Kapitel 51 ϟ Sternchen

Mirrors - Niall Horan ♪♫

Teddy stellte keine Fragen. Das Lächeln, welches unkontrolliert immer mal wieder über meine Lippen huschte, war ihm wohl Antwort genug. Dafür half er, mich zu beruhigen. Mit jedem Tag, an dem mein Praktikum näher rückte, verlor ich die Nerven ein weiteres Stück.

Als der Montagmorgen mich mit einigen Sonnenstrahlen, die sich den Weg durch den sonst bewölkten Himmel bahnten, begrüßte, hing ich die erste halbe Stunde über der Toilette. Ich musste mich zwar nicht übergeben, doch besser ging es mir danach auch nicht.

Ich weigerte mich zwar, doch Teddy zwang einen halben Toast in mich. Die restliche Zeit verbrachte ich ziemlich ausfüllend damit, Teddy zu nerven, indem ich wiederholt fragte, was passieren könnte, wenn ich einfach nicht erschien oder einen kompletten Rückzieher machte. Teddy reagierte mit der einzig richtigen Antwort: Gar nicht.

Zum Apparieren viel zu nervös machte sich Teddy rechtzeitig mit mir auf den Weg, um das Flohnetzwerk zu verwenden. Ich hasste diese Reisemöglichkeit, da mir jedes Mal schlecht wurde, doch zersplintern wollte ich auch nicht riskieren. Und schlecht war mir ohnehin.

Nacheinander traten wir aus dem Kamin des tropfenden Kessels und grüßten Hannah Abbott, die Wirtin, die auch schon um diese frühe Uhrzeit hinter ihrer Bar stand und arbeitete.

In der Winkelgasse steuerten wir eine kleine Straße an, an der ich bislang immer vorbeigelaufen war. Jeder wusste, wo sich das Gebäude des Tagespropheten befand, doch es hatte nie einen Grund gegeben, es zu besuchen.

Die Fassade passte zu den meisten anderen der Winkelgasse. Irgendwie schief und vom Ansehen her Einsturzgefährdet, doch mit Sicherheit stabil. Efeu rankte sich bis zu den schmalen Fenstern im zweiten Stock hoch und über der Tür hing ein Schild zur Straße hinaus zeigend, von welchem der goldene Schriftzug "Der Tagesprophet" langsam abblätterte.

"Teddy, ich will nicht. Abbruch. Jetzt."

"Sternchen, du bist jetzt still, ziehst dieses schiefe Jammergesicht ab und benimmst dich mal deinem Alter und deiner Fähigkeiten entsprechend."

"Aber was ist, wenn ich voll verkacke?"

"Dann ist es halt so! Kneifen geht nicht."

"Doch! Was glaubst du, würde passieren, wenn ich einfach zurück ins Bett gehe? Ich meine ..."

"Ginny hasst nicht nur dich, sondern auch mich, es wird in dem Propheten stehen, die gesamte Welt lacht dich aus, du kriegst von den Arrows wegen schlechter Publicity eins übergebraten und Melody wird spontan doch noch eingestellt."

Ich schluckte. Mir war überhaupt nicht nach Lachen zu Mute. Dennoch nickte ich. "Hast ja recht ..." Der Ausschlaggeber war Melody. "Ich geh ja schon."

Keiner von uns rührte sich.

"Jetzt schau nicht so", jammerte ich, "ich mach ja schon."

Zögerlich drehte ich den Knauf, von dem sich das Gold ebenfalls in dicken Streifen ablöste, und stieß die Tür auf.

"Teddy ..."

"Rein da", bestimmte Teddy und schob mich in das Gebäude, bevor ich widersprechen konnte.

Innen wurde es schlagartig dunkler und meine Augen mussten sich kurz an die veränderten Lichtverhältnisse gewöhnen. Teddy schien das nicht zu stören (woran seine Metamorphmagusfähigkeiten garantiert Mitschuld trugen) und er zerrte mich zu dem einzigen Tisch in der Mitte des kleinen Raumes, hinter dem die Rezeptionistin der Frühschicht die Augen geschlossen hielt und mit dem Kopf auf einen Arm geschützt döste.

Sie schien uns wirklich nicht zu bemerken und ich deutete zurück auf die Tür, doch Teddy verdrehte nur die Augen.

Er lehnte sich mit einem Arm über den Tresen und räusperte sich. Die die Nase der Rezeptionistin zuckte kurz, doch abgesehen davon verweilte sie ruhig.

Teddy seufzte und holte Luft, wahrscheinlich um sich lauter bemerkbar zu machen, als plötzlich eine der vielen Türen an der halbrunden Wand hinter dem Tresen aufgerissen wurde und die schlafende Angestellte hochschreckte.

Ihre von der Müdigkeit kleinen Augen wanderten zu der geöffneten Tür und wie auch Teddy und ich beobachtete sie die beiden Personen, die in das Eingangszimmer traten.

Das schummerige Licht machte es vielleicht schwierig, aber nicht unmöglich. Ich verkrampfte, mein Atem ging stoßweise und Tränen stachen mir in die Augen. So hatte ich mir meinen ersten Tag nicht vorgestellt.

Teddy griff sofort nach meiner Hand und flüsterte in mein Ohr: "Kassy, es ist alles gut, ganz ruhig, ich bin hier, okay?"

Ich nickte nur langsam und versuchte, ohne Aufsehen an Luft zu kommen. Meine Finger gruben sich in Teddys Handfläche und ich hatte nicht vor, loszulassen. Zum Glück war der breite Tisch unten geschlossen und hochgenug, sodass Melody nicht sehen konnte, was sie mir antat.

Zumindest nicht dort, doch mein Gesicht verriet vermutlich alles, weswegen ich mich zwang, mir nichts anmerken zu lassen. Teddy war da, er würde mich nicht hängen lassen. Es war nur Melody, die ich seit Jahren nicht mehr gesehen hatte. Melody, von der ich durch Saiph wusste, dass unsere Mütter regelmäßigen Kontakt hatten und sich jedes Mal darüber unterhielten, dass es so Schade sei, dass wir uns nicht mehr trafen. Melody, deren Job ich geklaut hatte, was sie, wenn sie es noch nicht wusste, spätestens jetzt erfahren würde.

Ich war eine tote Hexe.

"Miss Gudgeon, darf ich ihnen unsere neue temporäre Aushilfe vorstellen ... oh", begann ein älterer Herr mit grauem Haar und einem ebenso grauen Schnurrbart, verlor sich dann aber, als er Teddy und mich entdeckte.

Sein Gesicht kam mir bekannt vor, doch erst, als Miss Gudgeon, die übermüdete Rezeptionistin: "Guten Morgen, Mr Cuffe, Sir", sagte, fiel es mir wieder ein. Barnabas Cuffe, Chefredakteur des Propheten. Drachenmist.

"Wie ich sehe, sind sie gerade beschäftigt, Miss G?", sagte er und zeigte mit seiner Hand auf Teddy und mich.

"Diese beiden Gäste sind eben erst zur Tür rein, Sir", behauptete Miss Gudgeon und schenkte uns ein nervöses Lächeln, indem deutlich die Bitte lag, sie nicht zu verpetzen.

"Dann kann das doch bestimmt unsere junge Miss Macdougal übernehmen, als erste Übung. Schließlich dürfen Sie sie einarbeiten, da kann doch ein Praxisbeispiel zu Anfang nicht Schaden."

Mir schon, schoss es mir durch den Kopf und mein Magen krampfte erneut.

