*24. Ein Wettkampf mit Black
Zauberkunst verlief relativ unspektakulär und obwohl ich mich die gesamte Stunde unglaublich konzentrierte, war ich mir ziemlich sicher, dass nichts davon mir in einer Mutprobe helfen würde. Dafür hatte ich in dieser einen Stunde ganze zwanzig Punkte für Gryffindor gesammelt, was ich nicht nur meiner Konzentration zu verdanken hatte, sondern auch der Tatsache, dass Professor Flitwick einer der wenigen Lehrer war, der mich leiden konnte.
„Gut gemacht, Tidwell", raunte mir Black zu, als er zu Stundenende an mir vorbei zur Tür ging. Ich konnte nicht leugnen, dass dieser Kommentar mich doch tatsächlich etwas aufheiterte, weswegen sich wohl auch ein leichtes Lächeln auf meine Lippen schlich, als ich meine sieben Sachen zusammenpackte.
Es dauerte ungewohnt lange, bis ich das Klassenzimmer verließ, was mir einen irritierten Blick von Flitwick einhandelte, denn normalerweise war ich immer die erste, die seinen Unterricht verließ. Doch anders als sonst, hatte ich heute absolut keine Ambitionen, pünktlich zum Verwandlungsunterricht zu kommen. An sich, wollte ich mich am liebsten in meinem Bett verstecken und mit niemandem reden.
Langsam schlurfte ich durch die Korridore auf dem Weg zum Treppenhaus. Eigentlich sollte ich mich wirklich beeilen, Professor McGonagall war schließlich ziemlich streng und ich hatte nun wirklich keine Zeit zum Nachsitzen, wenn ich die Mutprobe überleben wollte.
Deswegen nahm ich etwas an Tempo auf und erreichte gerade noch pünktlich das Erdgeschoss, in welchem sich auch das Verwandlunsklassenzimmer befand. Nun war der Moment der Wahrheit gekommen, wie würden Hailee und ich miteinander umgehen?
Als ich sie neben Marlene und Edelina entdeckte, spannte ich mich augenblicklich an. Sie stand mit dem Rücken zu mir und unterhielt sich gerade mit Dedalus, welcher mich freundlich anlächelte, welches ich erwiderte. Als ich schließlich die Traube der Schüler erreicht hatte, stand ich unschlüssig rum und hoffte, dass Professor McGonagall bald kam. Dann wiederum wollte ich lieber blöd in der Gegend rumstehen, als neben Hailee im Klassenzimmer zu sitzen.
„Hey", sprach mit niemand geringeres als Lily Evans von der Seite an. Perplex und noch leicht verärgert wandte ich mich ihr zu.
„Was willst du?", keifte ich sie an.
„Mich entschuldigen", meinte Lily entschlossen. Ihre grünen Augen strahlten Aufrichtigkeit aus, was es mir schwer machte, überhaupt wütend auf sie zu sein. „Es war absolut nicht mein Recht, dich über derartige Dinge auszufragen und umso mehr tut es mir Leid, dass ich so einen wunden Punkt getroffen habe."
Ich starrte sie fassungslos an. Ich fühlte mich durchleuchtet, so als könnte man mir jede Emotion an der Nasenspitze ansehen und das gefiel mir absolut gar nicht. Ich wollte nicht durchschaut werden, ich wollte keine wunden Punkte haben!
„Kein Problem", erwiderte ich und versuchte freundlich auszusehen, „alles schon vergeben und vergessen."
„Gut, denn dann würde ich dir nämlich anbieten, dich gleich zu uns zu setzen, wenn du willst!" Ich musste mir Mühe geben, dass mir nicht alle Gesichtszüge entglitten. Irrte ich mich oder rettete mir Lily Evans gerade den Arsch?
„Solange ihr nicht versucht, mich vom Unterricht abzulenken, bin ich dabei!", erwiderte ich diesmal mit einem ehrlichen Lächeln auf den Lippen, welches Lily augenblicklich erwiderte.
