*4. Nachsitzen

           

Natürlich erwartete mich im Gemeinschaftsraum auch schon die nächste Szene. Professor McGonagall stand mitten im Raum und redete mit Lily, welche sehr grimmig aussah. Es musste wohl etwas mit Potter zu tun haben, denn McGonagall erwähnte seinen Namen mehr als nur einmal.

    „Vertrauen Sie mir, Professor McGonagall, das wird ganz sicher nicht wieder vorkommen", versicherte Lily unserer Hauslehrerin gerade mit dem schlechtesten Poker Face, das ich je gesehen hatte. Doch McGonagall schien es zu schlucken, denn sie nickte und verließ den Gemeinschaftsraum, allerdings nicht ohne mir vorher noch einen strengen Blick zuzuwerfen. Das Nachsitzen würde sicher ein Vergnügen werden. Nicht.

    „Lily, du hast McGonagall nicht wirklich gerade versprochen, dass James nicht mehr Nachsitzen wird!", rief Tess quer durch den Gemeinschaftsraum. Lily vergrub ihr Gesicht in ihren Händen, nickte aber. Wie blöd konnte man denn bitte sein? Als ob es irgendeinen erdenklichen Weg gäbe, durch den James Potter nicht mehr nachsitzen müsste.

    „Was sollte ich sonst sagen? Ansonsten hätte sie Dumbledore darum gebeten, einen neuen Schulsprecher zu ernennen!", verteidigte sich Lily verzweifelt. Ich lachte humorlos, obwohl mich das Gespräch eigentlich nichts anging. Als ob Dumbledore James sein Amt wegnehmen würde!

    „Als ob Dumbledore das je machen würde!", sprach Tess meine Gedanken aus. Es war einfach lächerlich zu denken, dass Dumbledore so etwas machen würde, schließlich wollte er Lily und James doch sowieso verkuppeln, zumindest konnte ich mir anders nicht erklären, dass er jemanden wie James zum Schulsprecher ernannt hatte.

    „Wer weiß", kam es unsicher von Lily und die beiden machten sich wie ich auf den Weg in unseren Schlafsaal, weswegen ich ihr Gespräch mal wieder perfekt mithören konnte. Das war nun einmal der Vorteil, wenn man von niemandem gemocht wurde: Man konnte Gespräche belauschen, ohne auch nur Ärger zu kriegen, schließlich wussten die anderen meist nicht einmal von deiner Anwesenheit.

    „Und wie stellst du dir vor, dein Versprechen zu halten?"

    „Keine Ahnung, ich muss ihm wohl eins für alle Mal sagen, dass jetzt Schluss ist mit den Streichen!", erwiderte Lily, doch ihre Unsicherheit war ihr deutlich anzusehen.

    „Schon klar, das wird vielleicht zwei Tage funktionieren, wenn 's hoch kommt", zweifelte Tess.

    „Was soll ich sonst machen?"  Tess' Lippen verzogen sich zu einem Grinsen und auch ich hatte da so eine Idee. Es gab schließlich einen Weg, der ziemlich offensichtlich war, damit James tat, was auch immer Lily wollte.

    „Geh mit ihm aus!", sprach Tess meinen Gedanken aus. Das war wohl eine ziemlich idiotensichere Methode. „Wenn du ihm sagst, dass du unter dieser Bedingung mit ihm ausgehen würdest, dann wird er nicht anders können, als ja zu sagen!" Lily sah geschockt aus. Verständlich, die Nachricht, mit Potter ausgehen zu müssen, war nun einmal nicht gerade rosig.

    „Aber vielleicht will er auch gar nicht mehr mit mir ausgehen", kam es leise von Lily. Ich wiederum lachte mich innerlich halb zu Tode. Potter lief ihr schon seit Jahren hinterher und hatte sich selbst nach dem fünfhundertdreiundsiebzigsten Korb nicht unterkriegen lassen. Der Typ hatte echt Ausdauer, was das anging. Irgendwie war das schon fast wieder bewundernswert.

