30. Thieves
Obwohl ich den dringenden Wunsch verspürte, kehrte ich nicht um. Niall war vermutlich sowieso schon lange gegangen und außerdem ließ mein verdammter Stolz nicht zu, dass ich klein beigab. So lief ich mit schnellen Schritten in Richtung U-Bahn Station, um dann nach Hause zu fahren.
Während die Bahn durch den unterirdischen Tunnel rollte, dachte ich über Niall nach. Warum hatte er das Café aufgesucht? Nur, um mit mir zu reden oder auch, weil er mich vielleicht überzeugen wollte, wieder bei ihm einzuziehen? Ich wusste es nicht und wenn ich ehrlich sein sollte, war ich noch immer sauer auf ihn. Die Erwähnung des Namens Megan rief ebenfalls ein ungutes Gefühl in mir hervor. Er hätte es besser lassen sollen, diesen Namen in meiner Gegenwart auszusprechen.
Die Fahrt nach Hause zog sich wie Kaugummi und als ich nach einer gefühlten Ewigkeit die Wohnung betrat, vernahm ich die Stimmen von Max und Jason, welche aus der Küche in meine Ohren drangen. Ich rannte förmlich in mein Zimmer, froh darüber, dass ich mir gestern dort einen kleinen Getränkevorrat angelegt hatte, denn ich war sehr durstig. Ich hätte mich aber nicht dazu überwinden können, die Küche aufzusuchen, wenn Max sich darin aufhielt.
Wie üblich schloss ich die Tür zu meinem Zimmer ab, bevor ich meine Jacke und die gefütterten Sneakers auszog. Anschließend ließ ich mich mit einem lauten Seufzen auf meinem Bett nieder und griff nach der Wasserflasche, die direkt daneben, auf dem Boden stand. Ich trank fast die halbe Flasche in einem Zug leer, bevor ich sie wieder absetzte. Meine Augen fixierten den dunklen Fußboden aus Holz, als meine Gedanken erneut zu Niall wanderten. I
rgendwie kam es mir so vor, als ob er etwas Wichtiges mitteilen wollte aber ich wusste nicht, was das hätte sein können. Vielleicht wäre es dieses Mal besser gewesen, ihn anzuhören. Aber mein Temperament und mein Stolz verhinderten dies erfolgreich.
Manchmal wünschte ich mir, gewisse Dinge einfach nüchterner betrachten zu können, doch das war oft leichter gesagt als getan. Immerhin waren eine Menge Gefühle im Spiel, wenn es um Niall ging. Ich konnte nicht einfach auf einen Knopf drücken, um diese abzustellen. Liebe war etwas, das langsam wuchs und es brauchte genauso seine Zeit, diese loszulassen. Aber wollte ich das überhaupt? Wollte ich Niall wirklich aus meinem Leben verbannen?
Im Moment konnte ich keine Antwort darauf geben, weil ich noch immer sehr viel für ihn empfand. Nur wenn man jemanden liebte, war man eifersüchtig auf eine andere Person, was mir bewusst machte, dass ich nach wie vor an ihm hing. Es tat einfach nur weh, diese Bilder auf Twitter zu sehen und sich vorzustellen, wie sie miteinander lachten, sich unterhielten und sich küssen würden. Vielleicht hatte er auch schon mit ihr geschlafen.
Krampfhaft ersuchte ich, diesen Gedanken aus meinem Kopf zu verbannen, doch das erwies sich als gar nicht so einfach. Niall sah gut aus und jede Frau, die Interesse an ihm hatte, würde versuchen, ihn ins Bett zu kriegen, davon war ich überzeugt.
Als ich mich wieder vom Bett erhob, um bequeme Kleidung anzuziehen, war ich mit meinen Überlegungen nicht wirklich einen Schritt weitergekommen. Möglicherweise konnte ich morgen mit Kathy darüber reden. Sie würde mir zumindest ihre ehrliche Meinung sagen, egal, wie diese lautete und egal, ob ich diese nun angenehm fand oder nicht.
