32. Brainteaser
Niall
Es war am späten Nachmittag, als ich mit leichten Kopfschmerzen erwachte. Da wir heute zur Abwechslung mal keinen Pressetermin absolvieren mussten und auch keine Proben anstanden, hatte ich beschlossen, auszuschlafen. Dies klappte ziemlich gut, da ich am Abend zuvor mit Liam in einem Pub und dann in einem Club versackt war.
Der Alkoholgehalt in meinem Blut gestattete es mir, zu schlafen wie ein Baby und nicht dauernd an Bel denken zu müssen. Doch mein erster Gedanke als ich erwachte, galt ihr. Seit sie mir gestern eine Nachricht geschickt hatte und ich auf meine Rückrufe keine Antwort erhielt, machte ich mir langsam Sorgen.
Sie würde niemals aus Spaß so etwas schreiben, dafür kannte ich sie zu gut. Nur alleine an der Satzstellung konnte ich erkennen, dass sie über all das nachdachte, was zwischen uns geschehen war. Es wäre schön gewesen, wenn wir uns endlich hätten aussprechen können, was sie wohl auch beabsichtigte. Genau deswegen verstand ich nicht, warum sie auf meine Anrufe nicht reagierte.
Seufzend griff ich nach meinem Handy, um nachzuschauen, ob ich vielleicht einen Anruf von ihr verpasst hatte. Mein Herz klopfte schneller, als ich sah, dass eine Nachricht eingetroffen war. Vielleicht stammte diese von Bel.
Mit blinzelnden Augen öffnete ich die Message, um nachzuschauen, ob ich mit meiner Vermutung richtig lag. Tatsächlich stammte die Nachricht von Bel. Als ich diese jedoch öffnete, verstand ich gar nichts mehr. Sie hatte völlig sinnloses Zeug geschrieben, so, als ob sie unter Drogen stehen würde oder sich einen Scherz mit mir erlauben wollte. Doch die letzten zwei Buchstaben des verwirrenden Textes ließen mich wissen, dass sie mich noch immer liebte.
„F.Y. – Forever yours."
Ich wusste genau, was dies bedeutete. Wir beide gehörten für immer zusammen. Aber warum schrieb sie dies unter solch einen merkwürdigen Text?
Ein wenig umständlich erhob ich mich aus dem Bett und lief ins Wohnzimmer, um zu überlegen und meine Schlussfolgerungen zu ziehen. Etwas in mir sagte, dass sie meine Hilfe brauchte und zwar dringend. Aber was sollte ich tun? Sie anrufen, um nur wieder die Stimme auf ihrer Mailbox zu hören? Eine Textnachricht schreiben, auf die sie vielleicht gar nicht antworten würde?
Nervös fuhr ich durch meine blonden Haare, die mal wieder eine Ansatzfärbung vertragen konnten, während ich überlegte, wie ich nun weiter vorgehen sollte. Es führte wahrscheinlich kein Weg daran vorbei, einen Anruf zu wagen. Doch so oft ich das Handy auch klingeln ließ, Bel meldete sich nicht. Es war immer nur ihre Mailbox, die sich einschaltete.
Daraufhin las ich den Text, den sie mir geschickt hatte, nochmals durch, mit dem Ergebnis, dass ich genauso schlau wie vorher war. Aber vielleicht konnten meine Freunde mir dabei helfen, diesen zu entschlüsseln. Denn dass es sich dabei um eine verschlüsselte Botschaft handelte, hatte ich bereits begriffen. So wählte ich Liams Nummer, der total überrascht reagierte, als er meine Stimme vernahm.
„Hallo Niall, na wie hast du geschlafen?", erkundigte er sich.
In jenem Moment konnte ich sein Grinsen genau vor mir sehen. Doch das würde ihm vermutlich gleich vergehen.
„Liam, ich brauche dringend deine Hilfe", sagte ich ein wenig atemlos.
„Was ist denn passiert?"