    „Lily, sei nicht albern!" Ich saß mittlerweile auf meinem Bett und fischte ein Buch aus meinem Koffer, welches vor etwa einer Woche von meiner Mum hatte zugeschickt bekommen. So sehr mich das Gespräch von Lily und Tess auch interessierte, ich folgte ihnen nicht, als sie den Schlafsaal wieder verließen, nachdem sie ihre Schultasche auf ihre Betten geschmissen hatten. Jetzt hieß es nur noch lesen bis ich zum Nachsitzen musste.

    Als ich das nächste Mal von meinem Buch aufsah, waren bereits zwei Stunden vergangen, weswegen ich es vorsorglich beiseite legte. Ich hatte einfach Angst, dass ich mich wieder zwischen den Seiten verlor und die Zeit vollkommen vergaß. Darüber wäre Professor McGonagall nämlich ganz sicher nicht erfreut.

    Schleichend langsam machte ich mich auf den Weg zu dem Büro meiner Hauslehrerin, wo ich wie erwartet als erstes ankam und das auch noch einige Minuten zu früh. Da ich nicht wirklich scharf darauf war, McGonagall gegenüber zu sitzen, während ich darauf wartete, dass die Rumtreiber kamen, wartete ich einfach vor der Tür, bis es eine Minute vor Beginn des Nachsitzens war. Zaghaft klopfte ich an die Tür und wartete darauf, dass sie mich herein rief.

    „Guten Abend, Miss Tidwell!", begrüßte sie mich, als ich durch die Tür trat.

    „Guten Abend, Ma'am!", erwiderte ich ihren Gruß so höflich ich konnte. Mit dieser Lehrerin wollte ich mich nämlich ganz sicher nicht anlegen, schließlich war sie kurz davor, mich zu bestrafen.

    „Heute Abend werden Sie zusammen mit ihren Mitschülern das Klassenzimmer von Professor Slughorn putzen", verkündete Professor McGonagall mit strenger Miene. Na super, das konnte ein Haufen Arbeit werden. Professor McGonagall streckte auffordernd ihre Hand aus. Widerwillig griff ich in meine Tasche und platzierte schließlich meinen Zauberstab in ihrer Hand. Wir Zauberer waren wirklich hilflos ohne Zauberstab. Im selben Moment flog die Tür auf und die Rumtreiber erschienen gerade noch rechtzeitig im Büro unserer Hauslehrerin. Genervt zogen sie alle ihre Zauberstäbe hervor und drückten sie McGonagall in die Hand.

    „Gut, dann können wir ja gehen", meinte diese und führte uns aus ihrem Büro hinaus, einer einer Menge Gemälde vorbei bis in die Kerker. Zu meinem Glück hing Rosier nicht mehr hier an der Decke, ansonsten hätte ich wohl oder übel noch mehr Ärger bekommen. Außerdem stellte ich es mir nicht gerade angenehm vor, stundenlang mit dem Kopf nach unten in der Luft zu hängen.

    Mir fiel auf, dass Lupin noch blasser aussah als noch heute Morgen. Ihm schien es wirklich nicht gut zu gehen und ich hoffte inständig, dass wir nicht auch noch seine Kotze aufwischen mussten. Wir erreichten Professor Slughorns Klassenzimmer und McGonagall bedeutete uns, einzutreten. Slughorn hatte bereits fünf Putzeimer bereitgestellt und saß gemütlich auf seinem Stuhl.

    „Guten Abend, Professor Slughorn", begrüßte McGonagall ihren Kollegen, welcher ihren Gruß nur erwiderte und uns alle belustigt ansah.

    „Wie ich hörte, gibt es Freiwillige, die mir das Sauber machen abnehmen wollen?", fragte er. Potter und Black stöhnten genervt, während ich nur die Augen verdrehte. „Ich will diesen Raum auf Hochglanz sehen und lasst euch gar nicht einfallen, untätig herumzusitzen, wenn einer nicht hilft, dann werde ich es wissen, keine Sorge!"

    Professor McGonagall überreichte ihm unsere Zauberstäbe und verließ das Klassenzimmer. Slughorn gab uns noch eine klare Anweisung, was alles geputzt werden musste, ehe auch er sich in sein Büro zurückzog. Seufzend griff ich nach einem der Putzeimer und begann, eines der Pulte zu schrubben.

