Mysteriös
Rosalin wässert die Blumen, während ihr die warmen Natriumdampflampen auf die Haut scheinen. Plötzlich knistert es aus einem versteckten Lautsprecher, und sie hört Vogelgezwitscher. Das Geräusch, das sie einst liebte, jetzt aber nur noch als grausame Erinnerung an die Freiheit empfindet, die ihr genommen wurde. Tareks Stimme folgt, „Ich dachte, du brauchst ein wenig Melodie, um dich voll und ganz zu entspannen!“ Er klingt freundlich, fast fürsorglich, aber Rosalin kann die unterschwellige Kontrolle in seinen Worten spüren. Sie atmet tief durch, kämpft gegen die Tränen an, und lenkt sich ab, indem sie weiter das Unkraut zupft. Ihre Hände arbeiten mechanisch, reißen Pflanzenreste aus der Erde, als sie plötzlich etwas entdeckt, kleine Erdbeer-Köpfe, die zwischen dem Grün hervorlugen. Ein kleines Lächeln huscht über ihr Gesicht. „Erdbeeren …“, murmelt sie leise, aber dann fällt ihr etwas auf (wo ist das Heu, um die Erdbeeren vor dem Faulen zu schützen?) Sie schaut sich suchend um, und unter der grünen Bank neben der verschlossenen Tür sieht sie einen weißen Sack. Hoffnung keimt in ihr auf, als sie zum Sack geht und ihn öffnet. Tatsächlich ist er voller Heu. Sie nimmt ihn dankbar und kehrt zu den Erdbeeren zurück, wo sie das Heu vorsichtig unter die Früchte legt, damit sie nicht im Dreck verfallen. Doch plötzlich bemerkt sie etwas Merkwürdiges im Sack, ein kleiner Zettel. Ihr Herz setzt einen Schlag aus. Vorsichtig blickt sie sich um, ob Tarek irgendwo in der Nähe ist, und zieht den Zettel heraus. In hastig gekritzelten Buchstaben steht darauf, *Vorsicht, er beobachtet dich! Grab bei der roten Sonnenblume.* Ihr Atem stockt. Schnell lässt sie den Zettel in den Sack zurückfallen und schüttet Heu darüber, bevor sie sich wieder auf die Erdbeeren konzentriert. Sie beißt in eine Erdbeere, um sich zu beruhigen, aber ihre Gedanken rasen. Nachdem sie die Arbeit an den Erdbeeren beendet hat, geht sie zum Tisch mit den Gartenutensilien und greift nach einer kleinen Schaufel. „Rote Sonnenblume…“, murmelt sie vor sich hin, während sie den Garten nach der besagten Blume absucht. Sie entfernt das Unkraut und gräbt an dem Beet, indem dutzende Sonnenblumen aus der Erde ragen, aber leider nur gelbe, ihre Augen schweifen immer wieder suchend umher. Wo ist diese rote Sonnenblume? Sie kann sie nirgendwo sehen. Gerade als sie aufgeben will und aufsteht, fällt ihr Blick auf den Stein, auf dem sie gekniet hat. Eine rote Sonnenblume ist darauf eingraviert. Ihr Herz beginnt zu rasen, als sie sich wieder fallen lässt und vorsichtig anfängt, an dieser Stelle zu graben. Ihre Hände zittern, als sie mit der Schaufel den Boden lockert. Dann stößt sie auf etwas Festes. Langsam wischt sie die Erde weg und entdeckt die Ecken eines alten Buches. Ihr Herz schlägt so heftig, dass es ihr fast die Kehle hoch rutscht. Doch bevor sie das Buch vollständig ausgraben kann, ertönt Tareks Stimme von der Tür aus „Zeit zu gehen, kleines Mäuschen.“ Erschrocken blickt sie auf, Schweißperlen ziehen sich Ihren Lippen entlang und tropfen ihr vom Kinn. Panik überkommt sie. Schnell schüttet sie Erde über das Buch, tut so, als ob sie nur noch die letzten Unkrautreste entfernt. Ihr Herz hämmert in ihrer Brust, als er sich ihr nähert, jeder Schritt wird lauter, wie ein Zug der an einem vorbeifährt. „Sehr schön hast du das gemacht“, flüstert er, als er sich neben sie kniet. Seine Finger legen sich schwer auf ihre Schulter. Sie versucht, ruhig zu bleiben, zwingt sich zu einem Lächeln und murmelt: „Ja, hat Spaß gemacht.“ Ihre Stimme klingt heißer und unsicher. Sie steht auf, aber ihre Beine fühlen sich wie Gummi an. Tarek reicht ihr das Tuch hin, mit dem sie sich ihre Augen verbinden soll. „Hier, du weißt, was du zu tun hast.“ Seine Stimme ist jetzt leiser, eindringlicher. Während sie widerwillig das Tuch entgegennimmt und sich die Augen verbindet, schreit ihr Verstand (hoffentlich hat er nichts bemerkt und bringt mich jetzt nicht um!). Er wirft sie wieder auf seinen Rücken und hält ihre Oberschenkel fest zwischen seinen Armen und seiner Hüfte, danach dreht er den Kopf zu ihr um. „Du würdest mich doch nicht verarschen, oder?“, fragt er plötzlich, seine Stimme, ein Hauch an ihrem Ohr. Sie kann die Spannung in seinen Worten spüren, und obwohl sie ihn nicht sieht, weiß sie, dass er sie misstrauisch beobachtet. Sie schüttelt verneinend den Kopf, so ruhig wie möglich, aber innerlich ist sie ein einziges Chaos. (Was ist, wenn er gesehen hat, wie ich den Zettel lese?) „Gut“, murmelt er, "wir wollen ja beide, dass du noch lange, glücklich und gesund bist.) Ihre Arme umklammern sich an seine Schultern, und sie fühlt, wie er mit festen Schritten zurück in den Raum geht. Ihre Gedanken kreisen hektisch um das, was sie gefunden hat. Was könnte in dem Buch stehen? Wer hat den Zettel hinterlassen? Ist es ihre Chance auf Freiheit, oder nur eine weitere Falle? Tarek bringt sie zurück in den weißen Raum. Vorsichtig setzt er sie ab, und sie hört, wie er leise die Tür hinter sich schließt. Als sie die Augenbinde abnimmt, sieht sie ihn mit einem nachdenklichen Gesichtsausdruck dastehen. Es scheint, als würde er etwas überlegen, aber dann schüttelt er den Kopf, als würde er den Gedanken verwerfen. „Ruhe dich aus, kleines Mäuschen“, sagt er sanft, bevor er sich abwendet und den Raum verlässt. Die Tür fällt mit einem leisen Klick ins Schloss. Rosalin bleibt allein zurück, ihr Herz rast immer noch. Sie setzt sich auf das Bett, ihre Hände zittern. Sie weiß, dass sie vorsichtig sein muss. Aber die Hoffnung, die dieses Buch symbolisiert, brennt wie eine kleine Flamme in ihrem Herzen. Irgendwo in diesem Haus könnte ein Ausweg in ihre Freiheit liegen und sie muss ihn finden, bevor es zu spät ist.
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