40. Epilog

Heute begann mein erster Arbeitstag im Oceanography Center in Southampton. Ich war mächtig aufgeregt, obwohl es dafür gar keinen triftigen Grund gab. Doch seit Niall sich von mir verabschiedet hatte, um sich auf den Weg zum Flughafen London Heathrow zu machen, von welchem er gemeinsam mit den anderen Jungs einen Flug nach Los Angeles antreten würde, war ich total unruhig.

Es war so süß von ihm, mich gestern nach Southampton zu fahren und sogar über Nacht hierzubleiben, obwohl wir uns am kommenden Wochenende bereits wieder sehen würden. Niall wollte einfach bei mir sein, um mir die erste Nacht in der neuen Umgebung, einer Pension, die vorwiegend möblierte Zimmer an Praktikanten vermietete, zu erleichtern.

Mein Zimmer wirkte mit seinen dunklen Holzmöbeln urgemütlich und ich konnte sogar zur See hinausschauen. Außer einem Queensize Bett und einem kleinen Nachttisch, befanden sich noch ein Kleiderschrank, ein Schreibtisch mit Stuhl, ein Sofa, ein kleiner runder Tisch, sowie ein riesiger Sessel darin. Nachdem ich alle wichtigen Bilder aufgehängt bzw. aufgestellt hatte, fühlte ich mich schon fast wie zuhause.

Das Oceanography Center lag außerdem nicht allzu weit entfernt, was meine Unterkunft noch mehr als perfekt erscheinen ließ. Es gab eine Gemeinschaftsküche in dem großen Haus, sowie einen Aufenthaltsraum, dessen Bücherregale an den Wänden so einige Schätze enthielten. Jedenfalls hatte ich das gestern Abend beim flüchtigen Durchsehen bemerkt.

Nun stand ich an der Bushaltestelle und wartete, bis der Linienbus mich zu meinem Praktikumsplatz fahren würde. Zwei Haltestellen und ich war praktisch schon dort, weil der Bus genau gegenüber des Oceanography Centers hielt. Er traf auch pünktlich ein und obwohl ich viel zu früh ankommen würde, machte es mir nichts aus.

So konnte ich meine Gedanken noch ein wenig sammeln und mich darauf vorbereiten, mit der Leitung der Abteilung für Meeresbiologie zu sprechen. Ich war wahnsinnig gespannt auf all die Menschen und auf die Arbeit, die dort auf mich zukommen würde. Trotzdem fühlte ich so eine merkwürdige, innere Unruhe in mir aufsteigen, die etwas Außergewöhnliches ankündigte. Kaum hatte ich den Bus verlassen, traf eine SMS auf meinem Handy ein. Schnell warf ich einen Blick darauf, um festzustellen, dass Niall mir geschrieben hatte.

Schau in deine Handtasche, dort befindet sich ein weißer Briefumschlag. Bitte öffne ihn und lies den Brief, bevor du zu deinem Gespräch mit der Leitung für Meeresbiologie gehst. Ich liebe dich, Niall.

Was sollte das jetzt schon wieder? Warum schrieb er mir einen Brief? Ich nahm stark an, dass er von ihm stammte und fragte mich, warum er anstatt zu reden, etwas geschrieben hatte. Bevor ich auf die Suche nach dem Umschlag in meiner großen und unübersichtlichen Handtasche ging, überquerte ich die Straße, da die Fußgängerampel gerade auf grün gesprungen war. Ich hatte noch über eine halbe Stunde, bis dieses Gespräch stattfinden würde, das Niall erwähnt hatte und so entschloss ich mich dazu, mir einen Platz im Inneren des Gebäudes zu suchen, um den Brief in aller Ruhe lesen zu können.

Beim Pförtner angekommen, musste ich das Schreiben, welches ich vor zwei Wochen erhalten hatte, vorzeigen. Der nette Mann rief daraufhin jemanden an, der mich abholte. Ich wartete ungefähr zwei Minuten, bis eine Dame eintraf, um mich zu empfangen.

„Ich bin Amanda, die Assistentin von Mrs Parker. Sie müssen Belita sein", begrüßte sie mich freundlich und streckte ihre Hand aus, welche ich sogleich ergriff und kurz schüttelte. „Ja, ich bin Belita."

„Fein, stört es dich, wenn wir uns duzen? Wir sind alle per Du hier, weißt du."

Ich war erleichtert, dass hier ein lockerer Umgangston herrschte, ähnlich wie bei der Whale Rescue Organisation. Außerdem schien Amanda die Dreißig noch nicht überschritten zu haben, ich schätzte sie auf etwa achtundzwanzig. Sie hatte kurze, dunkelblonde Haare, grüne Augen und ein sehr gewinnendes Lächeln. Wir waren etwa gleich groß, wobei ihre Figur athletischer wirkte als meine. Bestimmt suchte sie regelmäßig ein Fitnessstudio auf.

