27. Help
Der nächste Morgen begann für mich mit Kopfschmerzen, gepaart mit großer Müdigkeit, da ich in der Nacht kaum geschlafen hatte. Immer wieder machte sich Niall in meinen Gedanken breit, verhinderte, dass ich einschlief und erschreckte mich in meinen Träumen.
Ich hoffte nicht, dass ich jetzt jede Nacht so verbringen musste, sonst würde ich bald ein Wrack sein. Carrie sang bereits gut gelaunt unter der Dusche, als ich aus meinem Zimmer ging, um die Küche aufzusuchen.
Nachdem ich die Filtertüten im Schrank gefunden hatte, machte ich mich sogleich daran, frischen Kaffee zu kochen, denn dieser brachte mich immer auf die Beine, wenn ich zu wenig geschlafen hatte. Außerdem half das Koffein gegen die Kopfschmerzen. Somit würde ich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen, um wieder fit zu werden. Schließlich wollte ich einen guten Eindruck machen, wenn ich später bei Carries Boss im Café vorsprechen würde. Gerade als der Kaffee fertig war, betrat Carrie den Raum mit ihrem typischen Grinsen im Gesicht.
„Guten Morgen, Bel! Hast du gut geschlafen?"
„Na ja, es geht."
„Ach das wird schon, die erste Nacht in einer anderen Umgebung ist immer schlimm. Als ich zuhause ausgezogen bin, ging es mir genauso", antwortete sie und griff nach einer der beiden Kaffeetassen, die ich auf dem Tisch platziert hatte.
Ich wusste nicht, was ich darauf sagen sollte, denn als ich zum ersten Mal in Nialls Wohnung hier in London übernachtet hatte, gab es keine Probleme mit dem Einschlafen. Aber vermutlich lag das daran, dass ich nun wirklich alleine in meinem überaus hässlichen Zimmer nächtigen musste.
Seufzend füllte ich meine Tasse mit der heißen Flüssigkeit, fügte Milch und Zucker hinzu und trank vorsichtig davon. Währenddessen steckte Carrie zwei Scheiben Toastbrot in den Toaster und holte Butter, Marmelade, Käse, sowie Schinken aus dem Kühlschrank. Wir würden also gleich ein gutes Frühstück genießen können. Wehmütig dachte ich an Nialls Rühreier, es gab bestimmt niemanden auf der Welt, der diese so hinbekam aber auch damit musste ich leben. Es war sicher kein Beinbruch, erinnerte mich aber an die schöne Zeit mit ihm.
Plötzlich kam es mir so vor, als hätte ich ihn vor Jahren zum letzten Mal gesehen und doch war es erst gestern gewesen, seit ich ausgezogen war.
Nach dem Frühstück sprang ich unter die Dusche und kleidete mich danach angemessen. Ich legte nur ein leichtes, unauffälliges Make-up auf, denn ganz ohne Schminke, wie Carrie das immer tat, wollte ich nicht aus dem Haus gehen. Pünktlichkeit gehörte zwar nicht zu Carries Stärken aber am heutigen Tage schafften wir es, ohne Verspätung im Café einzutreffen, wo uns der Boss sofort begrüßte.
„Hallo Belita, es freut mich, dass du bei uns anfangen willst zu arbeiten", richtete er seine Worte an mich.
„Heißt das, ich bin so gut wie eingestellt?", fragte ich verblüfft, denn das hatte ich nicht erwartet.
„Ja, natürlich! Carrie wird dir alles zeigen, was wichtig ist. Ihr könnt gleich damit anfangen. Deine Dienstzeiten besprechen wir dann später und deinen Stundenlohn auch. Ich bezahle meine Angestellten jeden Freitag mit Bargeld."
Bargeld war nicht das Schlechteste und da ich kein Bankkonto in London besaß, kam mir das sogar sehr entgegen. Aber nun hieß es aufpassen, damit ich alles genau mitbekam, was Carrie nun erzählte.