Ich hatte es immer noch nicht geschafft, Mel anzusehen, auch wenn ich ihren Blick die ganze Zeit auf mir liegen spürte. Ich starrte auf Cuffes buschige Augenbrauen und griff Teddys Hand stärker.

"Keine falsche Scheu, Miss Macdougal, das war nur ein kleiner Spaß. Miss G wird alles ganz langsam mit Ihnen durchgehen. Mit wem haben wir denn überhaupt auf der anderen Seite des Tresens die Ehre?"

Teddy drückte meine Hand, doch ich wusste schon ohne seine Aufforderung, dass ich antworten musste. Schließlich war ich der Grund und der erste Eindruck wäre dahin, wenn Teddy für mich sprach.

"Ich bin Kassiopeia Bole, Sir, heute ist mein erster Praktikumstag bei ..."

"Bei Mrs Potter, natürlich!", rief Cuffe entzückt, verließ seinen Posten an Melodys Seite und kam um den Tisch zu mir gehechtet. Teddys Hand löste sich aus meiner und innerlich rutschte ich ein Stück mehr dem Abhang entgegen. Doch ich blieb stark.

"Jetzt, wo Sie es sagen, erkenne ich Sie natürlich auch!" Cuffe schüttelte meine Hand und strahlte mich an. "Wir freuen uns sehr, Sie bei uns begrüßen zu dürfen. Mrs Potter ist in ihrem Büro, ich werde Sie sofort persönlich hinführen, wenn Sie mir nur eine Minute geben. Wen haben wir hier an Ihrer Seite?"

"Edward Lupin, Sir", antwortete Teddy entspannt und hielt Cuffe seine Hand hin, nach der Cuffe sofort griff. "Wir haben uns bereits letztes Jahr getroffen. Ich arbeite im Ministerium bei der IVZ."

"Aber natürlich, Mr Lupin! Ich erinnere mich! Die Verrückten mit dieser Petition wegen der Billywigs, nicht wahr?"

"Genau, Sir."

"Herrlich! Was führt Sie her?"

"Ich habe Kassy nur begleitet, ich muss gleich selbst ins Büro. Sie wissen ja, ich kenne Ginny und wollte nur schnell Hallo sagen."

Unglaublich wie schnell und gelassen Teddy sich aus solchen Situationen herausreden konnte. Ich an seiner Stelle hätte vermutlich kein Wort rausgebracht.

"Ach, sie beide sind befreundet? Wie wunderbar. Natürlich, Sie kommen gleich mit. Ich muss nur schnell - Miss Gudgeon, das hier ist Melody Macdougal. Nachdem Sie sie eingearbeitet haben, wird sie vorübergehend Mrs Droope ersetzen, sobald diese sich in den Ruhestand verabschiedet hat."

Da Miss Gudgeon Melody nun formal begrüßte und Mels Aufmerksamkeit somit gefordert wurde, traute ich mich, einen Blick in ihre Richtung zu werfen.

Sie hatte sich nicht viel verändert. Im Prinzip sah sie, wie ich auch, genauso aus wie zu unseren letzten Jahren in Hogwarts, nur etwas älter. Ihre dunkelblonden Haare wirkten nun eher hellbraun, das könnte jedoch auch am Licht liegen. Trotz der flachen Schuhe war sie, wie schon immer, ein Stück größer als ich und als das falsche Lächeln den Weg auf ihre vollen Lippen fand, fühlte ich mich fast zurück in unsere Schulzeit versetzt.

Da Cuffe abgelenkt war, griff ich kurz nach Teddys Hand, einfach nur um sicherzugehen, dass er wirklich noch da war. In dem Moment ließ Melody ihren Blick zu mir springen und noch fast im selben Augenblick auf unsere Hände, bevor er zurück zu der Sekretärin flog.

Zeitgleich ließen Teddy und ich los und warfen uns einen Blick zu. Er wusste, wie das für Mel ausgesehen haben musste. Ich wusste, dass er keine Ahnung hatte, dass es noch so viel mehr war. Mel mochte Teddy, hatte es schon immer getan, auch wenn sie es nie zugegeben hatte. Und nun dachte sie solche Dinge.

Und das war nicht gut.

"Miss Macdougal, ich überlasse sie jetzt in Miss Gudgeons Obhut und hoffe, Sie haben einen tollen ersten Tag. Ach - aber wie unhöflich von mir. Ich sollte Sie allen Kollegen bekannt machen, zumindest allen, mit denen Sie nun regelmäßig Kontakt haben werden. Was vermutlich irgendwann alle sein werden."

Cuffe lachte über seinen eigenen Scherz, doch so sehr ich mich bemühte, mir war nicht nach Lachen zumute.

"Das ist Miss Bole, auch sie hat heute ihren ersten Tag", fing Cuffe an und ich verfluchte ihn innerlich. Hatte er denn keine Ahnung, dass Mel sich für die Stelle beworben hatte, die ich nun antreten würde?

"Ich weiß", sagte Mel zuckersüß. "Wir kennen uns."

Nun galt ihr Lächeln mir. Ich erschauderte. Es war so bösartig, dass ich in der ersten freien Minute ohne Umstände mit ihr reden musste, damit ich diesen Tag überlebte.

"Ach, wirklich? Wie interessant."

"Ja, Kassy gehört zu einem der wenigen Menschen, mit denen ich es geschafft habe, länger als vier Jahre befreundet zu sein", erklärte Melody und Cuffe stimmte in ihr falsches Lachen mit ein.

Aus Höflichkeit erzwang ich meine Mundwinkel nach oben, doch zu mehr reichte es nicht. Ich war gerade unglaublich wütend. Nach all der Zeit und allem, was ich mir erarbeitet hatte, befand Mel sich schon wieder in der höheren Position. Sie hielt mich in der Hand, führte mich vor. Ich hatte keine Chance.

"Wir sind alle zusammen zur Schule gegangen", meldete sich Teddy an meiner Seite. "Der Kontakt hält danach leider nur zu wenigen, vor allem, wenn eine Partei im Ausland war."

Teddy hatte es geschafft. Ich musste grinsen und Mel aufpassen, dass ihre Fassade nicht fiel.

"Sie waren im Ausland?", wandte sich Cuffe neugierig an Melody, doch bevor diese den Kopf schütteln konnte, antwortete ich: "Nein, Sir, ich war ein Jahr in Afrika."

"Afrika! Eine Forschungsreise?"

"Eine Art Studienjahr. Ich habe mit einer Freundin Uagadou besucht und dort ein Jahr mit der Abschlussklasse lernen dürfen."

"Meine Güte, Sie stecken ja wirklich voller Überraschungen!", rief Cuffe aus und klopfte mir so stark auf die Schulter, dass ich ein wenig in die Knie gezwungen wurde. "Nun denn, ich habe auch noch Termine, wir sollten schleunigst zu Mrs Potter. Ich vermute, Sie werden schon sehnsüchtig erwartet. Miss Macdougal, Miss G, ein angenehmes Kennenlernen wünsche ich Ihnen beiden. Man wird sich sicherlich sehen. Guten Tag!"

Er legte eine Hand auf meine Schulter und schob mich hinter dem Tresen hervor. "Miss Bole, Mr Lupin, wenn Sie mir folgen möchten, hier entlang."

