24 Was essen wir heute?

Ich liebe meinen Mann – wirklich, von Herzen.
Nur manchmal werden diese Gefühle leicht angekratzt, und zwar immer dann, wenn er mir die Frage aller Fragen stellt: „Was essen wir heute?" Meistens nach einem ausgedehnten Frühstück, wenn mein Sinn nach allem steht außer der Entscheidung für ein Abendessen.
Getoppt wird das nur durch: „Was essen wir morgen?" Das kommt meistens nach einer Sendung über sardische, katalonische, bretonische oder sonst eine -ische Küche nahe an Mitternacht.

Oder - noch schlimmer, nach der Lektüre eines Kochbuches, das meine Schwägerin, die mich so wenig leiden kann wie meine Schwiegermutter, uns geschickt hat. J.O., der berühmte englische Fernsehkoch (ein Widerspruch in sich, denn Engländer können nicht kochen), der verspricht, mit nur fünf Zutaten leckere mediterrane Gerichte zaubern zu können, hat es verfasst.
In seinen TV-Sendungen sieht das immer total lecker aus, wenn wir es nachkochen, schmeckt es besch .... ! Wirklich! Ich habe es schon ungefähr zwanzig Mal ausprobieren müssen.

Also, Weihnachten und Silvester waren gesetzt: Einmal Raclette, einmal Fondue, an den Tagen danach Vertilgung und Verwertung der Reste.

Aber die schöne Zeit ist vorbei, der Essensplanalltag ist zurück.
„Ich hätte einen Vorschlag für morgen", berichtet er um halb zwölf, also dreiundzwanzig Uhr dreißig – meiner Lieblingszeit, um mich über das nächste Abendessen zu unterhalten.
Verteidigend hebt er die Arme, als er merkt, wie sich meine Stacheln aufstellen. „Wirklich nur ein Vorschlag!"

„Okay?"

„Eine Knoblauchsuppe mit Krabben!"

Mh! Lecker!
„Mit Schnecken."
„Waaas?" In unserem ganzen Leben haben wir noch keine Schnecken gegessen. Dem Himmel sei Dank!
Erleichtert überreiße ich, dass er die Blätterteigschnecken meint, die ich zu Suppen gerne backe, um das Gefühl zu haben, etwas gegessen und nicht nur getrunken zu haben.
Ich atme auf. Da hätte ich auch Appetit drauf.

Doch es kommt noch was, natürlich kommt noch was. Denn bei der Essensplanung sind wir uns nie so schnell einig, vor allem nicht mehr, seit wir versuchen, weniger Fleisch zu essen.
Ich bin eine fleischfressende Pflanze, er ist zufrieden mit Gemüse und dazu Salat.
Echt! Der bringt das!

Also, da kommt noch was. „Kann man da auch Grießnockerln rein machen?"
Mir verschlägt es kurz die Sprache. In eine total fantastische Suppe mit Weißwein, Sherry, Knoblauch, Krabben, ein paar Chiliflocken, Kokosmilch – perfekt abgeschmeckt, kann man natürlich auch Grießnockerl rein machen.
Aber bitte: Warum sollte man das tun?

Doch der Abend im noch sehr neuen Jahr soll ja friedlich enden, und ich stimme zu.
Verbeiße mir den Hinweis, dass man auch Pfannkuchenstreifen oder Leberknödel reintun könnte. Schließlich will ich keine Geister wecken.

Denn eigentlich habe ich ja auch noch Glück gehabt. Er hätte ja auch Käsespätzle – der Horror pur für mich – oder Schinkennudeln (Sorry, Bruno! Schinkenpasta klingt schon etwas komisch!) – Horror Nummer zwei – vorschlagen können.
Oder Blumenkohl in Käsesoße!
Oder schon wieder Pizza!
Oder Gemüseeintopf!
Oder Kartoffelsuppe!

„Da freue ich mich schon drauf!" erklärt er glückstrahlend.
Ich lächle. Sein Glück ist meines.
Während er schon nach oben geht, hole ich die Rouladen aus dem Gefrierfach. Die müssen dringend weg.  Knödel kann ich morgen holen, wenn ich die Krabben für den übernächsten Tag kaufe. Doch den Grieß werde ich wohl vergessen.


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