Kapitel 5
Als ich und Bonnie am Montag in die Schule gingen, redeten alle nur von der Party. „Warum starren mich einige so an? Meinst du sie haben mitbekommen das ich betrunken war.“, besorgt sah sie mich an und ich runzelte die Stirn. „Ja Bon, natürlich werden es einige mitbekommen haben, trotzdem kein Grund dich anzustarren.“ Jedes Mal wenn sie einer im Flur anstarrte, starrte ich genauso blöd zurück. Kurz vor dem Klassenraum liefen uns einige Jungs über den Weg. „Da ist ja wieder einer nüchtern. Bist scheinbar doch keine Lesbe.“ Er leckte sich mit der Zungenspitze über die Unterlippe und sah Bonnie grinsend an. „Halts Maul.“, giftete ich ihn an. Bonnie war die Situation unangenehm und sie flüchtete ins Klassenzimmer. „Schade. Jetzt ist sie weg. Mmmh, aber du bist auch okay.“ Er wollte nach meiner Hand greifen, doch ich ging gleich einen Schritt zurück. „Versuch es gar nicht erst, du Idiot! Fass deine Mutter an, aber nicht mich.“ Ohne eine Antwort abzuwarten betritt auch ich das Klassenzimmer, zum Glück war der Idiot eine Klassenstufe über uns. Es war der gleiche Typ, den Bonnie am Freitagabend geküsst hatte. Ich hätte sie echt nicht aus den Augen lassen dürfen.
„Du hättest nichts sagen sollen.“ Wie bitte? „Warum das denn nicht? Er hat dich beleidigt. Das kann man doch nicht so stehen lassen.“ Gerade als sie etwas erwidern konnte, kam auch schon unsere Lehrerin rein. „Wer von euch will seine Hausaufgaben vortragen?“ Oh verdammt. Ich habe es ganz vergessen, dass wir etwas auf hatten. Schnell sah ich in meinem Hefter. Es waren 2 Fragen, die wir ehrlich beantworten sollen.
Frage: Was sind deine Wünsche? Deine Ziele für das Leben?
Frage: Was ist deine schlimmste Angst?
Ich weiß ganz genau warum ich die Hausaufgabe nicht gemacht habe. Ich habe es verdrängt, da ich eigentlich der Meinung war, dass es ziemlich privat ist und es niemanden eigentlich etwas angeht. Als sie darauf angesprochen wird war ihre Meinung das es dazu beiträgt das Jemand etwas über sich Preis geben sollte, jeder soll etwas über den anderen wissen und somit sollte offenbart werden, dass jeder verwundbar ist. Scheinbar hat sie mal Psychologie studiert. Nur ich sehe trotzdem nicht ein, dass so etwas in den Unterricht gehört.
„Jessica“, rief sie auf. „Meine Wünsche sind es, erfolgreich zu sein. Geschäftsfrau zu werden und viel Geld zu besitzen. Ein geiles Auto zu fahren und einen heißen Kerl zu heiraten.“ Das hörte sich echt toll an, die gleichen Wünsche habe ich auch, dachte ich mir. Natürlich nicht. „Und deine schlimmste Angst?“, hakte Miss Smith nach. „Meine größte Angst ist es nicht gesehen zu werden. Vergessen zu werden, einfach unwichtig zu sein.“
„Danke für deine Ehrlichkeit, Jessica. Wer möchte als nächstes?“ Als sich keiner meldet nimmt sie ein anderes Mädchen ran. Meistens waren es immer die selben Ziele und Wünsche. Heiraten, Kinder, ein Haus, gute Arbeit. Bei den Jungen eine gute Arbeit, ein teures Auto, schöne Frau. Nur die Ängste waren unterschiedlich. Jeder hatte eine andere. „Jason.“ Die Lehrerin nickte ihm zu und sofort hörte ich genauer hin. Er räusperte sich und sah auf den Tisch. „Muss der Scheiß wirklich sein?“ „Achte auf deine Wortwahl. Und ja der ‚Scheiß‘ muss sein.“ „Na schön. Meine Wünsche und Ziele. Ich sehe nicht soweit in die Zukunft. Ich plane nichts. Ich erwarte nichts, also werde ich auch nicht enttäuscht. Ganz einfach. Meine größte Angst. Ich weiß nicht. Vor den Tod vielleicht. Mehr werde ich das ganze hier nicht ausführen.“ Es beschäftigte ihn mehr, als er preisgeben wollte. Kurz kreuzten sich unsere Blicke, doch ich sah schnell wieder weg als mein Name fiel. „Du bist an der Reihe Elizabeth.