Kapitel 8

[Die ungewisse Zukunft]

Casmiel saß in seinem großen Stuhl am Ende der großen Tafel, an der viele andere Mitglieder des Widerstandes saßen. Der Rest hatte sich daneben versammelt, lauschte den Gesprächen oder sie flüsterten gemeinsam über die Fähigkeit (oder besser gesagt Unfähigkeit) der Ratsmitglieder, der engste Kreis der die meisten Entscheidungen über den Widerstand traf.
Casmiel hatte zwar die Befehlsgewalt aber er hörte sich gerne die dummen Vorschläge seiner Untertanen an während er in seinem Kopf schon den perfekten Plan bastelte.
Es war auch zu ihrer Besänftigung und damit sie dachten, Cas würde sich wirklich für ihre Meinung interessieren.

„Ich sage wir bleiben hier. Die Lichtung ist perfekt und wir brauchen mehr Zeit um uns zu regenerieren. Quentin kann kaum laufen, sein Bein muss geschont werden" meinte ein großer Mann mit dunklen Haare und blauen Augen, die im Moment zielstrebig glänzten. Man sah ihm an, das er unbedingt sein Ziel erreichen wollte. Koste es was es wolle.

„Zieh mich da nicht mit rein, J. Wir wissen beide das es mir wieder gut geht" murrte ein kleinerer Junge mit hellbraunen, fast goldenen Haaren und hellgrünen Augen. Er hatte die Arme überkreuzt und in seinem Blick lag eine Art von Ernsthaftigkeit obwohl er nicht älter als fünfzehn wirkte.

„Da siehst du's, Jason. Es geht Quen gut. Ich sage wir reisen weiter. Die Jäger kommen immer näher und sie wissen das wir hier in der Nähe sind da eine gewisse Dame sich nicht zurück halten konnte und unsere Mission gefährdet hat" zischte eine Frau mit langen, dunkelbraunen Haaren, die sie mit einem Kopftuch zurückgebunden hatte, sodass sie ihr nicht in die dunkelbraunen Augen fielen.

Ihr Blick war auf Eleanor gefallen, die sie nur genervt ignorierte und ihrem bohrenten Blick bewusst auswich. Ihre bernsteinfarbenen Augen glühten förmlich.
„Was kann ich dafür wenn dieser Idiot mich nicht raus lässt ein paar Jäger erschrecken? Ich trage keine Schuld" verteidigte sie sich trotzig und ihr Finger zeigte auf Casmiel. Also war er der Idiot den sie angesprochen hatte.

„Du hast dich meinem Befehl widersetzt, Darling. Ich erlaube dieses Verhalten nicht" meinte er nur ruhig und geduldig. Bisher hatte er nur die Grundlage geliefert und zugehört. Seit mindestens einer Stunde diskutierten sie nun schon darüber ob sie weiterziehen sollten oder nicht. Ob Eleanor Schuld trug oder nicht. Ob irgendetwas funktionierte oder nicht. Sie waren zu keinem Entschluss gekommen, wie immer.

„Die Jäger sind in der Unterzahl. Wenn sie das Lager angreifen würden, könnten wir sie besiegen und das ohne jegliche Probleme" warf Jason ein. Seine dunklen Haare fielen ihn über seine Augen, die er zu genervten Schlitzen verzogen hatte. Sein Mund war schmal und er bohrte seine kurzen Nägel in seine Handflächen. Die Wut war ihm ins Gesicht geschrieben und es war unklar wie lange er sich noch zusammen reißen konnte und nicht alle in diesem Raum zusammenschlagen würde.

„Gott Jason. Hörst du dir überhaupt selbst zu oder hat dein erbsengroßes Gehirn versucht einen Ausweg durch deine Ohren zu finden? Die Jäger kommen und sie werden Verstärkung rufen wenn sie uns gefunden haben" knurrte Pandora nur genervt von all der geballten Dummheit in diesem Raum.

„Sie werden immer noch in der Unterzahl sein und wir besiegen sie einfach bevor sie Verstärkung rufen können" schlug J vor und er verschränkte seine Arme.