Nachdem ich in eine schwarze Jogginghose und ein ebenfalls schwarzes Sweatshirt geschlüpft war, nahm ich meinen Laptop und legte mich auf das Bett, um ein wenig im Internet zu stöbern. Ich hatte keine Ahnung, was ich nachher zu Abend essen sollte und wusste auch nicht, ob Carrie sich im Moment in ihrem Zimmer aufhielt. Es wäre schön, wenn sie mir später Gesellschaft leisten würde, denn ich hasste es, alleine essen zu müssen. Doch meine Gebete hinsichtlich Carrie wurden leider nicht erhört.
Nachdem Jason und Max die Wohnung verlassen hatten, stürzte ich aus meinem Zimmer und klopfte an die Tür meiner Mitbewohnerin, die jedoch nicht öffnete. Sie schien also nicht hier zu sein, was mich dazu veranlasste, den Pizza Lieferservice anzurufen, um mir das Abendessen bringen zu lassen. Nach der Erfahrung mit Max hatte ich nämlich keine Lust, abends noch durch die dunklen Straßen zu laufen.
Eine halbe Stunde später war es dann soweit; meine Salami Pizza wurde geliefert und nur alleine der köstliche Duft ließ meinen Magen laut knurren. Zum Glück bemerkte der Pizza Bote das nicht und selbst wenn, wäre mir das auch egal gewesen. Ich aß die Pizza in meinem Zimmer, vor lauter Angst, dass Max und Jason vielleicht wieder auftauchen könnten. Glücklicherweise war das jedoch nicht der Fall. Ich hatte an diesem Abend meine Ruhe vor der ganzen Welt. Selbst mein Handy gab keinen Ton von sich.
Nach dem Essen entschied ich mich dazu, Kathy eine Nachricht zu schicken, um mich zu vergewissern, ob halb drei als Uhrzeit für sie in Ordnung sei, was sie sogleich mit einem Ja beantwortete.
„Wo bist du denn gerade?", lautete meine nächste Nachricht.
„Ich sitze mit Harry in einem Lokal beim Abendessen", kam es von Kathy zurück.
Da wollte ich natürlich nicht stören und so wünschte ich ihr viel Spaß und eine gute Nacht, worauf sie antwortete: „Danke, werde ich haben, schlaf du auch gut. Ich freue mich schon auf morgen."
Harry und Kathy – irgendwie musste ich schmunzeln, wenn ich daran dachte. Eigentlich passten die beiden recht gut zusammen, jedenfalls in meinen Augen und wenn man es genau betrachtete, hatte ich sogar dabei geholfen, die zwei zusammen zu bringen. Kathys Aussagen bei unserem letzten Telefonat ließen darauf schließen, dass Harry und sie sich auf jeden Fall näher gekommen sein mussten.
Da Carrie noch immer nicht aufgetaucht war, beschloss ich, einen Film auf meinem Laptop anzuschauen. Gerade, als ich die DVD einlegte, hörte ich das Quietschen der Eingangstür und Carries Stimme rufen: „Bel, ich bin's, mach bitte die Tür auf."
Sofort erhob ich mich vom Bett, um Carrie in mein Zimmer zu lassen. Sie trug einen langen Mantel, hochhackige Stiefel und ihr Gesicht war geschminkt.
„Wo warst du denn so lange?", erkundigte ich mich neugierig.
„Arbeiten", erwiderte sie nur. „Und jetzt bin ich müde und würde gerne eine Dusche nehmen, aber vorher muss ich unbedingt was essen."
„Ich habe leider schon gegessen", antwortete ich bedauernd. „Vielleicht sagst du mir beim nächsten Mal einfach Bescheid, wann du nach Hause kommst, damit ich auf dich warten kann", schlug ich vor.
Jetzt lächelte Carrie. „Kann ich machen."
Immerhin leistete ich ihr in der Küche Gesellschaft, als sie ein Sandwich verdrückte, wobei wir uns unterhielten.
„Wie war dein Tag im Café?", erkundigte sie sich liebenswürdig.
„Hör auf", begann ich, „Niall ist aufgetaucht."
„Was?!"
„Ja." Ich nickte zur Bekräftigung.
„Was wollte er denn?", fragte Carrie.
„Na was wohl, mit mir reden! Er wollte mir mal wieder erklären, warum er sich mit der schwarzhaarigen Schlampe trifft", brachte ich hervor.