    „Sorry, Moony, aber wir können dich leider nicht decken, ansonsten steht Slughorn hier gleich wieder auf der Matte. Mach einfach ganz langsam, dann wird es schon", kam es von Black. Ich sah aus den Augenwinkel zu den Rumtreibern und sah wie Lupin schwach nickte und sich ebenfalls einen Eimer griff. Scheinbar war er nicht in der Verfassung, um solche Arbeiten zu verrichten. Um ehrlich zu sein, sah er auch nicht so aus!

    „Ich kann nicht glauben, dass Dumbledore dich nicht vom Nachsitzen befreit hat!", rief Potter aufgebracht. So langsam wurde ich hellhörig und fragte mich gleichzeitig, ob sie davon reden würden, was mit Lupin los war oder ob sie sich meiner Anwesenheit bewusst waren und es ließen.

    „Geht schon", kam es schwach von Lupin. Er tat mir beinahe Leid, wenn ich ihm die Arbeit abnehmen könnte, dann würde ich es tun und das obwohl ich ihn nicht einmal mochte!

    „Lasst es uns hinter uns bringen! Vielleicht schaffen wir es auch noch so pünktlich, dass Krone rechtzeitig zu seinem Rundgang mit Lily kommt", kam es von Pettigrew. Potter zwang sich zu einem Lächeln, doch er wusste genauso gut wie ich, dass wir es hier nicht vor der Sperrstunde heraus schaffen würden. Pettigrew war eben ein Optimist der Extraklasse.

    „Wenn wir schon bei dem Thema Lily sind, Krone, wann willst du sie denn endlich mal wieder fragen, ob sie mit dir ausgeht?", fragte Black. Ich konnte ihm nur zustimmen, schließlich hatte er im Moment ziemlich große Chance darauf, dass sie tatsächlich zusagen würde.

    „Ich weiß nicht, Tatze, sie sagt doch sowieso nur wieder nein. Es ist ja beinahe ein Reflex von ihr geworden. Du weißt, dass ich es eigentlich lassen will."

    „Und das nachdem sie zugegeben hat, dass sie dich attraktiv findet?", rief Black geschockt.

    „Wohl eher nachdem sie meinte, dass das nichts an meinen mickrigen inneren Werten ändern würde", kam es bitter von Potter. Whoa, ich hätte nie gedacht, dass ihm sowas tatsächlich zu Herzen ging.

    „Aber du hast sie doch fast soweit!", protestierte Black. Potter schien ihm nicht zu glauben und ich fühlte mich langsam, als müsse ich mich ebenfalls am Gespräch beteiligen, was wohl das schlimmste Gefühl auf Erden war.

    „Sie wird mir nur wieder einen Korb geben, was bringt es denn dann noch? Vielleicht wird sie es vermissen oder so, wenn ich einfach aufhöre!"

    „Nein, sie würde denken, du hast das Interesse an ihr verloren und sich jemand anderen suchen!", platzte es aus mir heraus. Augenblicklich richteten sich vier Augenpaare auf mich, weswegen ich mich am liebsten dafür geschlagen hätte, überhaupt etwas gesagt zu haben. Gespräche zu belauschen war eine Sache, sich dann auch noch in sie einzumischen eine andere. Eigentlich hatte meine Mum mich besser erzogen.

    „Was weißt du schon, Tidwell?", kam es von einem gereizten Potter.

    „Ich bin ein Mädchen und simple Psychologie bekomme ich auch noch hin."

    „Ja, aber was interessiert dich Lily? Selbst mein Verhältnis zu ihr ist besser als deins!" Damit hatte Potter ins Schwarze getroffen, was aber nichts heißen sollte.

    „Und? Insbesondere die Leute, mit denen man nicht gut klar kommt, sollte man im Auge behalten. Lily ist relativ leicht gestrickt, man muss kein Profi sein, um sie zu durchschauen", erwiderte ich. Potter schien nicht zu verstehen, was ich sagte, doch es kümmerte ihn auch nicht wirklich, denn er stöhnte nur genervt auf und machte sich an das Putzen. Ich konnte mir gut vorstellen, wie er sich innerlich darüber beschwerte, dass wir Mädchen doch immer nur in Rätseln sprächen und so kompliziert wären.

