33|| UNSER LIED
Carter
Wenn es etwas gibt, das man nicht erklären kann, dann sind das Frauen.
Frauen kann man nicht erklären, nicht beschreiben, nicht verstehen.
Frauen sind einfach.
Sie sind bezaubernd, sie sind wild, sie sind jeden Tag jemand anderes und doch immer der Mensch, den man so liebt.
Es ist, als wären wir nicht existent, kaum das Amanda aus dem Auto springt und laut jubelnd eine Urkunde in die Höhe hält.
Cleo und Mira – Amandas Mutter – springen sofort aus den Gartenstühlen, auf die wir uns an diesem heißen Tag gesetzt haben, und kreischen hocherfreut auf, ehe sie ihre Freundin – Tochter – stürmisch umarmen.
»Oh mein Gott, meine besten Freunde, sind kleine Superstars!«, freut sich Cleo und springt mit Amanda im Arm auf dem Rasen herum, ehe sie die Urkunde genauer inspiziert.
Mira freut sich mindestens genauso sehr. Sie ist wie ein quirligere Teenager neben ihrer Tochter und es ist lustig mit anzusehen, wie die drei für ein paar Minuten in ihrer Frauenwelt verschwinden und uns Männer komplett ignorieren.
Kopfschüttelnd und grinsend erhebe auch ich mich und laufe Kilian entgegen, der erst jetzt um die Ecke des Hauses in den Garten kommt und ebenfalls ein stolzes Lächeln auf den Lippen hält.
»Meinen größten Glückwunsch, Kil'!«, beglückwünsche ich ihn, ehe ich bei ihm einschlage und ihn vom Wettbewerb erzählen lasse.
Amanda beschließe ich später zu beglückwünschen, wenn wir allein sind und sich die Aufregung vor der Reise in meine Heimat gelegt hat.
Wow, meine Freundin – inoffiziell – ist tatsächlich Landesmeisterin in einem ziemlich großen und professionellen Geschichtswettbewerb geworden.
Und wow, einer meiner engsten Freunde ebenso.
Kein Wunder, dass Torben – Amandas Dad – sofort eine Flasche Champagner entkorkt und ein paar Gläser mit dem gelblichen Getränk befüllt, um auf diesen Sieg anzustoßen und zu feiern.
Er ist mächtig stolz auf seine Tochter.
Während diese bereits ihrer Mutter alle möglichen Details des Tags gibt und mich fernerhin ignoriert, berichten mir Kilian und Torben von jenem Tag.
Ich wäre zu gern dabei gewesen. Hätte zu gern gesehen, wie Amanda sie alle fertig gemacht hat, wie sie hoch oben auf dem Treppchen neben ihrem besten Freund steht und sich freut.
Sie ist so hübsch, wenn sie lächelt.
Generell ... sie ist so hübsch.
Und wenn ich endlich Klarheit habe und mich nicht ständig krankhaft um meine Großmutter, meine Mutter und dieses Leben sorgen muss, dann will ich sie fragen, ob sie das ihre mit mir teilen möchte, als meine feste Freundin.
Ich liebe Amanda.
Das ist mir in diesen zwei Monaten mehr als deutlich klargeworden. In den letzten Wochen zusammen noch mehr.
Ich liebe sie.
Immer und überall.
An jedem Tag der Woche und in was auch immer einer Gefühlslage sie gerade ist.
Ob sie kuschelbedürftig, unabhängig, wild, ungestüm, schroff, liebevoll, traurig, müde oder einfach zufrieden ist.
Ich liebe sie immer und ich will, dass sie das weiß.
Und ich will auch, dass ich der einzige Mann bin, den sie küsst und mit dem sie kuschelt und dem sie ihre Unabhängigkeit beweist.
Ich will dieses Leben mit Amanda erleben.
Denn mit ihr sind die Dinge schöner und bei ihr fühle ich mich willkommen, sicher und wie mich selbst.
Sie ist ein ganz besonderer Mensch.
Eine ganz besondere Freundin.
Meine Freundin.
»Carter, hol' deine Großmutter, Lili, und, Cleo Süße, bitte fragt eure Eltern, ob sie nicht auch mit uns feiern wollen. Wir sollten diesen Abend alle gemeinsam sein, bis es in ein paar Wochen schon nach England geht!«, stellt Mira klar und hat sich endlich von Amanda gelöst, um auch den anderen wieder ihre Aufmerksamkeit zu widmen.
»Ich gehe gleich einkaufen und bringe Grillzeug mit und dann machen wir es uns richtig gemütlich zusammen. Was haltet ihr davon?«
Wir sind alle begeistert.
Niemand ist in der Lage jetzt einen ruhigen Abend zu machen. Wir wollen wach bleiben und zusammen sein und darum setze ich mich sofort in Bewegung und laufe zu Grandma hinüber.
Kilian und Cleo zücken ihre Handys.