“ Zu meinem Erstaunen sprach sie meinen Namen richtig aus. Doch ich berichtigte sie. „Lizzy bitte. Meine Wünsche und Ziele. Ich ähm…ich möchte nach meinem Abschluss Medizin studieren. Das war eigentlich der Plan. Mein Wunsch ist es, meinen Neffen und meine Nichte gesund aufwachsen zusehen. Meine größte Angst. Ich habe tatsächlich Angst vor Spritzen und vor Krankenhäusern.“ Mehr wollte ich dem ganzen nicht hinzufügen. Es reichte was ich sagte und was jetzt alle von mir wissen. „Danke Eliza-Lizzy meine ich. Eine Frage habe ich allerdings, wenn du Amgst vor Krankenhäuser und Spritzen hast. Wie kannst du dann Medizin studieren wollen?" Sie sah über ihre Brille und wartete gespannt auf meine Antwort. "Naja ist es nicht so dass man sich seinen Ängsten stellen sollte? Ich möchte nicht das meine 'Angst' meine Zukunft bestimmt." "Deine Denkweise ist wirklich interessant, ich würde am liebsten ein längeres Gespräch mit dir führen. Und nun du Bonnie.“ „Mein Wunsch ist es geliebt zu werden. Später eine Familie zu haben. Einfach nur glücklich sein. Meine Angst ist es, später alleine zu sein. Und vor Spinnen. Ich hasse Spinnen.“ Ich musste lachen, denn hassen war noch untertrieben. Sie reagierte jedes Mal hysterisch, wenn sich eine Spinne im selben Raum befindet wie sie. Ich hatte auch mal schreckliche Angst vor Spinnen, nur die Angst ist mit den Jahren verschwunden. „Ich bedanke mich bei euch allen, für eure Offenheit. Mein Ziel ist es übrigens das alle von euch diesen Kurs bestehen. Und mein Wunsch ist es, dass ihr später an die eine oder andere Stunde zurückdenkt. Meine Angst ist es, dass ich keine gute Lehrerin sein werde. Dies ist das erste Jahr das ich richtig unterrichte und ich hoffe, dass ich nicht alles falsch mache.“
Die Mittagspause stand an und wir suchten uns einen freien Platz. Abby und Ava gesellten sich zu uns. „Wir haben euch am Freitag gar nicht gesehen.“, platzte es auch schon aus Ava raus und sah uns an. „Wir waren da, nur nicht ganz so lange.“ „Also stimmt es das du voll betrunken warst?“, mischte sich nun auch Abby ein und die Aufmerksamkeit war auf Bonnie gerichtet. Diese winkte jedoch ab. „Ja war ich. Na und?! Dann hab ich eben zu viel getrunken. Ist doch egal.“ „So war das auch gar nicht gemeint Bon, keiner macht dir Vorwürfe.“ Abby griff nach ihrer Hand und streichelte mit dem Daumen einmal darüber. „Schon okay. Ich bin einfach nur genervt das es heute so ein großes Thema ist.“ Als wenn es nicht schon reichte, kam Jessica auf unseren Tisch zugesteuert. „Na toll, die fehlt noch.“, zischte Bonnie leise und sah auf den Boden. Sie griff nach ihrer Tasche und tat so, als würde sie etwas da drinnen suchen. „Suchst du etwa deine Ehre? Ich glaube da musst du wohl etwas tiefer gucken.“ Sie lachte arrogant und sah spöttisch zu Bonnie. „Echt dann liegt ihre Ehre aber um einiges höher als deine. Wenn du sie suchen willst, dann würde ich mir einen Spaten vom Hausmeister leihen, du musst scheinbar ziemlich tief danach graben.“ Sofort erstickte ihr Lachen und sie wandte sich nun mir zu. „Für wen hältst du dich überhaupt? Schmeiß dich nicht an andere Frauen ihre Kerle ran und vögele mit ihnen im Pool.“ Ich verschluckte mich an meiner eigenen Spucke. Wie bitte, was?! „An deiner Stelle würde ich jetzt gehen. Kommt noch irgend so ein verlogener Scheiß aus deinem Maul, dann stopfe ich es dir! Nicht jeder schlampt so rum wie du. Und jetzt verpiss dich!“ Wütend ging sie davon ihre Absätze klapperten auf den Boden, was ein nervendes Geräusch war. „W-was meint sie?“, begann Bonnie und alle 3 starrten mich an. „Sie erzählt scheiße und nun muss ich weg. Etwas klären!“ Bevor sie nachfragen konnten, stand ich auf und sah mich in der Cafeteria um. Nur einer wusste was im Pool abgelaufen war, niemand anderes hat uns gesehen. Als ich zum Ausgang guckte, sah ich Jason der gerade dabei war zu verschwinden.