Ich durfte nur schwarze Kleidung unter meiner weißen Schürze tragen, der Geldbeutel musste gut an einer Kette befestigt werden, welche um meine Taille geschlungen werden sollte, ähnlich wie ein Gürtel. Nach dieser kurzen Einweisung machte sie mich mit Fred, einem der Angestellten bekannt, der wohl schon jahrelang hier arbeitete.
Der Dienstplan wurde zwei Wochen im Voraus erstellt, wobei der Chef Rücksicht auf Studienpläne nahm. Da ich jedoch erst im März mit meinem Studium beginnen würde, besaß ich Zeit im Überfluss, um arbeiten gehen zu können. Was hätte ich auch sonst tun sollen, ohne Geld? Ich musste schließlich meinen Beitrag zur Miete leisten, Lebensmittel kaufen und solche Dinge wie Nagelstudio und Friseur finanzieren. Aber ich hatte es schließlich so gewollt, also durfte ich mich auch nicht beschweren.
Ich sollte gleich morgen Nachmittag zum ersten Mal meine Arbeitsstelle antreten, was mir nur Recht sein konnte. Somit würde ich sofort Geld verdienen. Ich besaß zwar noch einige Ersparnisse, doch die würden nicht für ewig reichen. Der morgige Tag war also so gut wie verplant. Um neun Uhr sollte ich in der Uni vorsprechen und ab zwei Uhr nachmittags bis sieben Uhr abends im Café arbeiten. Es gab durchaus schlimmere Dinge im Leben und so arrangierte ich mich mit dem Gedanken, nicht mehr pausenlos auf der faulen Haut zu liegen und in den Tag hinein zu leben.
Ab jetzt würde es einen strikten Plan in meinem Leben geben, den ich auch durchziehen wollte. Doch zunächst hieß es diesen Tag herumzubringen, was sich als gar nicht so einfach erwies. Carrie hatte nämlich noch einige Dinge zu erledigen, wie sie mir erklärte, als wir später gemeinsam das Café verließen. Somit trennten sich unsere Wege an der nächsten U-Bahn Station, was ich schade fand aber ich würde schon eine Beschäftigung für den restlichen Tag finden. Ich beschloss einfach nach Hause zu fahren, wobei ich fast in die falsche U-Bahn eingestiegen wäre, nämlich in jene, die zu Nialls Apartment führte. In letzter Sekunde besann ich mich jedoch und ließ sie davon fahren, weil ich eine andere Linie nehmen musste.
In der Wohnung angekommen, traf ich kurz auf Jason, der schon wieder auf dem Sprung war, um nach draußen zu gehen. Ich hatte gar nicht gewusst, dass er am heutigen Morgen zuhause gewesen war. Im Prinzip konnte es mir egal sein, wo er sich herum trieb, denn so lange er freundlich zu mir war, würde es keine Probleme geben. In meinem Zimmer zog ich mich zunächst um, denn ich liebte bequeme Klamotten, wenn ich mich zuhause aufhielt und checkte anschließend die Nachrichten auf meinem Handy. Liam hatte mir etwas geschrieben, was ich natürlich sofort las.
„Hey Bel, ich habe gehört, dass du bei Niall ausgezogen bist. Ich hoffe, es renkt sich wieder ein, wenn du jemanden zum Reden brauchst, ruf mich an. Liebe Grüße, Liam."
Mein bester Freund sorgte sich um mich, doch er ging mir nicht auf den Wecker, was sich ziemlich gut anfühlte. Ich konnte mit Liam reden aber dann, wann ich es wollte. Und im Augenblick benötigte ich noch ein wenig Ruhe, um Abstand zu der ganzen Sache zu bekommen. Trotzdem fehlte mir Niall irgendwie und ich hätte gerne gewusst, was er gerade machte. Ob er mich wohl vermisste?
Vielleicht tat es ihm schon richtig leid, dass er sich mit der schwarzhaarigen Schlampe abgegeben hatte aber so lange keine Entschuldigung von ihm erfolgte, war ich auch nicht bereit, wieder zu ihm zurückzukehren, zumal ich mich noch immer hintergangen fühlte.