„Nein, das macht mir gar nichts aus, bei der Whale Rescue Organisation haben sich auch alle geduzt", antwortete ich nun.

Es war mir so herausgerutscht, doch Amanda schien das zu wissen, denn sie sagte enthusiastisch: „Mrs Parker kann es kaum erwarten, bis du ihr davon Bericht erstattest."
„Dann wird unser Gespräch wohl länger dauern."

„Das nehme ich stark an."

Ich folgte Amanda einen langen Gang entlang, dessen Fenster zur linken Seite in Richtung Meer gingen. Es sah an diesem Tag etwas stürmisch aus, obwohl strahlendblauer Himmel herrschte. Doch es war ziemlich windig heute, was ich bereits auf dem Weg hierher festgestellt hatte. Als Amanda plötzlich abrupt vor einer Tür stehenblieb, wäre ich beinahe in sie hineingelaufen, weil meine Gedanken bei Nialls Brief verweilten, der sich in meiner Handtasche befinden musste. Wir betraten nun einen Raum, in welchem einige Stühle und ein Tisch standen und an dessen rechter Wand sich eine Tür befand.

„Du kannst hier warten, Mrs Parker wird dich dann hereinrufen. Ich bringe dir gleich etwas zu trinken. Möchtest du Tee, Kaffee, Wasser oder Saft?"

„Ein Wasser bitte."

Ich wartete, bis Amanda das Wasser nebst einem Teller mit Keksen serviert hatte. Anschließend verließ sie den Raum, mit dem Hinweis, dass sie nun zu ihrem Arbeitsplatz zurückkehren würde und wir uns spätestens beim Mittagessen sehen würden.

Nachdem ich einen Schluck Wasser getrunken hatte, - die Kekse rührte ich nicht an, weil ich viel zu aufgeregt war, um etwas essen zu können, - griff ich nach meiner Handtasche und suchte nach dem weißen Umschlag. Als ich ihn endlich zwischen meiner Geldbörse, den Taschentüchern und all dem anderen Kleinkram, der sich in meiner Tasche angesammelt hatte, fand, blickte ich zunächst auf die Vorderseite.

Niall hatte nur meinen Namen darauf geschrieben, in seiner wunderschönen Handschrift, die ich immer bewunderte. Die meisten Männer besaßen keine schöne Schrift, er bildete in dieser Hinsicht eine Ausnahme. Meine Hände zitterten ein wenig, als ich mit klopfendem Herzen den Umschlag öffnete, um den Brief hervor zu holen. Sekunden später begann ich zu lesen.

Liebe Bel, du wirst dich sicher wundern, warum ich dir einen Brief schreibe, aber ich wollte dir noch einige wichtige Dinge sagen, die mir sehr am Herzen liegen, bevor du das für dich so wichtige Gespräch antrittst.

Ich weiß, wie entscheidend dieses Praktikum für dich und deine weitere berufliche Zukunft ist, und dass du verzweifelt einen Platz gesucht hast, der uns nicht schon wieder für lange Zeit entzweit. Glaube mir, auch ich hätte es nicht noch einmal ausgehalten, dich ans andere Ende der Welt zu verlieren, wo ich dich nicht einfach so besuchen kann, wenn mir danach zumute ist.

Du hast dir gewünscht, nicht weit weg von London zu sein und nun wurde dein Wunsch erfüllt.

Dieser Praktikumsplatz ist mein Geschenk an dich, mein kleiner Rotschopf, denn auch ich möchte dich in meiner Nähe haben. Es hat mich einiges an Zeit und Nerven gekostet, ihn zu beschaffen, aber ich habe es gerne getan, für dich, denn du bist das Kostbarste, was ich jemals auf dieser Welt geschenkt bekommen habe.

Ja, Bel, du bist ein Geschenk für mich. Jeder Tag an dem ich dein Lächeln nicht sehen kann, ist ein verlorener Tag. Jede Stunde, in der wir nicht miteinander reden können, ist eine verlorene Stunde für mich und jede Sekunde, in der du bei mir bist, macht mich unendlich glücklich. Als du mich damals verlassen hast, weil du dachtest, ich würde dich betrügen, wurde mir erst richtig bewusst, wie sehr ich dich liebe, wie sehr ich dich brauche, und wie trostlos meine Welt ohne dich ist.