Ich beeilte mich unbemerkt aus der Cafeteria zu verschwinden. Hoffentlich hat es keiner sonst mitbekommen, was Jessica da gerade von sich gegeben hat. Zum Glück erreichte ich ihn noch, ihn war nicht bewusst das ich hinter ihm war. „Was soll der Mist?“, fragte ich um ihn zur Rede zu stellen. Ich zog an seinem Rucksack und ruckartig riss er meine Hand davon ab. „Aua.“, schreckte ich auf. Ich hätte nicht damit gerechnet das er mich verletzt. „Ich wollte dir nicht wehtun Elizabeth!“ Er sah sich hektisch um ob jemand gerade mitbekommen hat was sich hier gerade abspielt. „Ich heiße Lizzy! Du hast mir noch nicht beantwortet warum du so ein Mist über mich erzählt hast?“ Er tat so als ob er nachdachte, als wenn er nicht wüsste von was ich sprach. „Jetzt erzähle mir nicht, du wüsstest nicht wovon ich rede! Keiner außer wir beide waren da!“ „Ach du redest von der Sache im Pool! Was soll ich erzählt haben? Es ist doch überhaupt nichts passiert?“, spöttisch lachte er mich aus. „Ich weiß das da nichts passiert ist, darum verstehe ich nicht wie du Jessica erzählen kannst, dass du mich gevögelt hast.“ Er verschluckte sich an seinem Lachen und mit ernster Mine machte er einen Schritt nach vorne auf mich zu. „Warum sollte ich sowas erzählen? Was hätte ich davon?“ Wieso kann er es nicht einfach zugeben! Ich hasse ihn das er mich so provoziert. „Was weiß ich denn? Vielleicht um dein Ego zu puschen!“
„Bitte was?! Als ob ich das erzählen würde. Ich meine ich müsste mich schämen wenn es wirklich so gewesen wäre und ich mit dir geschlafen hätte.“ Darauf konnte ich nichts erwidern. Jetzt glaubte ich ihm, dass er es nicht wahr. Ich drehte mich zum Gehen um und schluckte den Kloß den ich im Hals hatte runter. „Es wäre mir peinlich, wenn ich mit dir gevögelt hätte, Elizabeth!“ Autsch. Ich will hier weg, er soll nicht sehen das er mich damit getroffen hat. Ich lief Richtung Parkplatz, die Pause war noch nicht vorbei und ich brauchte einen Moment um mich zu sammeln. Ein Stechen entstand in meiner linken Brust und ich hielt die Luft an. Es kam mir bekannt vor, in den letzten Monaten hatte ich es öfters. Es hielt nur länger an, als sonst.
Noch immer dachte ich über Jason seine Worte nach. Ist es wirklich so das man sich für mich schämen müsste? „Du hast schon wieder verloren, Lizzy.“ Linus legte den Controller beiseite und sah mich an. „Hast du keine Lust? Wir können auch etwas anderes spielen.“ Er war so verständnisvoll und sensibel, er bemerkte schnell wenn etwas nicht stimmte. „Nein alles gut mein großer. Ich bin nur noch nicht so gut darin.“ Ich zwang mich zu einem Lächeln und wuschelte durch seine blonden Haare. „Na los! Jetzt mach ich dich fertig.“ Schnell griff er nach seinem Controller und beschwerte sich das ich in der Zwischenzeit schon ein Tor geschossen habe. „Das war unfair.“, schmollte er und strengte sich nur noch mehr an. „Gönn deiner Tante doch das eine Tor.“ Als ich Tante sag lachte er laut. „Das hört sich so komisch an, wenn du Tante sagst. Die meisten Tanten die ich kenne sind älter als du.“ Lachend legte ich den Controller zur Seite und begann ihn zu kitzeln. „Willst du mir damit sagen das ich keine echte Tante bin?“ Gackernd wand er sich hin und her und versuchte meine Hände festzuhalten. „Neeeeein. Neeeeein. Du bist eine tolle junge Tante!“ Ich hörte auf ihn zu kitzeln und er setzt sich wieder neben mir hin. „Das wollte ich hören.“ Wir spielten noch ein paar Runden bis Layla ins Zimmer kam und sich auf meinen Schoß setzte. Ich legte den Controller beiseite und streichelte ihr über ihre schönen langen dunkelbraunen Haare. Sie ist so wunderschön. „Mein Teddy ist krank. Kannst du ihn untersuchen?“, fragte sie mich und sah mich erwartungsvoll an. „Natürlich kann ich das! Ist er sehr krank?“ Sie zog die Schultern hoch. „I-ich weiß es nicht. Du musst ihn ja untersuchen.