Er sah aus, als wäre er noch bewusstlos, wäre da nicht die Tatsache, dass seine Augen offen waren und er meinen Blick erwiderte. Auf einmal hatte ich das Gefühl, diese Situation schon einmal erlebt zu haben, denn in meinem ersten Schuljahr, als ich verzweifelt versucht hatte, Freunde zu finden, da war ich eines Tages mit einer Grippe im Krankenflügel und als ich auf einem der Betten saß und darauf gewartet hatte, dass Madam Pomfrey zurückkam, hatte ich Rosier einige Betten weiter entdeckt, welcher mich ansah.

Damals hatte ich versucht, ein Gespräch mit ihm aufzubauen, doch er hatte immer wieder abgeblockt und gemeint, er solle nicht mit mir sprechen. Kurz darauf war Madam Pomfrey zurück gewesen und hatte Rosier entlassen, während ich zwei Tage im Krankenflügel bleiben musste.

Doch nun war es etwas anderes, schließlich lag er an meiner Stelle in diesem Bett. Und wieder fragte ich mich, warum er sich vor mich gestellt hatte. Welchen Grund sollte er schließlich haben, um mich zu beschützen? Schließlich vermutete ich doch, dass er mich viel lieber tot sehen wollte und deswegen dabei war, meinen Mord in sechs Tagen zu planen.

Wir starrten uns noch immer an und so langsam wurde mir etwas unwohl. Madam Pomfrey hatte Lupin fertig untersucht und ihm zu verstehen gegeben, dass er wohl dort bleiben müsste. Daraufhin nahm sie Black genauer unter die Lupe. Ich blickte auf mein Handgelenk und sah dann wieder zu Rosier, ehe ich mit den Lippen ein stummes „Danke" formte. Seine Mundwinkel zuckten ein wenig, doch dann drehte er nur wieder seinen Kopf und wandte sich ab. Den Tag, an dem ich diesen Typen verstehen würde, verdiente drei rote Kreuze im Kalender!

Nach einem Moment war Madam Pomfrey auch mit Black fertig, da dieser tatsächlich Pocken an seinem Arm hatte. Wie hatte er die nicht bemerken konnte, war mir ein Wunder, aber schließlich war das Black, von dem ich sprach.

Madam Pomfrey untersuchte zunächst meine Hände und Arme, ehe sie auf mein Gesicht und meinen Hals näher einging und schließlich noch einen kurzen Blick auf meine Beine warf. Doch wie erwartet war ich pockenfrei und durfte als einzige wieder gehen, denn auch bei Snape hatte ich einige unansehliche Stellen entdeckt und damit meinte ich weder seine Hakennase, noch seien fettigen Haare.

Da es keinen Sinn machte, jetzt noch zurück zu Geschichte der Zauberei zu gehen, machte ich mich direkt auf den Weg zur Großen Halle, wo ich mir erst meinen Teller volllud und aß, danach den Brief meiner Mum aus meiner Tasche holte und mich daran machte, ihr zu antworten, schließlich hatte sie nun schon eine ganze Weile nicht mehr von mir gehört.

Liebe Mum,

Ich hoffe, das mit Dad wird bald wieder besser und er verliert seine Stelle nicht. Aber du kennst Dad, er braucht den Stress manchmal, um gut zu arbeiten und das weiß sein Chef wahrscheinlich auch und setzt ihn bewusst unter Druck.

Bitte sag Grandma von mir, dass ich ihr viel Spaß bei Tante Kerri wünsche und bei der Gelegenheit kannst du auch gleich den Rest der Familie von mir grüßen. Und ich habe auch nichts dagegen in den Weihnachtsferien nachzureisen, ich war sowieso viel zu lange nicht mehr dort.

Mir geht es übrigens nach wie vor gut und du brauchst dir wirklich keine Sorgen um mich machen, meine Mitschüler ärgern mich wirklich nicht, wie oft muss ich dir das noch schreiben?

Bitte grüß auch Dad schön von mir!

In Liebe,

Arlyn

Ich betrachtete meinen Brief und bemerkte, wie schlecht er doch war. Manchmal war es wirklich schwer, Worte zu finden, wenn der Kopf sich auf etwas komplett anderes konzentrierte. Ich wollte Mum beruhigen, während mein Kopf gerade viel zu viel Stress hatte. Es war zu schwer.

Potter und Pettigrew waren auf einmal nur noch zu zweit und schienen diese Tatsache nicht wirklich toll zu finden, wobei Potter allerdings von Lily abgelenkt war, welche gerade munter auf ihn einredete, wobei ich nicht abschätzen konnte, ob es nun Privatgespräche waren oder es sich nur um Schulsprecherangelegenheiten ging. Egal um was es ging, Potter würde so oder so wie ein verliebter Volltrottel aussehen.