Meine Wut auf diese Megan steigerte ich ins Unermessliche, ich konnte direkt fühlen, wie diese von meinem Innersten Besitz ergriff und sich in jeder Faser meines Körpers ausbreitete. Ich musste diese Wut herauslassen, sonst würde ich irgendwann platzen, das stand fest. Carrie durfte sich also alles anhören, was in meinem Kopf vorging.
„Weißt du was, Bel", sagte sie, als ich meine Ausführungen beendet hatte, „an deiner Stelle würde ich Niall in die Wüste schicken. Wenn ich einen Freund hätte, der sich so aufführen würde, wäre die Sache für mich gegessen."
Zumindest hatte sie ihre Meinung, auch wenn ich das ein bisschen hart und sogar voreilig fand. Wenn man so viel durchgemacht hatte, wie Niall und ich, wollte man eine Beziehung auch nicht so einfach aufgeben.
Hin- und hergerissen zwischen meinen Gefühlen, lag ich später im Bett, wo ich verzweifelt versuchte einzuschlafen. Dies gelang mir jedoch nur schwer. Andauernd tauchte Nialls Gesicht vor mir auf, seine blauen Augen, sein hübsches Lächeln. Es tat so weh zu wissen, dass er sich mit einer anderen traf, selbst wenn noch nichts zwischen den beiden gelaufen sein sollte.
Wenn er sich doch nur bei mir entschuldige würde! Ich wäre bereit, ihm zu verzeihen, das wurde mir nun klar aber da er das wohl nicht für nötig hielt, sah ich es auch nicht ein, den ersten Schritt zu machen.
Irgendwann verfiel ich in einen unruhigen Schlaf, der mich am nächsten Morgen gegen neun erwachen ließ. Das fahle Licht fand seinen Weg durch die Jalousien, als ich im Flur ein lautes Poltern vernahm.
„Verdammt", hörte ich Jason fluchen und kurz darauf vernahm ich die Stimme von Max.
„Alter, du kiffst einfach zu viel!"
Im gleichen Augenblick nahm ich den leicht süßlichen Gestank wahr, der durch die Ritzen der Zimmertür seinen Weg in alle Richtungen fand. Na toll! Unter anderen Umständen wäre ich jetzt herausgestürmt, um Jason die Meinung zu sagen, aber da Max ebenfalls im Flur stand, wollte ich das nicht riskieren. Etwas in mir fühlte, dass er gefährlich werden konnte.
Seufzend zog ich mir die Decke über den Kopf, um den Mief nicht weiter einatmen zu müssen, wobei ich hoffte, dass die beiden bald verschwinden würden. Es war sowieso ungewöhnlich, dass sie sich um diese Uhrzeit, an einem Sonntag hier herumtrieben.
Max tauchte normalerweise immer erst gegen Mittag oder noch später hier auf. Es klang wie eine Erlösung, als ich endlich das laute Quietschen der Tür vernahm. Mit einem Satz sprang ich aus dem Bett und rannte zum Fenster, um dieses weit zu öffnen. Anschließend riss ich meine Zimmertür auf, ging in die Küche und öffnete dort ebenfalls das Fenster. Jetzt herrschte Durchzug in der Wohnung, der hoffentlich diesen unangenehmen Geruch beseitigen würde.
Zwischenzeitlich sprang ich unter die Dusche, was eine ganze Weile Zeit in Anspruch nahm. Meine langen Haare benötigten ausreichend Pflege und fast zwanzig Minuten zum Trocknen, und das, obwohl ich einen Föhn verwendete. Der Vorteil daran war, dass sich der süßliche Geruch des Kiffens in der Zwischenzeit verflüchtigt hatte.
Schnell huschte ich in mein Zimmer, schloss dort das Fenster, um dann in die Küche zu laufen. Wie auf Bestellung betrat Carrie den Raum, in einem langen Bademantel bekleidet. Sie musste gerade erst aufgewacht sein.
„Morgen, Bel", murmelte sie verschlafen, öffnete die Tür des Kühlschranks, um den Orangensaft herauszuholen.
Während ich meine Freundin kritisch beäugte, entschloss ich mich dazu, ihr eine Frage zu stellen, die mich seit einigen Tagen immens beschäftigte.
„Sag mal, als was arbeitest du denn sonst noch?"
Carrie trank zunächst den Orangensaft aus ihrem Glas, bevor sie mich angrinste.
