Kaum waren wir auf der Autobahn, war ich wie gelöst. Alles schien von mir abzufallen.
Meine Beifahrerin bemerkte das.
Sie beobachtete mich und immer, wenn ich ihren Blick auffing, lächelte ich. Es wurde zum Spiel zwischen uns.
Ein Blick gegen ein Lächeln.
Wir redeten. Wir redeten so viel wie wir noch nie geredet hatten.
Die Fahrt lief gut. Keine LKW, weil Sonntag war und auch sonst nicht übermäßig viel Verkehr.
Trotzdem ertappte ich mich dabei, wie ich mir eine Verzögerung wünschte, nur um noch länger ihren Geschichten lauschen und neben ihr sitzen zu können.
Wir machten eine Pause.
Fernab von Siedlungen stellte ich den Wagen auf einem leeren Wanderparkplatz.
Hand in Hand gingen wir den Feldweg am Waldrand entlang.
Der Weg stieg leicht und und einige Zeit später erreichten wir eine Kuppe.
Ich stellte mich hinter sie und schlang meine Arme um ihre Taille. Sie legte den Kopf an meine Schulter.
So standen wir auf dem Hügel und sahen hinab auf die Wiesen und Felder.
Ganz langsam drehten wir uns gemeinsam um die eigene Achse, so dass wir die Landschaft als Panorama wahrnahmen.
Da die Sonne immer noch schien, wagte ich es, den Reißverschluss der Jacke, die sie trug - es war eine Strickjacke von mir - zu öffnen.
Ich streichelte ihren Bauch durch ihr Top. Ihr Seufzen war mein Segen und ich ließ von ihr ab, nur um nach ihrer Hand zu greifen und sie in Stück in den Wald zu ziehen.
Übermütig wie ein Teenager presste ich sie an den nächsten Baum und küsste sie stürmisch.
Willig fuhren ihre Hände suchend über meinen Rücken und meine Schultern.
Es war, als löste sich die große, dunkle, anklagende vierunddreißig aus meinem Kopf und Herzen. Sie schwebte davon und verlor dabei an Größe und Dunkelheit.
Nur ein Mann und eine Frau und Begehren, beruhigte ich halbherzig mein Gewissen.
Dann übernahm der Mann ohne Alter die Kontrolle.
Seine Hände streiften ihre Jacke ab.
Streichelten ihren Nacken.
Vergruben sich in ihren Haaren.
Ihr Mund war die größte Versuchung, Widerstand war unmöglich.
Der Kuss war so intensiv, so tief und so innig, dass ich ihn nicht beenden konnte.
Sie konnte und sie tat es.
Sie löste unsere Lippen nur Millimeter und wisperte: "Lass uns warten, bis wir am Meer sind."
Noch einmal drückte sie ihren Mund kurz und fest auf meinen und lehnte dabei auch ihren gesamten Körper an mich.
Ein glühendes Versprechen war das. Auf das Meer. Und das mehr.
~~~
Stunden später waren wir am Meer.
Wir spazierten erst die Promenade und dann den Strand entlang.
Irgendwann fragte sie mich lächelnd: "Ist dir was aufgefallen?"
"Was meinst du?", wollte ich wissen.
"Keiner hat uns seltsam angesehen."
"Was willst du mir damit sagen? Dass alles gut ist?"
Ohne dass ich es wollte, klang ich grob. Doch sie ließ sich davon nicht einschüchtern.
"Nein, ich will sagen, dass es mir egal ist. Selbst wenn wir komisch angeschaut worden wären, wäre ich trotzdem gern mit dir zusammen."
Ich wusste, sie meinte nicht zusammen im Sinne von Beziehung, das konnte sie nicht meinen und dennoch versetzte es mir einen Stich.
Es wurde ein wundervoller Nachmittag. Den Stich vergaß ich so schnell wie er gekommen war. In den gemeinsamen Momenten, die wir hatten, wollte ich ganz bei ihr sein.
Als es Zeit wurde, dem Meer den Rücken zu kehren, drückte ich wehmütig ihre Hand.
"Ich verspreche dir, wir werden wiederkommen. Und dann wird alles anders sein."
"Versprich nichts, was du nicht halten kannst", antwortete sie und richtete den Blick auf den Sand zu unseren Füßen.
Ich küsste sie leidenschaftlich und nahm mir noch einmal fest vor, mit ihr zurückzukehren. Mit mehr Zeit und mit mehr...zusammen.
~~~
Zitternder Atem.
Gehauchte Worte.
Flehende Berührungen.
Der laue Frühlingsabend hüllte sie ein.
Das weiche Grasbett verschluckte das Paar.
Die Bittersüße des Augenblicks war so greifbar, dass sie beinah lähmte.
Und dennoch überwog die Zuneigung, Anziehung und die seltsame Liebe, die es doch war.
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