Da ich nichts besseres zu tun hatte, machte ich mich auch sogleich zum zweiten Mal an diesem Tag auf den Weg zur Eulerei, denn aus irgendeinem Grund fiel Verteidigung gegen die dunklen Künste heute aus. Dabei fiel mir auf, dass ich Professor Halton heute noch gar nicht gesehen hatte. Ich fand seinen Namen noch immer lustig, da Halton auch der Name meines Heimatortes war.

Im Schloss war nichts los, denn alle Schüler saßen noch friedlich in der Großen Halle beim Essen und demnach war ich überrascht, als mir Mulciber in der Eulerei begegnete. Wie immer ignorierte ich ihn, als ich meinen Brief an Kylikki gab und ihr außerdem noch mit einem Eulenkeks verwöhnte.

„Bring den hier zu Mum! Du kennst den Weg ja", flüsterte ich meiner Sperbereule zu, welche tatsächlich so wirkte, als würde sie genau verstehen, was ich sagte, wobei ich mir darin nicht ganz sicher war. Ich trat einen Schritt zurück, als Kylikki die Flügel ausbreitete und sich auf den Weg nach England machte.

Als ich mich umdrehte, sah ich nur, wie Mulciber mich seltsam ansah und spürte, wie ich wütend wurde. Keine Ahnung, warum aber irgendwie war ich gerade ziemlich reizbar, was wohl die erste Folge von Rosiers mysteriösen Botschaft war.

„Was guckst du mich so blöd an?", blaffte ich Mulciber an, welcher nun auch noch breit grinste.

„Nichts, ich genieße das Theater nur. Ich habe gehört, es sollen aufregende sieben Tage für dich werden", meinte er mit seiner ekelhaft schnarrenden Stimme. Er wusste es. Also war es tatsächlich ein Gesprächsthema unter den Slytherins. Wie viele wussten noch davon?

„Ach halt doch deine Fresse, du Gesichtsbaracke!", fuhr ich ihn an, woraufhin er nur grinste und mich dazu veranlasste, ihm noch mehr Beleidigungen an den Kopf zu werfen. „Außerdem sind es nur noch sechs Tage, du Eierkopf!" Wie erwartet freute Mulciber sich nicht gerade über letzteres, was mir symboliserte, dass ich gewonnen hatte. Erhobenen Hauptes stolzierte ich an ihm vorbei dir Treppe hinunter, nur leider schien er mich zu verfolgen. Meine Intuition hatte ich in jenem Moment mein Leben zu verdanken, denn ich hielt meinen Zauberstab fest umklammert und lauschte angestrengt und tatsächlich hörte ich Mulciber einen Fluch murmeln, welchen ich blitzschnell abwehrte, ansonsten wäre ich all die Treppen herunter gefallen, was nicht gerade so aussah, als würde man das überleben.

Er war verwirrt, als ich zu ihm herum fuhr, was mir die Chance gab, ihn zu entwaffnen und einen Levicorpus auf den Hals zu jagen. Dieser Zauber war eindeutig mein Liebling!

„Was bei Merlin geht eigentlich in deinem Gehirn falsch? Mich würde wirklich interessieren, wie du vor dem Unfall aussahst, bei dem du einen Dachschaden bekommen hast!"

Irgendwie konnte ich schon wieder nachvollziehen, warum Mulciber nichts darauf erwiderte, sondern es vorzog, mich mit einem Todesblick zu strafen. Obwohl das für mich weniger eine Strafe, als eine Belohnung war. Ich war echt gut im Leute-rumhängen-lassen! Anders als gestern bei Rosier tat es mir dieses Mal kein bisschen Leid, schließlich hatte er das verdient. Und so drehte ich mich um und machte mich stumm weiter auf den Weg. Also wenn das kein Lehrer herausfinden würde, dann wusste ich auch nicht. Vielleicht war es Mulciber aber auch zu peinlich, als zuzugeben, dass eine mickrige Gryffindor wie ich ihn überwältigt hatte. Die Hoffnung starb bekanntlich zuletzt!

Da ich eine Streberin war und nicht wusste, was ich sonst tun sollte, setzte ich mich in die Bibliothek und las einige Kapitel meiner Schulbücher erneut durch, damit der Stoff auch wirklich gut saß. Vorlernen konnte nie schaden und damit hatte ich schon bei so manchem Lehrer gepunktet, was ihre seltsame Abneigung mir gegenüber wieder etwas wett machte. Flitwick und Halton waren so ziemlich die einzigen, die mich nicht gerade hassten. Scheinbar war ich der Welt nicht sympathisch genug, aber wen juckte das denn auch?

