Erster Shot, 25.06.2021
Erster Shot
Vom Tagträumen und Regenbogenflaschen
Der Bus kam quietschend zum Stehen und sie stieg aus. Sie hatte keine Lust einkaufen zu gehen, aber ihr leerer Kühlschrank hat sie quasi dazu gezwungen. Mit gemütlichen Schritten bewegte sie sich auf den Supermarkt am Ende der Straße zu, während sie gedanklich einen Einkaufszettel erstellte. Vermutlich hätte sie sich vorher Gedanken darüber machen sollen, aber nachdem sie den leeren Kühlschrank erblickt hat, hat sie auf die Uhr gesehen und realisiert, dass in 3 Minuten der nächste Bus ins Zentrum ihres Stadtteils fuhr, also hatte sie sich beeilt und den Bus noch bekommen. Die Liste konnte sie ja auch eigentlich auf ihrem Handy erstellen, wobei...eigentlich war es lächerlich. Sie wusste ja, was sie kaufen wollte und selbst mit Liste stahlen sich noch andere Lebensmittel in den Einkaufswagen, die nicht unbedingt dorthin gehörten. Jedenfalls sah ihr Konto diese zusätzlichen Lebensmittel nicht gerne. Ach, sie würde notfalls im Laden selbst einen schnellen Einkaufszettel schreiben und sich jetzt einfach auf ihre Musik konzentrieren, die sie über Kopfhörer hörte. Perfekter Plan.
Gerade als ihr Lieblingslied von Alec Benjamin verstummte, erreichte sie den Laden und schnappte sich einen Einkaufswagen, bevor sie ins Innere des Gebäudes schritt. Sie schob ihren Einkaufswagen vor sich her und suchte sich die Gemüse und Obstsorten raus auf die sie gerade Lust hatte. Der Supermarkt hatte immer eine riesige Auswahl und zu ihrer Freude fand sie immer etwas worauf sie Lust hatte. Gerade betrachte sie akribisch genau die Erdbeeren-Box auf der Suche nach möglichen Schimmelflecken. Sie fand keine und schon legte sie die inspizierte Ware vorsichtig in den Wagen rein. Neben den Erdbeeren lagen Kiwis und eine Drachenfrucht sowie zwei Salatgurken und drei kleine Zucchinis. Als nächstes landeten Paprikas und Kartoffeln in ihrem Wagen. Das reicht. Mehr brauchte sie aus dieser Abteilung des Ladens nicht mehr. Jetzt brauchte sie noch Brot, Aufstrich, Milch und Kaffeepads.
Gut zehn Minuten später hatte sie als was sie brauchte und begab sich zu den Kassen, als ihr etwas einfiel. Es war Juni. Pride month. Das könnte bedeuten, dass die Vodkaflaschen von Absolut wieder Regenbogenfarbend sein könnten. Das letzte Mal war das vor zwei Jahren der Fall und sie hatte es so bereut keine gekauft zu haben. Denn eine Regenbogenvodkaflasche wäre der perfekte subtile Hinweis, dass sie nicht so ganz straight ist. Wenn ein süßes Mädchen bei ihr wäre, könnte sie einfach Vodka anbieten und durch die Regenbogenflasche würde ein Gespräch entstehen, indem sie ganz nebenbei erwähnen könnte, dass sie auch auf Mädchen steht. Es war einfach perfekt, aber irgendwie hatte Absolut in den letzten Jahren nicht so ganz mitgespielt. Vielleicht hatte sie dieses Jahr Glück, also änderte sie ihren Kurs und machte einen Schwenker durch den Gang, der mit Reinungsmitteln gefüllt war, um zu dem Alkoholregal zukommen.
Sie stoppte in ihren Schritten, als sie das andere Mädchen erblickte, das gerade dabei war zwei Allzweckreiniger zu vergleichen, indem sie die Inhaltsstoffe betrachtete. Das Mädchen war wunderschön. Schokoladenbraune, gewellte Haare, die bis zu ihren Ellenbogen reichten. Jetzt schien das Mädchen sie zu bemerken und nahm wohl an, das sie im Weg stand, denn sie entschuldigte sich mit einem kleinen Lächeln und schob ihren eigenen Einkaufswagen näher an sich heran. Ihre Stimme war herzallerliebst und ihre braunen Augen strahlten regelrecht. Sie wollte sie unbedingt näher kennenlernen, vor allem als sie realisierte, dass im Einkaufswagen der anderen neben Tackernadeln, dekorativen Glasskugeln, Duftkerzen und Klebeband, noch etwas anderes lag. Nämlich ihr Lieblingsbuch. Wahrscheinlich hatte das Mädchen dieses Buch aus dem Bücherregal geholt, indem immer die Mängelexemplare standen. Naja Bücherregal, war vielleicht etwas übertrieben, es war eher eine kleine Metallbox, in der die Bücher wahllos umher lagen. Hin und wieder, machte sie sich immer daran die Bücher nach Genre und Farbe zu sortieren, denn den Angestellten schienen die Bücher ziemlich egal zu sein.