Anhand meiner Stimmlage musste er wohl erkannt haben, dass ich nicht scherzte.
„Es geht um Bel", erwiderte ich aufgeregt.
„Oh Gott, Niall, bitte sag mir nicht, dass ihr etwas zugestoßen ist!", hörte ich ihn schockiert sagen.
Als er das aussprach, krampfte sich mein Herz schmerzhaft zusammen. Wenn ihr etwas geschehen sein sollte, würde ich mir das nie verzeihen. Denn schließlich hatte ich sie einfach so gehen lassen, in der Hoffnung, dass sie am nächsten Tag zurückkommen würde. Dabei hatte ich nicht bedacht, wie stur sie sein konnte, wenn sie sich ungerecht behandelt fühlte. Aber ich hatte ihr zeigen wollen, dass auch ich dickköpfig sein konnte, mit dem Ergebnis, dass sie mir unendlich fehlte und wir uns wahrscheinlich immer mehr voneinander entfernten. Aber ihre Nachricht zeigte mir, dass sie mich noch immer liebte.
„Ich weiß nicht, Liam", erwiderte ich seufzend. „Sie hat mir eine ganz komische Message geschickt. Ich werde daraus nicht schlau, und das Einzige was ich weiß, ist, dass sie sehr wahrscheinlich in Schwierigkeiten steckt."
Liam atmete tief durch.
„Was hat sie denn geschrieben? Kannst du mir das bitte vorlesen?"
„Nein, das geht nicht, weil ich gerade mit meinem Handy telefoniere, wie du sicher bemerkt hast", fuhr ich ihn unnötigerweise an.
„Dann bewege deinen Hintern gefälligst zu mir!"
„Ich würde den anderen aber auch gerne Bescheid sagen, ich möchte, dass ihr euch alle diesen Text anschaut", beharrte ich.
„Das mache ich schon. Sieh zu, dass du dich anziehst und auf dem schnellsten Weg zu mir kommst", lautete Liams Kommentar.
Diesem Vorschlag stimmte ich natürlich zu, heilfroh darüber, dass meine Freunde mir nun helfen würden, den Text zu verstehen. Nachdem ich im Schnellverfahren geduscht und mich angezogen hatte, schnappte ich meine Autoschüssel und rannte förmlich zu meinem Wagen. Der dichte Verkehr in London regte mich heute doppelt auf, weil ich es ziemlich eilig hatte, zu Liam zu gelangen. Als ich dann doch endlich vor seinem Haus stand und die Klingel betätigte, atmete ich kurz erleichtert auf. Sekunden später wurde die Tür geöffnet und Liam begrüßte mich mit einer herzlichen Umarmung.
„Komm rein, Nialler, alle anderen bis auf Zayn sind schon da", sagte er.
Nachdem ich Louis und Harry begrüßt hatte, setzte ich mich auf den freien Sessel gegenüber dem Sofa und holte mein Handy hervor. Genau in diesem Augenblick ertönte die Türglocke, was wohl bedeutete, dass Zayn jetzt auch eingetroffen war. Keine zwei Minuten später tauchte er im Wohnzimmer auf. Seine Haare sahen zerzaust aus und sein Gesicht wirkte ein klein wenig müde. Er war schon immer ein Langschläger gewesen, deswegen rechnete ich es ihm hoch an, dass er wahrscheinlich aus dem Bett gefallen sein musste, nur um mir zur Seite stehen zu können.
„Hey, Nialler, was gibt es denn?", erkundigte er sich auch sogleich, wobei er mir einen freundschaftlichen Klaps auf die Schulter gab.
„Ich wollte euch zeigen, was Bel mir geschrieben hat", begann ich seufzend.
„Dann lies mal bitte vor", bat Louis.
Ich kam mir vor, wie ein Idiot, als ich die Worte laut aussprach, welche auf dem Display meines Handys vor meinen Augen auftauchten.