“ Ich staunte jedes Mal wie deutlich sie schon mit ihre 3 Jahren sprechen konnte. Linus nahm mein Controller und legte ihn zurück in den Schrank. „Dann muss ich alleine weiterspielen.“, mitleidig sah er mich mit seinen großen schönen blauen Augen an. Es ist wirklich schwer ihm zu widerstehen. Wenn mich Linus oder Layla ansahen, konnte ich so gut wie nie Nein sagen. „Nein musst du nicht mein Junge. Mami macht jetzt mit dir Hausaufgaben!“, ertönte Linas Stimme hinter uns. Sie kam grinsend auf uns zu und ich musste mir ein Lachen verkneifen, als Linus die Augen verdrehte und sich auf die Couch legte. „Damit kommst du nicht durch, das weißt du mein Schatz.“ Innerhalb Sekunden lag Linus nicht mehr auf der Couch. Lina hatte ihn hochgehoben und nahm ihn mit sich mit. Er protestierte, was ihn aber nichts brachte. Ich griff nach Laylas Hand und ging mit ihr ins Kinderzimmer. Sie lief los und holte aus ihrem Schrank den Arztkoffer. „Hier“, sagte sie und reichte ihn mir. „Du musst die Brille noch aufsetzen.“ Sie zeigte auf die kleine gelbe Brille die ich mit Absicht weit nach unten gepackt habe. „Oh die habe ich ganz vergessen.“ Naja einen Versuch war es ja wert.
Als Layla eingeschlafen ist, decke ich sie zu und schalte ihr Nachtlicht ein. Linus war wohl auch schon in seinem Zimmer und schaute bestimmt seine Lieblingsserie, die gerade im Fernsehen lief. „Alles okay?“, fragte ich Lina die noch immer in der Küche am Tisch saß und abwesend auf ihre Hände starrte. Sie hatte mich nicht bemerkt und sah erschrocken zu mir auf. „Was? Ja, oder nein. Keine Ahnung.“ Ich nahm auf den Stuhl neben ihr Platz. „Was ist denn los?“ Ich griff nach ihrer Hand und ihr Mund öffnete sich. „Ich weiß es nicht, ob überhaupt etwas ist. Aber Tyler er ist seit ein paar Tagen nur noch abwesend und mit den Gedanken ganz woanders. Er kommt nur noch spät nach Hause und wenn er da ist, dann geht er sofort schlafen.“ Ich runzelte die Stirn und bevor ich antworten konnte, sah sie von unseren Händen wieder hoch. „Meinst du er hat eine Andere?“ Ihre Augen füllten sich mit Tränen und sofort schüttelte ich heftig den Kopf. „Nein! Lina auf keinen Fall, daran darfst du gar nicht denken! Er liebt dich über alles. Das würde er dir niemals antun. Und das sag ich nicht nur weil er mein Bruder ist! Ich weiß das er dich niemals betrügen würde!“ Ich rutschte zu ihr rüber und nahm sie in den Arm. „Aber warum kommt er dann nicht mehr nach Hause und redet mit mir.“, nuschelte sie in meine Haar. „Ich glaube es wird einen Grund haben wieso er es nicht tut.“ Ich erinnerte mich an das Gespräch welches ich zufällig bei uns Zuhause mitgehört habe. Ich kann verstehen das er Lina nichts davon erzählt hat. Schließlich hätte ich auch Angst, dass es alte Wunden bei ihr aufreißen könnte.
Misstrauisch sah sie mich an. "Lizzy, weißt du vielleicht mehr darüber als ich?" Ich war noch nie eine gute Lügnerin. Außerdem kennt mich Lina seit ich 4 Jahre alt bin, sie würde wissen wenn ich lüge. "Nein nicht direkt. Ich weiß nur das er momentan viel auf Arbeit zutun hat." Es war ja nicht wirklich gelogen. Sie seufzte gab sich dann aber mit meiner Antwort zufrieden. "Ich hoffe du hast recht.", murmelte sie als sie aufstand um bei Linus den Fernseher auszuschalten. Ich nutzte die Gelegenheit zu verschwinden.
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Und hier ist auch schon das 5. Kapitel.😁 Ich hoffe es ist eine kleine Entschädigung dafür, dass es sonst so lange gedauert hat bis mal wieder etwas kam.🙄 Die Zeit wird zeigen, wie lange ich an der Geschichte noch schreiben werde, es liegt auch ein wenig daran wie viele überhaupt noch lesen werden. Trotzdem werde ich mich bemühen weiter zuschreiben und ich hoffe wir sehen uns bei den nächsten Kapiteln wieder. 🥳
Juliie❤
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