Um nicht dauernd an ihn denken zu müssen, schaute ich aus dem Fenster und beobachtete die Menschen auf der Straße. Ziemlich schnell wurde mir jedoch langweilig und ich überlegte, womit ich meine Zeit verbringen sollte.
Zum Lesen fehlte mir im Augenblick die innere Ruhe und einen Fernseher besaß ich leider noch nicht. Also kramte ich meinen iPod hervor, um ein bisschen Musik zu hören. Das funktionierte leider nur zwanzig Minuten, denn auch hier fehlte mir die nötige Gelassenheit.
Seufzend erhob ich mich von meinem Bett und ließ meine Augen durch das Zimmer wandern. Die hässlichen roten Wände mussten unbedingt in einer anderen Farbe gestrichen werden, sonst würde ich hier irgendwann durchdrehen. Die Frage war nur, ob ich das alleine hinkriegen würde, denn ich hatte noch nie Wände angestrichen. Außerdem musste ich mich schlau machen, wo man Farbe kaufen konnte und was diese überhaupt kostete.
Ein wenig Geld befand sich noch in meiner Handtasche und meine eiserne Reserve von fünfhundert Pfund, die ich ihm Schrank versteckt hielt, hatte ich auch noch nicht angerührt. Einen Eimer Farbe zu besorgen, sollte also schon drin sein, das Problem war nur, dass ich diesen mit der U-Bahn nach Hause transportieren musste. Carrie besaß kein Auto und ich ging auch nicht davon aus, dass Jason zu jenen Leuten zählte, die einen Wagen als ihr Eigentum deklarieren konnten.
Gedankenverloren lief ich in die Küche, um mir etwas zu trinken aus dem Kühlschrank zu holen. Doch bevor ich dort ankam, öffnete sich die Wohnungstür. Jason und ein Typ, den ich nicht kannte, betraten nun den Flur. Beide hatten jeweils eine Kippe zwischen den Lippen. Das Zeug, welches sie rauchten, stank wirklich fürchterlich, sodass ich schleunigst in der Küche Zuflucht suchte. Doch die beiden liefen mir prompt hinterher, nahmen am Küchentisch Platz und beobachteten, wie ich mein Glas mit Wasser füllte. Ich hasste es, von Männern einfach nur angegafft zu werden, also drehte ich mich plötzlich zu ihnen und fragte: „Ist irgendwas?"
Der Typ, dessen Namen ich noch immer nicht kannte, scannte mich mit seinen grünen Augen, unter denen sich dicke schwarze Ränder zeigten. Seine aschblonden Haare waren zu einem Pferdeschwanz zusammen gebunden und er besaß eine Zahnlücke, welche nun deutlich sichtbar wurde, da er seinen Mund zu einem überaus breiten Grinsen verzog.
„Hi, ich bin Max", sagte er provokativ. „Du hast einen knackigen Hintern, Süße."
„Ich bin nicht deine Süße!", fuhr ich ihn an.
Ich hasste es einfach, wenn Typen sich so etwas herausnahmen.
„Ach, und wie soll ich dich dann sonst anreden?", fragte Max noch immer in diesem gleichen provokativen Ton, den er bereits eben schon angeschlagen hatte.
„Du kannst Belita zu mir sagen!"
Nach diesen Worten drehte ich mich um, verließ die Küche und stürmte in mein Zimmer, dessen Tür ich hinter mir verschloss. Ich wusste nicht, wieso ich tat, es war einfach nur ein Gefühl, welches sich in mir aufgebaut hatte, während ich mit Max sprach. Mit Jason kam ich soweit klar aber dieser Max war mir irgendwie unheimlich.
Zitternd ließ ich mich auf meinem Bett nieder und überlegte, was ich jetzt tun sollte. So lange die beiden Jungs in der Küche saßen, verspürte ich keine Lust, mein Zimmer zu verlassen. Ich wollte ihnen weitestgehend aus dem Weg gehen, um eine Konfrontation zu vermeiden, die unweigerlich erfolgen würde, wenn Max sich weiterhin so verhielt.
