Kapitel 22 ϟ Jar
Say Something - A Great Big World feat. Christina Aguilera ♪♫
Es ist schon komisch, wie man mit dem Tod konfrontiert wird.
Er ist immer da, ohne Fragen, doch du denkst nicht an ihn. Und dann, ganz plötzlich, tritt er in dein Leben.
Ich kannte Kimber nicht besonders gut, trotzdem riss sie ein großes Stück von mir mit sich.
Zurück blieb nur die Schuld.
Meine Bestimmung war es, an diesem Tag nicht zu sterben. Doch ich würde den Ruck, der durch meinen Körper wie ein Erdbeben ebbte, nie vergessen.
Shawns Hand umklammerte meinen Arm, das Beben lief ihn entlang, durch ihn hindurch, ich spürte es im ganzen Körper, bis hin zu meinem anderen Arm.
Und dann die kalte Nachtluft. Der Schweiß, der abkühlte, der Schrei. Mein Blick nach unten, auf eine leere Hand und in die Augen Kimbers, die wie zwei Sternschnuppen aufblitzten.
Bis die Dunkelheit sie verschluckte - und zurück blieb nur die Schuld.
Kimber wollte an diesem Tag nicht sterben.
Ohne Frage war sie gesprungen, doch als ich sie in der Hand hatte, sah sie mich an und ließ nicht los. Sie hätte loslassen können. In ihrem Blick lag etwas Hilfesuchendes, etwas Hoffnungsvolles.
Sie hat es bereut, in dem Moment, in dem sie gesprungen war - ich hatte sie, ich hielt sie, sie dachte, sie müsste nicht sterben.
Da war diese Hoffnung.
Und die Enttäuschung, als sie fiel. Sie ließ die Schuld zurück, sie haftete an mir wie eine zweite Haut.
Ich war der Grund, wieso sie gestorben war. Ich hatte sie umgebracht.
Shawn griff nach meiner Hand und quetschte meinen Arm. Der Ruck war zu heftig, Kimber auf meiner anderen Seite zu schwer, sie rutschte ab.
Sie fiel, Shawn griff mit seiner freien Hand nach seinem Zauberstab. Er lag mit dem Bauch auf der Mauer, hielt mich mit aller Kraft fest und jagte Kimber einen Zauber hinterher.
Doch die Dunkelheit hatte sie schon mit sich genommen, jeder der acht Zauber verfehlte sein Ziel.
Shawn zog mich ächzend hoch. Ich wollte ihm helfen, mich leicht machen und selbst hochklettern, doch ich hing nur an seinem Arm wie ein nasser Sack.
Mein Leben in Shawns Händen, wortwörtlich.
"Scheiße, Kassy", hörte ich ihn sagen. Seine Stimme klang komisch, als würde er weinen.
Er zog mich über die Mauer, mein Umhang riss auf und mein Knie schlug an, aber es war mir egal. Ich saß komisch auf dem Boden und Shawn umarmte mich so fest, dass es wehtat.
"Scheiße, Scheiße, Scheiße", fluchte er immer wieder und wusste nicht recht, wo er hinsehen sollte. Sein Blick sprang von der Mauer, zu Kimbers Brief, zu mir und wieder zu Mauer.
"Wir müssen hier weg", murmelte er nach einer Weile und zog mich hoch. Ich knickte sofort wieder weg, ich konnte nicht laufen.
Shawn reparierte die offene Stelle meines Umhangs, schloss die Schranktür und hievte mich dann auf seinen Rücken.
Ich wollte etwas sagen, doch es kam kein Wort über meine Lippen. Nur die Tränen rollten still über meine Wangen.
Shawn rannte die Treppe nach unten, schloss die Tür hinter sich ab und rannte einfach weiter. Ich wollte ihm sagen, dass er uns erst mit einem Desillusionierungszauber tarnen müsse, doch die Wörter blieben mir im Hals stecken. Wo wollte er hin?
Alle sieben Stockwerke brachte er mit mir Huckepack hinter sich. In der Besenkammer schaffte er es irgendwie, zuerst mich und dann sich selbst aus dem kleinen Fenster zu befördern.
Ich lag im nassen Gras und hatte nicht das Bedürfnis, aufzustehen. Ich könnte hier für immer liegen bleiben.