„Hochmut kommt vor dem Fall, der immer mit der Straße endet. Diese scheint endlos zu sein, hört aber nach einhundertzwanzig Metern auf, um dann ihren Weg zwei Stockwerke in Richtung Himmel fortzusetzen. Doch Vorsicht! Es gibt immer einen bösen Engel, manchmal auch zwei! F.Y."
Es herrschte etwa fünf Sekunden Stille, nachdem ich alles vorgelesen hatte, dann sprach Liam als Erster.
„Könntest du mir bitte dein Handy geben, Niall?"
Vermutlich dachte er, dass ich auf Drogen sei und deswegen so ein sinnloses Zeug von mir gab. Aber genau das Gegenteil trat ein, denn mein Freund studierte den Text mit zusammengezogenen Augenbrauen, wobei Harry ihm über die Schulter schaute.
„Das hört sich an wie ein Hilferuf und wie etwas, was wir entschlüsseln müssen", sagte er.
„Soweit bin ich auch schon gekommen", erwiderte ich resigniert. „Aber alleine schaffe ich das nicht. Ich brauche eure Hilfe."
„Könnte das vielleicht eine Adresse sein, auf die sie aufmerksam machen will?", fragte Louis nachdenklich.
„Daran habe ich auch schon gedacht, aber..." Liam stockte plötzlich, um gleich darauf zu rufen: „Kann einer von euch den Stadtplan von London in seinem Handy aufrufen?"
„Klar."
Vor zwei Minuten wirkte Zayn noch total verschlafen, doch jetzt war er sofort zur Stelle. „Welche Straße soll ich eingeben?", wollte er wissen.
„Sieh nach, ob es eine Fallstreet gibt", meinte Liam. Anschließend widerholte er den ersten Satz der Nachricht: „Hochmut kommt vor dem Fall, der immer mit der Straße endet", was wirklich genial war, sollte das so stimmen.
„Es gibt eine Fallstreet", kam es auch schon von Zayn, dessen Gehirnzellen jetzt auf vollen Touren zu arbeiten schienen.
„Das wird dann wohl die Straße sein", warf Louis ein, was ich mit einem Nicken untermauerte.
„Ok, nächster Schritt", sinnierte Liam, der dann den nächsten Satz dreimal hintereinander laut vorlas, bevor wir es endlich begriffen.
„Die Straße hört nach einhundertzwanzig Metern auf – das ist bestimmt die Hausnummer", rief Harry aufgeregt.
„Ja, und die zwei Stockwerke in Richtung Himmel bedeutet, dass sie sich im zweiten Stock befindet", fügte Liam hinzu.
Der letzte Satz gab uns jedoch einige Rätsel auf, denn dieser bezog sich wohl kaum noch auf die Adresse.
„Es gibt immer einen bösen Engel, manchmal auch zwei", murmelte ich vor mich hin.
Dann schlug ich mir mit der flachen Hand gegen die Stirn.
„Ich hab's Leute! Sie will uns damit bestimmt sagen, dass sie von jemandem bewacht wird!"
Alle vier starrten mich nun an und Liams Gesicht war das Erste, das sich zu einem breiten Grinsen verzog.
„Ich glaube du hast Recht, Nialler", sagte er.
„Gut, dann bliebe jetzt nur noch die Frage übrig, mit welchem Auto wir in die Fallstreet fahren sollen, um Bel dort rauszuholen", vervollständigte Louis unsere Gedankengänge.
„Wir nehmen das Auto von einem guten Freund", erklärte Zayn ohne Umschweife. „Er fährt einen großen Van, da passen wir alle hinein, außerdem kennen die Paparazzi diesen Wagen nicht."
Eigentlich wäre mir das vollkommen egal gewesen, denn es ging hier darum, meine Freundin zu befreien aber ich musste Zayn zustimmen, was diese Vorsichtsmaßnahme anging. Ich hoffte nur, dass es nicht allzu lange dauern würde, bis wir das Auto abholen konnten. Was, wenn Bel inzwischen etwas Schlimmes geschehen war?