Er führte uns durch die Tür, durch die er und Melody eben gekommen waren und als sie hinter uns zu fiel, erhellten Feuerschalen in löcherhaften Glaskästen eine zweistöckige Halle, in der Eulen unter der Decke flogen. Im Boden befand sich ein rundes Loch, in dem eine Wendeltreppe sich unaufhörlich nach unten wand.

Cuffe strich sich zufrieden über den Bart und streckte dann seine Hand mit einer präsentierenden Geste aus, als hätte er das Gebäude mit seinem eigenen Zauberstab errichtet.

"Herzlich Willkommen in dem Zentralbüro des Tagespropheten!"

Ich musste zugeben, nach dem eben Vorgefallenen hielt sich meine Freude in Grenzen.

***

Barnabas Cuffe zählte durchaus zu der Gesellschaft der etwas besonderen Art. Nicht nur, dass er sich nicht an Teddy erinnern konnte - uns beiden war er schon auf insgesamt drei von Slughorns Weihnachtsfeiern vorgestellt worden.

Was ich damals schon bemerkt hatte, war, dass er gerne redete. Also, wirklich gerne. Ich redete auch gerne, aber das war nichts im Vergleich zu Cuffe.

Er gab uns im Schnelldurchlauf eine Führung durch die Redaktion und die unzähligen Büros, wobei der Schnelldurchlauf dermaßen in die Länge gezogen wurde, da er einfach nicht aufhörte, uns so viele Details zu erzählen, dass Teddy sich acht zusätzliche Arme wachsen lassen müsste, damit wir sie ansatzweise an den Fingern abzählen konnten.

Als wir schließlich vor Ginnys Bürotür ankamen, dröhnte mir der Kopf und ich versuchte, nur einen einzigen Weg, den wir gegangen waren, widerzurufen. Ohne Erfolg.

"Mrs Potter ist nun schon über fünfzehn Jahre bei uns und davon gute sieben die leitende Sportredakteurin. Eine sehr treue Seele und hervorragende Schriftstellerin. Ich selbst hatte das Vergnügen, sie in ihren noch sehr jungen Jahren kennenlernen zu dürfen, auf einer von Horace Slughorns Weihnachtsfeiern. Sie kennen Professor Slughorn sicherlich? Er hat jedes Jahr eine Weihnachtsfeier für seine besten Schüler veranstaltet und schickt nach wie vor jedes Jahr Einladungen an die ehemaligen Mitglieder seines Slug-Clubs. Der Name sagt ihnen sicher auch was."

"Kassy und ich durften uns beide selbst zu glücklichen Mitgliedern zählen, Sir", gestand Teddy ein wenig verlegen und ich unterdrückte ein Gähnen.

"Nein, wirklich? Ein Wunder, dass wir uns nie über den Weg gelaufen sind!"

Cuffe lachte und drehte sich zur Tür, um zu klopfen. Teddy lehnte sich schnell zu mir rüber und raunte: "Ich glaube, die Muggel nennen es Demenz."

Ich hatte keine Zeit, mich zu fragen, was "Demenz" gleich noch war, denn noch während Cuffe seine knochige Faust gegen die dunkle Ebenholztür schlug, wurde diese nach innen hin geöffnet und Ginny rauschte fast in ihren Boss hinein.

"Oh!", stieß sie erschrocken aus und sprang zurück. "Mr Cuffe, entschuldigen Sie bitte. Ich wollte gerade meine Runde beginnen."

Cuffe lachte schon wieder. "Kein Problem, Mrs Potter, hatten Sie ein angenehmes Wochenende?"

"Kann man so sagen, danke. Mein ältester Sohn macht schon wieder einige Probleme, aber wer kann es ihm verübeln ... kommt vom Vater ..."

"Ich habe Ihnen jemanden mitgebracht", verkündete Cuffe so stolz, als hätte er auch mich durch deine Magie geschaffen.

Ginny hatte mich zu dieser Deklaration allerdings schon entdeckt und schob sich einfach an Cuffe vorbei.

"Kassy!", begrüßte sie mich fröhlich und umarmte erst mich, dann Teddy. "Ich nehme an, eigentlich pünktlich?"

Falls Cuffe sie gehört hatte, zeigte er keine Reaktion. Aber eventuell war er auch noch etwas taub, ausschließen möchte ich bei ihm nichts.

"Ich habe die beiden schon ein wenig rumgeführt, aber vielleicht möchten Sie Ihnen noch eine detailreichere Führung verpassen. Wobei ich mir sicher bin, dass Miss Bole sich bald bestens auskennen wird."

Erneut schlug er mir lachend eine Hand auf die Schulter und erneut gaben meine Knie nach. Ich musste mir ein Schnaufen verkneifen.

"Vielen Dank, Mr Cuffe, da bin ich auch vollends von überzeugt. Wenn Sie uns dann entschuldigen, ich muss wirklich mit der Runde anfangen."

"Aber natürlich. Miss Bole, einen schönen ersten Tag wünsche ich Ihnen. Sie wissen ja nun, wo mein Büro liegt" - ich dachte kurz intensiv nach aber nein - nein, ich hatte keine Ahnung mehr - "kommen sie gerne immer vorbei, wenn sie Fragen oder Anmerkungen haben. Mr Lupin, grüßen Sie schön."

"Mach ich, Sie auch, Sir."

"Aber sicher, mein Guter."

Jetzt bekam Teddy die Hand auf die Schulter geschlagen und trotz seiner Größe ging auch er in die Knie.

Cuffe trällerte noch einige Worte des Abschieds, aber mehr zu sich selbst, und verschwand in dem nächsten Gang.

"Es tut mir so leid", entschuldigte Ginny sich sofort. "Ich hatte euch eigentlich abfangen wollen, aber Montag ist immer die Hölle los und ich hatte ein freies Wochenende, ich kam nicht weg. Als du dann nicht zur verabredeten Zeit hier warst, habe ich mir schon gedacht, dass Cuffe euch erwischt hat. Ich hoffe, es war nicht zu schlimm?"

"Was?", fragte Teddy und streckte sich. "Tut mir leid, konnte dir nicht folgen. Mein Gehirn ist auf Durchzug geschaltet und ich muss wohl eben schon wieder kurz weggenickt sein."

Wir lachten und Ginny entschuldigte sich erneut, bevor Teddy sich verabschiedete, da er mittlerweile nicht mal mehr spät dran, sondern schon total zu spät für seine eigene Arbeit war.

"Wenn ich von Cuffe grüße, wissen alle Bescheid, keine Sorge. Kas, viel Spaß, bis heute Abend. Wir reden dann, okay? Kinn hoch, Sternchen."

Er lächelte mir schief zu, ehe er den Gang runter spurtete und verschwand.

"Ist alles in Ordnung?", fragte Ginny mich besorgt.

"Ja, alles okay. Es war nur ... "

Ich verstummte, als Teddy den Gang zurückgelaufen kam und Ginny flehend ansah. "Wo geht's raus? Ich bin hoffnungslos verloren."

Ginny lachte und verzauberte einen der richtungsweisenden Hände, welche auch immer im Propheten zu finden waren und an der Wand ins Holz eingearbeitet war, so, dass er sich löste und den Gang hinunterschoss.

"Danke!", rief Teddy nur, als er der Hand hinterher stolperte und diesmal in die andere Richtung verschwand.

"Hab mich schon gefragt, wie lange er brauchen würde, um zu erkennen, dass es die falsche Richtung gewesen ist", grinste Ginny und steckte ihren Zauberstab weg. "Wie geht es dir?"