"Komm Kassy, wir müssen weiter", flehte Shawn mich an.
Ich hätte ihm so gerne geholfen, hätte das getan, was er von mir verlangte, hätte ihn gefragt, was er vor hatte und wie wir aus der Sache raus kommen sollten. Nichts. Nichts von alledem war möglich.
In meinem Kopf schrie ich laut, ich trat um mich, kratze, biss, aber niemand hörte mich. Die Tränen war der einzige Weg, meine Emotionen frei zu lassen, damit ich nicht explodierte.
Auf einmal lag ich wieder im Gras. Ich hatte keine Ahnung, wo ich war. Es war nass, mir war kalt, alles tat mir weh. Mein Knie, mein Rücken, meine Handgelenke.
Und zu allem Überfluss ließ Shawn mich auch noch allein.
Er rannte einfach weg und ließ mich im Gras liegen. Flint hatte doch recht gehabt, ich war nicht mehr als ein Spiel für ihn. Ein Zeitvertreib, ein Spaß.
Diese Erkenntnis verletzte mich noch tiefer.
Doch sie rappelte mich auf, belud mich mit ein wenig Energie. Ich konnte mich plötzlich bewegen, die Schmerzen waren da, erreichten mich aber nicht. Sie waren gleichgültig.
Ich robbte zu der runden Wand, der riesigen Mauer, und zog mich hoch. Mit dem Rücken gegen den kalten Stein gelehnt und das eine Knie ans Kinn gezogen saß ich dort, allein, mitten in der Nacht und wimmerte erbärmlich vor mich hin.
Es war wirklich bitter, wie naiv und dumm ich war. Gelernt hatte ich aus meinen Fehlern wohl gar nichts, ich war dazu geschaffen, den falschen Personen zu vertrauen. Immer wieder.
Mein Blick wanderte durch die Dunkelheit, bis er an einer Silhouette hängen blieb. Etwas großes, fast wie - ein Mensch.
Alles, wirklich alles, in mir wehrte sich, doch meine Beine trugen mich zu Kimbers Leiche. Vielleicht lebte sie ja noch, vielleicht hatte ich sie doch nicht umgebracht -
Kimber lag auf der Seite, ihr linkes Bein war verdreht und ihr Arm hing schlaff über ihrer Brust. Die offenen braunen Augen, die kurz zuvor noch so voller Hoffnung waren, starrten an mir vorbei ins Nichts.
Ich hatte nichts anderes erwartet, und trotzdem schreckte ich zurück. Angst überfiel mich. Seltsamer Weise dachte ich darüber nach, ob Kimber jetzt ein Geist war. Oder stand sie wohlmöglich gleich auf und verfolgte mich, im Wunsch nach Rache?
Das war absurd, sagte ich mir, und taumelte zurück.
Urplötzlich wurde mir schlecht und ich übergab mich nur drei Meter neben Kimbers Leiche. Danach klappte ich daneben zusammen.
Wie gesagt, ich neigte nicht dazu, ohnmächtig zu werden und nun verfluchte ich es. Wäre ich einfach zusammengeklappt, müsste ich meine Emotionen nicht ertragen und könnte einfach in einem warmen Bett, sauber und ohne Schmerzen aufwachen.
Aber es schien wie eine Strafe, dass ich hier auf dem Rasen hockte, nach wie vor heulte und mich fragte, ob Kimber so verzweifelt war, wie ich momentan.
Ich wusste nicht, wie lange ich im Gras lag. Es stank nach Erbrochenem, der nasse Rasen ließ mein Gesicht erfrieren und durchtränkte meine Haare.
Doch es war mir egal, ich atmete nur und dachte an nichts.
Irgendwann entdeckte ich leuchtende Punkte in dem dichten Novembernebel. Sie kamen näher, wurden größer. Vielleicht starb ich jetzt. Ich würde es nicht mal schlimm finden.
Zu meiner Enttäuschung war es nicht der Tod, der mich holte, sondern nur eine Reihe Lehrer, angeführt von Shawn.