    „Warte, also du sagst, wenn Krone aufhören würde, sie nach einem Date zu fragen, würde sie sich einfach einen anderen Typen suchen. Aber das macht keinen Sinn, schließlich geht sie ja nicht mit ihm aus!", meinte Black, der offenbar nicht das Interesse an dem Gespräch verloren hatte.

    „Genau da ist der Punkt. Sie will jemanden, der sich anstrengt und nicht so schnell aufgibt. Wenn Potter aufgibt, dann sucht sie sich einen Anderen, der sich um sie bemüht", erklärte ich.

    „Alter, und da sagt man, wir Männer wären herzlos!", erwiderte Black etwas zu dramatisch. „Also keine Sorge, sie testet nur, wie sehr du für ihr Herz kämpfen wirst. Frauen!" Potter verzog sein Gesicht zu einer Grimasse und damit war das Thema abgehakt. Ich konnte nur hoffen, dass er nicht aufgeben würde und Lily sich dazu entschlossen hatte, ihm eine Chance zu geben unter der Bedingung, er würde sich kein Nachsitzen mehr einhandeln. Warum diese Hoffnung da war, wusste ich allerdings nicht. Vielleicht, weil es das beste für alle Beteiligten wäre, würden die beiden endlich zusammenkommen. Merlin, vielleicht würde sie dann aufhören Potter im Schlaf zu verfluchen!

    Größtenteils wortlos gingen wir dem Putzen nach, wobei ich mir sicher war, dass die Rumtreiber unter normalen Umständen fröhlich geplaudert hätten, nur leider musste ich sie ja an meine Anwesenheit erinnern. Ich selbst putzte das Klassenzimmer so gründlich und schnell ich konnte, während die Rumtreiber eher oberflächlich arbeiteten. Wahrscheinlich dachten sie gerade daran, wie schön es doch wäre, wenn sie ihre Zeit im Nachsitzzimmer hätten verbringen müssen, denn ich wusste aus sicheren Quellen, dass es einen Geheimgang aus eben diesem Zimmer gab, welcher mit Sicherheit auch den Jungs nicht entgangen war.

    Obwohl wir nicht redeten, bewies Pettigrew mal wieder, warum er mein Liebling von den Jungen war. Zwar mochte ich ihn trotzdem nicht besonders, aber wenigsten arbeitete er mit Fleiß und versuchte zumindest schnell fertig zu werden. Potter und Black wiederum taten nur so viel, wie nötig war, damit Slughorn nicht gleich auf der Matte stand, während Lupin offensichtlich mit seinen Kräften kämpfte. Mit jeder Minute schien es ihm schlechter zu gehen und ich konnte nicht anders als mir zu wünschen, er würde nun im Krankenflügel liegen, damit Madam Pomfrey ihm helfen könnte.

    Etwa zwei Stunden und vier ekelhafte schimmelartige Zaubertrankreste, welche mit Sicherheit nicht gerade zu unserer Gesundheit beitrugen, später, kam Slughorn zurück in das Klassenzimmer und sah sich prüfend um.

    „Ich denke, das genügt", befand er und ließ die Putzeimer, sowie den restlichen Dreck mit einem Schlenker seines Zauberstabs verschwinden. Wut kochte in mir, denn daran zu denken, wie wir zwei Stunden mit putzen verbracht hatten, wobei es eigentlich nur zwei Sekunden dauern würde, hätten wir unsere Zauberstäbe, war eine der schlimmsten Strafen, die es gab. Slughorn reichte uns unsere Zauberstäbe und entließ uns.

    Es war kurz vor Sperrstunde, weswegen ich mich auf direkten Weg zum Gryffindorturm machte. Auf dem Weg kam ich an den Fässern vorbei, hinter denen sich der Hufflepuff Gemeinschaftsraum befand und wünschte mir mal wieder, ich könnte einfach dort Zuflucht suchen. Wenn ich in den Ferien mit Marlene und Hailee im Wohnzimmer saß, dann war das eines der besten Gefühle, die es gab. Die Vorstellung, ich könnte das theoretisch jeden Tag machen, hätte der Sprechende Hut mich nicht ins falsche Haus gesteckt, war schön und grausam zugleich. Doch vielleicht machte es unsere Sommer dadurch auch zu etwas besonderem.