"Gut", entgegnete ich freundlich lächelnd. Dass mein Hals trocken und ich bis zum Zerreißen gespannt war, jetzt, wo Teddy weg war, versuchte ich zu überspielen. „Ich freu mich, hier zu sein."

"Das will ich hören. Ich freue mich riesig, dass du hier bist, ich glaube, wir werden eine fantastische Zeit haben."

"Davon gehe ich aus", bestätigte ich und zauberte Ginny ein Lächeln aufs Gesicht.

"Na dann, du kannst gleich mal mitkommen. Ich muss mir Unterlagen abholen, das mache ich jeden Morgen, aber es wird in Zukunft deine Aufgabe sein. Hier lang."

Ich folgte Ginny zurück zur Wendeltreppe. Während die Rothaarige diverse mir unbekannte Gesichter freundlich grüßte, tauchte Teddy plötzlich hinter einer Ecke auf und hängte sich stumm wie ein Fisch an meine Fersen.

„Ach, geht doch", flüsterte er. „Und du nervst mich den ganzen Morgen. Danke für nichts."

Ich wollte ihn mit dem Ellbogen anbuffen, doch er blieb einfach stehen und verschwand im nächsten Gang, ehe wir die Treppe erreichten.

„Es geht jetzt zuerst in den zweiten Stock. Weil heute Montag ist, machen wir die lange Runde, aber ich bin mir sicher, dass du schnell alles lernen wirst."

Ich musste zugeben, dass ich Ginny gerne glauben wollte, mir jedoch zu Beginn unsicher war, wie viel ich mir tatsächlich merken konnte. Zu meinem Erschrecken stellte ich jedoch bald fest, dass Teddy recht hatte und ich mich unterschätzte. Anscheinend besaß ich eine unglaublich gute Auffassungsgabe und Ginny musste mir kaum Dinge zweimal erklären. Schon bald hatte ich alle kleineren Jobs zu meinem Eigen gemacht, alles in eine Ordnung gebracht und nach meinem Empfindungen durchstrukturiert und geplant.

Der erste Tag endete somit erfolgreich und meine letzte Aufgabe vor Schluss sollte es sein, Ginnys beendeten Artikel persönlich wegzubringen, damit er es noch rechtzeitig ins Lektorat schaffte, um morgen wieder von mir abgeholt werden zu können.

Danach war meine Frühschicht beendet und ich durfte gehen.

Um ehrlich zu sein hatte ich meine missliche Lage von heute Morgen schon wieder ganz vergessen - erst, als ich das dritte Mal dieselbe Treppe nahm und endlich kurz vor der richtigen Tür zur Eingangshalle stand, fiel es mir wieder ein.

Als ich sie öffnete, verabschiedete sich auch Melody von Miss Gudgeon und selbst wenn ich versucht hätte, mich still und heimlich vorbei zu schleichen, wäre der Situation nicht zu helfen gewesen.

Die beiden entdeckten mich sofort und die Sekretärin fragte sogleich nach meinem ersten Tag. Nun, da sie wach zu sein schien, trat sie viel freundlicher und interessierter auf als heute Morgen. Ich antwortete ihr automatisiert, denn mit meinem Kopf war ich ganz woanders.

Es kam wirklich nicht mehr häufig vor, doch in Momenten wie diesen wünschte ich mich am liebsten tot. In meinem Nacken nistete sich der Schweiß ein und mein Herz klopfte mir bis zum Hals. Meine Lungen zogen sich zusammen und mein Atem ging rasselnd. Dass ich sprechen musste, half der Trockenheit, die in meinem Mund und Rachen herrschte, nicht weiter.

Ich räusperte mich und krächzte das letzte grobe Ereignis meiner zehnsekündigen Tageszusammenfassung hervor, ehe ich endlich verstummte und mir ein Lächeln aufzwang. Miss Gudgeon fragte ohnehin nur aus Höflichkeit nach.

Selbst wenn ich müsste, hätte ich kein weiteres Wort mehr herausbekommen. Der Verlauf des Gesprächs erforderte dies zum Glück auch nicht und ich preschte mit einem gemurmelten "Bis Morgen", aus der Vordertür, die ich, Merlin sei Dank, sofort beim ersten Versuch erwischte.

Am liebsten wäre ich, Kräfte hin oder her, auf der Stelle disappariert, aber mein Verstand kam nicht gegen meinen Dickkopf an.

Es dauerte keine halbe Minute und die Tür öffnete sich erneut. Melody trat ins Tageslicht und kniff wie ich reflexartig die Augen zu. Trotzdem entdeckte sie mich sofort - ich war mir sicher, sie hatte mit mir gerechnet.

Zuerst schaute sie mich einfach nur an, dann brach sie in ein breites Grinsen aus.

"Dich hier zu sehen ist ja eine Überraschung", flötete sie und schwang ihre Tasche über die andere Schulter. "Haben sie dich bei den Arrows auf die Ersatzbank verbannt?"

"Nein, haben sie nicht", erwiderte ich so ruhig wie möglich. Ich wollte weder zurückhaltend noch ausfallend werden, was beides meine gesamte Energie benötigte.

"Ach, nein? Aber Shawn bestimmt, oder? Das hätte ich dir gleich sagen können, dass das nicht lange hält. Du bist nicht der Typ für ihn, warst du noch nie. Aber Victoire gleich den Freund auszuspannen finde ich ein bisschen heftig."

Ihre Augen stachen aus ihren zugekniffenen Lidern hervor, welche nun nicht auf Grund der Sonne so geformt waren.

Ich atmete einmal tief durch und versuchte sachlich zu bleiben, damit Melody verstand, dass es mir ernst war und sie keine Gerüchte verbreiten sollte.

"Teddy ist mein bester Freund", sagte ich mit fester Stimme. Mein Körper war kurz davor nachzugeben, doch ich zwang mich, aufrecht stehen zu bleiben. "Was Shawn und mich angeht, hast du keine Ahnung, das hattest du noch nie und das wirst du wahrscheinlich auch nie haben. Was auch immer du glaubst gesehen zu haben, ist Schwachsinn. Teddy hat mich heute Morgen begleitet, weil ich nervös war und ohne ihn sicherlich nicht aufgetaucht wäre. Da ist nichts."

Melody rümpfte die Nase. Ich hasste diese Geste. Das hatte sie schon immer getan und jedes Mal verteilte sie Verachtung mir gegenüber.

"Schade, dass du den Job gekriegt hast, wenn du es nicht mal schaffst, alleine hier aufzutauchen. Ich gehe davon aus, dass du ihn nicht lange behalten wirst, aber mach dir keine Sorgen, die werden schon Ersatz finden. Jemanden, der besser ist. Es schon immer war."

Ich blieb stumm. Zu Antworten war nur das, was Mel von mir wollte und das würde ich ihr nicht geben.

"Afrika also, ja?", fuhr sie fort, als sie bemerkte, dass ich nichts erwidern würde.

"Ja", entgegnete ich stumpf. "Uagadou, ein Jahr."

"Hm", war alles, was sie darauf antwortete.

"Und du?"

Mein Fluchtinstinkt setzte ein und verfluchte mich dafür, nachgefragt zu haben. Natürlich interessierte es mich, doch ich wollte in diesem Moment nichts lieber, als zu verschwinden.

"Ach, dies und das. Ich habe meine Ausbildung zur Assistenzheilerin abgeschlossen und warte auf meine Übernahme."