Sie drehte sich um und bedeutete mir mit einem Nicken, dass ich ihr folgen sollte. Sie ging zu Tess, wo zu meinem Leidwesen auch die werten Herren Rumtreiber an der Wand lehnten. Warum bei Merlin klebten die sechs jetzt immer aneinander? Vor kurzem konnten die zwei Gruppen sich noch nicht ausstehen und auf einmal taten sie so, als wären sie jahrelange Freunde. Und das nur, weil Lily und Potter ein Date ausgemacht hatten. Wenn das so weiter ging, dass konnten sie sich das Date auch ganz sparen und einfach sofort mit dem Knutschen beginnen!
„Ach, Tidwell, bereit uns noch ein paar weitere Punkte zu verdienen?", fragte Black nahezu enthusiastisch, als ich bei ihnen ankam. Wahrscheinlich hatte er Hoffnung, dass ich seine diesjährige Punktebilanz, welche selbstverständlich im negativen Bereich war, wieder wett machte. Ich hatte mich noch nie wirklich um das System gekümmert, doch jetzt in diesem Moment fragte ich mich ernsthaft, welches Haus im Moment auf dem ersten Platz stand. Ebenfalls zum ersten Mal in meinem Leben hoffte ich, dass es Gryffindor war.
„Selbstverständlich, hast du etwa Lust auf einen kleinen Wettkampf?", fragte ich grinsend.
„Du meinst, wer in dieser Stunde am meisten Punkt für Gryffindor holen kann?", hakte Black ebenfalls grinsend nach. Seine dunklen Augen blitzten schelmisch und ich wusste augenblicklich, dass er angebissen hatte.
Ich nickte bestätigend, woraufhin Black sich von der Wand abstieß und mir die Hand hinhielt.
„Möge der Bessere gewinnen!"
„Oder die Bessere", korrigierte ich ihn und schlug ein. Na das würde ja eine interessante Schulstunde werden.
Genau in diesem Moment schloss Professor McGonagall endlich das Klassenzimmer auf und ich setzte mich zum ersten Mal nicht in die erste Reihe zu Hailee, sondern nahm neben Lily in der dritten Reihe Platz. Ich hatte den Eindruck, dass Lily sich aus Rücksicht zu mir extra etwas weiter nach hinten gesetzt hatte, denn normalerweise saß auch sie in der ersten oder zweiten Reihe.
Noch bevor Professor McGonagall den Unterricht begonnen hatte, schlug ich eifrig mein Buch auf und legte meinen Zauberstab vor mich a den Tisch. Den Verschwindezauber hatte ich seit dem letzten Mal immer wieder geübt, bis ich ihn schließlich bei jedem Versuch fehlerlos hinbekommen hatte.
„Zunächst möchte ich einmal Mister Potter, Mister Black, Mister Lupin und Mister Pettigrew darum bitten, der Klasse den Verschwindezauber vorzuführen, welche die vier in der letzten Stunde versäumt haben", ertönte Professor McGonagalls Stimme. Schadenfreude breitete sich in mir aus, als sich die vier Rumtreiber in der Reihe hinter mir fluchend von ihren Plätzen erhoben. Das konnte ja noch ein Spaß werden!
Professor McGonagall hatte vier Schnecken auf ihrem Pult kriechen und forderte nun die werten Herren Rumtreiber dazu auf, der Reihe nach jeweils eine Schnecke verschwinden zu lassen. Lupin machte den Anfang und nach zwei missglückten Versuchen, waren es tatsächlich nur noch drei Schnecken. Ich war beeindruckt, wenn ich daran zurück dachte, wie lange ich gebraucht hatte, um diesen Zaube zu lernen. Doch bei Lupin konnte ich mir vorstellen, dass er sich anders als die anderen tatsächlich die Mühe gemacht hatte, den verpassten Stoff aufzuarbeiten.
„Das lasse ich noch durchgehen, bitte setzen Sie sich wieder", kommentierte Professor McGonagall. Lupin gehorchte und setzte sich wieder auf seinen Platz hinter mir.
Black war als nächstes dran und es erfüllte mich mit ausgesprochener Schadenfreude, dass dieser mehr als nervös schien. Anscheinend hatten sich nicht alle Rumtreiber mit dem Verschwindezauber beschäftigt. Nach sechs gescheiterten Versuchen war von Blacks sonst so tadellosen Selbstbewusstsein nichts mehr zu sehen und als er die Schnecke auch nach dem zehnten Versuch nicht komplett verschwinden lassen konnte — um fair zu sein, war das Gehäuse tatsächlich verschwunden —, schickte Professor McGonagall ihn zurück auf seinen Platz, allerdings nicht ohne ihm fünf Punkte für nicht gemachte Hausaufgaben abzuziehen.
