7.Kapitel
,,Ich dachte das wäre so etwas wie ein offenes Geheimnis." Lin ließ betreten den Kopf hängen.
Sie saß neben der, nicht minder bedröppelt aussehenden Ruby, und knabberte an einer Möhre von Rubys Teller, weil sie aus irgendeinem Grund immer irgendwelches Gemüse knabberte.
,,Ich habe grade dreißigtausend investiert damit es genau das nicht wird." Seufzte James. ,,Dreißigtausend die ich übrigens wiederhaben will."
Ruby griff in ihre Tasche und gab ihm stumm das Geld von diesem Morgen zurück, für das sie nur so kurze Zeit das Sorgerecht gehabt hatte.
,,Hier sind die fünfzehntausend, den Rest geb ich dir morgen. Wir müssen jetzt zurück zur Schule."
Sie drehte sich Lin zu. ,,Du musst echt mal das Flüstern üben. Warum hast du mich eigentlich gesucht?"
,,Nicht ich. Kieran." Lin kratzte sich die Nase. ,,Der wollte mit dir reden."
Ruby seufzte. ,,Warum?"
,,Wer ist Kieran?" Fragte James verwirrt.
Die Mädchen ignorierten ihn.
,,Ich glaub er will dir schon wieder seine unsterbliche Liebe gestehen." Sagte Lin.
Ruby stöhnte. ,,Das hat er allein letzte Woche schon drei Mal gemacht!"
,,Tschuldigung, wer ist Kieran?" Fragte James erneut.
Ja, wer ist Kieran? Jedes heterosexuelle Mädchen ab dem Alter von circa Vierzehn Jahren hat oder hatte schon einmal einen Kieran.
Kieran ist der Junge, der in eine weibliche Person in seinem Freundeskreis verliebt ist und obwohl sie nicht dasselbe für ihn fühlt sich keine andere sucht, sondern stattdessen ihr guter Freund bleibt, darauf hoffend, dass Gefühle wie Zimmerpflanzen sind und irgendwann dann doch wachsen und gedeihen solange man ein gewisses Maß an Hingabe und Geduld in sie investiert.
Der natürliche Lebensraum eines Kierans ist die sogenannte Friend - Zone. Diese verlässt er selten bis nie.
Kierans können in der freien Wildbahn unter allen möglichen Namen auftreten und verschiedene Gestalten annehmen. Sie haben oft eine gewisse Harmlosigkeit an sich, die aber täuschen kann.
Nicht bei Rubys Kieran jedoch, der tatsächlich so niedlich und harmlos ist wie er ausschaut. Jedes vernunftbegabte Wesen würde ihn sofort nehmen, nicht jedoch Ruby. Der einzige Mann den sie momentan wollte hieß Oxford. Anyway, zurück zur Geschichte.
Lin nippte an Rubys Kaffeetasse. ,,Ja, aber ich glaube er dachte du hättest ihn letztes Mal nicht ganz gehört. Du weißt schon, wegen der Höhenentfernung."
,,Ne, weiß ich nicht. Was war nochmal letztes Mal?" Ruby legte die Stirn in Falten.
,,Na, als er auf dem Schuldach gestanden hat und gerufen hat er würde für dich springen." Sagte Lin achselzuckend. ,,Gut, dass seine Beine inzwischen wieder verheilt sind."
Ruby seufzte. ,,Ach stimmt ja. Bitte erinnere mich nie wieder daran. Wo ist er? Ich muss ihm dringend aus dem Weg gehen."
,,Er wartet mit einem Laster voller roter Rosen vor dem Schultor. Wenn wir durch den Hintereingang gehen solltest du sicher vor ihm sein."
James verdrehte die Augen. ,,Oder du sagst ihm halt, dass du nichts für ihn fühlst."
,,Taten sagen mehr als Worte." Erwiderte Ruby stumpf. ,,Davon abgesehen kann ich mich nicht erinnern dich um Rat gebeten zu haben, Schnofourk!"
,,Tja, du brauchst ihn aber offensichtlich." James verdrehte die Augen. ,,Der beste Rat den ich dir geben kann, den ich selber nicht befolge, ist Kommunikation. Jungs wie diesem Kieran muss man einfach immer alles ins Gesicht sagen."
,,Super, dann werd ich dir zur Übung gleich mal etwas ins Gesicht sagen." Meinte Ruby bissig. ,,Zieh Leine! Und zieh dir ein Hemd an."
,,Vergiss nicht: Dieser Oberkörper hat grade dein Frühstück bezahlt!"
James Beaufork stand auf und griff nach seinem Jacket. ,,Ich erwarte morgen mein Geld zurück, Ruby Wuff. Und du wirst noch dafür büßen dich nicht an unsere Abmachung gehalten zu haben!"
Düster und dramatisch schritt er von dannen, blieb allerdings mit der Fußspitze an der Schwelle hängen und fiel vor dem Café der Länge nach in den Matsch.
,,Lin, hast du das mit Müdia wirklich niemandem weiter erzählt?" Fragte Ruby ihre Freundin mit angespannter Stimme, als sie kurz darauf zurück zur Schule liefen.
,,Doch eigentlich schon." Lin überlegte. ,,Lorelei, Mathilda, Henriette, Konstanze, Maria Theresia, Penelope... Sie haben mir halt nur nicht zugehört."
Ein Schatten schlich sich auf Lins Gesicht. Seit ihr Vater sein Geld in einer schlechten Investition verloren hatte, behandelten sie die reichen Mädchen wie Luft. Niemand von ihren früheren Freundinnen wollte mehr mit ihr reden, egal wie juicy der Gossip war, den sie anbieten konnte! Egal, wie heiß der tea!
,,Lin, das ist es!" Ruby grinste ihre beste Freundin an. ,,Nur wir beide kennen Müdias Geheimnis! Und wenn ihr Brüderlein will, dass das so bleibt, dann...?"
,,Dann muss er zahlen." Vollendete Lin den Satz nach einer halben Minute Bedenkzeit. Sie lächelte still. Erpressung war lukrativ.
Gott, es würde sich gut anfühlen wieder in die Oberschicht zurückzukehren.
Dann könnte Lin endlich Ruby Wuff ditchen und sich wieder Freunden anschließen, die ihrer würdig waren.
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