Sie war also nicht direkt übernommen worden. Warum nicht? Wenn sie ihre Ausbildung abgeschlossen hatte, mussten die Heiler im St. Mungo sie für zumindest annehmbar gehalten haben. Es gab immer Personalmangel, das wusste ich von Olivia. Wieso sollten sie warten, Melody eine Stelle anzubieten?

"Hm", ahmte ich sie nach und kickte einen kleinen Stein zur Seite, der mich schon die ganze Zeit genervt hatte.

Einen Moment lang sagte keiner etwas und peinlich verlegen wichen wir unseren Blicken aus. Das gab meiner Panik futter und sie nahm erneut zu. Ich musste hier weg.

"Man sieht sich bestimmt öfter nochmal", begann ich meine Verabschiedung. "Ich wünsch dir noch viel Spaß."

Ich schenkte ihr trotz aller Widerwillen ein gefälschtes Lächeln und wandte mich zum Gehen ab. Doch Mel lief mir hinterher, griff nach meinem Arm und brachte mich so dazu, mich von selbst umzudrehen, damit sie mich nicht weiter berührte.

"Wir sollten uns mal wieder treffen", sagte sie freundlich und diesmal schwang keine Spur von Abneigung oder Eifersucht mit. "Ein bisschen reden, wieder was unternehmen. Ein Jahr Uagadou klingt cool, da würde ich gerne mehr drüber hören."

Die Luft blieb mir im Hals stecken. Das hatte sie gerade nicht gesagt. Das konnte sie nicht gesagt haben - und es auch noch ernst meinen.

Ich zählte im Kopf bis drei und brachte meine Atmung unter Kontrolle. Nur weil sie aufrichtig klang, bedeutete dies nicht gleich, dass sie keine Hintergedanken hatte.

"Ich überleg's mir", log ich und schob die zweite Lüge gleich hinterher: "Wenn du mich dann entschuldigst, Shawn wartet auf mich."

Damit eilte ich um die Ecke und disapparierte panisch zurück in Teddys Wohnung.

Ich erzählte ihm nichts von der Begegnung, doch natürlich bemerkte er, dass etwas nicht stimmte. Bevor ich mich ins Bett verabschiedete, ließ er in einem Nebensatz beiläufig fallen, dass er immer ein offenes Ohr hatte, doch ich tat so, als hätte ich es nicht verstanden.

Daraufhin rief Teddy mir hinterher: "Ich weiß genau, dass du das gehört hast, Sternchen!", doch ich winkte ihm nur über die Schulter zu und schloss leise die Tür hinter mir, ohne mich umzudrehen.

Der nächste Tag, mein zweiter, war fast so aufregend wie der erste, mit dem erleichternden Unterschied, dass ich mich nicht fast übergeben musste. Die Tendenz war noch da, aber ich spielte mir selbst die Überzeugung vor, dass es mir gut ging. Ginny schien sehr zufrieden mit mir und erklärte noch ein, zwei Sachen, jedoch nichts doppelt.

Bereits an meinem dritten Tag musste sie mir gar nichts mehr sagen und ich hatte die Aufgaben erfüllt, bevor sie danach fragte. Und ich musste zugeben - es machte extrem viel Spaß. Ich trug nicht die größte Verantwortung und auch sonst tätigte ich eher die unanspruchsvollen Jobs, dennoch fühlte ich mich nützlich und wertgeschätzt. Ginny hatte mir bereits mehrfach gesagt, wie sehr sie sich durch mit entlastet fühlte und ich empfand es als so gut, dass ich und meine Arbeit anerkannt wurden.

An meinem vierten Tag bekam ich schließlich meinen ersten Auftrag. Ginny hatte einen Termin mit der Managerin der Holyhead Harpies - einer guten Freundin von ihr, immerhin war Ginny vor Jahren ein Teil der Mannschaft gewesen.

Ich sollte sie begleiten und während des Interviews Notizen machen, um später, neben dem Interview, welches Ginny veröffentlichen würde, einen Informationstext für die Wochenendausgabe zu schreiben, der auf das Interview in der kommenden Woche hinwies.

Erneut starb ich fast vor Nervosität, doch ich versuchte, mich auf meinen Auftrag zu konzentrieren und einfach nicht an die Sorgen zu Denken. Ich konnte an der Situation ohnehin nichts ändern, ich konnte nur das Beste draus machen.

Meine Notizen beinhalteten unzählige Rechtschreibfehler und zusammengezogene oder vertauschte Buchstaben, doch ich konnte sie noch lesen, und das reichte. Ich beendete den Arbeitstag mit einem guten Gefühl, aber wie ich mich wirklich behauptet hatte, wusste ich nicht, da es keine Möglichkeit gab, noch mit Ginny zu reden. Sie musste einen wichtigen Brief beantworten und ich musste los zum Training.

Das Praktikum im Ministerium und das Training zogen an meinen Kräften, das merkte ich eine Woche später deutlich, aber nichtsdestotrotz fühlte ich mich nicht ausgelaugt. Im Gegenteil - eigentlich fühlte ich mich jeden Morgen ausgeschlafen, egal wie viel ich am Tag davor geleistet hatte. Ich hatte durchgehend gute Laune, traf mich einen Nachmittag mit Olivia zum Essen und einen Vormittag mit Shawn zum Frühstück.

So hatte ich auch nach der dreistündigen Trainingseinheit des heutigen Abends, elf Tage nach Beginn des Praktikums, super Laune und verabschiedete mich grinsend und mit beschwingten Schritten von meinen Teamkollegen. Als ich die Umkleide verließ, konnte man schon die ersten Sterne am Himmel sehen und ich seufzte sehnsüchtig. Heute war ein ziemlich guter Tag gewesen.

Umso stärker zuckte ich zusammen, als plötzlich eine Gestalt um die Ecke trat und meinen Namen sagte. Mein Zauberstab und ich befanden uns sofort in Verteidigungshaltung und mein Herz fing an, noch schneller als beim Training zu schlagen, wo ich um ein Haar von einem Klatscher erwischt worden wäre.

Es überraschte mich fast, dass ich das Gesicht brauchte, um die Person zuordnen zu können. Es war so lange her, ich hatte meine Mutter nicht mal an ihrer Stimme erkannt.

"Mum!", atmete ich erleichtert aus. "Du hast mich verdammt erschreckt."

"Tut mir leid, Kassy, das wollte ich nicht. Ich dachte, du hättest mich schon beim Training gesehen."

Meine Augen wurden zu Schlitzen. Das Training war nicht öffentlich und normalerweise sollten wir Gäste vorher ankündigen.

Mum kam einen Schritt näher und lächelte mich vorsichtig an. Keiner von uns machte Anstalten, den anderen zu umarmen.

"Du hast zugesehen? Hab ich gar nicht mitbekommen."

"Du warst großartig! Wir sind so stolz auf dich."

Ich war nicht großartig gewesen. Zwar auch nicht besonders schlecht, aber großartig beschrieb etwas ganz anderes, und das behauptete ich nicht, weil ich perfektionistisch war. Trotz meiner guten Laune hätte ich besser spielen können. Ich wusste nicht, ob Mum das trotzdem sagte, weil sie es nicht besser wusste, oder weil sie das Verpflichtungsgefühl verspürte, ihre Tochter zu loben. Aus schlechtem Gewissen oder Gewohnheit war mir egal - das Recht hatte sie in allen Fällen verloren.

"Wir? Wer ist wir?", ging ich auf die zweite Aussage ein, da ich nicht mit ihr Streiten wollte. Zumindest nicht sofort.