Obwohl es mir das Herz gebrochen hat, habe ich dich gehen lassen, ohne zu wissen, in welche Gefahr du dich begeben würdest. Dafür werde ich mir ewig Vorwürfe machen, obwohl zum Schluss alles gut ausgegangen ist. Doch all diese Dinge hatten etwas Gutes, denn wir haben gelernt zu verzeihen und bedingungslos einander zu vertrauen. Ich möchte dich nun bitten, mir erneut zu vertrauen, was deinen Praktikumsplatz angeht, der dir alle Türen für deine berufliche Zukunft öffnen wird.

Du wirst gleich auf einen Menschen treffen, den du bisher nur ein einziges Mal in deinem Leben gesehen hast und von dem du nichts weißt. Ich hingegen habe mich viele Male mit ihr getroffen, und sie hat es möglich gemacht, diesen Praktikumsplatz für dich zur Verfügung zu stellen.

Ich habe ihr alles erzählt, was ich über deine Arbeit bei der Whale Rescue Organisation wusste, einschließlich der Tatsache, dass du einen kleinen Buckelwal Namens Joe aufgezogen hast, was sie sehr beeindruckt hat. In wenigen Minuten wird sie dich hier begrüßen und ich möchte, dass du Megan vertraust und mit ihr Freundschaft schließt, denn sie ist ein herzlicher, liebenswerter Mensch, der mir versprochen hat, auf das Mädchen aufzupassen, das ich unendlich liebe, auf dich.

Nun kennst du den Grund, warum ich mich mit dieser netten, gutaussehenden Frau getroffen habe, die übrigens verheiratet ist – der Grund warst einzig und alleine du.

Ich weiß, du wirst alles schaffen, was du dir vorgenommen hast und Megan wird dir dabei helfen. Ich weiß auch, dass du jetzt weinen wirst, wenn du diese Zeilen liest aber ich musste auch weinen, als ich diesen Brief geschrieben habe, denn du bedeutest alles für mich, Bel.

Es ist nicht leicht zu wissen, dass wir jetzt erneut voneinander getrennt sind, doch zum Glück sind es nur zwei Stunden Fahrt von London aus, und ich kann es kaum erwarten, dich am Wochenende zu sehen. Das Gefühl, wenn du in meinen Armen liegst, ist mit nichts auf dieser Welt zu vergleichen und deinen Herzschlag zu spüren, ist alles, was ich brauche, um glücklich zu sein, denn du bist mein Leben.


Ich liebe dich von ganzem Herzen, Niall


Meine Tränen liefen wie Sturzbäche die Wangen hinunter. Ich konnte sie nicht stoppen und wollte es auch gar nicht, um ehrlich zu sein. So viele Gefühle stürzten in jenem Moment auf mich ein, dass ich glaubte, es nicht mehr aushalten zu können. Mein Herz krampfte sich schmerzhaft zusammen und doch spürte ich gleichzeitig ein unglaubliches Glücksgefühl, sowie grenzenlose Dankbarkeit in mir aufsteigen, denn sein Geschenk an mich war unglaublich.

Niall hatte mir diesen Praktikumsplatz besorgt, mit Hilfe von Megan, von der ich geglaubt hatte, dass sie etwas mit meinen Freund hatte. Wie dumm war ich gewesen? Wie sehr musste ihn das gekränkt und verletzt haben? Und wie sehr musste er mich lieben, um mir all das verzeihen zu können?

Bedingungslos, genauso wie ich ihn.

Zu wissen, dass ich das Kostbarste für ihn auf der Welt war und ihn unendlich glücklich machen konnte, waren die schönsten Worte, die er hatte wählen können, um seine Liebe für mich auszudrücken. Ich brauchte keine teuren Diamanten, ich brauchte nur ihn und seine Liebe.

In jenem Moment sehnte ich mich unendlich nach seiner Umarmung, die mir so viel Geborgenheit gab, nach seinen Händen, die zärtlich über meinen Körper glitten, bevor wir miteinander schliefen, nach seinen Lippen, die sich manchmal sanft und manchmal fordernd auf meine legten, nach seiner Stimme, deren Flüstern mich beinahe durchdrehen ließ, weil sie sich so sexy anhörte, nach seinem Gesang, der mich zum Träumen brachte und nach seinen Augen, die pures Verlangen, Liebe und Leidenschaft auszudrücken vermochten.

Gefangen in meiner eigenen Welt und zwischen meinen Tränen, nahm ich gar nicht wahr, dass die Tür zum Nebenzimmer geöffnet wurde und eine Person den Raum betrat. Erst, als eine Hand sich sachte auf meine Schulter legte, schaute ich erschrocken auf, um in das Gesicht von Megan Parker zu blicken, der Leiterin der Abteilung für Meeresbiologie.

