10 Müsli-Riegel

Eisregen!
Eingesperrt!

Langeweile bei meinem Mann!

Das wird böse enden! dachte ich, als er begann, im Internet zu surfen.

Wahrscheinlich würde er jetzt ein Ferienhaus nach dem anderen in Brandenburg, Dänemark, der Schweiz, Schweden, Frankreich usw. heraussuchen, würde mir alle paar Minuten sein Ipad unter die Nase halten, damit ich seine Begeisterung mit ihm teilte.

Ich versuchte, den Faden in der Geschichte nicht zu verlieren, die ich gerade las.
"Willst du heuer nach Schweden?" fragte ich etwas entgeistert.

"Nein!" wehrte er ab. "Aber, man muss doch informiert sein!"

"Mann schon, Frau nicht!" brummelte ich, wusste ich doch, dass wir sowieso wieder in Italien landen würden.

Nach weiteren zehn Häusern, die ich nie live zu Gesicht bekommen würde, weil sie eben nicht auf dem Stiefel lagen, wurde es still neben mir.
Bis er plötzlich aufsprang, in der Küche zu rumoren begann.

Ich sah auf die Uhr, bis zum Abendessen waren es noch ein paar Stunden, es drohte also keine Gefahr, dass er irgendeine exotische Spezialität zubereiten würde.

Er streckte den Kopf durch die Türe. "Komm, wir backen jetzt Müsli-Riegel!" forderte er mich strahlend auf.

Ich verschluckte mich an einem Schluck Tee. "Was?" keuchte ich

"Ich hab ein Rezept im Internet gefunden!"

"Und wer soll die essen?" Wir kauften hin und wieder eine Schachtel mit diesen Dingern, die im Mund immer mehr wurden, steckten bei jeder Wanderung zwei in den Rucksack, für Notfälle, um uns damit vor dem Hungertod zu bewahren, falls die Semmeln ausgingen, packten sie nach der Wanderung wieder aus und kompostierten das Ganze kurz nach dem Verfalldatum. Die Mäuse, die sich im Komposter angesiedelt hatten, freuten sich immer sehr.

"Ich würde die schon essen, wenn ich welche hätte!" erklärte er - und natürlich überfiel mich sofort das schlechte Gewissen. Der arme Mann! Weiß Gott, wie lange er sich schon nach selbstgebackenen Müsliriegeln sehnte!

"Wir haben doch sicher gar keine Zutaten dafür da!" wagte ich einen letzten Einspruch.

"Ich habe alles schon gefunden!" berichtete er stolz.

Ich stutzte. Wie kann ein müslifreier Haushalt Zutaten für diese Riegel verborgen halten?

Ergeben  verabschiedete ich mich von den Protas der spannenden Story.

In der Küche überflog ich das Rezept, verglich die Soll-Zutaten mit denen auf der Haben-Seite und kapitulierte.

Also, schnitt ich Butter vom tiefgefrorenen Stück, presste Honig aus der Spenderflasche, wog Sonnenblumenkerne, Haselnüsse, Erdnüsse, Haferflocken und Rosinen.

Während er Hasel- und Erdnüsse mit dem Messer hackte - natürlich wies er den Einsatz der Mulinette weit von sich - schmolz ich Butter und Honig, schlug zwei Eiweiß steif. Die Nüsse waren noch etwas sehr wenig gehackt, als er beschloss, dass es schon so passte.

Ich verstand ihn. Ist ja echt ein blöder Job, eine runde Haselnuss mit dem Riesenmesser zu zerkleinern. Dann mussten sie noch geröstet werden, warum auch immer. Als alles abgekühlt war, kamen die Zutaten in eine große Schüssel, zum Schluss wurde das Eiweiß untergehoben, die Masse auf ein mit Backpapier ausgelegtes Blech gestrichen.

Zwanzig Minuten später holten wir unser Kunstwerk heraus, fanden kaum Platz, es abzustellen. Denn die ganze Küche war eigentlich belagert mit Schüsseln und Pfannen und Brettern und Messern.

Er trug das Blech zum Abkühlen auf den Terrassentisch.

Nach dem wohlverdienten Kaffee holten wir es wieder herein und versuchten, das Ganze in Rechtecke zu schneiden und vom Papier zu lösen.

Betonung liegt auf "versuchten".

Das Ende vom Lied war, dass wir ein ganzes Blech voll mit geröstetem, fettem, pappigen Müsli hatten - aber keinen einzigen Riegel.

Wir lachten, bis die Tränen kamen, bis uns die Luft wegblieb.

"Das hätten wir auch einfacher  haben können!" japste er schließlich und räumte die Küche auf.

Inzwischen rief ich meine Schwester an. "Ich habe eine große Schüssel selbstgemachtes, leckeres Müsli für dich!" verkündete ich.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top