Kapitel 24

[Neue Ufer]

„Guten Morgen, meine Lieben. Steht auf oder ich tackere eure Ohren an die nächste Wand!" flötete Casmiel Tripe definitiv viel zu fröhlich über die Lichtung und langsam kamen immer mehr Rebellen aus ihren Hütten um sich zu versammeln.

Theseus kam verschlafen und definitiv übermüdet aus seiner Hütte, die er sich mit ein paar anderen Rebellen geteilt hatte. Er rieb sich die Augen und sah, das die Sonne gerade erst ihren Weg über den Horizont suchte. Warum also wurden sie schon von einem sehr euphorischen Casmiel geweckt?

„Cas? Was hat das zu bedeuten? Ist etwas passiert?" fragte er den jungen Mann, der wie immer perfekt aussah obwohl es gerade einmal fünf Uhr war während Theseus mit seinen verstrubbelten, schwarzen Locken und den tiefen Augenringen aussah, als hätte er Jahre nicht mehr das Wort Schlaf gehört.

Casmiel drehte sich mit einem charmanten Grinsen zu ihm um und legte seine Hand auf seine Schulter als wäre Theseus nur ein dummes Kind und er ein alter, weiser Mann, der ihn belehren müsste. Eigentlich war Theseus älter. Tausende Jahre älter.

„Es ist so viel passiert aber das schlimmste daran war wohl deine Geburt, Darling. Also mach dich fertig und hopp hopp" meinte er nur ruhig und bevor Theseus irgendetwas dagegen sagen konnte, führte der Anführer seine Aufweck-Runde bereits fort.

„Was genau passiert hier gerade?" fragte Aspen, die aus einer anderen Hütte gekommen war und sich jetzt zu Theseus stellte und ihn fragend ansah. Ihre Haare waren geflochten, aber zerzaust was darauf vermuten ließ das sie auch gerade erst aufgewacht war.

„Cas hat die letzte Tasse in seinem Schrank gegen eine Wand geworfen" seufzte Theseus nur während sein Blick an dem jungen Mann hing, als wäre er eine Fliegenfalle und Theseus Blick die Fliege, die auf diesen billigen Trick hereingefallen war (Der Trick war tatsächlich billig. Fliegenfallen kosten nicht sonderlich viel)

„Nein. Wir werden zur nächsten Station ziehen. Ich denke wir müssen früh aufwachen damit wir der Arena entgehen" meinte Theon, der hinter Theseus und Aspen stand und ihre Unterhaltung scheinbar gehört hatte. Seine Stimme war rau wie die See, als würden Wellen gegen Klippen schlagen und wieder zurück ins weite Meer gestoßen werden.

„Ach und woher weißt du das?" fragte Aspen, die ihre Arme verschränkt hatte und Theon einen missbilligen Blick zuwarf.

Dieser hob nur unbeeindruckt eine Augenbraue und er schüttelte nur leicht den Kopf, etwas das auch Cas tat, wenn er Theseus wie ein kleines, unwissendes Kind behandelte.

„Ganz einfach. Ich habe mit Casmiel gesprochen" meinte Theon locker, als wäre es nichts besonders mit Casmiel Tripe zu sprechen. Theseus hatte es am Abend zuvor versucht, erfolglos. Cas hatte ihn nur beleidigt, ihm erklärt das seine einzige Liebe eine Geige war und war hatte einen überdramatischen Abgang hingelegt ohne ihm auch nur einen weiteren Blick zu schenken.

„Und? Hat er dich Idiot, dumm oder doch lieber Darling genannt?" fragte Theseus sarkastisch. Er erwartete das Cas ihn als alles drei bezeichnet hatte aber Theon schüttelte nur den Kopf.

„Nein. Er hat mir den Plan erklärt und im Gegensatz wollte er von mir etwas wichtiges wissen. Er hat gefragt wie lange du nur ohne Gehirn leben kannst und ich meinte das ich keine Ahnung habe und vielleicht deine Fähigkeit alles ausgleicht" meinte er nur monoton.

Theseus wusste das es keine Lüge war. Casmiel Tripe würde genau das machen. Während er nur unbeeindruckt in Theons Augen sah, lachte Aspen sich neben ihn fast tot. Sie rang nach Luft und stieß zwischen ihren Lachströmen immer wieder ein paar Wörter aus.