Er ist also doch nicht einfach weggerannt. Er hatte Hilfe geholt. Da hätte ich auch selbst drauf kommen können. Mel hatte recht, ich war dumm. Ich war erbärmlich dumm, wieso war ich in Ravenclaw? Ich war so armselig dumm, ich hatte es nicht mal verdient zu leben.
"Kassy!", rief Shawn, schniefte und rannte auf mich zu.
Das Licht an der Spitze seines Zauberstabs leuchtete hell und kalt. In Shawns Gesicht spiegelte sich Besorgnis und Trauer wider, überall auf seinen Wangen lagen die Salzspuren der getrockneten Tränen.
Ich hatte ihn noch nie weinen sehen. Mit dem Blick auf seinen Zauberstab fiel mir auf, dass ich keine Ahnung hatte, aus welchem Holz er war und welchen Kern er besaß. Ich war so egoistisch, immer, wenn wir uns unterhielten, ging es nur um mich.
Als ich ihn danach fragen wollte, entwich meiner Kehle nur ein miserables Röcheln.
Die Lehrer umringten Kimbers leblosen Körper.
"Sie ist tot", wimmerte ich so leise, dass ich mich selbst kaum hörte. Das rauschende Blut in meinen Ohren war lauter. "Sie ist tot, und ich bin schuld."
"Pscht, sag das nicht", verlangte Shawn und drückte mich an sich. Ich wollte ihn wegstoßen, schließlich war ich nass und voller Kotze. Genau das wollte ich ihm sagen, aber dies waren wieder die Worte, die es nicht über meine Lippen schafften.
Selbst wenn ich sie ausgesprochen hätte, ging ich davon aus, dass Shawn mich nicht losgelassen hätte. Er drückte mich so fest an sich wie oben auf dem Turm, nachdem er mich gerettet hatte. Nachdem er mich hochgezogen hat, nachdem Kimber gestürzt und gestorben ist.
"Sie ist tot", schluchzte ich wieder. Dieser Satz verschaffte mir keine Probleme, er verließ immer wieder meine Lippen. "Scheiße, sie ist tot."
Es ärgerte mich, dass ich davon so aufgewühlt wurde.
Mein Ravenclawkopf wusste genau, dass mir Kimbers Tod egal war. Ich war nur traurig, weil ich dabei gewesen war.
Ich kannte Kimber nicht, ich habe noch nie ein Wort mit ihr gewechselt. Wären Shawn und ich nicht da oben gewesen, wäre Kimber gesprungen, jemand anderes hätte sie am nächsten Tag gefunden und ich hätte mich höchstens mit Teddy und Alia über die Nachricht ausgetauscht.
Mehr wäre nicht passiert. Und nur, weil sie meinetwegen tot war, jammerte ich rum.
Das ärgerte mich so sehr, dass mein Selbsthass wuchs und hätte Shawn mich nicht gehalten, wäre ich womöglich die nächste gewesen, die gesprungen wäre. Ich ekelte mich vor mir selbst.
Mit Hilfe Professor Longbottoms trug Shawn mich zurück ins Schloss. Im Krankenflügel wartete Madam Pomfrey schon auf mich, auch sie weinte. Ich wurde in ein Bett gelegt, eine weiße saubere Decke über mich.
Madam Pomfrey scheuchte alle raus, auch Shawn. Ich wollte rufen, dass er bleiben sollte, aber stattdessen kam nur ein: "Sie ist tot", aus meinem Mund.
Obwohl ich genau wusste, dass er nichts dafür konnte, fühlte ich mich schon wieder von ihm verlassen. Ich wollte jetzt nicht alleine sein. Ich brauchte jemanden wie Shawn, der mich fest in den Arm nahm und nicht mehr losließ.
Madam Pomfrey schnitt mit ihrem Zauberstab meinen Umhang auf. Ich wurde zurück in die Kissen gedrückt, von denen ich mich erhoben hatte, und auf den Bauch gedreht.
Die Krankenschwester begutachtete meinen Rücken, danach mein Knie und schließlich meine Handgelenke. Ich bekam Verbände, Salben und wurde mit einem Lappen gewaschen.
Dass ich nur in Unterwäsche da lag, interessierte mich nicht, ebenso wenig der widerwärtige Geschmack des Gebräus, welches mir zur Heilung aufgezwungen wurde.
