Gesichter
Helle Haut, Augenringe in schimmerndem Dunkelblau unter der strahlend grünen Iris. Sommersprossen im ganzen Gesicht, auf der Stupsnase, den hohen Wangenknochen, dem aufgeschrammten Kinn.
So schaut sie neugierig zu mir hoch, spielt mit ihrer karottenroten Haarsträhne, so gut es bei dieser Länge eben geht. Die Haarspitzen liegen verknotet auf ihren Schultern.
„Hey, Kleine", sage ich, nur in Gedanken, als sie meinen Blick einfängt und festhalten will, doch ich weiche ihr aus.
Schaue kurz nach links.
Dann nach rechts.
Die Stadt ist gut gefüllt, überall um uns herum drängen sich Menschen ohne Gesichter, alle auf der Suche nach Konsum. Der Winterschlussverkauf lockt sie, genau wie mich.
Ich schaue wieder neben mich, nach unten, zu der Stelle, an der das Mädchen eben noch stand. Sie ist nicht mehr da, es sollte mich nicht wundern, die Masse hat sie verschluckt.
Alle sind in Bewegung, nur ich stehe verwirrt da. Ihr Blick hat etwas in mir wieder ans Licht gebracht, etwas, was ich lange verloren geglaubt habe.
Ich werde von allen gesehen und doch nicht wahrgenommen, und das verschlägt mir die Sprache, als ich diese Vielzahl an Gesichtern auf mich zukommen sehe. Helle Haut, dunkle, rosige und gebräunte. Die Haarfarben ausgefallen bunt bis unscheinbar natürlich, lila, blau, braun, blond. Mir wird schwindelig, als ich die Welle an Menschen auf mich zukommen sehe, leere Blicke starr auf die Läden gerichtet. Noch nie habe ich mich zwischen so vielen Leuten so verloren gefühlt.
Mit flachem Atem schaue ich jedes einzelne Gesicht an, mein Herz klopft zum Zerspringen schnell, ich zittere am ganzen Körper.
Bis alles zu einem einzigen Eindruck wird.
Plötzlich sehe ich nur noch dieses eine Gesicht.
Helle Haut, Augenringe in schimmerndem Dunkelblau unter der strahlend grünen Iris. Sommersprossen im ganzen Gesicht, auf der Stupsnase, den hohen Wangenknochen, dem aufgeschrammten Kinn.
So lächelt sie mir zu, um den roten Mund blutverschmiert.
Mit jedem Schritt der Masse werde ich schwächer.
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