Warum fühlte ich mich plötzlich so unwohl und wünschte mir, dass Carrie gleich nach Hause kommen würde? So sehr ich mich nach ihrer Gesellschaft sehnte, der Wunsch erfüllte sich nicht und ich saß weiterhin einsam und verbarrikadiert in meinem Zimmer. Es fühlte sich wie eine Erlösung an, als mein Handy klingelte. Endlich gab es jemand, der mich anrief, der mit mir sprechen wollte und sei es vielleicht nur, um kurz Hallo zu sagen. Als ich auf das Display schaute, begann ich automatisch zu lächeln, denn er Name, der vor meinen Augen auftauchte, verschaffte mir ein gutes Gefühl.
„Hey, Jonathan", begrüßte ich meinen guten Freund.
„Hey, Bel. Lange nichts mehr von dir gehört. Wie geht e dir denn so und was macht Niall?"
Er schien von dem ganzen Drama noch nichts mitbekommen zu haben, das wurde mir in jenem Augenblick klar.
„Ähm, du weißt sicher nicht, dass ich ausgezogen bin, oder?", lautete meine Frage.
„Was?!"
Jonathans Stimme klang sehr überrascht, was meine Vermutung bestätigte.
„Ich bin seit gestern ausgezogen", klärte ich ihn auf.
„Aber..., wieso denn? Ich meine, ihr beiden gehört doch zusammen!"
Komisch, dass alle Außenstehenden das so sahen, Niall und ich jedoch nicht.
„Das ist eine lange Geschichte", seufzte ich, worauf Jonathan spontan entgegnete: „Ich hätte heute Abend Zeit, denn Kyle trifft sich mit seiner Schwester, die er schon lange nicht mehr gesehen hat. Also wenn du darüber reden möchtest, könnten wir uns treffen und vielleicht etwas gemeinsam essen."
Das klang so gut, dass ich sofort zustimmte. Ich wollte hier nicht mehr alleine herumsitzen und wer wusste schon, wann Carrie endlich wieder auftauchen würde. So vereinbarten wir einen Treffpunkt an der U-Bahn Haltestelle Regent Street, um kurz nach halb sechs. Da ich Jonathan schon eine Weile nicht mehr gesehen hatte, freute ich mich riesig auf diesen Abend. Doch bis dahin galt es noch eine Zeitspanne zu überbrücken, die ich damit verbrachte, im Internet zu stöbern.
Es gab einige Dinge, die ich noch über die Universität in Erfahrung bringen wollte und diese Zeit konnte ich jetzt sinnvoll nutzen. Zwischendurch vernahm ich Schritte, die sich zuerst meiner Tür nährten, dann jedoch wieder entfernten. Ich konnte hören, dass Max und Jason im Flur standen, kurz lachten und dann wurde die Eingangstür zur Wohnung zugeschlagen. Dass es sich um diese Tür handelte, wusste ich deshalb so genau, weil sie laut quietschte. Erleichtert atmete ich auf; endlich war ich alleine in der Wohnung! Nicht, dass es mich störte Gesellschaft zu haben, aber die beiden Jungs waren mir irgendwie suspekt.
Hin und wieder warf ich einen Blick auf die Uhr, während ich die Seiten im Internet durchforstete, denn ich wollte nicht zu spät zu unserem vereinbarten Treffpunkt gelangen. Jonathan sollte keinesfalls auf mich warten müssen, er war schließlich auch immer pünktlich. Nachdem ich mich umgezogen und ein wenig gestylt hatte, verließ ich um kurz nach halb fünf die Wohnung. Auf der Treppe kam Carrie mir entgegengelaufen, sie wirkte ein kleines bisschen abgehetzt.
„Hey, Bel, wo gehst du denn hin?", begrüßte sie mich grinsend.
Meine Antwort ließ sie auflachen. „Ich bin mit einem guten Freund verabredet."
„Ein guter Freund, so, so. Na, das geht ja schnell bei dir."
„Hör mal, ich bin nicht so eine! Außerdem ist er schwul, kapiert!"