Mitten in der Nacht, es war vielleicht gegen drei - oder früher oder später, mein Zeitgefühl war verloren gegangen -, hörten die Tränen auf. Es kamen einfach keine Neuen mehr und ich starrte mit trockenen Augen in die Dunkelheit.
Ich schlief ein, doch hatte das Gefühl, nicht zu schlafen. Ich wachte nachts auf, in dem Bewusstsein, geschlafen zu haben, doch ich erinnerte mich nur an das hin und her wälzen.
Der Wecker auf dem Nachttisch zeigte sechs Uhr an, als ich aufwachte. Ich konnte keine zwei Stunden geschlafen haben.
Ich hätte getötet für ein Glas Wasser und im gleichen Moment, als der Gedanke kam, wurde mir wieder schlecht. Ich hatte getötet. Für weniger als ein Glas Wasser.
Also wälzte ich mich weiter, um halb acht sah Madam Pomfrey nach mir. Sie untersuchte meine Verletzungen, verschwand und kam um Punkt acht mit einem Tablett zurück, auf dem zwei Scheiben Toast und etwas Ei lagen.
Mein Magen knurrte im gleichen Moment, in dem ich das Essen erblickte, doch ich verspürte nicht das Bedürfnis, zu essen.
Das Glas Wasser leerte ich zur Hälfte, dann hatte ich auch davon genug.
Ich schlief wieder ein, gegen zehn wurde ich unsanft geweckt. Ein Mann, Mitte dreißig, stand neben meinem Bett und stach mit seinem Zauberstab gegen meinen Arm. Er trug einen schwarzen Umhang und eine seltsame Weste.
Ein Auror.
"Was erlauben Sie sich", hörte ich Professor McGonagall poltern. "Ich habe Ihnen nicht erlaubt, Miss Bole zu sehen!"
"Tut mir leid, Professor McGonagall, aber wir können nicht länger warten", sagte der zweite Auror ruhig.
"Ich bin Ernie Macmillan", sprach der erste wieder, der mich so unhöflich geweckt hatte, "und das ist mein Kollege Kevin Entwhistle. Wir sind vom Ministerium und hätte einige Fragen an Sie, wenn Sie gestatten."
"Nein, das gestatte ich ganz und gar nicht", erhob Professor McGonagall sofort.
Es wurde ein wenig weiter diskutiert und schließlich bekamen die Auroren fürs erste fünf Minuten.
"Sie haben die Leiche also gefunden", begann Entwhistle.
Nein, ich habe sie umgebracht, schoss es mir durch den Kopf.
Ich starrte ihn ohne jegliche Regung an. Entwhistle schielte zu Macmillan.
"Hören Sie, Miss Bole", startete Macmillan einen neuen Versuch, "wir müssen sichergehen, dass es kein Mord war."
"Was erlauben Sie sich", fuhr Professor McGonagall dazwischen, aber Macmillan ließ sich nicht beirren.
"Wir gehen nicht davon aus, da zudem ein Abschiedsbrief gefunden wurde, trotzdem fand man ihre DNA-Spuren an der Leiche."
"Das liegt daran, dass sie sie gefunden hat", ertönte eine Stimme vom Ende des Krankenflügels.
Shawn. Endlich.
"Und wer sind Sie?", fragte Macmillan barsch.
"Shawn Mendes, angenehm", antwortete Shawn und drängte sich zwischen mich und den Auroren.
"Der andere", raunte Entwhistle seinem Kollegen zu, welcher langsam nickte.
"Nun gut, Mr. Mendes, Sie waren also auch dabei?"
"Stellen Sie sich vor, ja. Kassy und ich haben Kimber gefunden. Ich bin sofort losgelaufen, um Hilfe zu holen, während Kassy überprüft hat, ob sie vielleicht noch lebt."
"Und wie kommt es, dass Sie sich dann nicht in einem vergleichbaren Zustand befinden?"
"Ihre fünf Minuten sind um", unterbrach Professor McGonagall das Verhör und deutete mit ausgestrecktem Arm auf den Ausgang. "Muss ich Sie raus schaffen, oder finden Sie den Weg alleine?"
Mit dunklen Blicken verließen die beiden mein Bett, unter der Aufsicht Professor McGonagalls.