Wenn sie das Mädchen auf das Buch ansprechen würde, würden sie vielleicht in ein Gespräch kommen und sich bestimmt so gut verstehen, dass sie Nummern tauschen würden. Dann würden sie bestimmt irgendwann zusammenkommen und dann zusammen in der großen Badewanne des Mädchens liegen umgeben von Kerzen und von leiser Musik begleitet ein Buch lesen. Das wäre dann ihr neues Lieblingsbuch, weil sie es auf diese Art und Weise gelesen hätten und das andere Mädchen würde sich über sie lustig machen und sagen, dass sie doch nicht immer ihr Lieblingsbuch ändern kann und sie selbst würde lachen und sagen, dass es doch geht und sie würden sich küssen und- Stopp. Wie wäre es, wenn sie anstatt in Tagträume über eine gemeinsame Zukunft zuversinken, sich eher mal trauen würde das Mädchen anzusprechen?
„Hey", sprach sie das braungaarige Mädchen an, das sich darauf ihn zu ihr drehte.
„Ja?", mit einem freundlichen Lächeln, blicke das Mädchen sie abwartend an.
„Also ich wollte nur-"
„Ach, hier bist du Schatz", unterbrach eine andere Stimme sie. Ein junger Mann war neben dem Mädchen aufgetaucht. Kurze schwarze Haare, braune Augen und lässige Kleidung. „Ich dachte du würdest noch bei der Buchkiste stehen. Normalerweise stehst du da doch Jahre." Das Mädchen rollte mit ihren Augen, aber es war keine genervte Geste, sondern wirkte mit dem Lächeln auf ihrem Lippen wie eine Darstellung ihrer Zuneigung.
„Ich stehe da nicht Jahre", der Junge warf ihr einen Blick zu und sie kicherte etwas. „Die Bücher waren schon sortiert", erklärte sie dann, „also musste ich das nicht tun."
Sie sortiert die Bücher auch? Das war einfach nicht fair. Wieso hatte dieses wundervolle schon einen Freund?
„Du musst es sowieso nicht tun", erwidert der Junge verständnislos.
„Doch, die Angestellten machen das ja nicht", rechtfertigte sie sich kurz und bevor er noch was anderes erwidern konnte, fragte sie ihn, ob er das Blumenbouquet gefunden hatte.
„Ja, hab ich", jetzt zog er einen kleinen Blumenstrauß hervor, den er bis eben wohl hinter seinem Rücken versteckt hatte.
„Perfekt", jetzt lagen die Augen des Mädchens wieder auf ihr selbst. „'Tschuldigung, was wolltest du sagen?"
Ich wollte mich nur nach dem Buch erkundigen und dann ein wundervolles Gespräch anfangen, um eventuell deine Nummer zubekommen.
Shit, was soll ich jetzt bitte sagen?
„Oh, ich hab euch unterbrochen?", entschuldigend blickte der Junge zu mir.
„Schon gut", sie zwang sich zu einem Lächeln. „Ich wollte nur", deine Freundin anmachen, „fragen wo", shit was wird das hier? Mir muss jetzt irgendwas einfallen verdammt. Wonach farg ich bitte?! Meine Augen fielen auf ihre Hände. „du den Allzweckreiniger her hast."
„Äh?", irritiert deutete sie auf das Regal, dass sich direkt vor ihr befand. „Genau hier", der Tonfall des Mädchens Tonfall hatte was Amüsiertes. Shit. Wie oberpeinlich war das bitte?
„Oh", was eine Glanzleistung. „Manchmal sieht man den Wald ja vor lauter Bäumen nicht", ich zwang mich zu einem Lachen und hoffte, dass es nicht so erzwungen klang, wie es auf mich wirkte. Hilfe. „Aber jetzt weiß ich ja wo es steht", kann mann eigentlich vor Peinlichkeit sterben? Ich machte einen Schritt nach vorne und das Mädchen machte mir Platz, damit ich an den Reiniger rankam. „Danke", Tod durch Peinlichkeit. Das gibt es bestimmt. Es gibt ja auch diese Schafe die bei lauten Geräuschen umfallen, da könnte sie selbst doch bestimmt einfach vor Peinlichkeit totumfallen, oder war das zu viel verlangt? „Tschüss", und sofort verschwand sie um die nächste Ecke. Hinter sich hörte sie ein leises _Tschö_.