Ihre Nachricht stammte bereits von heute Morgen, und man wusste schließlich nie, was währenddessen passieren konnte. Ich hatte überhaupt keine Ahnung, in welchem sozialen Umfeld sie nun lebte, lediglich, dass sie zu Carrie in eine WG gezogen war. Während Zayn mit seinem Kumpel telefonierte, saß ich wie auf heißen Kohle, Was, wenn diese Typen Waffen besaßen? Dann würden wir völlig aufgeschmissen sein!
Als ich Liam meine Bedenken mitteilte, sagte er nur: „Ich denke, das hätte sie uns irgendwie zu verstehen gegeben."
„Vielleicht hast du ja recht", seufzte ich, stand auf und lief zum Fenster, um nach draußen zu blicken. Es war bereits dunkel geworden, außerdem fing es gerade an zu regnen, was meine Stimmung nicht gerade anhob. Ich wollte Bel finden, die zu mir nach Hause holen, wo sie hingehörte. Wir beiden hatten Fehler gemacht, doch das zählte im Augenblick nicht. Wichtig war nur, dass ihr nichts passierte, denn sollte das der Fall sein, würde ich mir das niemals verzeihen. Nie!
„Ok, wir sind dann in einer Stunde bei dir", hörte ich Zayn plötzlich sagen.
„In einer Stunde erst?" Mir wurde ganz übel, ich wollte nicht eine Minute länger warten, doch Liam, der zu bemerken schien, wie es mir gerade ging, tätschelte beruhigend meine Hand.
„Wir kriegen das hin, Niall", sagte er leise. „Wir holen sie da raus, das verspreche ich dir."
Verzweifelt starrte ich auf mein Handy, las mir diese Nachricht immer wieder durch und überprüfte, ob wir auch nichts falsch verstanden oder ausgelassen hatten. Das schien jedoch nicht der Fall zu sein. Es handelte sich mit ziemlicher Gewissheit um eine Adresse und die Warnung am Schluss war klar und deutlich.
Meine Sorge um Bel wurde von Sekunde zu Sekunde größer, meine Kehle schien wie zugeschnürt zu sein und mein Herz raste unaufhörlich. Warum konnten wir nicht endlich losfahren? Musste Louis unbedingt jetzt nochmal die Toilette aufsuchen? Und warum brauchte Harry so lange, um seine Jacke anzuziehen? Meine Nerven waren ziemlich am Ende, das wurde mir gerade bewusst.
Nach gefühlten drei Stunden verließen wir endlich Liams Haus, um uns anschließend auf zwei Autos zu verteilen. Ich steuerte meinen Range Rover, in welchem mir Liam und Harry Gesellschaft leisteten. Zayn fuhr in seinem eigenen Wagen, begleitet von Louis. Die Fahrt durch London zog sich wie Kaugummi. Jede rote Ampel, die unser Vorankommen erschwerte, wurde von mir mit bösen Blicken bedacht. Ging denn heute alles schief? Ich fluchte hin und wieder, was meine Mitfahrer jedoch gekonnt ignorierten.
Dann bog Zayns Wagen in eine Seitenstraße ab, die direkt in eine Art Industriegelände führte. Vor einem flachen Bau, dessen Putz von den Hauswänden bröckelte, kam sein Auto schließlich zum Stehen. Ich hatte keine Ahnung, wo wir hier gelandet waren und es interessierte mich auch nicht, dass der schwarze Van, der nur darauf wartete, von uns benutzt zu werden, vor Dreck nur so strotzte. Viel wichtiger war die Tatsache, dass das Gefährt genügend Platz für uns alle, einschließlich Belita aufwies, die wir hoffentlich in Kürze befreien würden.
Nachdem der Besitzer des Wagens uns begrüßt und die Autoschlüssel übergeben hatte, klemmte sich Zayn sofort hinters Steuer und startete die Navigation. Ich durfte den Platz neben ihm belegen, während die anderen sich auf die beiden hinteren Bänke verteilten.