Ohne ein Wort zu sagen, legte Megan nun beide Arme um mich, zog mich zu sich heran und sagte leise: „Es ist alles gut, Belita. Ich weiß, wie sehr du ihn liebst."

Mein Schluchzen wurde ein wenig leiser, meine Atmung kontrollierter und irgendwann schaffte ich es, Megan in die Augen zu schauen. Diese blickten mich freundlich und gleichzeitig forschend an, als ob sie sich davon überzeugen wollte, dass es mir gut ging.

„Es tut mir so leid", stotterte ich unbeholfen, denn ich wollte mich für mein damaliges Verhalten entschuldigen.

Ein kleines Lächeln umspielte jetzt ihre wunderschönen Lippen, als sie sagte: „Ich trage dir nichts nach, im Gegenteil. Ich kann deine Reaktion durchaus nachvollziehen, denn wenn ich einen Freund wie Niall hätte, würde ich ihn vermutlich zuhause anketten."

Auf diese Bemerkung hin musste ich so lachen, dass das Eis zwischen uns gebrochen war. Auch Megan stimmte kurz in das Lachen mit ein, wurde dann jedoch gleich wieder etwas ernster.

„Ich weiß, wie sehr Niall dich liebt, Belita, er hat es mir oft genug gesagt, eigentlich jedes Mal, wenn wir uns getroffen haben, und auch am Abend des Weihnachtsballs. Er hat es mir genau in diesem Moment gesagt, als du nach draußen gekommen bist. Für dich hat es so ausgesehen, als ob wir uns küssen würden, doch Niall musste sich so weit zu mir hinunter beugen, damit ich ihn verstehen konnte."

Als ich ein wenig fragend dreinblickte, fuhr Megan mit ihrer Erklärung fort.

„Ich habe von Geburt an einen Hörfehler, mein rechtes Ohr ist fast taub, was bedeutet, dass ich ein Hörgerät tragen muss. Leider machte dieses an jenem Abend große Probleme, und so war Niall gezwungen, mir näher zu kommen, als er eigentlich wollte, um mir all das sagen zu können, was so wichtig für ihn war und ist."

Ein wenig beschämt stand ich nun da, wusste nicht, was ich sagen sollte, aber Megan beherrschte es ausgezeichnet, aus jeder Situation das Beste zu machen.

„Mach dir keinen Kopf, es ist alles ok", sagte sie und deutete nun in Richtung ihres Büros, welches wir anschließend betraten.

„Und jetzt erzählst du mir alles über die Buckelwale", forderte sie mich auf.

Ich wusste nicht, wie lange wir uns unteralten hatten, denn die Zeit bis zur Mittagspause verging wie im Flug, ohne dass ich Megans Büro zwischendurch verließ. Niall hatte Recht, sie war ein absolut liebenswerter und herzlicher Mensch, jemand, dem ich mein Vertrauen bestimmt schenken konnte. Auch wenn ich sie noch nicht lange kannte, Niall war sich dessen sicher und ich vertraute seinem Urteil bedingungslos.

Wenn ich eines in den letzten Jahren gelernt hatte, dann war es die Tatsache, dass Vertrauen neben Liebe das Wichtigste in einer Beziehung war. Und egal, was die Zukunft bringen sollte, ich würde Niall immer vertrauen, das hatte er verdient.

Er brachte mir bei, dass Berührungen nicht wehtaten, er lehrte mich, was es hieß jemanden so zu lieben, dass man ihn gehen ließ und er zeigte mir, dass es nichts auf der Welt gab, was er nicht für mich tun würde.

Dafür schenkte ich ihm meine grenzenlose Liebe und mein bedingungsloses Vertrauen, für immer.

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The End

Wir haben es geschafft, wir sind am Ende angekommen! Hättet ihr gedacht, dass Megan in dieser Verbindung zu Niall steht?

Es hat mich total gefreut, dass ich so viele Leser mit einer meiner älteren Storys begeistern konnte. Ich liebe euch echt dafür! Und deswegen habe ich beschlossen, noch eines meiner älteren Werke aus dem Jahr 2014 hochzuladen. Die Story heißt Addiction und ist auf meinem Profil zu finden. Und es ist.... wie sollte es auch anders sein... eine Niall Story! Also meine lieben Niall Girls (und alle anderen selbstverständlich auch), ich hoffe ihr findet den Weg dorthin. Es würde mich auf jeden Fall sehr freuen.

Meine anderen Stories sind:

SOUL

Promise me!

Black Room, Black Ice, Black Vision (Trilogie)

Time Machine

Blood Shed

Sideline

Addiction


Das Danksagungskapitel für diese Story findet ihr im Anschluss an dieses hier.

GLG, Ambi xxx

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