16.Kapitel

,,Richtig komisch wurde es aber erst, als Alistair anfing über mich und James zu reden." Ruby Wuff schob nachdenklich die Hände in die Taschen ihrer abgewetzten Jacke. Ihre Schicht war endlich vorbei und sie hatte sich mit Lin auf einen spontanen Spaziergang mit Gossip - Beilage verabredet. Seite an Seite liefen sie durch den Park, in dem es schon langsam dämmerte.

Lin riss die Augen auf. ,,Über dich und James Beaufork? Was hat er denn gesagt?"

,,Es war ganz komisch. Er hat plötzlich davon angefangen, dass wir uns ja gestern getroffen haben und das wir bestimmt Spaß hatten und in letzter Zeit ja generell total viel miteinander zu tun haben, was gelogen ist, aber ich hab da mal nichts zu gesagt und nur genickt." Ruby zog die Augenbrauen zusammen. ,,Es war aber so komisch wie er plötzlich damit ankam. Am Abfang schien es ja noch normal, aber er hat gar nicht mehr aufgehört über mich und James Beaufork zu reden und was für eine besondere Beziehung wir doch haben."

,,Meinst du etwa er weiß Bescheid?" Flüsterte Lin und umklammerte ihre neue Chanel Handtasche. ,,Über die Erpressung?"

,,Ich denke schon." Flüsterte Ruby. ,,Alistair ist doch Beauforks bester Freund, bestimmt hat er ihm von der Zwickmühle erzählt, in der er wegen Müdia und uns jetzt steckt."

Sie rief sich erneut den Moment im Café in Erinnerung.
,,Alistair hatte, während er über Beaufork und mich geredet hat, auch so ein Glimmen in den Augen, weißt du. So als würde er sich grade richtig schlau fühlen. Ich hatte die ganze Zeit das Gefühl er wollte mir irgendwas mitteilen."

Lin fröstelte. Ihr war plötzlich kalt. ,,Warum hat Alistair sich überhaupt mit Kieran getroffen?"

,,Angeblich wollte er unsere Walschutz NGO sponsern. Du weißt schon, die die ich mit Kieran mal gegründet habe, weil das gut auf meiner Oxford Bewerbung aussieht. Aber den Scheiß hab ich keine Sekunde lang geglaubt. Ich denke eher, dass er davon weiß, dass ich seinen besten Kumpel erpresse und mir subtil drohen wollte, indem er da auftaucht wo ich arbeite. Ich mein, das kann doch kein Zufall sein!" Ruby hob hilflos die Hände und ließ sie wieder sinken. ,,Alistair war vorher noch nie im Café und er hat auch noch nie vorher mit Kieran geredet oder Interesse an Walschutz gezeigt!" Ruby sah ihre Freundin an. ,,Oder meinst du das ist zu weit hergeholt? Vielleicht mach ich mich auch wegen nichts und wieder nichts verrückt. Vielleicht interessiert sich Alistair ja wirklich nur für die Wale."

,,Wenn ich ehrlich bin: Nein." Lins Gesicht drückte Besorgnis aus. ,,Ich glaube du hast Recht damit, dass das kein Zufall ist. Ich glaube James hat Alistair geschickt um dir subtil zu zeigen, dass er Leute auf seiner Seite hat und dich nicht mit der Erpressung davonkommen lassen wird." Sie packte Rubys Ellbogen. ,,Verdammt, die Sache wächst uns über den Kopf!"

Ruby nickte finster. ,,Das glaube ich auch. Schon das James sich die Mühe gemacht hat mich in Oxford annehmen zu lassen, damit er mir kein Geld mehr zahlen muss, zeigt doch dass er sich nicht einfach so von uns erpressen lassen will. Für ihn ist das vermutlich eine Frage der Ehre." Sie seufzte. ,,Ich schätze mal, ich hab mir alles ein bisschen zu einfach gemacht. Man kann jemanden wie James Beaufork nicht mal eben so um tausende Pfund erleichtern. Er ist viel mächtiger als wir. Er hat diese ganzen reichen und mächtigen Freunde wie Alistair."

Lin nickte konzentriert. ,,Aber wollen wir uns wirklich davon stoppen lassen?"

Ruby Wuff zuckte mit den Schultern. ,,Ich brauche das Geld. Für meine Familie. Mein Vater braucht einen neuen Rollstuhl."

,,Ein Rollstuhl? Ich dachte es wär so ein Treppenlift?"

,,Den braucht er auch, aber dringender braucht er einen neuen Rollstuhl. Seiner ist heute Nachmittag Skatepark kaputt gegangen, als er so ein paar Teenagern einen Trick zeigen wollte."

Lin lachte. ,,Dein Dad ist schon irgendwie cool. Zwar pleite, aber cool. Meiner ist nur pleite." Ihr fiel etwas ein. ,,Aber was ist denn mit dem Geld, dass du schon von James bekommen hast? Kannst du das nicht nehmen?"

,,Davon ist nichts mehr übrig." Ruby rieb sich die Augen, sie war müde. ,,Ich hab meinen Eltern erzählt ich hätte im Lotto gewonnen und wollte ihnen das Geld schenken. Nachdem sie die Hypotheken auf unserem Haus und alle offenstehenden Rechnungen abbezahlt haben, meinten sie der Rest sei für mich und meine Zukunft. Führerschein und Oxford und so. Ich kriege es erst wieder zu Gesicht, wenn ich einundzwanzig bin." Ruby schmollte. ,,Dabei waren es an dem Punkt nur noch etwa vierhundert Pfund." 

Lin fiel noch etwas ein. ,,Aber übernimmt so was wie Rollstühle denn nicht die Krankenkasse?"

,,Ne. Hier in England jedenfalls nicht."

,,Warte mal wir sind in England?"

,,Ja. Wusstest du das nicht?"

,,Ne." Lin machte eine Pause. ,,Warum reden wir denn dann Deutsch?"

,,Keine Ahnung. Ich muss jetzt gehen." Ruby umarmte ihre Freundin zum Abschied. ,,Mach's gut! Bis Montag fällt uns sicherlich ein wie es weitergehen soll."

Lin nickte. Sie hatte den Großteil des Schweigegeldes, das James Beaufork ihr diskret überwiesen hatte, schon ausgegeben. Für Schuhe und Designertaschen, Hautpflege und Kosmetik Besuche. Bis auf die Freunde hatte Lin ihren alten Lifestyle zurück und sie war nicht bereit darauf zu verzichten. Koste es was es wolle.

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