Ich verstand überhaupt keinen Spaß in dieser Richtung, denn es kam nach wie vor für mich nicht in Frage, mit einem anderen zusammen zu sein, vor allem nicht so schnell. Obwohl ich noch mächtig sauer auf Niall war, fand ich nur alleine die Vorstellung, dass ein anderer mich vielleicht küssen und anfassen würde, einfach nur grotesk.
Daher verabschiedete ich mich schnell von Carrie und lief in Richtung U-Bahn. Es war bereits dunkel draußen, was mich jedoch nicht verängstigte. Nach wie vor fühlte ich mich im Dunkeln sicherer als im Hellen. Gewisse Dinge würden sich wohl in meinem Leben nicht ändern, Dinge, die mit dieser beinahe Vergewaltigung in Zusammenhang standen.
Der Weg zur U-Bahn war schnell erreicht und als ich einstieg, schlug mir ein Schwall warmer Luft entgegen, der meinen frierenden Körper umhüllte. Der Winter in London war dieses Jahr kälter als gewöhnlich, davon sprachen die Meteorologen jeden Tag. Meine Finger fühlten sich wie Eisklumpen an, obwohl ich sie tief in den Taschen meiner Daunenjacke vergraben hatte. Nun erwärmten sie sich langsam und als ich aussteigen musste, schienen sie wieder ganz normal durchblutet zu sein. Jonathan wartete bereits am Ausgang der Haltestellte Regent Street und als ich vor ihm stand, fielen wir uns zur Begrüßung in die Arme.
„Hey, Bel, du hast mir echt gefehlt", sagte er lächelnd.
„Du mir auch!", gab ich offen zu.
Ich hakte mich bei ihm ein und so liefen wir gemeinsam in Richtung Pub, welches sich gleich um die Ecke befand. Jonathan trug seine normale Arbeitskleidung, bestehend aus Anzug, Hemd und Krawatte, was ihm mehr als nur gut stand. Er zog die Blicke sämtlicher Frauen auf sich, worauf ich prompt grinsen musste. Auch ich hatte am Anfang gar nicht darüber nachgedacht, dass er vielleicht schwul sein könnte und die Frauen hier taten dies genauso wenig.
Nachdem wir uns einen Platz gesucht hatten, studierten wir kurz die Speisekarte und Jonathan bestellte wenig später das Essen, sowie die Getränke an der Theke. Mit zwei Guinness in den Händen, gelangte er wenig später an unseren Tisch, somit konnten wir endlich anstoßen. Gleich danach begann unser Gespräch. Er fragte mich nicht aus, sondern ließ mich einfach erzählen, bis zum bitteren Ende. Erst als ich fragte: „Kannst du mich wenigstens verstehen? Meine Schwester tut es nämlich nicht", gab er seinen Senf dazu.
„Weißt du, Bel, für einen Außenstehenden ist es immer schwierig zu beurteilen, was richtig und falsch ist. Ich kann dich einerseits sehr gut verstehen aber andererseits hast du nicht wirklich einen Beweis, ob Niall diese Schlampe, wie du sie nennst, geküsst hat."
Seine Aussage brachte mich ein klein wenig auf die Palme.
„Aber er hat sich nochmal mit ihr getroffen! Dafür gibt es Beweise!", schnaufte ich entrüstet.
„Bel." Jonathan streichelte beruhigend über meine Hand. „Das mag ja sein aber vielleicht hättest du wirklich mal mit ihm darüber reden sollen. Ich glaube nicht, dass Niall dich einfach so aus heiterem Himmel betrügen würde, weil ihm gerade danach zumute ist. Dafür wirkt er viel zu bodenständig auf mich."
Mein Blick senkte sich auf unsere Hände, die sich noch immer berührten, gleichzeitig bildeten sich kleine Tränen in meinen Augen. Als ich meinen Kopf wieder hob, schaute ich in Jonathans Augen, die Mitgefühl und Besorgnis ausdrückten.
„Aber warum hat er sich nochmal mit ihr getroffen, wenn da nichts ist?", wisperte ich leise.