"Dein Vater und ich. Und deine Großeltern und Saiph natürlich auch."

Ich schluckte. Mein Vater. Seitdem ich Per begegnet war und von Theo gehört hatte, somit also nicht mehr nur einen schwarzen namenlosen Umriss im Kopf hatte, fühlte es sich jedes Mal komisch an, Dad nach wie vor meinen Vater zu nennen. Ich hatte seit mehreren Jahren nicht mehr mit ihm geredet, ihn nicht mal zu Gesicht bekommen. Ich nannte ihn zwar noch Dad, doch mein Vater war er sicher nicht.

"Und was hat dich so lange gebraucht, mir das zu sagen?"

Jetzt wollte ich streiten. Unser Briefkontakt seit Australien war relativ ruhig und zurückhaltend verlaufen, doch dass sie einfach so aufkreuzte und mir sagte, wie stolz sie sei, machte mich wütend. Der Schwur war eine Sache, aber ich bezweifelte, dass sie uns umgebracht hätte, wenn sie das irgendwann in den letzten fünf Jahren gesagt hätte. Nicht mal an meinem Schulabschluss war sie stolz gewesen.

"Kassy, jetzt sei doch bitte nicht so", sagte sie leise und streckte die Hand aus.

Ich wich zurück, bevor sie meinen Arm berühren konnte.

"Wie was, Mum!", giftete ich zurück. "Du weißt nicht, wie ich bin. Du hast mich so lange Zeit nicht gesehen, obwohl es für dich so einfach gewesen wäre. Ich dachte immer, insgeheim wärst du doch noch auf meiner Seite gewesen und wir würden zusammen in dieser Situation stecken, aber ich glaube, seitdem du mich damals das erste Mal in den Zug nach Hogwarts gesteckt hast, dachtest du, meine restliche Existenz würde sich schon selbst klären und du hättest deine Pflichten als Mutter erfüllt, weil du mich unbeschadet durch die ersten zwölf Jahre meines Lebens geführt hast!"

Mum holte entrüstet Luft, doch just in dem Moment, indem sie erwidern wollte, kamen Aspen und Caroline aus der Umkleide und sie verstummte schlagartig.

Keiner von uns machte Geräusche, bewegte sich nicht einmal. In dem Moment der Stille spürte ich mein Herz hämmern. Mit aller Kraft versuchte ich, meine Atmung zu beruhigen. Ich wollte mich zwar wirklich gerne streiten und endlich den ganzen Frust der gesamten Zeit rauslassen, doch das bedeutete nicht, dass es förderlich wäre.

Als die beiden außer Hörweite waren, seufzte Mum laut. "Lass uns das nicht hier klären. Hast du einen Ort, wo wir hingehen können?"

Natürlich hatte ich das. Doch es klang schon wieder so, als käme es überraschend, wenn ich die Frage bejahen würde. Was glaubte sie, wo ich die letzten vier Jahre verbracht hatte?

"Wir können zu Teddy, ich wohne momentan bei ihm."

"Wieso das denn?"

"Denkst du ernsthaft, das verrate ich dir jetzt?"

Wir starrten uns an. Keiner wollte den Blickkontakt abbrechen, doch ich tat es schließlich. Ich musste diese Sache nicht mit so etwas kindischem wie einem Starrkrieg klären.

"Ich appariere immer, aber die Straße runter ist ein Pub mit einem öffentlichen Kamin."

Es war keine Frage oder Aufforderung, aber Mum verstand mich trotzdem.

"Ich finde den Weg schon, du kannst vorreisen und Teddy drauf vorbereiten, was ihn erwartet."

Ich nickte nur und beschrieb ihr kurz den Weg, bevor ich ohne Worte des kurzweiligen Abschieds disapparierte.

Ohne Anstrengung apparierte ich gegen alle Höflichkeitsgesetzte im Treppenhaus unter dem untersten Treppenblock, damit mich niemand sehen konnte. Ich sprintete die Treppen nach oben und betrat außer Atem die Wohnung.

"Kassy! Ich mache gerade Abendessen, kannst den Tisch decken. Tori hat einen Brief geschrieben, da ist ein Teil für dich dabei, liegt dahinten. Wie war das Training? Und die Arbeit?"

"Meine Mum kommt gleich."

Lautes Geklapper und ein unterdrücktes schmerzerfülltes Fluchen aus der Küche. Ich streifte meine Schuhe ab und tapste um die Ecke. Teddy hielt sich den Finger, doch seine Aufmerksamkeit galt mir.

"Das sieht mir sehr spontan aus. Schnellerklärung, sofort."

In der kurzmöglichsten Zeit schilderte ich ihm die Lage und er stimmte zu, das Essen warm zu halten und zuerst als eine Art Streitschlichter dem Gespräch beizuwohnen. Ich wollte nicht alleine sein und hatte das Gefühl, ich brauchte jemanden, der mir sagte, wann es zu viel wurde.

Mum traf kurze Zeit später ein, doch ein Blick auf die Uhr zeigte mir, dass sie sich extra viel Zeit gelassen hatte.

Auch sie hielt es für eine gute Idee, Teddy als stillen Beobachter dabei zu haben. Ich musste ihr versichern, dass er absolut vertrauenswürdig war und alles für sich behalten würde, doch das erforderte keine große Kunst. Teddy war Schulsprecher gewesen, und wenn McGonagall ihm vertraute, konnte meine Mum es ihrer Meinung nach auch tun.

Wie ich sie kannte, setzte sie sofort wieder dort an, wo sie aufgehört hatte, und beschrieb ganz sachlich: "Du weißt genau, dass es alles nicht so ist, wie du es immer darstellst."

"Wie denn dann?", murmelte ich beleidigt. Vielleicht hatte ich nicht Recht, aber auch sicher kein Unrecht. "Du hast dir also Mühe gegeben? Hab ich mir die ganzen Briefe, die ich dir geschickt habe, nur eingebildet oder hat Flash sie an die falsche "Mum" geliefert?"

"Kassiopeia!"

"Nenn mich nicht so!" Mum hatte mich immer nur dann bei meinem vollen Namen genannt, wenn sie wirklich sauer auf mich war und mir zeigen wollte, dass ich ab dieser Stelle nichts mehr zu sagen hatte. Doch ich war erwachsen. Und hatte eine Menge zu sagen.

"Ich bin nicht mehr vierzehn, Anne", giftete ich und Mum zuckte zusammen, als ich sie bei ihrem Vornamen nannte. "Und auch keine sechszehn dreiviertel. Ich muss mir nichts mehr anhören und schon gar nicht still sein. Ich bin einundzwanzig und komme gerade sehr gut alleine klar. Nenn mir einen Grund, wieso ich dich nicht aus meinem Leben streichen sollte."

"Weil du unsere Tochter bist!"

"Ich bin nicht eure Tochter, ich bin deine Tochter - "

Mum ignorierte mich und redete einfach weiter: "Und Saiphs Schwester ..."

"Lass Saiph aus dem Spiel, ich habe gefragt, wieso ich dich nicht aus meinem Leben streichen sollte - "

"Und Filius hat nach dir gefragt ..."

"Außerdem hat Saiph alle meine Briefe beantwortet - was?"

"Es geht ihm nicht so gut und er hat dich so lange nicht gesehen ..."

"Professor Flitwick? Was ist mit ihm?"

"Kassy, du bist aus der Schule raus und er ist dein Großonkel, du kannst ihn endlich bei seinem Vornamen - "

"Was ist mit Professor Flitwick?", wiederholte ich laut. Aus dem Augenwinkel beobachtete ich, wie Teddy sich interessiert aufrichtete.