"Sie werden einiges erklären müssen", sprach sie uns an, "aber zunächst ist mir Ihr Zustand wichtiger. Mr. Mendes, ich möchte, dass Sie sich um Miss Bole kümmern. Miss Bole, soll ich Ihren Eltern schreiben und sie her bitten?"
"Nein", antwortete Shawn für mich und ich danke ihm innerlich.
"Dachte ich mir", tat Professor McGonagall ab und verließ ebenfalls den Krankenflügel.
Sobald die Tür zu fiel, setzte Shawn sich auf mein Bett, griff nach meiner Hand und sah mich intensiv an.
Ich wusste, dass er mir in die Augen sah, in der Hoffnung, irgendwas zu erfahren. Doch ich spürte meinen leeren Blick. Selbst wenn er über die Mauer blicken konnte, war da nichts.
"Hör zu, Kassy, es wird alles gut. Du trägst keine Schuld, es war ein Unfall, es war Selbstmord."
Sofort brannten mir neue Tränen in den Augen und ich schüttelte den Kopf. "Ich hab sie ... sie ..."
"Nein, Kassy, das hast du nicht!"
Shawns Blick wurde intensiver, in seinen Gesichtszügen lag so viel Sorge, dass es mich fast um den Verstand brachte. Ich brauchte seine Sorge nicht, ich wollte sie nicht. Ich hatte sie nicht verdient.
Shawn redete weiter auf mich ein, schilderte mir seinen Plan, was er den Auroren erzählen würde. Shawn hätte wegen einem kleinen Konflikt Zuhause frische Luft gebraucht und sei raus gerannt. Ich hätte ihn durch das Fenster im Schlafsaal gesehen und aus Sorge sei ich ihm nachgelaufen, um ihn wieder reinzuholen. Auf dem Rückweg fanden wir Kimber.
Mein aufgeschürftes Knie und mein kaputter Rücken kamen von meinem Ausrutscher auf dem nassen Gras. Die Quetschungen an beiden Handgelenken, weil ich vor Verzweiflung so hart auf die Mauer eingeschlagen hatte, dass Shawn mich festhalten musste.
Kurzum wurde ich vom Anblick einer Leiche gleich komplett durchgeknallt. Ganz klasse.
Ich blieb lange im Krankenflügel. Den Schultag verpasste ich, auch Shawn besuchte nur zwei wichtige Unterrichtsstunden. Die restliche Zeit verbrachte er neben mir und redete weiter auf mich ein.
Nichts von alledem erreichte mich, aber ich war froh, dass Shawn da war. Ich wollte ihn an meiner Seite haben. Er war der Einzige, der wirklich wusste, was geschehen war und mich nicht für total irre hielt.
Alia und Katie kamen direkt in der ersten Pause zu mir gerannt, Teddy und Tori folgten in der zweiten. Auch Olivia und Henry sahen nach mir, mit Alice im Schlepptau. Letztere hätte ich am liebsten angeschrien, aber ich blieb durchgehend stumm.
Am Abend fand eine Gedenkfeier für Kimber statt. Ohne Frage redete kein anderer Schüler mehr über etwas anderes als Kimbers Selbstmord.
Ihre Eltern kamen nicht. Ihr Vater wurde aufgrund des Inhalts ihres Abschiedsbriefes vorläufig festgenommen, ihre Mutter wurde zur Aussage festgehalten und ebenfalls auf Spuren und Beweise zur Zuneigung Voldemorts untersucht.
Die große Halle war sehr dunkel, so dunkel hatte ich sie noch nie gesehen. Die schwarzen Hüte, die zur Schuluniform gehörten, wurden aufgesetzt. Sie kamen sonst nur selten zum Einsatz.
Die Feier wurde nach drinnen verlegt. Wie es sich für einen kalten Novemberabend gehörte, regnete es. Es schüttete wie aus Eimern, als würde Kimber mir den Mittelfinger zeigen und mir sagen: "Fuck you."
Professor McGonagall hielt eine Rede, in der sie den Tod betrauerte und offenbarte, dass Kimber wenigstens nicht hatte leiden müssen, da ihr Genick beim Aufprall brach.
Doch, sie musste leiden. Meinetwegen, weil ich ihr Hoffnung geschenkt und sie dann doch fallen gelassen hatte.