„Ich stimme Jason zu. Wieso kämpfen wir nicht gegen diese Loser?" warf Eleanor ein. Sie wollte endlich wieder ihre Kraft benutzen und das nicht um zu üben.

„Ihr scheint eure letzten Gehirnzellen verloren zu haben. Wir können nicht mit Sicherheit sagen das wir diesen Kampf gewinnen können und ebenso wenig das die Jäger nicht schneller sind und sie Verstärkung holen werden" meinte Pan weiterhin von ihrer Idee überzeugt.

Cas schlürfte währenddessen nicht wirklich interessiert an seiner Tasse Tee, die er gerade erst bekommen hatte.
Das Wasser war noch kochend heiß und der Schuss Milch, den er immer in seinen schwarzen Tee gab, konnte diese Hitze nicht wirklich ausgleichen. Dennoch nippte er bereits daran, das der Tee seine Lippen ein wenig verbrannte kümmerte ihn nicht. Er brauchte seinen Tee jetzt einfach.

„Die Jäger haben keine Kräfte" überlegte ein weiterer Junge mit schwarzen, verwuschelten Haaren. Er war jung, nicht so erwachsen wie die meisten anderen in diesem Raum und doch traute er sich etwas zu sagen. Diesen Mut respektierte Cas.

„Und sie haben keine Cas" stimmte ihm Lorcan zu, ein junger Mann mit längeren, goldenen Haaren und einem frechen Grinsen auf den Lippen. Man konnte nicht sagen ob er es ernst meinte oder nicht.

Eleanor schaubte nur genervt und mehrere der anwesenden Leute, die am Boden saßen und nicht zum Rat gehörten murmelten unter sich.

„Ich bin dafür das..." wollte Jason gerade sagen als plötzlich ein schwarzen Portal sich öffnete aus dem ein junger Mann fiel.

Sofort zückten einige ihre Waffen, Milo zuckte zurück und versteckte sich ein wenig hinter den Älteren. Ein Mädchen war vom Stuhl gefallen, hatte sich aber sofort wieder aufgerichtet und ihr Messer gezückt und auch Jason stand kampfbereit mit seinem Schwert da, das nur darauf wartete geschwungen zu werden.
Alle sahen ziemlich überrascht oder abwartend auf. Manche eher verängstigt und andere wütend.

Der fremde Mann richtete sich auf und er blies sich ein paar seiner haselnussfarbenen Haare aus dem Gesicht, das ein wenig dreckig und verstaub war.
Seine Augen waren verschiedenfarbig, das eine war hellbraun und das andere hellblau. Er richtete sich auf und musterte ruhig seine Umgebung bevor er seine trainierten Arme erhob und ein kleines, schiefes Lächeln aufsetzte.

Casmiel betrachtete die ganze Situation entspannt, die Füße auf dem Tisch abgelegt und die Tasse in der Hand. Er hatte ein charmantes Lächeln im Gesicht und bot dem Fremden seine Tasse an.
„Tee?"

Alle Blicke richteten sich verwirrt zu Casmiel und auch der Fremde musterte ihn interessiert. „Sehr gerne, danke" meinte er nur und er nahm die Tasse entgegen.

„Und jetzt" Cas klatschte laut in die Hände und deutete auf den Ausgang der Hütte, „Husch"

Als die Hütte sich geleert hatte und nach einigen Diskussionen über Sicherheit und Vertrauen nur mehr Casmiel und der Fremde gegenüber da saßen, begann Casmiel zu reden.

„Also. Dürfte ich deinen Namen erfahren oder bin ich gezwungen dich für immer nur als „der Fremde" anzusprechen?" fragte Cas ihn ruhig als wäre er nicht gerade aus einem schwarzen Portal von der Decke gefallen mitten auf den Tisch in eine Besprechung des Rates hinein.

„Mein Name ist Azrael Amon Tent und ich komme gerade aus der Zukunft" erklärte er langsam als wäre Casmiel schwer vom Begriff.

