Sie singt
Sie singt stets. Denn das ist für sie leichter.
Bis sie auf ihn trifft. Und bis sie bemerkt, dass loslassen viel leichter ist.
Es ist Donnerstag, das Wochenende ist zum Greifen nah und das Lied, das sie singt, ist gar nicht so negativ wie die vielen anderen. Dennoch erkennt er wie es ihr wirklich geht.
Der Park ist es, in dem sie aufeinander stoßen. Sie singt und er rennt, so als würde es beiden super gehen und sie würden ihren Leidenschaften nachgehen. Doch eigentlich dienen sie nur als Hilfe.
Bis sie von ihm angerempelt wird und sich alles ändert.
»Du siehst ja ganz verängstigt aus. Und aus der Puste bist du auch. Geht es dir überhaupt gut? Was für eine Frage... Wovor bist du denn weggelaufen?«, fragt sie aus dem Nichts.
»Schule. Und die Pflichten, die Realität.«
»Vor der Realität fliehe ich auch«, gibt sie zu.
»Ich habe dich schon mal singen gehört, vor dem Haus des Psychologen. Ich habe sofort gemerkt, dass es nicht die Musik ist, die du so liebst, sondern die Texte. Sie stellen deine Gefühle dar.«
Es dauert einen Augenblick, bis sie ihre Sprache wieder gefunden hat, denn noch keiner hat bisher die wahre Absicht hinter des Singens erkannt.
Daraufhin zeigt sie ihm ein selbstgeschriebenes Lied. Er ist begeistert.
Sie treffen sich von nun an jeden Tag nach der Schule im Park und sie singt ihm etwas vor.
Ein Mal kommt eine Gruppe von Kindern zu ihr und sagt, wie schön sie doch singe. Ein anderes Mal kommt ein älteres Paar zu ihr und drückt ihr anschließend einen Fünf-Euro-Schein mit den Worten Ich seh's schon, das ist die neue Madonna in die Hand.
So kommt es, dass sie öfter mit der Gitarre im Park sitzt und ihr manche Passanten ein paar Münzen für ihr Talent geben. In diesen Momenten fühlt sie sich wie in einem Musical, in dem sie ihr eigenes Happy End erlebt.
Und sie singt noch immer, aber nur weil die Leute ihr so gerne dabei zuhören.
Denn sie hat jemanden gefunden, der ihr einen Grund zum Mutigsein gegeben hat.
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