2. Shot
Gemächlich fährt er mit seinem Fahrrad an dem Feld vorbei und schaut nur auf die Ballen, die darauf verteilt stehen. Sofort muss er daran denken, wie er früher auf einem Hof als kleines Kind durch ein mehrstöckiges Labyrinth, gebaut aus diesen Ballen, geklettert und gekrabbelt ist. Jedes Mal, wenn sie diesen Ort besucht haben, vergaß er eine Taschenlampe mitzunehmen, damit er besser dort im Dunkeln sehen konnte.
Jetzt war er schon groß und passte schon lange nicht mehr in das Labyrinth.
Der Realitätsschock ist schon lange her und jetzt eine Erinnerung, die ihm nur zum Schmunzeln bringen kann.
Er fährt einige Minuten noch weiter, lässt seine Gedanken von dem Wind und den Wolken treiben.
Als er endlich einen Park erreicht, wird er langsamer und bleibt schließlich stehen. Er schließt sein Rad an einen Poller extra für Fahrräder an, befreit seinen Kopf vom Helm und klemmt diesen an das Schloss. Seine rot-braunen etwas längeren Haare sind leicht plattgedrückt vom Helm. Ein sanftes Durchwuscheln des Jungens begradigt die Frisur jedoch schnell wieder.
Er geht auf eine Parkbank auf einem Hügel zu, setzt sich dort hin und zieht sich seinen Rucksack aus. Er holt ein Stift und einen Block, lässt seinen Rucksack neben die Parkbank fallen und legt sich den Block auf seinen Schoß.
Dann beginnt er zu zeichnen. Hin und wieder sieht er hoch, nur um eine Sekunde danach wieder auf den Block zu schauen. Er macht schnelle Striche, die in den Augen eines unwissenden Betrachters willkürlich aussehen, doch wenn man Ahnung hat, dann erkennt man das Bild, was er versucht auf Papier zu bringen.
Er sitzt lange dort, doch das bemerkt er nicht.
Seine Konzentration wird erst durch einen Schrei einer Person unterbrochen. Er kam von einem anderen Jungen, einem, mit schwarzen kurzen Haaren. Neben ihm liegt ein Skateboard. Offensichtlich ist der Junge damit hingefallen, denn die Knie sind voller Blut und die Arme sehen auch nicht sonderlich sauber aus.
Der Junge auf der Parkbank sieht den anderen und lässt auf der Stelle seinen Block und Stift liegen, um dem gestürzten Jungen zu helfen. Sie kennen sich. Der Schwarzhaarige begrüßt den anderen Jungen lachend und meint, dass er sich hätte denken können, ihn im Park zu treffen. Allerdings findet der Parkbank-Junge das nicht so lustig. Er nimmt sachte ein Bein des Schwarzhaarigen und betrachtet das Knie, aus dem noch immer fließend Blut kam.
„Wie hast du das bitte hinbekommen...?", murmelt er seufzend. Der Schwarzhaarige grinst, zuckt mit den Schultern und bewegt sein Bein aus dem lockeren Griff des Anderen. Er steht auf und will zu seinem Skateboard gehen, da knickt er weg. „Verdammt!", flucht er.
Der andere Junge erhebt sich ebenfalls und greift sich einen Arm des Schwarzhaarigen, um ihn sich über die Schulter zu legen. „So kannst du nicht mehr Skaten. Wer weiß wie tief das ist?" Der Schwarzhaarige scheint auf Witze aufgelegt zu sein. Zumindest meint er: „Was ist wohl tiefer? Die Andreasschlucht oder die Wunde?" Lachen tut nur er über seinen Witz.
„Setz dich auf mein Fahrrad", bestimmt der Andere, „Ich schieb dich nach Hause." Er packt Stift und Block wieder in den Rucksack, schultert diesen und geht gemeinsam mit dem Schwarzhaarigen zu seinem Rad.
Stillschweigend gehen, sie den Weg zu dem Nachhause des gestürzten Jungen, bis auf einmal die Kette abspringt. „Super", stöhnt der Besitzer des Rads. Der Schwarzhaarige steigt ab und schaut dem anderen Jungen zu, wie der die Kette wieder richtig spannt. Dann kann es weitergehen. Die Hände des einen Jungen sind nur jetzt pechschwarz, aber dafür können sie weitergehen.
„Hätten wir nicht eigentlich einen Rettungswagen rufen sollen?", fragt der Schwarzhaarige nach weiteren Minuten des Schweigens. „Dann hätte ich mir das Ganze hier ersparen können, ja... es wäre in der Tat schlauer gewesen einfach einen Rettungswagen anzurufen..." Der schiebende Junge stöhnt erneut frustriert auf. „Na ja, dann siehst du mein Zimmer mal wieder. Warst lange nicht mehr bei mir", meint der andere. Er bekommt ein Nicken als Antwort zurück.
Es ist ihm ziemlich unangenehm, wie lange er nicht mehr bei seinem alten Freund zu Besuch war. Zu lange ist es schon her, dass sie zusammen dort gesessen und die Zeit totgeschlagen haben.
„Ich hab übrigens mein Zimmer in eine neue Farbe gestrichen", erzählt der Schwarzhaarige fröhlich, „Rate mal welche!" Der Aufgeforderte überlegt ein oder zwei Sekunden, bevor er antwortet: „Gelb?"
„Jackpot!", ruft sein alter Freund, „Warum probierst du dein Glück nicht in einem Casino? Du warst schon immer gut im Raten."
Der andere Junge lacht kurz auf. Das war bisher der beste Witz, den er von ihm gehört hatte und es war nicht einmal ein Beabsichtigter gewesen.