„Das meine Liebe, erzähle ich dir, wenn wir uns besser kennen", lautete ihre geheimnisvolle Antwort, die mich ganz und gar nicht zufrieden stellte.
„Warum denn?", erkundigte ich mich deshalb.
„Bel, nimm es doch einfach so hin, ok? Ich werde es dir schon erzählen, wenn ich es für richtig empfinde."
Mehr war aus ihr nicht herauszubekommen und ich fragte mich langsam immer öfter, wo ich hier eigentlich hingeraten war.
Nach dem Frühstück trennten sich unsere Wege, denn Carrie war mit einer Freundin verabredet, während ich darauf wartete, dass es Zeit wurde, zu Kathy zu fahren. Ich freute mich wirklich auf unser Treffen, denn ich hatte sie richtig lieb gewonnen. Vielleicht würde sie mir einen Tipp geben können, wie ich mich nun Niall gegenüber verhalten sollte.
Es grenzte schon an ein kleines Wunder, dass ich dazu bereit war, den Rat eines anderen Menschen anzuhören und vielleicht sogar in Erwägung ziehen würde, diesen anzunehmen, zumal es um meine Beziehung mit Niall ging. In diese ließ ich mir nämlich sehr ungerne reinreden, doch in diesem Fall war ich so verzweifelt, dass ich ganz dringend mit jemandem darüber reden musste. Zu Kathy hatte ich ein gewisses Vertrauen, mehr als zu Carrie, die mir auch so einiges vorenthielt, was ihren zweiten Job anging.
Nachdenklich blickte ich auf mein Handy. Der Wunsch, Niall eine Nachricht zu schreiben und ihn um ein klärendes Gespräch zu bitten, wurde immer größer. Doch ich wollte erst mit Kathy über alles sprechen. Vielleicht hatte sie sogar Anhaltspunkte darüber, warum er sich mit dieser Megan traf.
Als ich aus dem Fenster blickte, bemerkte ich, dass es zu regnen begonnen hatte. Aber das war nichts das Einzige, was meine Stimmung umschlagen ließ. Jason und Max gingen geradewegs auf das Haus zu, was bedeutete, dass die beiden gleich hier eintrudeln würden. Mein Herz schlug wie wahnsinnig als ich daran dachte, dass Carrie bereits die Wohnung verlassen hatte. Nachher würde ich alleine den Flur überqueren müssen, um nach draußen zu gelangen. Ich konnte nur hoffen, dass ich Max nicht begegnete.
Die Zeit, die ich nun in meinem Zimmer alleine verbrachte, trug nicht dazu bei, meine Stimmung zu verbessern. Da half es auch nicht, dass Jonathan sich per Textnachricht meldete, um zu fragen, wie es mir ging.
„Ganz gut und dir?", schrieb ich zurück.
„Ich kann kaum sprechen, deswegen schreibe ich. Meine Erkältung ist nicht wirklich besser geworden", lautete seine Antwort.
Irgendwie konnte er einem schon leidtun.
„Ich wünsche dir auf jeden Fall gute Besserung", textete ich nun.
„Danke! Ich melde mich wieder, wenn es mir besser geht. Ich muss mich jetzt um Kyle kümmern, er liegt mit Fieber im Bett."
Jonathans letzter Satz brachte mein Herz zum Schmelzen. Ich fand es super süß, wie er Kyle bemutterte und sich um diesen kümmerte. Ein Schatten fiel über mein Gesicht, als ich daran dachte, wer sich wohl in Zukunft um mich sorgen würde, wenn ich mal wieder mit Fieber im Bett liegen sollte. In der Vergangenheit hatte Niall das getan, sehr gerne sogar und mit viel Liebe. Meine Augen wurden schon wieder feucht, wenn ich nur daran dachte, dass er Megan vielleicht so umsorgen könnte wie einst mich.
Mein Magen begann heftig zu knurren, als es auf ein Uhr zuging und so beschloss ich einfach, früher aus dem Haus zu gehen, um noch bei Burger King vorbeizuschauen, bevor ich endgültig zu Kathy fahren würde. Ich schlüpfte in eine schwarze Jeans, einen grünen Pulli, der mit glitzernden Fäden durchzogen war und zog meine schwarzen Stiefel an, die ich damals in Dublin gekauft hatte.