„Es sind genau fünfundvierzig Minuten zu fahren, Niall", sagte er.
„Warum muss London nur so groß sein?", entfuhr es mir.
Angst schwang in meiner Stimme mit, die Angst vielleicht zu spät zu kommen, weil man Bel etwas angetan hatte. Ich wollte und durfte nicht über solche Dinge nachdenken, ich musste einen klaren Kopf behalten. Doch das war leichter gesagt als getan. Immer wieder warf ich einen nervösen Blick auf die Uhr, während Zayn sich auf das Fahren konzentrierte. Wir hatten zu diesem Zeitpunkt nicht einmal einen Plan, wie wir vorgehen wollten. Als ich meinen Gedanken laut aussprach, drängte sich Louis' Stimme aus dem hinteren Teil des Wagens in meine Ohren.
„Das ist doch ganz einfach, Niall. Wir werden diese Wohnung oder was auch immer stürmen, die Typen außer Gefecht setzen und dann hauen wir mit Bel ab."
„Genialer Plan", erwiderte Liam mit einer Brise Ironie in seinem Tonfall.
Das konnte ja heiter werden, denn wenn die beiden sich nicht einig waren, stand die nächste Katastrophe bereits in den Startlöchern.
Die nächsten Minuten vergingen quälend und als ich glaubte, dass wir nie unser Ziel erreichen würden, stoppte Zayn den Wagen, indem er ruckartig auf die Bremse trat.
„Hey, bist du verrückt?", maulte ich, doch er schüttelte nur grinsend seinen Kopf.
„Aussteigen, Jungs. Da vorne liegt unser Ziel."
„Warum parken wir denn nicht direkt vor dem Haus?", erkundigte sich Louis, nachdem er festgestellt hatte, dass wir sicher noch mindestens fünfzig Meter laufen mussten.
„Weil wir erstmal die Gegend unter die Lupe nehmen müssen" kam es prompt von Liam.
Zumindest würde unser schmutziger Wagen in diesem Viertel nicht auffallen, wenn, dann eher wir. Deshalb zogen wir alle unser Beanies etwas tiefer in die Gesichter. Es grenzte schon an einen komischen Zufall, dass wir uns heute alle für diese Art der Kopfbedeckung entschieden hatten. Ich wäre am liebsten sofort losgerannt, doch Liam hielt mich zurück.
„Du gehst da nicht alleine rein, verstanden?", wies er mich mit fester Stimme zurecht.
Also fügte ich mich, obwohl es mir wahnsinnig schwer fiel. Alles was ich wollte, war, in dieses verdammte Haus zu stürmen, um Bel herauszuholen.
Glücklicherweise war es bereits stockdunkel geworden und die Straße so gut menschenleer, somit würden wir ungesehen in das Haus gelangen können. Aus der Ferne konnte man Hundegebell vernehmen, sowie das Schlagen einer Kirchturmuhr. Dies waren jedoch die einzigen Geräusche, die in meine Ohren drangen.
„Wir sollten möglichst wenig Lärm machen, wenn wir jetzt hineingehen", wisperte Liam leise, der unsere Gruppe anführte.
„Du Scherzkeks, und wie bitte sollen wir die Haustür geräuschlos öffnen, wenn nicht mal einen Schlüssel besitzen?", fragte Louis aufmüpfig.
Eine durchaus berechtigte Frage, die ich mir gerade selbst stellte. Zu unserer Überraschung schien Zayn jedoch Abhilfe schaffen zu können.
„Habt ihr eigentlich keine Ahnung von diesen Dingen?", fragte er völlig verwundert, holte seine Geldbörse hervor und zog eine Kundenkarte von Harrods daraus hervor, welcher er uns unter die Nasen hielt.