„Das..." lachen „ist einfach," erneut lachen, „ einfach genial" Lachen. Theseus sah sie nicht einmal an, sein Blick ging unbeeindruckt an Theon vorbei. Oh wie sehr er diesen Mann doch hasste.

„Hat er sonst noch etwas gesagt?" fragte er hinter zusammengepressten Zähnen. Eigentlich wollte er nicht wissen was aus dem Mund des ach so großartigem Casmiel Tripe gekommen ist aber vielleicht war auch etwas brauchbaren dabei.

„Nein. Er hat sich verabschiedet und ist gegangen" meinte Theon schulterzuckend doch Theseus sah, das seine Mundwinkel leicht zuckten und ein kleines Lächeln andeuteten.

Theseus musste leicht schmunzeln. Aspen hatte sich noch immer nicht von ihrem Lachanfall erholt und versuchte wohl immer noch nach Luft zu ringen. Es war einfach zu amüsant mitanzusehen als das Theseus es einfach außer Acht lassen konnte.

Casmiel hatte jetzt wohl alle geweckt. Er hatte jede einzelne Person der Rebellion zwei Mal durchgezählt und immer war er auf dieselbe Zahl gekommen: 74 mit ihm eingeschlossen. Sein ganzer Widerstand, den er sich über Jahre hinweg aufgebaut hatte.

„Gut. Ich will das Hailey Parker zu mir kommt. Hailey?" rief er durch die Menge ohne zu bemerken das ein blondes Mädchen hinter ihm auftauchte, das ein paar Zentimeter größer war als er selbst. Casmiel war vielleicht eine Legende, aber ein sehr kleiner Mann.

„Ich bin hinter dir, Cas" meinte sie nur ohne den Blick von ihrem Ziel abzuwenden, das ein unersichtlicher Punkt in der Ferne war. Doch sie sah so entschlossen und ehrgeizig aus, als wäre dieser Punkt alles was sie brauchte um zu leben.

„Gut. Jason Godwick? Ist der vielleicht auch hier irgendwo anwesend?" rief er weiter und tatsächlich tauchte der große Mann neben ihnen auf und begleitete sie. „Hier" war seine kurze Antwort und Cas nickte nur abwesend.

„Dann fehlt nur mehr Corey Plassant" rief er noch den letzten Namen, der auf seiner imaginären Liste stand und kurz darauf kam ein mittelgroßer Mann mit etwas längeren, hellbraunen Haaren aus der Menge der versammelten und gesellte sich zu ihnen. „Anwesend" sagte er nur witzelnd.

„Gut. Dann haben wir unsere Piloten. Die Gruppen bleiben wie gehabt und los. Hopp, hopp, hopp" drängte er die Leute weiter sodass sie sich planmäßig auf die Hubschrauber verteilten.

Es war schon das tausendste Mal das sie diesen Vorgang abliefen. Es war immer dasselbe aber dennoch war es immer sehr riskant den Standort zu wechseln. Riskant aber notwendig. So hatte Casmiel Tripe schon über 100 Mitglieder versteckt. Und auch wenn von 134 nur mehr 74 übrig waren, war es ein Erfolg und die beste Lösung das System durcheinander zu werfen. Chaos zu stiften.

Die Gruppen verteilten sich, stiegen in die startbereiten Hubschrauber und die ersten drei Fuhren flogen mit einem kleinen Zeitabstand los, damit es nicht zu auffällig war. Ein paar Späher achteten darauf, das kein richtiger Hubschrauber der Arena in der Nähe war und alle andere verließen die Lichtung, auf der sie nun fünf ganze Tage gelebt hatten. Eine relativ lange Zeit, aber wegen den Neulingen zu entschuldigen. Am Ende hatte Jason also doch seinen Willen durchsetzten können wenn es auch nicht beabsichtig gewesen war.