"Er geht zum Ende des Jahres in Rente, wahrscheinlich. Das ist eine vertrauliche Information, also erzähl es bitte keinem. Er ist alt und spürt es langsam in den Knochen. Ich glaube, er rechnet mit seinem Ableben, aber dafür ist er noch zu fit im Kopf."

Das mit der Rente überraschte mich nicht, schließlich war Professor Flitwick wie Professor Slughorn schon unglaublich alt und ich bewunderte die beiden sehr dafür, dass sie auf ihre wirklich alten Tage noch unterrichteten. Außerdem hatte Saiph es in ihrem Brief erwähnt.

Falls Teddy davon überrascht war, zeigte er es nicht. Er machte eine ziemlich gute Figur, sich in den Hintergrund zu blenden, und zumindest ich hatte keine Hemmungen, alles zu sagen, was mir durch den Kopf ging. Teddy kannte mich ohnehin viel zu gut.

"Aber er fand es schade, dich nie auf den Familienfeiern zu sehen und wollte wissen, ob du jetzt etwas mit Zauberkunst tust, weil es sonst Verschwendung von Talent sei."

Dass es meinem alten Hauslehrer jedoch so schlecht ging, hatte ich nicht gewusst. Ebenso überrascht war ich, dass er sich nach mir erkundigt hatte. Wir hatten nie den Kontakt, der aus der Hauslehrer-Schüler-Beziehung hinausgeragt hätte, somit schon gar keinen Urgroßonkel-Kontakt. Auf Familienfeiern wurden die üblichen höflichen Worte gewechselt, meine schulischen Leistungen wurden gelobt und das zufällige Vorbeigehen wurde belächelt. Ich mochte Professor Flitwick, schon immer, aber ich dachte, ich sei für ihn trotz unserer Verwandtschaft nur eine von vielen und somit vielleicht nicht egal, aber eben nur ein irgendjemand.

Ich antwortete nicht und Mum führte eine ihrer schlechten Angewohnheiten durch: Erst starrtet sie mich erwartungsvoll an, dann redete sie doch weiter.

"Es war ziemlich peinlich, ihm nicht viel erzählen zu können. Nur das, was wir durch die Medien mitbekommen, konnte ich erzählen - über meine eigene Tochter! Und dann hat Saiph ihm von deinem Auslandsjahr erzählt. Das hat ihn sehr interessiert und die beiden haben sich ein wenig länger unterhalten. Ich habe alles über dein Auslandsjahr von Saiph erfahren, das ist wirklich ..."

"Und das ist meine Schuld, ja?", fiel ich Mum bitter ins Wort. Ohne es zu wollen oder kontrollieren zu können, sammelten sich die ersten Tränen. "Dass ich immer wieder Briefe geschrieben habe, die nie beantwortet worden sind, dass ich wegen eines Apparierschutzes immer noch nicht nach Hause kommen kann, dass meine Mutter sich vor meinem Lehrer blamiert, weil sie sich immer nur beschweren kann, anstatt Dinge zu ändern, weil es so viel einfacher ist."

"Kassy, du drehst mir jedes Wort im Mund um!", fuhr Mum auf.

"Tu ich das? Ist es mal wieder meine Schuld?" Ich schluchzte, hielt jedoch die Tränen zurück. "Meine Schuld, dass Theo dich verlassen hat. Meine Schuld, dass du den Schwur eingegangen bist. Meine Schuld, dass Dad so unglaublich sauer ist. Meine Schuld, dass Saiph diesem Druck ausgesetzt ist, an dem sie fast kaputt geht."

Ich holte Luft und schniefte.

"Meine. Schuld. Dass du. Dich nicht. Kümmerst."

Falls ich Mum bisher noch nicht verletzt hatte, dann war es nun so weit. Schmerzerfüllt blickte sie mich an - ihre Tochter, die sie um einen halben Kopf überragte - und fasste sich an den Hals.

"So denkst du also über mich, ja?", fragte sie ganz leise. "Dass ich mich nicht kümmere. Dass du mir egal bist. Nach allem, was ich für dich getan habe. Für dich geopfert habe."

"Für mich oder für dich?", feixte ich zurück.

"Natürlich für dich!", brüllte sie mich plötzlich an.

Kurz war ich geschockt, dann erwischte mich die volle Wut.

"Ich hab dich nicht gebeten, diesen bescheuerten Schwur einzugehen!", schrie ich zurück und es war mir egal, dass Teddy alles hörte. Wutentbrannt sprang ich auf und der Stuhl fiel mit einem lauten Rums zu Boden. "Ich war noch nicht mal geboren und du gibst dein Leben für mich auf, weil du denkst, dass du es nicht alleine schaffst!"

"Ich wollte dir eine Zukunft garantieren", rief Mum entrüstet und erhob sich langsam. "Damit du alles hast, was du brauchst, um glücklich zu werden."

Sie wurde mit jedem Wort leiser und mein Hals pochte immer mehr. Trotzdem hörte ich nicht auf, zu schreien.

"Glücklich? Mit dem Wissen, dass wir beide sterben könnten, wenn du und Dad euch trennen? Glücklich, wenn mein er mich hasst, weil er immer noch rassistische Ansichten von vor über zwanzig Jahren vertritt? Wenn er mich schlägt? Wenn ich gebettelt habe, nicht mehr zur Schule gehen zu müssen, und du mich trotzdem gezwungen hast?"

Eine Sache, die ich nicht mal Shawn erzählt hatte. In der fünften Klasse, nach einem besonders schlimmen Vormittag unter Foxies Terror, hatte ich Mum und Dad abends unter Tränen angefleht, mich nie wieder zur Schule zu schicken. Ich wollte und konnte nicht mehr. Mum hätte einfach sagen können, dass ich nicht mehr muss. Doch sie tat es nichts. Sie nahm mich nicht ernst. Zumindest nicht ernst genug.

"Ich habe dich nie zu irgendwas gezwungen", widersprach sie.

"Du hast mir gesagt, dass ich mich zu wichtig nehme. Dass sich nicht die ganze Welt um mich dreht und die Leute nicht nur auf mich achten. Ich habe dir gesagt, ich will nicht mehr zur Schule, weil ich nur geärgert werde, ich Angst habe, vor der Klasse zu sprechen und die Lehrer mich vor allen bloßstellen, und dass ich dort einfach nicht reinpasse."

"Du hast dich aber auch angestellt, so ein paar Hänseleien haben wir alle ertragen. Damals habe ich deine Auflösung noch verstanden, aber ich dachte, mittlerweile bist du erwachsen und darüber hinweg."

"Mum, es ging nie darum, dass ich nicht mehr zur Schule wollte, es ging darum, dass ich nicht mehr konnte! So oft ging es nie darum, was ich wollte, sondern, was ich fähig war, zu ertragen! Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, dass es nicht nur Ivana und Foxie und Gree und Flint gewesen sind, die mir das Leben zur Hölle gemacht haben, sondern du auch!"

"Kassy", raunte Teddy ganz leise.

Ich schloss die Augen und beruhigte meinen Atem. Ich hatte schon wieder fast vergessen, dass er da unten saß, aber ich merkte, wie gut es war. Ich übertrieb es. Und Teddy merkte es und stoppte mich.

"Tut mir leid, so meinte ich das nicht", murmelte ich, doch es war zu spät.