Ich saß inmitten lauter Ravenclaws, weit weg von Shawn, der Person, die ich jetzt gebraucht hätte. Ich fühlte mich so schuldig, ich wollte anfangen zu schreien, dass es meine Schuld gewesen war. Es ging nicht.
Professor McGonagall forderte uns auf, sich an einen Lehrer oder einen Vertrauensschüler zu widmen, wenn wir Probleme hatten und jedes verdächtige Verhalten sofort eben solchen mitzuteilen.
Danach wurde ich wieder in den Krankenflügel gebracht. Shawn schlief auf einem Stuhl, seinen Kopf auf mein Bett gelegt. Ich wollte schlafen, brauchte aber ewig. Mein Magen knurrte, ich hatte seit gestern Nacht nichts mehr gegessen. Aber ich konnte nicht essen.
Mein Schlaf war erneut unruhig und eher erschöpfend als erholsam.
Die ganze Nacht pendelten meine Gedanken durch alle möglichen Bereiche. Wenn ich schlief, wachte ich direkt wieder auf, da ich Kimber an meiner Hand hängen sah.
Ich rieb mir ständig über die Finger und versuchte krampfhaft, nicht an das Gefühl der Narben unter ihnen zu denken. Doch je mehr ich es versuchte abzuschalten, desto schlimmer wurde es.
Der nächste Tag verlief nicht anders. Shawn redete und redete, keine Ahnung, was er sagte. Doch er hielt meine Hand und jedes Mal, wenn er mich fragte, ob ich ihm antworten könne (was das einzige war, was ich verstand), drückte ich sie. Mehr schaffte ich nicht.
Es ließ sich nicht beschreiben, wie ich mich fühlte, wenn man es selbst nicht erlebt hatte. Da war ich - doch es war mir egal. Als gehöre mein Körper und mein Leben jemand anderem.
Ich fühlte mich, als stände ich neben mir und schaute mir zu, wie ich dort lag, nachdachte und unberechtigterweise atmete.
Es war wieder Abend, Madam Pomfrey wünschte uns eine gute Nacht und verschwand. Shawn blieb da. Es war Samstag, er saß den ganzen Tag bei mir.
Er fragte mich erneut, ob ich ihm antworten, irgendetwas sagen könne. Ich drückte nur seine Hand. Ich hielt es kaum noch aus, ich musste meine Gedanken los werden. Doch es ging nicht.
Irgendwann schien auch er es nicht mehr auszuhalten. Shawn zog mich aus dem Bett und stellte mich vor sich.
Wenn sich jemand fragte, wie sich ein richtiger, mächtiger und wirklich starker Vergessenszauber anfühlte:
Der blaue Schleier aus der Spitze des Zauberstabs nach dem Wort: "Obliviate", legte sich über meine Augen und ein kaltes Band umschloss meine Erinnerung.
Das Band drückte zu - und dann war da nichts.
ϟ ϟ ϟ
Ich kann jetzt mindestens drei Menschen nennen, die mir endgültig den Kopf abreißen.
Aber idc ^^
Was glaubt ihr, wie es jetzt weitergeht?
Könnt ihr Kassys Reaktion nachvollziehen?
Hat Shawn die richtige Entscheidung getroffen?
Wird der Gedächtniszauber überhaupt richtig funktionieren?
Das hier ist übrigens Teil eines Partner-Updates. eleanorsphotos hat auch ein Kapitel ihrer neuen Harry Potter FF mit dem Titel "waves" hochgeladen.
Schaut unbedingt mal bei ihr vorbei, das Buch ist großartig.
Ansonsten bleibt mir nicht viel zu sagen, außer ein frohes neues Jahr. Egal wie gut oder schlecht 2017 war, ihr selbst könnt dafür sorgen, dass 2018 der Hammer wird. Und wenn ihr Hilfe braucht, mein Zauberstab ist Einsatzbereit.
Mein 2017 auf Wattpad war unbeschreiblich und dafür danke ich euch allen sehr. Wir sehen uns im neuen Jahr, trinkt nicht zu viel.
Bis demnächst, Amelie :)
Next Update ⥋ 07.01.2018 (Sunday)
[31.12.2017]
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