Und so kommt es, dass wir zwei Stunden später an einer langen Tafel im Garten der Vines sitzen, uns schick gemacht haben und gemeinsam erzählen, lachen und essen.
Wir – fast – Erwachsenen trinken alle etwas Alkoholisches. Nur Leo stößt mit einer Apfelschorle auf ihre Schwester und deren besten Freund an.
Ich liebe das ungemalte Bild dieser Zusammenkunft.
Alle sind wir uns irgendwie vertraut und unterhalten einander, witzeln und lernen uns besser kennen.
Und es ist schön, so intensiv füreinander da zu sein.
Der Abend ist toll und lässt auch meine Seele einen Moment baumeln, weil ich mit nicht mehr als Glück durchströmt bin.
Cleos und Kilians Eltern sind beide sehr freundlich zu mir, fragen mich hier und dort über meine Heimat aus und trotz das meine Mutter nicht bei uns sein kann, schaffe ich es, zu lächeln.
Weil ich die Sehnsucht nach ihr, verdrängen kann.
Weil ich mehr froh als traurig bin.
Weil alle so nett sind und jeder mich versucht, abzulenken.
Vor allem Amanda, die sich in ein weißes Kleid geworfen hat, das sich wahnsinnig um ihren Körper schmiegt.
Meine Rose.
»Woran denkst du?«
Als hätte ich sie gerufen, als hätte sie mein Denken hören können und als seie es selbstverständlich, setzt sich Amanda plötzlich auf meinen Schoß, schlingt die Arme um meinen Nacken und lächelt mich an.
Ihre Augen funkeln im Licht der kleinen Lampions, die die Terrasse erhellen und sie strahlt mit den Engeln um die Wette, so schön ist sie in diesem engen Kleid mit rundem Ausschnitt und einem Ansatz aus Spitze.
Ich lege meine Hände wie automatisch um ihre Taille und drücke sie näher an mich, um meinen Kopf auf ihrer Schulter abzulegen und sie sanft anzulächeln.
Wann sind wir so geworden, wie wir jetzt sind?
Wann war der Moment, wo wir beschlossen haben, plötzlich solche Berührungen zuzulassen?
Und wie habe ich so lange drauf verzichten können, Amanda zu berühren, zu halten und sie zu lieben?
Es bedeutet mir die reinste Qual, von ihr getrennt zu sein.
»An dich. Ich musste an dich denken und wie schön es ist, dich so glücklich zu sehen. Und dann musste ich noch an mich denken und mich fragen, wie ich dir so lange widerstehen konnte.«
Verlegen haut sie mir gegen die Schulter.
»Du bist wirklich ein schleimender Charmeur!«, kichert sie und wuschelt mir verspielt durch die Haare.
Ich grinse wie ein schwer verliebter Drogendealer in Ekstase.
Aber ich kann auch nicht anders.
»Ich bin dankbar und glücklich, das ist alles.«
Sie lächelt mich ehrlich an.
Es ist einer dieser Blicke, bei denen die Augen eine Antwort geben, nicht der Mund.
Und Amandas Augen sagen, dass sie dasselbe empfindet und zeitgleich genau weiß, dass es nicht komplett einfach für mich ist, an einem Tisch voller glücklicher Familien zu sitzen und all die Mütter mit Sekt auf ihre Kinder anstoßen zu sehen.
Sie würde sich so gut mit Mira und Alena – Kilians Mutter – verstehen.
Meine Mutter ist beiden vom geistlichen Gemüt so ähnlich.
Wie schön wäre es, sie wäre bei mir.
Ich habe sie schon lange nicht mehr gesehen.
Und wenn ich ganz, ganz ehrlich bin, dann verspüre ich ein dunkles und trügerisches Heimweh, wann immer das Wort England in den Tischgesprächen fällt.
Niemand tut mir absichtlich weh.
Aber das ändert den Schmerz nicht.
Unabsichtliche Verletzungen sind nicht weniger schmerzvoll.
Das ist der Haken am Leben.
»Ich weiß ganz genau, dass du einen kleinen Teil deines Glücks, wie du es nennst, nur erspielst, Lewis. Aber das ist im Moment noch verständlich, du weißt schließlich noch nicht, was ich weiß.«
Amanda setzt einen verschwörerischen Blick auf, aber ehe ich sie fragen kann, was sie damit meint, steht sie plötzlich auf und streckt mir ihre Hand entgegen.
»Carter James Lewis, würdest du mir die Ehre erweisen und mit mir tanzen?«, fragt sie mich dann urplötzlich und deutet mit einer leichten Kopfbewegung auf die in vollkommene Dunkelheit getauchte Rasenfläche des Gartens.
Was hat sie vor?, frage ich mich, lasse aber im nächsten Moment meine Hand in ihre gleiten und sie den Spieß tatsächlich einmal umdrehen.
Dass Amanda mich nach einem Tanz fragt, kommt nicht alle Tage, womöglich niemals wieder vor, also muss ich die einmalige Chance ergreifen.