„Hast du geschlafen?" fragte eine sanfte Stimme hinter Cas und er blickte in die dunkelbraunen Augen von Eirene, dich mit einem fröhlichen Lächeln seine Augen musterte. Dank Casmiels außergewöhnlichen Fähigkeit keine Augenringe zu erhalten obwohl er Schlafmangel hatte, konnte sie keine Anzeichen erkennen, das er nicht geschlafen hatte sondern eigentlich von seinen Gedanken über Enten und Pinguinen gequält wurde.

„Ausgezeichnet, Darling" antwortete Casmiel nur leicht hin. Er wollte nicht das Eirene sich Sorgen machte und ihn wohlmöglich am Ende noch eine Bratpfanne über den Schädel zog damit er endlich einmal mehr als drei Stunden schlief, also log er sie an. Es war einfach zu lügen, auch wenn sein Gehirn sich dagegen wehrte. Cas beruhigte sich einfach mit dem Fakt, das es zu ihrem besten war (und vermutlich auch zu seinem besten. Die Kopfschmerzen wären nach einem Bratpfannen-Angriff schrecklich)

Sie musterte ihn noch einmal eindringlich bevor sie ihren Blick abwandte und auf den zweiten, startenden Hubschrauber sah. Seine Rotorblätter drehten sich in einer überragenden Geschwindigkeit und langsam stieg er vom Boden ab Richtung Himmel.

„Oh. Ich dachte es interessiert dich vielleicht das Eleanor wieder aufgewacht ist. Willst du zu ihr?" fragte sie ihn nebensächlich und Cas sah sie mit einer erhobene Augenbraue an.

„Bring mich bitte zu ihr" bat er sie und sie nahm seine Hand um ihn mit sich zu ziehen. Er wehrte sich nicht gegen den sanften Griff und folgte ihr automatisch zu ihrer Hütte, in der Eleanor geschlafen hatte.

Als er das Mädchen sah, ihr blasses Gesicht und ihre blonden Haare. Die bernsteinfarbenen Augen, die ein wenig matter wirkten als normalerweise und ihre bandagierte Hand, an der sie schwere Verbrennungen erlitten hatte, fiel ihm ein Stein vom Herzen.

Er und Eleanor hatten zwar ihre Meinungsverschiedenheiten aber dennoch war sie ein wichtiges Mitglied der Rebellion und eine atemberaubende Kämpferin. Ihr Verlust wäre wirklich sehr schlecht gewesen und hätte ihnen einen weiteren Nachteil im Kampf gegen die Arena geschenkt. Das brauchten sie wirklich nicht, Nachteile hatten sie bereits mehr als genügend.

„Guten Morgen, Sonnenschein" begrüßte Cas sie mit seinem typischen, charmanten Lächeln im Gesicht, das jeder schon kannte. Sogar diejenigen, die nur seine Fandungsplakate gesehen hatten, konnten dieses Lächeln, das so unfassbar attraktiv war das es eigentlich einen Waffenschein brauchen könnte, nie wieder vergessen.

„Halt die Klappe, Cas" schnaubte Ellie nur doch sie schien nicht wirklich genervt oder wütend zu sein. Es war eher ein neckisches Schnauben, um ihren Stolz aufrecht zu erhalten.

„Mit dem falschen Fuß aufgestanden? Obwohl...es scheint als wärst du noch immer ans Bett gefesselt" meinte er mit falschem Bedauern in der Stimme. Typisch Casmiel. Er konnte nicht einfach fragen ob es jemanden gut ging, nein, er musste alles wieder extravagant und kompliziert gestalten.
Ein einfaches Hallo reichte nicht, bei Cas war es ein riesiges Feuerwerk mit einem unbekannten Ende.

„Oh. Haben wir heute wieder von den Kichererbsen genascht? Deine Witze werden alt, Casmiel Tripe" sagte Eleanor in beinahe genau dem gleichen Ton, wie Casmiel ihn gerade angewandt hatte (auch wenn Casmiel natürlicherweise besser klang als sie)

Er lächelte leicht und schüttelte den Kopf. „Willkommen zurück bei den Lebenden, Darling. Was ist passiert?" fragte er sie und sofort schien ihr Lächeln nur mehr eine Grimasse zu sein, die sie versuchte aufrecht zu erhalten.