Bevor ich meinen Mantel überzog, holte ich meine Geldbörse hervor und entnahm dieser den Lohn, den mein Boss mir gestern ausgehändigt hatte. Ich behielt lediglich fünfzig Pfund in der Geldbörse, der Rest verschwand im Schrank bei meiner eisernen Reserve von fünfhundert Pfund. Somit würde es kein Problem sein, Carrie nachher das Geld für die Miete auf den Tisch zu legen, das war heute Morgen nämlich ganz in Vergessenheit geraten.
Leise schlich ich mich aus meinem Zimmer und bemühte mich, die Tür möglichst geräuschlos zu verschließen. Nachdem dies geschehen war, ging auf Zehenspitzen und mit klopfendem Herzen durch den Flur. Erst als ich das Treppenhaus erreichte, begann ich aufzuatmen und gleichzeitig zu rennen. Ich rannte fast die komplette Straße entlang und erst als die U-Bahn Station in Sichtweite kam, fühlte ich mich sicher.
Keuchend verlangsamte ich meine Schritte und lief schließlich in gemäßigtem Tempo bis zu meinem Ziel weiter. Ich hatte keine Ahnung, ob die beiden mich gehört hatten, wichtig war nur, dass ich ungesehen aus dem Haus entkommen war. Jetzt konnte ich nur beten, dass Carrie nachher zuhause sein würde oder Max bis dahin verschwunden war.
Eine halbe Stunde später saß ich in einem Burger King, verdrückte einen Whopper und schrieb Kathy eine Nachricht, dass ich auf dem Weg zu ihr sei. Sie antwortete mit einem enthusiastischen. „Ich freue mich total auf dich!"
Lächelnd ließ ich das Handy in meiner Handtasche verschwinden, erhob mich und verließ das Fast Food Restaurant, um in die U-Bahn Linie zu steigen, die mich zu Kathy bringen würde.
Mein Gemütszustand besserte sich deutlich, als ich vor der Haustür stand und auf den Klingelknopf drückte. Jetzt konnte einem schönen Nachmittag nichts mehr im Wege stehen.
„Bel!" Kath fiel mir augenblicklich um den Hals, als sie mich erblickte.
Sie sah wahnsinnig hübsch aus. Ihre Augen strahlten und das lange Haar fiel perfekt auf ihre Schultern hinab. Es glänzte wie Seide und unterstrich den Glanz ihrer Augen um ein Vielfaches.
„Du siehst toll aus!", brachte ich hervor.
„Danke, du aber auch."
„Na ja, so fühle ich mich aber nicht gerade", gab ich zur Antwort.
Kathy ging zunächst nicht auf meine Bemerkung ein, da ihre Eltern auf der Bildfläche erschienen, um mich zu begrüßen. Sie kannten mich nur aus Erzählungen, wussten jedoch meinen Namen sofort zuzuordnen.
„Sie sind also die Freundin von Niall Horan", sagte Kathys Vater, als er meine Hand schüttelte.
„Ähm, ja."
Was hätte ich auch anderes sagen sollen? Wir hatten uns ja noch nicht einmal offiziell getrennt, ein Gedanke, der mir diese groteske Situation deutlich vor Augen führte. Wir verzogen uns schnell in Kathys Zimmer, nachdem ihre Eltern sich wieder zurückgezogen hatten. Dort ließen wir uns auf dem Sofa nieder, das gegenüber dem Bett stand. Das Zimmer war ziemlich groß, die Möbel weiß, bis auf den Sofabezog, der in einem wunderschönen dezenten Orange gehalten war. Grün und Orange waren meine absoluten Lieblingsfarben und somit fühlte ich mich in Kathys Zimmer sofort wohl.
„Möchtest du etwas trinken, Bel?", fragte sie sogleich und deutete auf eine Teekanne, welche auf dem Beistelltisch vor dem Sofa stand.
„Ich habe extra frischen Tee gekocht", fügte sie noch hinzu.
Mein begeistertes Nicken veranlasste sie dazu, zwei Tassen mit Tee zu füllen, wovon ich eine entgegennahm. Es handelte sich zwar nicht um meinen Lieblingstee aber Pfefferminz kam gleich an zweiter Stelle.
„Jetzt erzähl doch mal", forderte sie mich auf. „Wie geht es dir und gibt es Neuigkeiten wegen Niall?"