„Das geht ganz einfach", erklärte er nun. „Man führt die Karte auf der Höhe des Schnappers am Schliessblech ein und dann wird sie an der Rahmenfalz entlang geschoben, bis der Riegel dadurch zurückgedrückt wird. Das braucht ein bisschen Fingerspitzengefühl aber da Perrie uns beide schon öfter ausgesperrt hat, kenne ich mich damit aus", erklärte er grinsend.
Ich verstand zwar nur Bahnhof, doch ich schaute Zayn fasziniert zu, wie er die Haustür ohne größere Probleme öffnete.
„Dafür hast du einen Orden verdient", flüsterte ich ihm zu, was er nur mit einem Grinsen quittierte.
Fast geräuschlos huschte einer nach dem anderen durch die Tür, welche wir leise hinter uns zuzogen. Die Dunkelheit im Treppenhaus behinderte zwar unsere Sicht, doch wie benutzten eines der Handys als Taschenlampe, welches uns sicher in den zweiten Stock brachte. Die Stufen der Treppe waren Gott sei Dank aus Stein und knarrten demnach nicht.
Meine Nervosität wuchs von Sekunde zu Sekunde und als wir vor der Eingangstür im zweiten Stock standen, wisperte ich leise: „Bitte lasst mich vorgehen."
Liam nickte, bevor er Zayn das Ok gab, die Tür auf die gleiche Art und Weise zu öffnen wie dieser das bereits zuvor mit der Haustür getan hatte. Meine Kehle fühlte sich ganz trocken an, als ich zuerst das Innere der Wohnung betrat. Alles war still, was darauf schließen ließ, dass niemand anwesend war. Doch Belita musste hier sein, in einem der Zimmer. Zumindest hoffte ich das, denn dann wäre ich an meinem Ziel angekommen.
Nachdenklich betrachtete ich die fünf Türen, die von dem rechteckigen Flur aus zu erreichen waren. Meine Augen schlossen sich kurz und dann ließ ich einfach mein Herz entscheiden, zu welcher Tür ich zuerst laufen wollte. Ihren Namen laut herauszuschreien wäre in Anbetracht der Tatsache, dass wir uns nicht zu hundert Prozent sicher sein konnten, alleine zu sein, nicht sehr förderlich gewesen.
Langsam schritt ich auf einer der Türen zu, blieb davor stehen und drückte vorsichtig die Klinke nach unten, um diese zu öffnen, doch sie war verschlossen. Mein Herz schlug schneller, denn Bel wurde vermutlich gefangen gehalten, also konnte s gut möglich, dass sie sich genau in diesem Zimmer aufhielt.
„Bel, bist du da drin?"
Meine Stimme klang rau, leise und nicht gerade überzeugend. Da ich keine Antwort erhielt, versuchte ich es noch einmal. Dieses Mal jedoch etwas lauter.
„Bel, bist du hier?"
„Niall?"
„Oh mein Gott! Sie ist da drinnen!", schrie ich aufgeregt.
„Niall! Bitte hol mich raus!"
Ich konnte hören, dass Bel weinte, was mir fast das Herz brach, und mich völlig außer Kontrolle geraten ließ. Mit meinem ganzen Körpergewicht warf ich mich gegen die Tür, was natürlich jede Menge Lärm verursachte. Aber das kümmerte mich im Augenblick nicht wirklich. Ich wollte nur zu Bel, die sicher total fertig und verängstigt war. Die Tür leistete Widerstand, doch als Harry sich gleichzeitig mit mir dagegen warf, gab sie schließlich nach und wir landeten beinahe auf dem Fußboden.
„Bel!", rief ich, als ich auf meine Freundin zustürzte, die am ganzen Körper zitternd auf einem Bett saß.
Tränen liefen aus ihren wunderhübschen grünen Augen, doch das war im Vergleich zu dem, was ich noch zu sehen bekam, harmlos. Ihr rechtes Auge war dick und bläulich verfärbt und auch ihre Lippe sah aus, als ob sie geschlagen worden wäre. In jenem Augenblick fühlte ich eine kalte Wut in mir aufsteigen, die mich fast durchdrehen ließ. Was hatten sie ihr nur angetan? Wie konnte jemand es wagen, das Mädchen, das ich liebte derart zu misshandeln?
