Prolog
[Sick Boy]
~Der Anfang vom Anfang~
Der Himmel über ihm war wolkenlos und in ein helles blau getaucht, das die Schönheit des Tages in der perfekten Farbe widerspiegelte. Das Blau wurde dunkler, je näher es dem Horizont kam aber es verlor nie seine Fröhlichkeit, die irgendwie wirklich lächerlich wirkte, wenn man die Wahrheit hinter der Fassade kannte.
Das war das Leben schließlich. Eine Fassade. Eine einfache Täuschung, die so viele in die Irre führte.
Er lag unter einem Baum, der weit in den Himmel ragte mit hellgrünen Blättern die vor Farbe und Kraft nur so strotzten.
Ihre Triebe wurden durch die Sonne deutlich, es sah aus als hätten die Blätter wie auch Menschen Adern, die durch ihre dünne Haut leuchteten. Einzigartig. Wunderschön.
Die Blätter hatten eine runde Form die am Ende spitz zulief und somit die typische 0815 Blattform ergab, die Kinder immer zeichneten wenn es hieß: "Zeichne ein Blatt".
Der Stamm des Baumes war in einem dunklen braun, beinahe sogar schwarz und er war fest und stark. Er hatte wohl schon viele Winter und ebenso viele Sommer überlebt, genauso wie der Mann unter dem Baum. Der einzige Unterschied: Der Baum wollte leben, er nicht.
Gut. Das war möglicherweise etwas dramatisch. Das Leben war schön, doch irgendwann wurde es anstrengend. Irgendwann wurde alles gleich.
Details. Sie machten sein Leben spannender, sie machten sein Leben etwas lebenswerter.
Wenn er die Details betrachtete, die kleinen Unterschiede, die die Waagschale nach unten drückten und nach oben schießen ließen. Diese Details waren es, die ihn erinnerten wer er war und daran erinnerten, wer er niemals sein könnte.
Sick Boy. So nannten sie ihn. Den kranken Jungen, den verlorenen Jungen. Der Junge, der nicht geheilt werden konnte, da es nichts gab, dass seine Krankheit heilen konnte.
Es war wohl Ironie, dass er so genannt wurde, ein Paradoxon. Der, der nicht verletzt werden konnte, der der nicht getötet werden konnte. Der, der keiner Krankheit erliegen könnte. Der Sick Boy.
Theseus Rendall. Das war sein Name, so hatte er sich genannt.
Jedes Jahrhundert gab er sich so einen neuen Namen um sein ewiges Leben spannender zu gestalten, es interessanter zu machen. Damit er wenigstens ein klein wenig Veränderung spürte. Damit er sich davon überzeugen konnte, dass er wirklich noch lebte, sein Herz noch immer in seiner Brust schlug und sein Atem noch durch seine Lungen strich.
Doch er hatte seinen Namen nun schon seit Jahren nicht mehr verändert. Er konnte nicht.
Auch wenn er atmete, auch wenn sein Herz tagtäglich gegen seine Rippen pochte fühlte er sich nicht lebendig.
Seit hunderten, tausenden, abertausenden Jahren lebte er schon. Er lebte, aber doch lebte er nicht. Nicht wirklich.
Denn was war Leben, ohne etwas, wofür es sich lohnte zu leben?
Wofür sollte man leben, wenn es nichts gab, dass einem einen Sinn zu Sterben gab? Einen Sinn sich zu opfern und mit einem Lächeln unterzugehen?
Wofür sollte man leben, wenn man alles nur verlor?
So viele Tode. So viel Schmerz. Theseus konnte sich nicht einmal mehr an seinen ersten erinnern. Er erzählte immer eine andere Geschichte, wie er gestorben war, doch alle waren wahr.
Eine seiner liebsten Geschichten, war sein erster Mord.
Die Kugel hatte sein Herz getroffen, das dann langsamer und immer langsamer wurde bis es schließlich stehen geblieben war und sein ganzer Körper versagt hatte.
Er erinnerte sich nur mehr an seine Gedanken, als er das erste Mal seine Augen für immer geschlossen hatte, nur um sie ein wenig später erneut zu öffnen, in seinem Bett, als wäre nichts passiert, alles nur ein Traum gewesen.
Damals hatte er noch den Helden gespielt. Damals hatte er noch versucht, seinen Fluch als eine Gabe zu nutzen und sich in Dinge einzumischen, die ihn nichts angingen. Er wollte helfen, doch letztendlich hatte er nicht verändert. Er hatte anderen nur ihre Aufgaben erschwert und irgendwann aufgehört, ein Held sein zu wollen.
Er war einfach anders.
Anders als all die Menschen, die Tag für Tag die Straßen entlang gingen. Die nach Hause kamen und ihre Freunde und Familie freudig begrüßten.
Er war anders als all diese Leute, die jede Tag, den Tod fürchten mussten und immer mit ihrem Leben spielten, da es einen Wert hatte.
Er war anders, weil er nicht sterben konnte. Weil er den Tod nicht fürchten musste, nicht konnte. Weil er ewig lebte.
Er war Theseus. Der Sick Boy.
Die Welt hat sich über die Jahre gewandelt. Sie war anders, ins Chaos gestürzt worden
Alles war gut gewesen, bis der Frost gekommen war. Nicht der Frost, der die Blätter im Winter weiß färbte und der Frost der auf den Dächern der Häuser langsam schmolz und kleine Wasserlachen bildete. Der Frost war eine Krankheit. Eine tödliche Krankheit mit schrecklichen Auswirkungen.