Ich grinste in mich hinein und kritzelte eine kleine Botschaft an Black auf ein Stück Pergament.
„Und so leicht gehe ich in Führung ohne auch nur einen Finger krumm zu machen! :P"
Unauffällig zauberte ich die Nachricht auf Blacks Pult, woraufhin ich nur ein leises genervtes Schnauben vernahm. Oh ja, ich hatte Spaß an der ganzen Sache gefunden!
Währenddessen scheiterte auch Pettigrew gnadelos daran, auch nur das Gehäuse der Schnecke verschwinden zu lassen. Professor McGonagall sah aus, als würde sie ihm am liebsten die verdammte Schnecke ins Gesicht werfen, als noch weiter seinen elendigen Versuchen zuzusehen. Das konnte ich durchaus nachvollziehen, allerdings tat mir Peter auch wieder ein bisschen Leid. Der Arme stand immer im Schatten seiner Freunde, weil er nicht ganz so lernfähig wie sie war. Dabei konnte doch niemand etwas dafür, wie schlau und mit welchen Talenten man geboren wurde!
„Warte nur ab, ich schlag dich schon noch!", lautete Blacks Antwort. Ich drehte mich zu ihm um und schüttelte einfach mit zweifelnder Miene den Kopf, ehe ich mich wieder nach vorne richtete und die Tinte mit einem Schlenker meines Zauberstabs verschwinden ließ.
Pettigrew wurde inzwischen wieder auf seinen Platz verbannt und Potter an der Reihe, seine Verwandlungskünste unter Beweis zu stellen. Tatsächlich schaffte er es in etwa genauso schnell wie Lupin, wobei man ihm seine Erleichterung deutlich anmerken konnte. Auch Lily neben mir atmete erleichtert aus, wahrscheinlich musste sie daran denken, dass sie bei McGonagall für Potter gebürgt hatte. Wenn er dann gleich mit ungemachten Strafarbeiten auftauchte, warf das mit Sicherheit kein gutes Licht auf sie.
Ich würde lügen, wenn ich behaupten würde, dass Black mir es leicht machte unseren kleinen Wettstreit zu gewinnen. Um genau zu sein, lag er den größten Teil der Stunde sogar in Führung, da er es äußert talentiert als Erster vollbracht hatte einen Kelch heraufzubeschwören und Professor McGonagall noch dazu gehörig in den Arsch kroch.
Letzteres brachte ihn allerding nicht viel weiter, denn unsere Hauslehrerin wurde auch unter seinem Charme nicht weich und so konnte ich mit einer Menge Fachwissen glänzen, welches ich durch endlosen Stunden in der Bibliothek — und zugegebenermaßen auch durch meine neuen Lektüre über Animagi — erworben hatte.
Für allen anderen war die Stunde mit Sicherheit ein interessantes Schauspiel, so verbissen versuchten Black und ich Punkte zu sammeln. Am Ende der Stunde wirkte es nicht nur so, als wären wir die einzigen Schüler die am Unterricht teilnahmen und die anderen wären nur Zuschauer, sondern Black und ich hatten zusammen satte achtzig Punkte für Gryffindor gesammelt, was meiner Meinung nach ziemlich rekordverdächtig für nur eine Unterrichtsstunde aussah.
Als es zum Stundenende klingelte, lag ich mit knappen fünf Punkten vorne, weswegen ich mich augenblicklich breit grinsend zu Black umdrehte.
„So macht man das", stichelte ich, woraufhin Black nur mit den Augen rollte.
„Das bisschen Ehre überlasse ich dir freiwillig", erwiderte er, doch ich konnte ihm ansehen, dass es ihn wurmte, von mir geschlagen worden zu sein.
„Wie erwachsen von dir", kommentierte ich mit aufgesetztem Stolz in meiner Stimme.
