17.Kapitel

James Beaufork hatte schlecht geschlafen. Er hatte Lust die Schule abreißen zu lassen und anschließend die gesamte Welt in die Luft zu jagen. Ein winzig kleiner moralischer Kompass hielt ihn allerdings davon ab.

Der Grund für seine üble Laune lag nicht darin, dass er schlecht geschlafen hatte. Die schlechte Laune war schon da gewesen bevor er sich schlafen gelegt hatte. Um genau zu sein hatte James Beaufork schlecht geschlafen weil die schlechte Laune ihn wach gehalten hatte. Jene schlechte Laune deren Geburtsmoment die Sekunde war, in dem Mr Beaufork seinem Sohn mit einem verschwörerischem Lächeln zwei kleine Ring Schatullen überreicht hatte. 

,,Für dich und deine Zukünftige. Ich will, dass du ihr morgen, nach der Schule, den Antrag machst."

James war einen Augenblick lang zu baff gewesen um irgendwas zu erwidern. Dann fragte er: ,,Welchen Antrag?"

Sein Vater verdrehte die Augen. ,,Den zum heiraten natürlich."

,,Was?"

,,Das heißt: wie bitte." James' Vater entzündete sich eine Zigarette. ,,Du sollst sie bitten dich zu heiraten, damit ihr Vater meine Verträge unterschreibt. Sie ist nämlich hin und weg von dir. Wer kann's ihr verübeln." Stirnrunzelnd sah er auf die qualmende Zigarette in seiner Hand. ,,Du bist übrigens enterbt, wenn ich dich je beim Rauchen erwischen sollte."

,,Ich bin achtzehn Jahre alt. Du erwartest von mir ernsthaft das ich heirate?" James' Hände begannen zu zittern.

,,Korrekt."

,,Papa! Das kann nicht dein Ernst sein!" James deutete mit dem Zeigefinger auf sein eigenes Gesicht. ,,Ich danke Gott jeden Tag für diese Schönheit und du erwartest, dass ich all das an nur ein einziges Mädchen verschwende? Für den Rest meines Lebens? Papa! Du beraubst die Frauenwelt um etwas unfassbar Kostbares! Wie kannst du von mir erwarten, dass ich da mitmache?"

,,Ich erwarte, dass du deiner Zukünftigen heute den Antrag machst, damit ich mit ihrem Vater als meinem Familienangehörigen Business machen kann. Das ist nämlich sehr viel praktischer. Steuerlich und überhaupt." Mr Beaufork nahm einen tiefen Zug und atmete den Rauch aus. ,,Von dem Rest hat niemand was gesagt."

James versuchte ruhig zu bleiben. ,,Also, ich soll sie heiraten und sie dann betrügen, so wie du das bei Mama machst?"

,,Ganz genau."

,,Das kannst du nicht von mir verlangen!" Schrie er. ,,Ich werde sie nicht heiraten! Ich werde sie nicht einmal daten, ich mag sie nämlich nicht! Ich kann sie nicht ausstehen!"

Mr Beaufork blieb erstaunlich ruhig. ,,Magst du denn jemand anderen?"

,,Nein, aber-"

Er lachte spöttisch. ,,Willst du etwa lieber jemanden aus Liebe heiraten?"

,,Ich will überhaupt nicht heiraten! Ich will da überhaupt nicht drüber nachdenken bis ich mindestens dreißig bin!" James ballte die Fäuste. ,,Ich bin achtzehn Jahre alt. Das heißt ich bin vollmundig. Du kannst mich nicht zwingen!"

,,Natürlich kann ich dich nicht zwingen, aber wenn du sie nicht heiratest bist du enterbt und landest ohne einen Penny auf der Straße." Mr Beaufork drückte gelassen seine Zigarette in einem Schälchen aus Elfenbein aus. ,,Ich tu doch so viel für dich James. All dieser Luxus... Kannst du nichtmal diese eine Sache für mich tun?"

James fühlte das Blut durch seinem Körper rauschen. ,,Und was wenn ich eine andere hätte?" Hörte er sich selbst sagen. ,,Wenn ich eine andere lieben würde? Müsste ich die, dessen Namen nicht genannt werden darf, dann immer noch heiraten? Oder könnte ich die heiraten die ich liebe?"

Kopfschüttelnd verließ Mr Beaufork den Raum. Seine Lederschuhe machten kein Geräusch auf dem weichen Tigerteppich Boden. ,,Ich hätt' dir als du zehn warst niemals diese Disney Filme erlauben sollen, mein Junge. Das kocht uns Männer weich."

Hier war er nun also. Der James Beaufork stand mit Tränen in den Augen auf dem Schulhof und sah sein ganzes Leben an sich vorbeirauschen. Für einen achtzehn jährigen Jungen aus seiner Generation war ja schon eine feste Beziehung eine unbeschreiblich angsteinflössende Bindung, wie sollte es da erst mit einer Ehe aussehen?

Aber, Gott, sein Leben war gut gewesen! Er genoss den Rückblick wie die erste Folge einer preisgekrönten Lieblingsserie. Yachten, Strände, Balenciaga Hemden, Champagner, Privat Jets, schöne Mädchen...

Seine Gedanken wurden jäh unterbrochen als er eine wohlbekannte Gestalt entdeckte, die mit einem Buch unter dem Arm aus dem Schultor lief. Ein Geistesblitz durchzuckte ihn.

,,He, Ruby!" Rief er. ,,Hast du kurz ne Minute?"

Ruby Wuff war schlau! Das sagten alle. Das war oft das einzig Nette was Leute über sie sagten. Vielleicht würde ihr ja etwas einfallen? Wenn er sie nur irgendwie dazu bringen konnte ihm helfen zu wollen.

,,Für dich eigentlich nicht." Erwiderte sie schnippisch, aber lächelte dabei. ,,Was gibt's?"

James zog sie mit sich in eine etwas abgelegenere Ecke des Schulhofs.

Kieran folgte. ,,Was-? Ruby, seid wann seid ihr beide so gut befreundet?" Seine Stimme klang weinerlich. James verdrehte die Augen. ,,Zieh Leine, Kieran!" Dann fiel ihm etwas Besseres ein. ,,Alistair sucht dich."

,,Okay, ähm, dann sollte ich vielleicht-"

,,Wir sehen uns später, Kieran." Sagte Ruby mit fester Stimme.

Sie und James warteten bis er außer Hörweite war.

,,Ich wusste gar nicht, dass du deinen eigenen privaten Stalker hast." James fuhr sich durch die Haare, die heute ungekämmt waren. ,,Wieviel von meinem Geld zahlst du ihm dafür?"

,,Ha. Ha." Ruby Wuff verzog keine Miene. ,,Was ist los, Beaujork? Du siehst fertig aus."

James blickte zu Boden. Seine Körperhaltung brach in sich zusammen. ,,Mein Vater möchte das ich heirate." Stieß er hervor.

,,Was?"

Er grinste verkrampft. ,,Ja, genau das hab ich auch gesagt." In knappen Sätzen berichtete er ihr was Sache war. Ruby hörte zu ohne ihn auch nur einmal zu unterbrechen. Als er fertig war, fragte sie: ,,Sieht sie denn gut aus?"

James versuchte tapfer zu lächeln. ,,Aus der Ferne. Wenn man weit genug weg steht und es grade in Strömen regnet."

,,Verstehe." Ruby klopfte ihm mitleidig auf den Rücken und wandte sich zum gehen. ,,Ich lass mir was einfallen."

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