„Du kannst das nicht vergleichen. Freunde und Glücksspiele sind komplett unterschiedliche Dinge", entgegnet er ruhig. „Ja und? Beide funktionieren aber schon irgendwie nach demselben Prinzip; hast du erst einmal genug Zeit mit ihnen verbracht, kannst du ihren nächsten Schritt abwiegen und erraten."
Überrascht von dieser Aussage sieht der Junge mit den rot-braunen Haaren den Schwarzhaarigen an. Er weiß nicht, was er darauf antworten soll und ist deshalb ganz froh darüber, dass sie ihr Ziel erreicht haben.
Vorsichtig steigt der Verletzte vom Rad und sagt dem anderen Jungen: „Kannst es ruhig mit meinem Board in die Garage stellen." Das tut er auch. Zusammen betreten sie das Zuhause des Einen. „Ma, ich muss glaub ich ins Krankenhaus!", ruft der Verletzte sofort. „WAS?!", kommt es aus der Küche. „Ach, Ben ist übrigens auch hier" Seine Mutter steht nun vor ihnen und schaut entsetzt auf ihren Sohn. „Wie hast du das bitte gemacht?", fragt sie ihn fassungslos. Wie auch zuvor zuckte der Junge mit den Schultern, ergänzte aber noch ein „Bin hingefallen". Die Mutter seufzt und geht ins Badezimmer. Mit Wundspray, einem Verband und einer Wundkompresse kommt sie wieder und während sie sich um das Knie ihres Sohnes kümmert, begrüßt sie den anderen Jungen: „Hallo Ben, entschuldige bitte, dass ich dich erst jetzt begrüße." „Hallo Misses Boardman. Ist ja nicht schlimm..." Er steckt seine Hände in seine Hosentasche und sieht auf den Boden. Er weiß nicht recht, was er mit sich machen soll.
Gerade als er fragen will, ob er wieder gehen soll, wird die Mutter fertig mit dem Verband. „Wir müssen jetzt schnell ins Krankenhaus. Ben, kommst du mit?" Während sie den Jungen fragt, zieht sie sich die Schuhe an. „Ähm, ja, ich komme mit."
„Tess", ruft die Mutter die Treppe hoch. Ein Mädchen mit einem Handy in der Hand kommt nach unten. „Ich hoffe es ist etwas Wichtiges. Ich bin gerade mitten in einem Telefonat mit Lina." Ihre Mutter seufzt und zeigt auf den verletzten Jungen. „Ich muss mit deinem Bruder ins Krankenhaus." Das Mädchen schaut auf das Knie und schüttelt den Kopf. „Gute Besserung!", ruft sie. Während sie nach oben geht, telefoniert sie weiter: „Bin wieder da. Also ich dachte mir, dass man einen Oneshot über Silberchan schreiben kann..."
„Sie kann in letzter Zeit nur noch darüber reden", erzählt der Bruder des Mädchens, „und ständig listet sie auf, was sie alles an Merchandise zum Geburtstag haben will." Er verdreht die Augen und steht auf.
Mit der Hilfe von seinem alten Freund und seiner Mutter steigt er ins Auto. Sie kommen schnell ins Krankenhaus an, und es dauert auch nicht lange, bis sich ein Arzt das Knie anschaut. „Das kann man nähen", meint dieser nach seiner Untersuchung, „Da hast du echt Glück gehabt – Fast hättest du dir den Schleimbeutel aufgerissen."
Der Arzt steht auf und holt sich eine Maske und die Gegenstände die er braucht. Es dauert nicht lange, bis die Wunde zugenäht ist. Damit er besser gehen kann, bekommt der Junge auch Krücken mit.
Gemeinsam fahren sie zurück. „Willst du noch hierbleiben?", fragt der Schwarzhaarige seinen alten Freund, sobald sie ankommen. Der andere Junge zögert, bevor er nickt. Er hilft dem anderen Jungen beim Treppensteigen. Beide setzen sich auf das Bett.
„Schöne Farbe", sagt der eine nun. „Danke."
Dann schweigen sie wieder für ein paar Sekunden. Der Brünette bricht die Stille jedoch: „Es tut mir leid, dass ich mich nicht mehr gemeldet habe. Verzeihst du mir?" Er reibt sich unsicher über seinen einen Arm und schaut den anderen Jungen peinlich berührt an. „Ach, Schwamm drüber. Du verschwindest doch nicht mehr wieder oder?" Sie grinsen beide. „Nein, versprochen", meint der Brünette daraufhin. „Na dann."
Versöhnlich umarmen sie sich.
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Hm, yes.
Kann- Kann ich bitte nochmal die Zeit zurückdrehen und meinem Vergangenheits-Ich sagen, dass es auf jeden Fall NICHT erst am 21. anfangen sollte, auch wenn es sich nicht gut fühlt?
Ich hätte vielleicht bei Version 2 bleiben sollen, die zwar düster war, aber sie wäre immer noch besser geworden.
Das nächste Mal wird es besser, I guess...
Dabei mochte ich die Wörter diesmal sogar mehr...
Hier sind sie übrigens:
- Fahrrad
- Rucksack
- Stift
- Garage
- Farbe
- Merchandise
- Telefonat
- Bild
- Kette
- Silberchan
- Casino
- Maske
- Jackpot
- Skateboard
- Taschenlampe
Vergesst nicht bei den anderen vorbeizuschauen!
Nee-Chan und Zombie haben schon hochgeladen, bei denen lese ich dann jetzt auch mal. :)
Bis zum nächsten Mal!
LG LMS☆
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