Jetzt musste sie wirklich zum Alkoholregal. Die Peinlichkeit musste sie erstmal richtig verarbeiten und wenn sie schon dabei war, würde sie sich Schokolade und zwar die gute teure Schokolade! Durch den Vodka würde ihr Kontostand eh leiden, also kam es da auch nicht mehr drauf an. Die schrumpfende Zahl auf ihrem Konto sprach das Gegenteil, aber es war ihr egal.
Sie ging zielstrebig auf die Vodkaflaschen zu, schon enttäuscht weil nicht die Flasche da war, die sie sehen wollte, aber dann fiel ihr etwas buntes im Augenwinkel auf. Sie stutzte, kniff ihre Augen zusammen und tatsächlich stand dort ganz hinten etwas, was so aussah, wie die Regenbogenflasche. Kurz stoppte sie. Sollte sie jetzt wirklich alle Vodkaflaschen aus dem Regal räumen nur um an die Flasche zu kommen? Das wäre wohl etwas übertrieben, allerdings wollte sie unbedingt diese Flasche haben.
Fünf Minuten später lag eine regenbogenfarnene Vodkaflasche in ihrem Einkaufswagen und die anderen Vodkaflasche standen etwas deplatziert in dem dafür vorgesehen Regal. Supermarktregale aufräumen, könnte sie also nie beruflich machen. Nur Bücherregale könnte sie aufräumen. Unbeirrt schritt sie jetzt durch das Regal mit den Süßigkeiten und schnappte sich ein paar Gummibärchen und die gute Schokolade sowie eine Packung Chips. Danach bewegte sie sich auf die Kasse zu, legte ihre Waren aufs Band und wusste das dieser Einkauf weit über ihrem eigentlichen Budget liegen würde. Traurig sah sie wie der Preis, den sie zu zahlen, mit jedem gescannten Artikel weiter in die Höhe stieg und sie würde wohl die nächsten 10 Tage mit ihrem Einkauf auskommen müssen. Das würde sie schon irgendwie überleben, dachte sie während sie den Kassenzettel entgegen nahm und aus dem Laden rausging.
Der Boden vor ihr war nass und die Luftfeuchtigkeit war erheblich gestiegen. Es hatte also geregnet als sie drin war, na toll. Sie hatte ihren Teppich zum auslüften über das Geländer ihres Balkons gehangen. Der war jetzt wohl völlig durchnässt. Wundervoll. Seufzend begann sie damit ihre Einkäufe in ihren Rucksack zu stopfen. Da dieser wie erwartet nicht ausreichte, zog sie aus einem Reißverschluss des Rucksackes eine kleine Tragetasche hervor auf der ein Faultier aufgedruckt war. Als sie alles verstaut hatte, schob sie den Einkaufswagen zu den anderen und bewegte sich wieder zur Bushaltestelle.
Heute war irgendwie nicht ihr Tag, aber immerhin hat sie endlich die Regenbogenflasche bekommen. Ein Lächeln stahl sich auf ihr Gesicht, als sie in diesem Moment einen schwachen und langsam verblassenden Regenbogen in der Ferne entdeckt.
Vielleicht würde alles bald besser werden.
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Zu benutzende Wörter:
- [x] Kerze
- [x] Klebeband
- [x] Tod
- [x] Musik
- [x] Zukunft
- [x] Faultier
- [x] Bücherregal
- [x] Ende
- [x] Tackernadeln
- [x] Teppich
- [x] Alec Benjamin ;)
- [x] Glaskugel
- [x] Blumenbouquet
- [x] Allzweckreinige
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Schnell noch ein Nachwort hinzufügen, weil alle anderen das auch gemacht haben. #Gruppenzwang xD
Es macht Spaß mal wieder Reizwortgeschichten zu schreiben. Ich bin auch recht zufrieden mit was ich geschrieben habe, auch wenn es in meinem Kopf etwas anders aussah, hab ich es doch ganz gut verschriftlich. Ich denke ich werde die Challenge hier nutzen, um meinen Schreibstil mal zu variieren.
Schaut auf jeden Fall bei Nee_chan_ffs, missladyzombie und bei LittleMadStar vorbei ^^
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