Noch immer verwirrt, aber neugierig, erhebe ich mich und lasse mich dann von ihr die Terrasse hinab, hinein in die Dunkelheit führen.
Das Licht der Lampions scheint nur noch in leichten Schatten auf unsere Gesichter, als Amanda meine Hand loslässt, auf ihrem Handy ein Lied abspielen lässt und sich dann tatsächlich in eine Tanzposition bringt.
Ich erkenne das Lied sofort. Es ist genau jenes, das sie mir vor ein paar Wochen mitten in der Nacht vorgesungen hat, als ich mir Vorwürfe wegen meiner Oma gemacht habe und ihr meine Traurigkeit und Angst offen dargelegt habe.
I'll be here with you-u.
Shoulder to shoulder ...
Ich bin mir sicher, sie lässt dieses Lied gerade mit Absicht spielen.
Ihr Blick verrät mir, dass sie ein Geheimnis hat.
Und generell ist ihre gesamte Haltung ganz anders, als ich die Tänze mit meinem Mädchen kenne.
Sie gibt plötzlich den Ton an, führt und hält ganz bewusst Schritt mit dem, was ich tue.
Sie hat geübt.
Sie hat einen Tanz geübt.
»Du hast geübt«, spreche ich meinen Gedanken aus und kann nicht glauben, dass sie das wirklich gemacht hat.
Sie hasst tanzen in diesem Sinne.
Ein breites Grinsen malt sich auf ihr Gesicht.
»Ja, das habe ich. Ich dachte, wenn der Junge, den ich mag, so vernarrt danach ist, werde ich im Laufe meines Lebens noch oft tanzen müssen und es geht ja nicht an, dass ich dir jedes Mal auf die Füße trete.«
Mein Herz wird warm.
Einfach, weil die Geste eine so liebe ist.
Sie hat wegen mir geübt.
Du machst es mir echt schwer, nicht gleich über dich herzufallen und dich zu küssen und zu umarmen!
»Das hast du sehr gut erdacht. Vor allem zu diesem Lied müssen wir beide tanzen können.«
Sie lächelt.
»Es ist unser Lied.«
Ich nicke.
Ja, das ist es.
»Allerdings.«
Ich küsse sie auf die Stirn.
Ich kann nicht anders.
Es ist zu schön mit ihr.
Nie im Leben habe ich daran gedacht, ein Mädchen wie dieses hier zu finden.
Dass ich mich verlieben würde, dass ich so vernarrt in sie sein würde, so glücklich mit jemandem, dass habe ich nicht geglaubt, als ich nach Holland kam.
»Wieso verlässt mich das Gefühl nicht, dass dein Üben nicht die einzige Überraschung ist, die du hast?«, frage ich, während ich Amanda eine Drehung machen lasse und sie dann wieder an mich ziehe.
Sie wackelt mit den Augenbrauen.
»Vielleicht, weil es nicht die einzige Überraschung ist?«, fragt sie rhetorisch und lässt mich amüsiert mit den Augen rollen.
»Spann mich nicht auf die Folter, Rosie!«
Sie kichert.
»Keine Sorge. Ich möchte es nicht herauszögern.«
Ihr Blick wird ernster, seriöser und sie schaut mir tief in die Augen, als sie mir endlich von dem geheimen Plan erzählt, den Lili, Cleo und sie sich ausgedacht haben.
Ich bin baff, einfach sprachlos, als sie mir von ihrem Gespräch mit dem Schulleiter, von der Bedingung, von den Wettbewerbsrunden und der Tatsache erzählt, dass ihr Dad extra ein Flugticket für sich kauft, um als meine Aufsichtsperson zu gelten, damit ich mit nach England reisen darf.
Mir steht der Mund offen, als sie mich unsicher ansieht.
Unsicher, ob ich mich wirklich freue.
Es ist beinahe ironisch.
»Ich werde meine Mutter in zwei Wochen wieder sehen«, stelle ich fest und erwidere ihren intensiven Blick mit Unglauben.
»Das wirst du. Und da gibt es auch keine Widerrede«, bestätigt sie mir meine Worte und findet sich in derselben Sekunde nahe an meinem Gesicht wieder.
Schwungvoll fasse ich um ihren Hals und ziehe sie an meine Lippen. Ich kann meinen Gefühlen nicht mehr widerstehen.
»Du bist unglaublich, Amanda Vine!«, hauche ich an ihren Lippen, bevor ich meine auf ihre drücke und sie nicht mehr hergebe.
Sie gehört zu mir.
——————
Ja, tatsächlich, ich bin es schon wieder. :)
Naw ... ich liebe es, dass sie sich endlich auch ihre Liebe zugestehen.
Obwohl ... noch sind sie kein offizielles Paar und es steht ja auch noch ein Date aus ...
Mal sehen.
Liebe Grüße!
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