„Eira. Sie ist...keine normale, manipulierte Kämpferin der Arena. Sie ist eine Maschine" erzählte sie dem jungen Mann, der sich inzwischen zu ihr gesetzt hatte um ihrer Geschichte zu lauschen.

„Ich weiß. Ich Kampfstil ist wirklich atemberau..." weiter kam Cas nicht denn Eleanor schüttelte nur zweifelnd den Kopf.

„Darum geht es nicht" meinte sie, „sie ist wortwörtlich eine Maschine. Ihr Körper besteht aus massiven Stahl und sie hat eine...eine sehr starke Kraft die kein normaler Phoenix haben kann" berichtete sie weiter.

Obwohl Cas in der Arena war, musste er nie gegen Eira kämpfen. Sie war mehrere Stufen ober ihm gewesen, irgendwie war sie schon immer Nummer 2 gewesen, außer ein Champion war gestorben. Dann hatte sie kurz seinen oder ihren Platz eingenommen um ein wenig später wieder von der Spitze gestoßen zu werden. Casmiel hatte schon immer gedacht das das seltsam war, weil Eira eigentlich viel zu mächtig für die Nummer 2 war, aber dennoch hat sie immer wieder verloren, war aber nie getötet worden. Langsam bildete sich eine wage Vermutung in Casmiels Kopf.

„Sie kann die vier Elemente kontrollieren, alle vier Cas. Das ist nicht normal" Das war es tatsächlich nicht. Tamira, ein Mitglied der Rebellion hatte die Fähigkeit Feuer zu kontrollieren. Sie war immer für das riesige Lagerfeuer verantwortlich da ihre Flamme sogar Stein schmelzen konnte, aber alle vier Elemente? Sehr fragwürdig.

„Ich werde darüber nachdenken und meine Spione darauf aufmerksam machen. Aber jetzt solltest du versuchen aufzustehen um in den nächsten Hubschrauber zu kommen. Wir wechseln" meinte er und Ellie schien genau zu verstehen was er meinte. Natürlich, sie war schon seit vier Jahren hier. Langsam gewöhnte man sich an das Leben in der Wildnis und in der Rebellion.

„Cas. Ich denke nicht das sie ohne Hilfe bis zum Hubschrauber kommt. Ich kann ihr auch nicht helfen. Kannst du sie begleiten und stützen?" fragte Eirene ihn. Sie war während dem ganzen Gespräch hinter ihnen gestanden und hatte gewartet, bis Cas den nächsten Schritt machen würde. Eleanor war trotz allem noch ihre Patientin und solange sie das war, würde Eirene ein Auge auf sie haben.

„Gut" meinte Cas nur und man konnte nicht sagen ob er einfach normal antwortete oder er genervt war. Seine dunkelblauen Augen sagte rein gar nichts über seine innere Stimmung, er könnte ebenso überglücklich sein und innerlich euphorisch herum hüpfen, aber von außen war er ruhig und gelassen. Casmiel Tripe war eben schwer zu durchschauen.

Er platzierte seinen Arm unter Eleanors Achsel damit er ihr besseren Halt geben konnte während sie sich an seine Schultern hing und sich so selbst stützte. Die verbrannte Hand ließ sie einfach baumeln, wie Eirene ihr anwies.

So schaffte er sie aus dem Raum in den Hubschrauber, damit sie zum nächsten Standort fliegen konnte. Eleanor würde es zwar niemals freiwillig zugeben, aber ohne Eirene und Casmiel hätte sie es nicht aus dem Krankenzimmer geschafft. Vielleicht wenn sie einige Meter gekrabbelt wäre, aber danach wäre sie vor Erschöpfung zusammengebrochen.


Eirene wandte sich zu ihm und lächelte ihn dankbar an. „Du hast ihr sehr geholfen, Cas. Danke" meinte sie und obwohl es für Cas logisch war, das er Eleanor in dieser Situation half, bedankte Eirene sich bei ihm.

„Kein Problem. Das tut ein Anführer eben" sagte er nur monoton und schulterzuckend.

Plötzlich fühlte er sanfte Finger auf seiner Hand und Eirene nahm seine in die ihre.
„Nein" meinte sie lächelnd während sie sich an Cas' Schulter anlehnte und weiter in die Ferne starrte. „So etwas machen nur Helden"

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