Kurz trat Schweigen ein und die beiden Männer musterten sich nur Gegenseitig bis Azrael ihn erwartungsvoll anblickte und meinte:
„Normalerweise werde ich jetzt mit Unglaube gestraft und Verrückt genannt..." half er ihm auf die Sprünge aber Cas schüttelte nur leicht lachend den Kopf.

„Oh Darling. Ich war in einer Arena in der Kinder aufgefordert werden zu kämpfen, habe alle hinters Licht geführt bin auf eine Mauer geklettert habe mit meiner blutverschmierten Hand zum Abschied gewunken bin von der Mauer gesprungen und habe eine Widerstand gegründet und das alles nur mit Fünfzehn Jahren. Zeitreisen ist nichts absonderliches für mich" winkte er nur ruhig lachend ab.

Nun war es Azrael, der so wirkte als wäre Casmiel verrückt.
„Du...bist vollkommen Wahnsinnig" stellte er fest als er das ruhige Lächeln auf den Lippen des Mannes sah.

„Wahnsinn ist nur ein Wort der Normalen um außergewöhnliche Intelligenz zu beschreiben" sprach Cas ruhig und seine dunkelblauen Augen ließen die von Azrael nie aus dem Blick. Er durchbohrte ihn förmlich mit seinem ausdruckslosen Ausdruck in den Augen.

Der Fremde überlegte kurz, nickte aber dann verständnisvoll.

„Also. Erzähl mir doch wie es so ist in der glorreichen Zukunft" fragte Cas weiter nach einer kurzen Minute des Schweigens und entspannt lehnte er sich zurück.

„Nun ja..." stammelte Azrael nur unsicher, „wir sind alle tot"
Die Wahrheit tat weh, aber Azrael sah keinen Sinn hinter einer Lüge. Hoffnung war etwas, das man sich verdienen musste und ob Cas sie sich verdient hatte war ihm noch unklar.

„Oh. Genauso hatte ich es mir vorgestellt" sagte Casmiel nur ruhig als hätte er gerade nicht seinen Tod vorhergesagt bekommen.

Dieser Mann kam Azrael nicht wirklich vertrauenswürdig vor, aber er selbst war gerade aus einem Zeitportal gefallen mitten in eine Menge Verrückter die die Waffen auf ihn gerichtet hatten. Vielleicht war etwas Wahnsinn doch auch gut, vor allem in seiner jetzigen Situation.
Außerdem hatte dieser Mann gerade sein Leben gerettet. Nur ein Wort und Azrael wäre von den Menschen hier abgeschlachtet worden.

„Aber ich weiß was wir anders machen müssen damit wir dieses Mal gewinnen" erklärte er dem Fremden. Er hatte sogar in der Zukunft von Casmiel Tripe gehört, dem legendären Helden der den Widerstand gegründet hatte.
Später in der Zukunft hieß er nur mehr: Casmiel Imperfektion.

Ein Name um ihm alles zu nehmen was er aufgebaut hatte. Er hatte die perfekte Rebellion gegründet, war im perfekten Augenblick aus der Arena geflohen und war im perfekten Moment wieder aufgetaucht um allen zu zeigen das er nicht tot war, wie man munkelte.

Doch all das hatte nichts gebracht da sein scheinbar perfekter Plan die Welt zu retten nicht funktioniert hatte und der perfekte Casmiel Tripe war auf einmal nicht mehr so perfekt. Er war der Inbegriff von Imperfektion.

„Jaja, das können wir später noch besprechen. Sag mir was genau du gesehen hast" meinte Cas nur abwinkend.
In diesem Moment realisierte Az eines: Casmiel Tripe war vollkommen durchgedreht. Aber er schuldete diesem Mann etwas, sein Leben, weshalb er sich nur kurz räusperte und begann zu erzählen:
„Alle Phoenixe waren tot. Der Präsident hat gewonnen und Theseus Rendall war der letzte Phoenix den sie getötet haben. Du warst der Erste"

Casmiel lachte erfreut auf und Azrael wich etwas von ihm weg. Er erzählte hier gerade von seinem Tod und alles was er tat war lachen. Er lachte über seinen eigenen Tod.