Mum weinte.

Mein Herz brach. Ich hatte es wirklich zu weit getrieben und plötzlich spürte ich das, was Shawn nach seinen Worten gespürt haben musste. Ich hatte nicht über den Effekt meiner Aussagen nachgedacht und Mum verletzt. Tief. Und ich hatte es nicht so gemeint.

Nur weil ich der Meinung war, dass sie mir Unrecht getan hatte, dachte ich, ich stünde im Recht, dasselbe mit ihr zu tun. Doch das war falsch. Auch ich musste darauf achten, wie ich mit anderen redete.

"Es tut mir wirklich leid. Das ist nur, wie es sich anfühlt, nicht, wie es wirklich ist. Das wissen wir beide. Ohne dich wäre ich nicht durchgekommen."

"Du hast schon Recht", flüsterte Mum kaum hörbar und ließ sich langsam zurück auf den Stuhl sinken. Auch ich stellte meinen leise auf und setzte mich. "Du hast mich um nichts gebeten. Ich habe dir dieses Leben aufgezwungen, du hättest bessere Umstände verdient."

"Nein", sagte ich entschieden. "Mum, ich bin eben zu weit gegangen. Und wenn du jetzt keinen meiner Briefe beantwortest, verstehe ich das voll und ganz. Außerdem bin ich für jede Sekunde dieses Lebens dankbar. Wäre es anders verlaufen, hätte ich Teddy und Alia und alle anderen nie kennengelernt. Shawn erst recht nicht. Vielleicht war es zwischendurch hart, aber jetzt gerade lebe ich und alles verläuft verhältnismäßig gut."

Zögerlich sah ich sie an.

"Und vielleicht bin ich nicht erwachsen genug, um eine sachliche Konversation über die aktuelle Situation der Lage zu führen. Vielleicht tut es noch zu sehr weh und ich muss wirklich erst drüber hinwegkommen. Wenn das jemals geht."

"Ich hab es versucht", flüsterte Mum. "Kassy, das musst du mir glauben. Aber du weißt, wie er ist. Und ich hab ... ich habe gedacht, dass ich dich schützen würde. Wenn ich ihm keinen Grund gebe, sauer zu sein, dann würde er es auch nicht sein. Ich wusste nicht, dass es für dich so schlimm war."

"Du dachtest, ich wäre sauer und würde ohne euch klar kommen?", fasste ich zusammen.

"Du bist schlau und hattest Shawn, ich dachte, du bräuchtest uns ... mich nicht mehr."

"Hast du mich gebraucht?"

"Nein, aber ich habe dich schrecklich vermisst und - du bist meine Tochter!"

"Siehst du", sagte ich langsam, "so ging es mir auch. Ich habe dich nicht gebraucht, was aber nicht heißt, dass ich nicht gewollt hätte. Du bist meine Mutter, meine Familie. Und ja, vielleicht hätte ich es auch stärker versuchen können, aber du hast mir das Gefühl gegeben, nicht erwünscht zu sein."

"Also ist es alles ein riesen Missverständnis", warf Teddy seufzend ein.

"Wahrscheinlich", stimmte Mum zu.

Wir wussten beide, dass dies nur zum Teil stimmte. Teddy wusste nicht, was wir wussten. Dass Dad immer noch da war. Immer da sein würde.

"Saiph hat behauptet, Dad würde es leid tun und dass er mich wiedersehen will."

Mum nickte. "Du kennst ihn, du weißt, dass ich lügen würde, wenn ich behaupte, er hätte sich geändert. Lucian gehört zu den Personen, die sich niemals ändern werden. Aber eventuell bessern. Ich glaube wirklich, dass er Reue zeigt. Auch wenn du es nicht glaubst, er liebt dich. Du bist auch seine Tochter."

"Bin ich nicht", gab ich entschieden zurück. "Nicht mehr. Und ich hab das Gefühl ich war es auch nie. Ganz ehrlich."

"Sag sowas nicht, das stimmt doch nicht."

"Doch, Mum. Ich weiß, dass du dich über die Jahre mit ihm abgefunden hast, und ich verstehe das. Das Beste aus der Situation machen. Aber ich war nie seine Tochter. Saiph ist seine Tochter. Ich bin das Kuckuckskind, bei dem seine Maßnahmen gescheitert sind. Schau nicht so."

Mit verschränkten Armen blickte Mum mich halb enttäuscht, halb wütend an. Sie hörte nicht auf.

"Das heißt nicht, dass ich mich nicht mit ihm abgefunden habe. Und es gibt nicht nur seine schlechten Seiten. Er hat ein grausames Bild von seinen Eltern eingeflucht bekommen und steckt total fest. Aber auch nach allem, was passiert ist, ist er doch irgendwie noch Dad."

Jetzt huschte ein leichtes Lächeln über Mums Lippen.

"Ich werde es nie vergessen. Nichts von all den Dingen, die er getan hat, niemals. Aber ich kann mich arrangieren. Wenn er wieder mit mir reden möchte, dann kann er das gerne tun, aber er soll nicht erwarten, dass ich nicht antworte, denn das werde ich tun."

"Kassy, es tut ihm alles wirklich sehr leid."

"Das glaub ich erst, wenn er es mir selber sagt."

Und daran glaubte ich nicht. Dad würde sich nicht entschuldigen, das gehörte nicht zu seiner Art. Ich hasste mich dafür, dass ich nachgab, doch ich wollte diese verkorkste Familie irgendwie zum Laufen kriegen. Es stimmte, Mum hatte viel aufgegeben, um Türen zu öffnen, die sonst mit keinem Zauber zu öffnen gewesen wären. Und sie war an Dad gebunden. Außerdem hatte wenigstens Saiph eine richtige Familie mit beiden Eltern verdient. Ich tat es nicht für mich, sondern für Mum und Saiph. Doch das war es allemal wert.

"Was hältst du davon, wenn wir uns morgen zum Mittag treffen? Es wird langsam spät und Dad wartet. Ich lad dich ein, wann kann ich dich treffen?"

"Ich kann morgen schon um zwei gehen, wenn du einfach in der Winkelgasse an der Ecke wartest, finde ich dich."

Damit war die Sache geklärt. Vorerst. Mum bedankte und entschuldigte sich gleichzeitig bei Teddy, dann strich sie ihren Mantel glatt, den sie die ganze Zeit über nicht abgelegt hatte, und umarmte mich schließlich kurz. Ich ließ es zu, blieb aber steif.

Als die Tür sich endlich hinter ihr schloss, konnte ich der Anspannung etwas nachgeben und ohne es zu wollen rollten die ersten Tränen meine Wangen herunter.

"Ach, Sternchen."

Teddy war sofort zur Stelle und umarmte mich von der Seite. Behutsam strich er mir übers Haar und ich fühlte mich schlagartig besser.

Noch besser hätte ich mich wahrscheinlich gefühlt, wenn es Shawn gewesen wäre. Doch es war nicht nur seine Schuld, dass er jetzt nicht hier war. Das wusste ich jetzt.

ϟ              ϟ               ϟ

Melody is baaack hehe

Und Kassys Mum auch. Seid ihr ihr böse?

Und völlige ab-vom-Schuss-Frage: Nervt euch das Wetter auch so? Ich hatte mich für Sommer angemeldet und nicht für ein ständiges Up and Down, was Temperaturen und Witterung angeht -.-

Bis demnächst, Amelie :)

Next Update ⥋ 08.08.2020 (Saturday)

[02.08.2020]

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