In der ersten Phase fror man fürchterlich. Doch man hatte kein Fieber.
Der Körper selbst war eiskalt, wie die Haut einer Leiche. Der Atem gefror und wenn man nahe der zweiten Phase war, bildete sich tatsächlicher Frost auf der Haut und den Haaren.
In der zweiten Phase froren einige Körperteile wie Finger, Nasen oder Zehen und sie brachen einfach ab als wären sie nicht einmal ein Teil des Körpers gewesen. Als wäre es einfach nur aus Glas.
In der dritten Phase, der mittleren Phase, erreichte man dann den Stand: Unheilbar.
Die Heilung kann in diesem Stadium nicht mehr helfen und es wird geraten, den Patienten einzusperren oder ihm die restlichen Schmerzen und Plagen zu ersparen und ihn sofort zu töten.
Wenn man an diesem Punkt angelangt ist, werden die Haare und Augen weiß. Man wurde blind und hatte keinen Spürsinn mehr. Die Sicht wurde einem gestohlen und die weißen Pupillen zeigten den Tod.
Die Person wurde langsam wahnsinnig, hörte Stimmen und drehte durch. Dann war man in der vierten Phase angelangt.
Die Person wurde verrückt.
Sie kannte den Unterschied zwischen Gut und Böse nicht mehr, verlor jegliche Art des Fühlens. Sie begann zu töten, andere zu ermorden oder mit dem Frost anzustecken nur damit sie einen Moment wieder fühlen konnten. Nur damit die Endorphine wieder durch ihre Adern flossen und sie wieder glücklich waren.
Dann kam die Endphase, der Tod.
Phase 5, die letzte Phase die der Patient durchleben musste.
Die Gefühle kamen zurück, sie überschwemmten die Person und erinnerte sie daran, was sie getan hatte, wen sie umgebracht hatte. Sie zeigte dem Betroffenen, was sie einst gewesen war und was sie geworden ist, bis sie ihn mit in den Tod reißt. Einen qualvollen, schmerzhaften Tod, wenn sie sich nicht sowieso schon selbst umgebracht hatten.
Der Frost war unheilbar bis ein Professor ein Heilmittel erfunden hatte und so berühmt wurde. Er wurde berühmt, erfolgreich und übernahm so ganz Amerika. Er wurde zum Präsidenten gewählt und sein wahrer Name entfiel den meisten wieder. Bekannt war er nur als der Präsident.
Die Welt wandelte sich erneut, sie machte eine 180° Wende und stoppte im Jetzt.
Keine Kriege wurden geführt. Keine Seuchen überfluteten die Welt.
Die Spiele wurden eingeführt.
Keine gewöhnlichen Spiele, wie die, die man als Olympische Spiele bezeichnet hatte.
Nein. In diesen Spielen wurde gekämpft bis zum Tod.
Menschen wie jeder einzelne auf dieser Welt, vor allem besondere Kinder mit speziellen Fähigkeiten wurden in die riesigen Arenen gesperrt in denen sie bis zum Tod kämpften.
Zuerst war es nur ein Mittel, um Geld und Heilmittel zu bekommen, doch irgendwann wurde diese Art der Geldbeschaffung nicht mehr benötigt und neue Spieler wurden gesucht.
Phoenixe.
Je mehr Kämpfe man gewonnen hatte, desto mehr Prämien erhielt der Spieler und desto mehr Geld bekam der Sponsor, während der Phoenix nur mit seinem Leben davon kam und nutzlosen Geschenken, die einen Ersatz für sein verlorenes Leben darstellen sollten.
Bei diesen Spielen hatte Theseus Ketara Arayuma kennengelernt. Die lebendige Waffe.
Die Nummer 1, die Gewinnerin, die Siegerin. Die, die bis jetzt jeden Kampf gewonnen hatte. Die, die auf der Spitze stand. Die, die viel zu hoch flog und ihre Flügel verlor.
Aber nicht alle Besonderen sind in diesen Arenen eingesperrt. Ein junger Mann, ein Wahnsinniger, hat es tatsächlich geschafft den Arenen zu entkommen ohne auch nur ein Tröpfchen seines eigenen Blutes zu vergießen. Sein Name war Casmiel Tripe, oder wie die Phoenixe ihn nannten, die Legende.
Er hatte mit einem so verrückten Plan, den niemand wirklich kannte, die Mauern der Arenen erklommen und war mit einem charmanten Lächeln auf den Mauern gestanden, hatte hinab auf die Sponsoren und Zuschauer gesehen und war, ohne das jemand ihn aufhalten konnte, von den Mauern gesprungen.
Das war eine Variante der vielen tausenden Geschichten die man erzählte und aus jedem Mund hörte man etwas anderes, etwas noch absurderes.
Casmiel Tripe traute man einfach alles zu und wenn es das Reiten eines Löwens mit Schlangen anstatt eines Schweifes war. Casmiel Tripe würde man es glauben.
Und da war er. Der Sick Boy. Der Unsterbliche.
Er, Theseus Rendall.
Mit diesen beiden Wahnsinnigen hatte er die Welt in Chaos gestürzt. Er hatte die verrücktesten Pläne ausgeführt, die seltsamsten Momente erlebt und versucht die Regierung zu stürzen.
Aber diese Geschichte begann an einem anderen Tag, der alles veränderte.
Der alle Puzzleteile in die rechte Ordnung brachte und den Stein anstupste, der eine gesamte Lawine auslöste.
Anders bekannt als der Tag, den es nicht gab...
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