    Nach kurzer Zeit musste ich feststellen, dass die Rumtreiber nicht mehr hinter mir waren. Ich verdrehte die Augen, wobei ich mir vorstellte, wie sie die Gänge entlang schlichen und ihrem Spitznamen alle Ehre machten. Allerdings ließ mich die Frage nicht los, ob sie nicht einfach nur einen anderen Weg zum Gemeinschaftsraum nahmen, schließlich ging es Lupin offensichtlich nicht gut. Oder vielleicht waren sie auch einfach auf den Weg zum Krankenflügel, wer wusste das schon?

    Ich kam an einem Fenster vorbei und verweilte einen Moment, um zu sehen, wie das silbrig helle Mondlicht auf die Ländereien schien. Genau das würde ich mir morgen genauer anschauen, doch heute konnte ich nicht, schließlich musste ich am nächsten Morgen früh wieder auf den Beinen sein, damit ich meinen Zimmergenossinnen erfolgreich aus dem Weg gehen konnte.

    Auf einmal hatte ich das seltsame Gefühl, nicht mehr sicher zu sein. Es war, als würde Nebel durch die Gänge kriechen und seltsame Gestalten bergen, doch es war nichts zu sehen. Ich spürte, wie meine Nackenhaare sich aufstellten, gefolgt von dem Gefühl beobachtet zu werden. Ich drehte mich vom Fenster weg, doch ich war noch immer allein auf dem Korridor. Jedenfalls dachte ich das, bis auf einmal eine durchscheinende Gestalt aus einer Wand kam.

    Der Blutige Baron starrte mich aus seinen schwarzen Augen an. Seine Kleidung war wie immer blutdurchtränkt, während er seine Ketten trug. Nachdem ich einen Moment stocksteif dagestanden hatte, war ich wieder Herrin meiner Sinne, nickte dem Geist zu und setzte meinen Weg fort. Selbst ich war nicht bescheuert genug, um auch nur eine Sekunde länger in Anwesenheit des Geistes zu bleiben. Er jagte jedem Angst ein, obwohl er einem wohl nichts mehr anhaben konnte. Noch nie hatte ich ihn sprechen hören, weswegen sein heiseres Flüstern mir durch Mark und Bein ging: „Sieben Tage, sprach ein Slytherin, Sieben Tage!"

    Ich erstarrte. Rosiers Stimme schien in mein Ohr zu flüstern. Es war kaum zu glauben, dass er es erst heute gesagt hatte. Im Ernst, du hast sieben Tage. Genieße sie! War es möglich, dass er Blutige Baron davon wusste? Offensichtlich ja, aber wenn er es wusste, wie viele der Slytherins kannten dann ebenfalls diese Drohung?

    „Was passiert in Sieben Tagen?", hörte ich mich selbst fragen, wobei ich nicht die leiseste Ahnung hatte, woher ich den Mut dazu nahm. Der Blutige Baron erschien wieder vor mir und durchbohrte mich wieder mit seinen schwarzen Augen. Seine Lippen nahmen einen grausamen Ausdruck an, welcher einem Lächeln fast nahe kam.

    „Liebe bedeutet Mord", sprach der Blutige Baron. Er grinste mit einer solchen Grausamkeit, dass es mir kalt den Rücken runter lief. Dann drehte er sich und verschwand durch die nächste Wand.

    Sieben Tage. Mord. Erst jetzt schien die Drohung bei mir angekommen zu sein. Du hast sieben Tage. Hieß das, ich hatte nur noch sieben Tage von meinem Leben übrig? Ich schüttelte den Kopf und somit diesen Gedanken weg. Ich war in Hogwarts, Dumbledore war hier. Niemand würde im Schloss ermordet werden! Und warum sollte ich denn bitte interessant genug sein, um einen Mord zu riskieren? Es war lächerlich, doch das änderte nichts daran, dass ich am ganzen Körper zitterte.

    Ich nannte der fetten Dame das Passwort, welche mich natürlich launisch darauf aufmerksam machte, dass die Sperrstunde bereits angebrochen hatte. Dies war noch ein Grund, warum ich lieber eine Hufflepuff wäre: Die mussten sich nicht mit einem nervigen Portrait rumschlagen!