Als ich in der Bibliothek ankam, begann ich zunächst mit Verteidigung gegen die dunklen Künste, schließlich musste ich die versäumte Unterrichtsstunde auf irgendeine Weise trotzdem mitnehmen. Und genau deswegen, las ich mir die nächste Lektion genau durch und schrieb mir dazu Notizen heraus, welche ich nach Beendigung der Lektion noch einmal durchlas, miteinander verband und schließlich in einem Text zusammenfasste. Ich sollte mir echt bessere Hobbys suchen!

„Ach hier bist du abgeblieben!", rief Hailee nachdem ich eine gute Stunde mit Lernen verbracht hatte. Sie kam auf mich zu gesprungen und ließ sich mir gegenüber fallen. Ganz Leise hörte man Madam Pince zischen, weswegen Hailee schuldbewusst die Schulter hoch zog.

„Das ich das noch erlebe, du verstößt gegen Bibliotheksregel Nummer eins!", kommentierte ich, wobei ich etwas sehr dramatisch meine Arme gen Himmel reckte und sie fassungslos ansah.

„Es tut mir Leid", meinte Hailee vollkommen ernst und erinnerte dabei an ein ängstliches Kaninchen. „Aber ich hab dich wirklich gefühlt überall gesucht. Okay, Arlyn, sag mir bitte, ob es wahr ist, dass Lily Evans und James Potter ein Date miteinander ausgemacht haben!"

„Deswegen suchst du mich?", fragte ich sie leicht perplex. Den Klatsch und Tratsch konnte sie doch auch ohne mich herausfinden. „Ja, das stimmt schon irgendwie, aber was interessiert dich das überhaupt?"

„Weil die beiden so ziemlich Hogwarts' Traumpaar schlechthin sind. Ich meine, die beiden sind Schulsprecher und so weiter und James versucht doch schon seit Jahren, Lily rumzukriegen!"

„Scheint so, als wäre er endlich ein großes Stück weiter, denn Lily hat eingewilligt, mit ihm auszugehen, wenn er dafür keine Streiche mehr spielt. Aber das ist doch nicht der einzige Grund, warum du hier bist, oder?" Hailee nickte langsam und kaute ein wenig auf ihrer Unterlippe herum, was ziemlich seltsam aussah, um ehrlich zu sein. Doch Hailee wäre nicht Hailee, wenn sie es nicht schaffen würde, selbst dabei komplett liebenswürdig auszusehen.

„Außerdem habe ich vom Zaubertränkeunfall gehört und dass du von Filch aus dem Unterricht geholt wurdest", fing sie zaghaft an. Ich wusste sofort, dass das noch nicht alles war, denn ansonsten wäre sie lange nicht so vorsichtig.

„Ja, Black hat seinen Trank wirklich katastrophal gebraut und Madam Pomfrey wollte uns dann noch auf irgendwelche Pocken untersuchen, aber ich hatte keine, weswegen ich wieder gehen durfte", erklärte ich.

„Das ist schön zu hören", meinte Hailee viel zu ruhig für meinen Geschmack. „Außerdem habe ich gehört, dass Evan Rosier deswegen im Krankenflügel lag. Und... Arlyn, versteh mich bitte nicht falsch, aber ich frage mich, ob du da vielleicht nicht ganz unbeteiligt daran warst." Ich starrte meine beste Freundin mit offenem Mund an und konnte nicht glauben, was sie da eben gesagt hatte.

„Warte, du glaubst, ich würde Rosier mit Absicht in den Krankenflügel katapultieren?", fragte ich fassungslos.

„Nun ja, du hast in eine Stunde lang im Korridor hängen gelassen", argumentierte Hailee.

„Woher weißt du davon?"

„Dedalus hat ihn wieder runtergelassen. Und da hat Rosier Dedalus wohl gebeichtete, dass du Schuld daran warst. Und so kam eins zum anderen", erklärte Hailee fast schon peinlich berührt darüber, dass sie über diese Information verfügte. Ich währenddessen fragte mich, wie um alles in der Welt Rosier auf die Idee gekommen war, jemandem davon zu erzählen. Ich meine, wenn ich er gewesen wäre, würde ich meine Niederlage nicht wirklich so verbreiten. Hoffentlich erfuhren die Lehrer nichts davon.

„Hailee, nur weil ich ihn da abhängen lassen habe, heißt das noch lange nicht, dass ich ihm mutmaßlich verletzten würde. Das ganze war ein Unfall, mit dem ich selbst nichts zu tun hatte!" Hailee nickte und gab sich damit geschlagen. Für einen Moment fragte ich mich, ob ich ihr von Rosiers kleinen Heldentat mir gegenüber erzählen sollte, entschied mich dann aber dafür, es noch ein bisschen Ruhen zu lassen, bevor ich es tot analysieren würde.