„Darf ich frage wieso du lachst wenn es um ein so ernstes Thema wie den Tod geht?" fragte Azrael höflich nach und Cas beruhigte sich langsam wieder.

„Natürlich" meinte der Verrückte nur, „ich war der erste den sie getötet haben. Sie haben Angst vor mir. Hatten...werden haben. Wie auch immer, es ist ein Genuss diese Neuigkeit zu erfahren"

Langsam verstand Az warum dieser Mann mehr über die Zukunft erfahren wollte. Er wollte wissen welchen Rang, welche Wichtigkeit er haben wird, welche Dringlichkeit sein Tod hatte.
Er war einfach nur krank und nicht mehr bei Verstand. Dabei war sich Azrael jetzt sicher.

„Okay. Sie haben uns die Köpfe abgeschlagen. Ich habe gehört du hättest dabei...gelacht" meinte er fest. Eigentlich hatte Azrael nicht daran geglaubt. Er hatte erwartete das waren nur Geschichten um Casmiel Tripe als gefährlich und verrückt darzustellen aber jetzt war er nicht mehr so sicher was er von ihm denken sollte. Sicher war er sich nicht mehr...

„Interessante Methode. Ich wusste das ich mit einem Lachen untergehen würde, aber jetzt kommen wir zurück zu den unwichtigen Sachen. Wie können wir den Untergang aufhalten und unsere Generation retten?" fragte er nun wieder ernster, sein charmantes Lächeln, das Azrael als sympathisch empfunden hatte, prangte noch immer auf seinem Gesicht als wäre es permanent.

„Wir müssen einen ganz bestimmten Gefangenen befreien. Er muss raus aus der Arena und sich dem Widerstand anschließen. Sein Name ist Theseus. Theseus Rendall" meinte Azrael ernst. Er wollte das Casmiel seinen Anweisungen folgen konnte.

„Der der zuletzt gestorben ist? Wieso ist eigentlich er letzter?" fragte Cas nur und er rührte seinen Tee mit einem kleinen Löffel um, den er dann auf den Tisch legte um einen Schluck des englischen Getränkes zu nehmen.

„Er ist etwas Besonderes. Der Sick Boy" meinte Az mit einer gedämpften Stimme. Der Sick Boy, ein einzigartiger Mensch mit einer einzigartigen Fähigkeit. Der Unsterblichkeit.

Casmiels Lächeln verschwand aus seinem kantigen Gesicht und er setzte sich auf. Er war selbst dabei gewesen als Tania, eine Wahrsagerin, die Prophezeiung erhalten hatte. Ihre Worte hatten sich in sein Gehirn gebrannt wie die Nummer, die auf seinem Handgelenk stand und für immer auf seiner Haut stehen würde.

Der Sick Boy, eine Legende die etwas vorhersagte, was Cas nicht geplant hatte, nicht in seinem Leben.

Er hatte nicht geplant Teil dieser Prophezeiung zu sein, er hatte nicht geplant so lange zu leben. Das bedeutete er spielte eine große Rolle im Spiel des Lebens, eine größere Rolle als er sie bisher gespielt hatte.

Cas hatte den Widerstand nur gegründet um seine Macht und sein Ansehen zu vergrößern. Er hatte es zum Spaß gemacht, zu Unterhaltung. Niemals hatte er erwartet das sein Widerstand ein wichtiger Schlüsselpunkt der Geschichte werden würde. Er hatte nicht damit gerechnet und das beunruhigte ihn.

„Du weißt genau was das bedeutet, richtig Cas?" fragte Azrael ihn nur ruhig und bedacht. Seine Stimme war ein wenig kratzig geworden und in seinen Augen loderte ein bedrohliches Feuer.

Cas nickte und er meinte mit einem ernsten Tonfall, den man nur selten in seiner Stimme hörte:
„Der Krieg beginnt..."


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