„Keine Ahnung." Jonathan seufzte laut. „Hör mal, Bel, ich weiß, wie schwierig es manchmal in einer Beziehung zugehen kann und auch, dass man öfters vielleicht mal grundlos eifersüchtig ist. Aber über eines solltest du nachdenken. Wenn du Niall nicht mehr lieben würdest, wärst du auch nicht so eifersüchtig und es würde dir nichts ausmachen, wenn er sich mit anderen Frauen trifft."
„Ich hab nicht gesagt, dass ich ihn nicht mehr liebe!", brachte ich hervor.
Genau in diesem Augenblick wurde unser Essen serviert, was die Konversation unterbrach. Vielleicht war das auch besser, denn im Moment konnte ich mit der ganzen Thematik nicht besonders gut umgehen. Nachdenklich widmete ich mich dem Burger, den ich bestellt hatte, während Jonathan sein Steak verdrückte. Es bot sich geradezu an, das Thema zu wechseln und so beschrieb ich ihm mein hässliches Zimmer mit den roten Wänden.
„Ich will es unbedingt neu streichen", setzte ich hinzu.
„Wenn du Hilfe dabei brauchst, sag Bescheid. Kyle und ich rücken dann an", meinte er grinsend.
„Wirklich? Ihr würdet mir echt helfen?"
„Klar, warum denn nicht? Wir haben unsere gemeinsame Wohnung schließlich auch alleine renoviert."
Es erstaunte mich sehr, dass jemand wie Jonathan, der tagsüber in einem feinen Anzug herumlief, solche handwerklichen Tätigkeiten verrichtete, ohne mit der Wimper zu zucken. Aber es war ein gutes Gefühl zu wissen, dass ich mich in dieser Hinsicht auf ihn verlassen konnte. Vielleicht würde er mir auch dabei behilflich sein, die Farbe zu besorgen.
„Sag mal, weißt du, wo man Farbe kaufen kann?", erkundigte ich mich deshalb.
„Natürlich. Kyle und ich kennen da einen super Laden. Wenn du möchtest, können wir am Samstag gerne hinfahren, Farbe kaufen und sofort mit dem Renovieren beginnen", schlug er grinsend vor.
„Jonathan, du bist echt meine Rettung! Eigentlich hätte ich jetzt eher von dir erwartet, dass du mich dazu überreden willst, mich lieber mit Niall zu versöhnen, als mein Zimmer zu streichen."
Er sah sehr ernst aus, als er zu sprechen begann.
„Bel, ich habe dir lediglich gesagt, wie ich darüber denke, aber du entscheidest selbst, was du tun wirst."
Und genau das tat ich auch. Ich wollte Niall und auch mir selbst beweisen, dass ich auf eigenen Füßen stehen konnte.
Als ich an diesem Abend von der U-Bahn Haltestelle zu meinem neuen Zuhause lief, waren die Straßen fast menschenleer. Es war schon spät, regnete zudem und die Kälte hatte nicht wirklich nachgelassen. Ich blieb kurz stehen, weil ich niesen musste, doch als ich meinen Weg fortsetzte, hörte ich plötzlich Schritte hinter mir. Etwas unheimlich war mir schon zumute, doch ich ging unbeirrt weiter. Man konnte das Haus schon sehen, trotzdem überkam mich ein mulmiges Gefühl in der Magengegend, zumal die Schritte hinter mir immer näher kamen, so als ob man mich verfolgte.
Warum nur hatte ich den verdammten Hausschlüssel nicht griffbereit? Das hier war nicht die Gegend, in der Niall wohnte. Dort konnte man ohne Probleme nachts durch die Straßen laufen. Meine Unsicherheit wich langsam einem anderen Gefühl: Trotz und den Wunsch, meinen Verfolger zur Rede zu stellen. Ohne Vorwarnungblieb ich abrupt stehen und der Mann rannte fast in mich hinein. Ich spürte einen kurzen Ruck am Arm, drehte mich um und blickte in ein grünes Augenpaar.
Max stand grinsend vor mir.
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Uhhh, was denkt ihr, wie es nun weitergeht?
Danke für die Kommentare zum letzten Kapitel!
Das nächste Update kommt am Freitag.
LG, Ambi xxx
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