„Übrigens hat meine Mum mir mal wieder geschrieben", wechselte ich das Thema.

„Und was schreibt sie so?", fragte Hailee ernsthaft interessiert.

„Sie meinte, dass meine Grandma nun auf den Weg zu Tante Kerri ist und hat vorgeschlagen, dass wir alle zusammen über Weihnachten dorthin fahren könnten." Wie erwartet freut sich Hailee unglaublich über diese Nachricht, denn sie selbst fuhr jedes Jahr an Weihnachten nach Hause und mochte es nicht, wenn ich einfach alleine im Schloss blieb.

„Dann hatte ich Recht damit, dass du dieses Weihnachten mit deiner Familie verbringst!", rief Hailee begeistert. Ich wünschte sie hätte die Chance gehabt, meine Familie mütterlicherseits kennenzulernen, denn ich liebte sowohl meine Tante Kerri, als auch meinen Cousin Jo. Nur leider hatten Hailees Eltern es nie erlaubt.

„Es scheint zumindest so", erwiderte ich und daraufhin war es eine Weile still zwischen uns. Ich konnte in ihrem Gesicht lesen, dass ihr noch etwas auf dem Herzen lag, aber noch dabei war, es in die richtigen Worte zu fassen. Scheinbar hatte sie Angst, mich zu verärgern, was ich durchaus verstehen konnte, schließlich war ich leicht zu verärgern.

„Arlyn, ich weiß zwar nicht genau, was da zwischen euch passiert ist, aber denkst du nicht", sie machte eine kurze Pause und schien wieder nachzudenken, wie sie das ganze am besten verpacken sollte. Langsam fing ich an, mir Sorgen zu machen. „Denkst du nicht, dass du dich eventuell bei Rosier entschuldigen solltest? Ich meine, du hast ihn eine Stunde lang mit dem Kopf nach unten an der Decke hängen lassen."

Nun war es an mir, nachzudenken. Aus irgendeinem Grund wurde ich kein bisschen wütend und dabei wurde ich andauernd wütend, wenn es um solche Dinge ging. Vielleicht hatte sie recht, was das Entschuldigen anging, denn schließlich hätte ich ihn da nicht rumhängen lassen sollen. Doch auf einmal kam mir ein anderer Gedanke.

„Ich habe mich schon längst bei ihm entschuldigt! Sogar noch bevor ich weg gegangen bin!", meinte ich stolz auf mich selbst. Da kam die Hufflepuff in mir hervor, die der Sprechende Hut nie erkannt hatte.

„Will ich wissen, was für eine Art von Entschuldigung das war?"

„Ach du weißt schon, die „sorry, dass ich dich hier abhängen lasse"-Art. Sehr beliebt bei siebzehnjährigen Gryffindors mit blonden Haaren, die niemand leiden kann", antwortete ich. Ein Glück hatte ich meinen Sarkasmus wieder gefunden, denn den hatte ich wirklich vermisst! Hailee fing während des ersten Teils an zu lachen, welches aber augenblicklich erstarb, als ich den letzten Nebensatz gesagt hatte.

„Ach komm schon, Arlyn, du wirst gemocht! Du bist nicht umsonst meine beste Freundin! Und Marlene mag dich auch, ebenso Edelina und Dedalus, wobei ich denke, dass auch Dorcas dich ganz gut leiden kann!", widersprach sie mir natürlich. Ich konnte daraufhin nur lachen. Zumindest fünf Personen, die auf meiner Seite waren.

„Keine Sorge, das war nicht ernst gemeint!", meinte ich kurz darauf beschwichtigend, womit das Thema ebenfalls für beendet erklärt wurde. Mir entging nicht, wie Hailee immer wieder in Richtung Ausgang sah und schon in dem Moment dämmerte es mir.

„Lass mich raten, du bist noch mit den anderen zum Hausaufgaben machen im Gemeinschaftsraum verabredet!" Hailee sah mich entschuldigend an und nickte langsam. Ich wäre ein Unmensch, wenn ich ihr böse sein würde, also beschloss ich, sie anzulächeln.

„Geh schon, ich nehme dir das nicht übel, keine Sorge!", ermutigte ich sie, woraufhin sie mein Lächeln erwiderte und sich langsam erhob, nur um aus der Bibliothek zu verschwinden. Auch ich packte meine Sachen zusammen und machte mich auf den Weg, allerdings mit dem Unterschied, dass ich noch nicht so genau wusste, wohin ich gehen wollte. Der Gemeinschaftsraum der Gryffindors war nicht gerade mein liebster Ort und ich war auch nicht sonderlich scharf darauf, in meinem Schlafsaal herumzugammeln. Genau deswegen streifte ich durch die Korridore und beschloss schließlich, mich doch noch einmal vor die Schlosstore zu trauen.


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