Mit klopfendem Herzen beantwortete ich ihre Frage: „Niall ist gestern in dem Café aufgetaucht, in dem ich arbeite."
„Oh! Und dann? Habt ihr miteinander gesprochen?"
Seufzend erzählte ich, was sich zugetragen hatte und fügte hinzu, dass ich mich nun schlecht fühlte. Beruhigend streichelte Kathy über meine Hand, als sie sagte: „Bel, du solltest ihm vielleicht eine Nachricht schicken und ihm vorschlagen, dass ihr euch nochmal trefft. Vielleicht nicht gerade in dem Café wo du arbeitest. Ich kann verstehen, dass du dich angegriffen gefühlt hast, als er an deinem Arbeitsplatz aufgetaucht ist aber Jungs denken über sowas nicht nach. Sie tun einfach das, was ihnen in den Kopf kommt."
„Woher weißt du das so genau?"
„Na ja, ich hatte schon eine Beziehung die über zwei Jahre gedauert hat", erwiderte sie grinsend.
„Apropos Beziehung. Was läuft denn jetzt mit Harry?", wollte ich wissen.
„Du darfst nicht verraten, was ich dir jetzt sage! Schwöre es!"
„Ok, ich schwöre es."
„Wir sind seit gestern fest zusammen aber es weiß noch keiner, also außer den restlichen Jungs natürlich."
Als ich ihr glückliches Gesicht sah, nahm ich sie in den Arm. Ich gönnte ihr diese Beziehung von ganzem Herzen. Harry war ein sehr liebevoller Mensch, der sie gewiss auf Händen tragen würde.
„Das freut mich so für dich", sprudelte es aus mir hervor.
„Du bist so lieb, Bel. Und ich glaube ganz sicher, dass das mit Niall und dir wieder in Ordnung kommt. Bitte gib ihm die Chance, alles zu erklären, vielleicht stellt sich ja heraus, dass es ganz harmlos ist."
„Willst du mir damit sagen, dass ich überreagiert habe?", fragte ich leicht verwirrt.
„Nein." Kathy schüttelte ihren Kopf. „Ich will dir damit lediglich sagen, dass du das Ganze vielleicht von einer anderen Sichtweise aus betrachten solltest."
Dieser Satz verfolgte mich für den Rest des Tages. Er prägte sich in meinem Gedächtnis ein, selbst als ich einige Stunde später wieder mit der U-Bahn nach Hause fuhr, hatte ich ihn nicht vergessen.
Dieser Nachmittag veränderte etwas in mir.
Ich wollte mit Niall reden, ihm wirklich die Chance geben, mir alles zu erklären, ohne ihn dabei anzuschreien oder gar zu unterbrechen. Ich konnte es nicht erwarten, ihm einen Text per Handy zu schicken. Das tat ich gleich, nachdem ich die U-Bahn verlassen hatte, bevor ich durch die bereits dunkle Straße lief.
„Es tut mir leid. Bitte lass uns nochmal miteinander reden."
Mehr schrieb ich nicht, das sollte für den Anfang genügen. Niall kannte mich gut genug um zu wissen, dass ich meine Gefühle nicht gleich herauslassen konnte und würde hoffentlich auf meine Nachricht reagieren.
Mit einem leichten Seufzen betrat ich das Haus, lief in den zweiten Stock hinauf und kramte den Schüssel zu meinem Zimmer hervor. Dort wartete allerdings eine Überraschung auf mich. Die Tür zu meinem Zimmer stand sperrangelweit offen, dabei war ich mir ziemlich sicher, dass ich diese hinter mir zugezogen und abgeschlossen hatte. Voll böser Ahnung rannte ich zum Schrank, riss die Tür auf und durchwühlte den Schuhkarton, in welchem ich mein Geld versteckt hielt. Es war weg, und zwar alles!
Der erste Gedanke, der sich nun in meinem Kopf ausbreitete ernüchterte mich total: Wie sollte ich nun die Miete bezahlen?
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Na, wie hat euch das Kapitel gefallen? Das war doch mal wieder ein schöner Cliffhanger zum Schluss! :D
Ich hoffe, ihr mochtet es!
Das nächste Update kommt am Donnerstag!
LG, Ambi xxx
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