„Könnt ihr eurer Gespräch vielleicht auf den Korridor verlegen, ich hab Hunger!", beschwerte sich Potter, was Anlass genug war, um meine Sachen zu packen und jegliche Konversation mit Black einzustellen.
Der Weg zur Großen Halle wäre deutlich angenehmer gewesen, wenn nicht mein Muskelkater wäre, der sich mit jedem Schritt bei mir über die gestrige Aktion beschwerte. Lily, Tess und die werten Herren Rumtreiber unterhielten sich angeregt über die Weihnachtsferien, während ich mehr oder weniger teilnahmslos neben ihnen her trottete.
Auch das Mittagessen verlief nicht viel anders, was mich um ehrlich zu ein auch nicht weiter störte. Es war schon seltsam genug gewesen, den Morgen über so viel Aufmerksamkeit von meinen Mitschülern zu bekommen, mehr brauchte ich nun wirklich nicht.
Allerdings musste ich zugeben, dass ich während des Mittagessens immer wieder zum Hufflepufftisch rüberlinste. Leider hatte ich keine Ahnung, was meine eigentlichen Freunde gerade taten oder dachten. Ich vermisste das Sitzen am Hufflepufftisch jetzt schon. Doch was sollte ich machen? Ich war ja schließlich mehr oder weniger selbst Schuld an dieser Situation! Obwohl Rosier eigentlich auch eine ziemlich große Rolle bei der Sache spielte. Obwohl ich eigentlich gehofft hatte, noch etwas mit ihm zu unternehmen, war ich mit einem Mal ein wenig wütend auf ihn.
Kaum hatte ich einen Gedanken an Rosier verschwendet, suchten meine Augen auch schon den Slytherintisch nach dem Idioten ab, doch ich konnte ihn einfach nicht entdecken. Aus irgendeinem Grund beunruhigte mich diese Tatsache ungemein.
Und genau in diesem Moment passierte es: Etwa zehn Meter links von mir explodierte der Nachtisch eines Drittklässlers, wodurch ein heller Aufruhr ausgelöst wurde.
Lily und Potter sprangen in Schulsprechermarnier auf und rannten zu dem armen Jungen, welcher leicht benommen und mit angesengten Augenbrauen sowie Brandblasen im Gesicht auf seinem Stuhl saß und ungläubig auf seinen Dessertteller blickte.
Tess und ich tauschten einen ungläubigen Blick aus. Sie hatte die Hände über ihren Mund geschlagen und ihr Blick sprach Bände.
Mittlerweile war auch Lupin aufgesprungen, um den Jungen zu helfen, während auch Professor McGonagall sowie Dumbledore und einige weitere Lehrer angerauscht kamen. Den Drittklässler konnte ich durch das Getümmel nicht mehr sehen. Dem Anschein nach, wurde er von Lily, Potter und McGonagall in den Krankenflügel gebracht und mit einem Mal kehrte Ruhe ein. Die Stille war nahezu erdrückend.
„Wer auch immer verantwortlich für diesen Streich ist, hat jetzt die Gelegenheit, sich zu melden!", ertönte Professor Dumbledores Stimme ruhig aber durchdringend durch die Halle. Niemand rührte sich, jeder sah betroffen auf seinen Teller. „Nun gut, wenn sich niemand meldet, bekommen wir es auf einen anderen Weg heraus", fügte Dumbledore grotesk freundlich hinzu.
Erst jetzt trauten sich die Schüler weiterzuessen.
„Ist es sehr schlimm?", fragte Tess an Lupin gewandt, dieser schüttelte nur den Kopf.
„Soweit ich das sehen konnte, hat der kleine sich zwar ordentlich verbrannt, aber das kriegt Madam Pomfrey in nullkommanichts wieder hin", meinte Lupin zuversichtlich. Tess atmete erleichtert aus. „Viel interessanter ist allerdings, wie der Täter das gemacht hat."
Daraufhin schwiegen wir wieder, jeder hing seinen Gedanken nach und obwohl ich wie die anderen vermutlich auch, im Kopf mehrere Möglichkeiten durchging, wie man den Nachtisch einer Person explodieren lassen könnte, driftete ich immer wieder zu Hailee als auch Rosier ab.
[A/N: Ich dachte, es wäre mal wieder Zeit für ein neues Kapitel...]
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