„Bel."
Als ich sie behutsam in meine Arme nahm, lehnte sie ihren Kopf kraftlos an meine Schulter und begann heftig zu schluchzen.
„Niall..."
Ihre Arme legten sich um meinen Nacken, sie presste ihren schlanken Körper gegen meinen, während ich nur darauf bedacht war, ihr nicht wehzutun. Meine Hand glitt vorsichtig über den Teil ihres Gesichts, der nicht malträtiert worden war, als ich fragte: „Wer hat das getan?"
„M...Max", schluchzte sie.
„Wer ist Max?", fragte ich nach.
„Er... Er ist Jasons Freund.... Jason wohnt hier und Max... besucht ihn jeden Tag... Sie kommen bestimmt gleich wieder, sie sind schon lange weg..."
Bels Stimme zitterte so sehr, genau wie ihr gesamter Körper, den ich nun in meinem Armen hielt. Sollte ich diesen Max jemals zu Gesicht bekommen, dann hatte seine letzte Stunde geschlagen!
„Ist ja gut", wisperte ich leise in ihr Ohr, „ich bin ja hier".
Dabei streichelte meine rechte Hand langsam über ihr langes rotes Haar, das ich so sehr liebte. Ich spürte, wie sie ein wenig ruhiger wurde, wie ihre Hände sich nicht mehr ganz so verkrampft an mir festhielten und dass ihre Atmung flacher wurde.
„Ich lasse es nicht zu, dass dich noch einmal jemand so behandelt. Ich bringe dich nach Hause", flüsterte ich, während ich versuchte, meine Tränen zurückzuhalten.
Es war meine Schuld, dass sie in diesem Zustand hier saß, ich hätte sie niemals gehen lassen dürfen. Ich hätte wissen müssen, dass sie ohne weiteres an die falschen Leute geraten konnte. Bel war zwar alles andere als dumm, aber in manchen Dingen des Lebens viel zu unerfahren, um die Gefahren zu erkennen, die in einer Weltmetropole wie London überall lauerten. Ich wollte sie beschützen, so lange es nur ging aber irgendwie war alles schief gelaufen.
„Niall", hörte ich sie wispern.
„Ja?"
„Ich bin so froh, dass du mich gefunden hast."
Ich wollte gerade etwas darauf erwidern, nämlich, dass Liam eigentlich der größte Teil des Dankes gebührte, als ich seine Stimme vernahm.
„Niall, beeile dich! Wir müssen hier raus! Im Treppenhaus ist das Licht angegangen. Vielleicht bekommen wir noch Besuch."
Kaum hatte er diesen Satz ausgesprochen, starrte ich mit klopfendem Herzen in Richtung Eingangstür, die gegenüber Bels Zimmer lag. Mein Adrenalinspiegel stieg ins Unermessliche, als ich zwei Typen, etwa in unserem Alter, hereinkommen sah, die uns verständlicherweise erstaunt musterten.
„Was macht ihr denn hier?", fragte der rechts stehende, ein großer, schlaksiger Typ.
„Oh mein Gott", hörte ich Bel leise flüstern. „Da ist er."
Ich wusste ganz genau, auf wen sie anspielte.
Bevor einer meiner Freunde auf die Frage des schlaksigen Typen antworten konnte, ließ ich Bel los, sprang vom Bett auf, rannte in den Flur und fragte drohend: „Wer von euch beiden ist Max?"
Einer der beiden trat nun direkt vor mich. Ein Typ mit giftgrünen, kalten Augen, die mich böse musterten.
„Ich bin Max."
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Feuer frei für den Ringkampf! Was glaubt ihr wird nun passieren?
Ich bin gespannt auf eure Kommentare!
Nächstes Update: Montag!
LG, Ambi xxx
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