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Tropf. Tropf. Tropf.

Überall Tropfen. Wie ein Ticken einer Uhr. Tick, tack. Tropf. Sie liefen an seinem Gesicht herab. Fielen tief hinunter auf den grauen Asphalt. Tropf. Suchten sich einen möglichst kurzen Weg durch seine schwarzen, mittellangen Haare, die platt an seinem Schädel hingen. Tropf. Tick, tack.

Irgendwo schlug eine Kirchturmuhr. Die Zeit verstrich und er mit ihr.

Was machte er hier? Wie war er hier her gekommen? Warum machte ihm der Regen nichts aus? Eigentlich müsste er sich brennend für diese Fragen interessieren. Doch sein Körper war still. Kein Muskel rührte sich. Er war nichts. Sein ganzer Körper war gefangen in einer endlosen Schleife der Ruhe. Im Nichts. Er war nicht mehr existent.

Das Wasser lief weiter. Es rann ihm in die Augen und verwischte seine ohnehin schon miserable Sicht. Es tropfte und rann und lief an ihm herab. Dann über den Asphalt, auf dem er reglos stand. Dann verschwanden die Tropfen. Verschwanden im Nichts. Doch er war doch auch im Nichts. Müssten sie dann nicht stetig wieder bei ihm auftauchen? Vielleicht hörte der Regen deswegen nicht auf.

Es war kühl. Vielleicht sogar kalt. Er war sich nicht sicher. Insgesamt waren seine Gedanken wie vernebelt. Sie kreisten und wollten nicht stillstehen. Doch er kam zu keiner Lösung. Zu welcher Lösung er kommen wollte, wusste er selbst nicht. Aber er war ja ein Nichts. Verloren gegangen im Nebel. Er durfte wohl rumstehen und versuchen nachzudenken. Niemand würde es interessieren oder stören. Das waren die einzigen Gedanken, die er grade spinnen konnte.

Täuschten sich seine Ohren, oder wurde der Regen leiser? Nein, sie hörten wohl richtig, denn der Druck wich von seinen Schultern. Der Wind war immer noch still, kaum wahrzunehmen. Trotzdem fror sein Körper. Seine Sinneswahrnehmungen kehrten langsam zu ihm zurück.

Schleichend krochen sie zurück in seinen ruhigen Körper. Seine Augen weiteten sich. Er konnte alles genau erkennen.

Genau vor seinen löchrigen, durchnässten Schuhen lag eine schwarze Straße. Zu beiden Seiten hin verlief sie ohne eine kleine Windung und verschwand hinter den Hügeln, die er überall erkennen konnte. Als er sich umdrehte, sah er einen düsteren Wald. Die Bäume waren dicht gedrängt, dunkel und bedrohlich. Sie ragten hoch in den Himmel und versperrten den Sternen den Blick auf den verlorenen Menschen, dort unten am Anfang und Ende des Lebens und des Seins.

Sein Blick war zwar klar, doch seine Wahrnehmung spielte noch nicht mit. Kein einziges Geräusch war zu vernehmen. Keine Regung zu spüren.

Er schaute auf zum Himmel. Versuchte die Sterne zu erkennen. Doch durch das wabernde, tiefe Wolkenmeer vermochten seine Augen nichts zu erkennen. Er war ein Mensch und obwohl er die Fähigkeit besaß zu schauen, war er blind.

Als er seinen Blick wieder zum Boden senkte, sah er eine Gestalt. In seiner Nähe stand sie, nicht mal einen Meter entfernt. Er konnte sie in keine Kategorie einteilen, die sein Gehirn binnen kürzester Zeit abspielte. Komisch. Was war es nur? Eine Kreatur zwischen Schatten und Licht. Doch es war eine Sie. Das konnte er als einziges erkennen.

„Nun bist du also hier." Die Stimme stammte von dem Wesen vor ihm. Es kam langsam auf ihn zu und umschritt ihn einmal. Begutachtete ihn. Mit keinem Wort der Welt hätte er es beschreiben können. Oder wollen. Nein, kein Wort war es Wert, es zu beschreiben.

„Willkommen. Wir haben dich erwartet." Kein Körperteil war an ihr zu erkennen. Nirgendwo Augen oder Arme, Beine oder Hände. Er wusste nur, dass Sie eine ungewohnte Wärme ausstrahlte.

„Was mache ich hier? Wo bin ich?" Seine eigene Stimme hörte sich ungewohnt fremd an.

„Dieser Ort wurde von vielen benannt. Immer mit einem anderem Namen. Bald wirst auch du eine Entscheidung treffen müssen." Das Wesen blieb stehen und stellte sich vor ihn.

„Manche nannten diesen Ort Illusion, manche Tod, manche Fantasie oder Traum. Wieder andere hielten ihn für den Himmel, andere für die Hölle. Es ist kompliziert aber auch sehr einfach. Deine Entscheidung wird bald erfolgen. Aber erst, wenn du diese Welt kennen gelernt hast. Am Ende wirst du selbst entscheiden, wie es weiter geht. Wo du verweilen wirst, wo nicht."

Er war verwirrt. Kein Wort machte Sinn. „Bald wirst du alles verstehen." Ihre Stimme klang zuversichtlich und gab ihm Mut. „Folge mir nun!"

Eine Turmuhr schlug. Es tropfte. Und dann... Denk dir was aus!

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Hey ihr :)

Die Kurzgeschichte ist zugegeben ein klein bisschen komisch und irgendwie auch verstörend. Na ja, lasst eurer Fantasie freien Lauf. Ich habe meinen Gefühlen und Gedanken freie Bahn gelassen und das hier ist das Endergebnis. Ich freue mich sehr, wenn euch der Text gefallen haben sollte!

xx Carlotta

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