    Leicht ungeschickt kletterte ich durch das Portraitloch, ignorierte meine Mitschüler, die noch munter im Gemeinschaftsraum saßen und kletterte die Treppe hinauf zu den Mädchenschlafsälen. Dort schälte ich mich aus meiner Kleidung und zog meinen Schlafanzug an. Zu meinem Leidwesen war ich nicht allein im Raum, sondern Mary und Selina waren ebenfalls anwesend. Wie immer ignorierten wir uns und ich hatte mich schnell in mein Bett verschanzt, wobei ich die Vorhänge fest zuzog und wie immer mit einigen Zaubern belegte, damit ich auch meine Ruhe hatte.

    Seufzend schlug ich eines meiner Bücher auf, denn ich hatte nicht das Gefühl, dass ich bald einschlafen würde. Vorallem nicht, nachdem der Blutige Baron mit mir gesprochen hatte. Wie erwartet nahm ich kein bisschen von dem auf, was ich las, denn meine Gedanken galten dem kalten Gefühl, das mich noch immer zittern ließ. Ich wusste nicht so recht, wie man dieses Gefühl benannte, doch ich wusste, es würde mich die nächsten sieben Tage begleiten und immer stärker werden.

    So lag ich da und dachte nach. Ich durchsuchte mein gesamtes Gedächtnis nach Hinweisen und möglichen Gründen, warum mir nur noch sieben Tage bleiben sollten. Was hatte ich getan, damit ich auf einmal im Visier der Slytherins war? Abgesehen davon, dass ich Rosier einen Levicorpus aufgehetzt hatte, fiel mir spontan nichts ein. Außerdem war das mit dem Levicorpus erst nach der Drohung passiert.

    Schon früh hatte ich mir angewöhnt, mich nicht mit Slytherins anzulegen, schließlich stand das Haus nicht umsonst für List und Tücke. Oftmals waren Slytherins intelligent, was ebenfalls eine Eigenschaft ihres Hauses war. Wenn ich so überlegte, dann hätte Lily oder die Rumtreiber so einige Gründe mehr, eine Drohung zu bekommen, denn schließlich war Lily mit Snape zerstritten und die Rumtreiber hatten Spaß daran, die Slytherins zu schikanieren. Wie ich in das Bild passte, wollte mir einfach nicht klar werden.

    Zwischen all meinen Erinnerung gab es nur eine Situation, in der ich Rosier bewusst verärgert hatte und das ging auf unser zweites Schuljahr zurück. Damals sollten wir zusammen einen Schwelltrank brauen, was letzten Endes nicht die beste Idee von Slughorn gewesen war, denn wir hatten uns die meiste Zeit darüber gestritten, was wir als nächstes machen sollten, wodurch wir den Trank natürlich versauten. Rosier hatte mir das damals wirklich übel genommen, weil ich angeblich diejenige gewesen war, die den Trank ruiniert hatte, dabei war er es gewesen! Bis heute war ich mir sicher, wir hätten die Bestnote bekommen, hätte Rosier mal seinen bescheuerten Stolz runterschlucken können und mich brauen lassen.

    Wenn ich so darüber nachdachte, dann hielt ich es für unmöglich, dass er mir das noch übel nehmen konnte. Noch dazu hatte das nichts mit sieben Tagen zu tun. Warum waren es eigentlich genau sieben? War die Sieben von Bedeutung?

    Wenn ich mich recht entsann, dann war Sieben eine besondere Zahl, da es sieben Tage in einer Woche, sieben Weltwunder, sieben Todsünden, die sieben Meere und die sieben Hügel Roms gab. Natürlich war sieben auch weltweit als eine magische Zahl bekannt, ob sie nun Glück oder Unglück brachte, war mal dahin gestellt. Nur leider hatte ich das schlechte Gefühl, dass sie in meinem Fall zu einer Unglückszahl wurde.

    Nach gefühlten Stunden spürte ich, wie meine Augenlider schwerer wurden und ich mich langsam aber sicher in den Halbschlaf begab. Noch immer kreisten meine Gedanken um Rosier und den blutigen Baron, doch bald wusste ich selbst nicht mehr, worüber ich nachdachte und spürte förmlich wie ich wegdämmerte und die ersten Albträume mich in Empfang nahmen.

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