Kapitel 11: Lass uns reden!
Warnung: Erwähnung von sexuellen Handlungen (dank Kaminari, der in seiner Jugend ein wenig aktiv war ._.)
Kaminari läuft aufgeregt in seiner Wohnung auf und ab. Nach zwei Wochen hat sich Shinsou endlich dazu bereiterklärt, mit ihm zu reden. Natürlich haben sie zwischendurch miteinander geschrieben und Memes ausgetauscht. Auch an den letzten zwei Donnerstagen haben sie kleine Gespräche geführt und ein paar vielsagende Blicke ausgetauscht. Aber jetzt ist eben der Zeitpunkt gekommen, um darüber zu reden, welche Art von Beziehung die beiden in Zukunft miteinander pflegen werden. Kaminari hofft inständig, dass er Shinsou schon bald seinen festen Freund nennen darf. Auch er hat sich in den letzten zwei Wochen viele Gedanken zu dem Thema gemacht und seine Gefühle einigermaßen sortiert. Natürlich hat es ihm zwischendurch auch Sorgen bereitet, dass Shinsou so lange zum Nachdenken gebraucht hat. Aber nach einer Runde Saufen mit Sero und Mina, sowie einer Motivationsansprache von Kirishima, konnte er sich damit abfinden und akzeptieren, dass Shinsou einfach auch Zeit für sich braucht.
Der Kaminari aus der Mittelstufe hätte dem heutigen Kaminari dafür den Kopf abgerissen, weil das nicht die Art von Beziehung ist, die Kaminari Denki anstrebt! Doch das war damals, als die Hormone in dem Blonden verrückt gespielt haben und sein Berufswunsch noch Zuhälter war.
Der heutige Kaminari, der cool und reif ist, würde seinem alten Ich nur aufmunternd auf die Schulter klopfen und sagen, dass es in einer Beziehung um so viel mehr geht, als nackte Haut. Zumindest haben ihn all die One Night Stands in seiner Oberstufen- und frühen Erwachsenenzeit nie so glücklich gemacht, wie dieser eine Kuss mit Shinsou vor zwei Wochen. Aber auch hier bleibt die Frage offen, ob Kaminari sich besser gefühlt hätte, wenn er nicht für den ein oder anderen heterosexuellen Jungen hingehalten hätte, nur damit dieser hinterher auch ganz sicher sagen konnte, dass das gleiche Geschlecht nichts für ihn ist.
Doch das sind alles alte Geister und verwesene Erinnerungen an eine Zeit, in der Kaminari noch nicht Shinsou kannte. Hier und Heute sollte er sich nur auf den Violetthaarigen konzentrieren, der jeden Moment vor der Tür stehen kann. Noch einmal lässt Kaminari seinen Blick prüfend über den Esstisch fahren. Die Spaghetti, die er gekocht hat, sehen einigermaßen gut aus. Eigentlich kann Kaminari gar nicht kochen, aber Bakugou hat ihm ein Rezept aufgeschrieben, dass "selbst für einen Trottel machbar" ist.
Mit einem zufriedenen Grinsen im Gesicht, stellt Kaminari fest, dass die regenbogenfarbene Tischdecke, die Mina ihm ausgeliehen hat, eigentlich recht gut zu dem bunten Besteck und den verschiedenfarbenen Tellern passt. Hoffentlich fällt Shinsou nicht auf, dass Kaminari keine Küchensets besitzt, sondern immer nur bei anderen Leuten etwas mitgehen lässt.
Zu guter Letzt erfreut sich der Blonde nochmals an seiner sauberen Wohnung. Der ganze Bakusquad war am Tag zuvor, nach Feierabend, noch bei ihm Zuhause, um beim Putzen zu helfen. Bakugou ist richtig durchgedreht, weil es "selbst für einen Trottel unzumutbar dreckig" war. Jedenfalls hat er das gesagt, nachdem er herausfand, dass Kaminari noch nie seine Fenster geputzt hat.
Plötzlich klingelt es an der Tür und Kaminari spürt seinen Herzschlag beschleunigen. Hastig springt er zur Sprechanlage und lässt Shinsou rein. Als der Violetthaarige über die Türschwelle tritt, bleibt Kaminari kurz der Atem weg. Er sieht einfach noch besser aus, als er es sonst immer tut. Vielleicht ist das aber auch nur Einbildung, weil Kaminari so aufgeregt ist. Schließlich sind Shinsous Haare immer gleich gestylt und das Grinsen in seinem Gesicht kann er ebenfalls schlecht durch ein neues ersetzen. Außerdem hat Kaminari ihn schon tausendmal in Alltagskleidung gesehen. Das schwarze T-Shirt, das er so heiß an ihm findet, und die enge, schwarze und zudem auch noch zerrissene Jeans tun rein gar nichts mit Kaminaris Vorstellungskraft! Nope!
"Uhm... Kaminari?" Erst in diesem Moment realisiert der Blonde, dass er im Weg steht. Der Flur ist schmal und Kaminari muss zur Seite treten, damit Shinsou tatsächlich in die Wohnung reinkann. "Oh, shit! Sorry!" Schnell nimmt er Shinsou die Jacke ab und lässt ihn vollens hereinkommen. Während der Violetthaarige seine Schuhe von den Füßen streift, zieht er amüsiert eine Braue hoch. Der Blonde erwidert den Blick mit einem Hauch von Rosa auf den Wangen. "Du siehst echt gut aus, Hitoshi." Shinsou lacht leise. "Hab ich dem großen Kaminari Denki etwa so sehr die Sprache verschlagen, dass er nicht mal mehr mit einem seiner berühmten Flirtsprüche kontern kann?" Kaminari errötet nur als Antwort. Er ist sich unsicher darüber, ob er lieber die Klappe halten oder einfach aussprechen soll, dass er nur sehr dreckige Sprüche im Kopf herumschwirren hat.
Shinsou grinst Kaminari an, während er seine Hand nimmt und ihn näher an sich heranzieht. Fast so als wäre es ein maschineller Ablauf, verflechtet der Blonde ihre Finger miteinander. Diese kleine Geste, die sie sich zusammen angeeignet haben, beruhigt ihn ein wenig. Als Kaminari immernoch nichts sagt, zieht Shinsou ihn schließlich in eine Umarmung. Sie ist wohltuend und herzlich. Der Blonde erwidert sie gerne und gibt sich der angenehmen Wärme hin, die Shinsou ausstrahlt. Letztlich ist es dann doch wieder der Violetthaarige, der die Stille bricht. "Es tut mir Leid, dass ich dich so lange warten lassen hab." Kaminari drückt den anderen Mann fester. "Es ist okay." Er vergräbt sein Gesicht in Shinsous Halsbeuge. Daraufhin lehnt Shinsou mit seinem Kopf an Kaminaris Haar und kuschelt sich daran. Die beiden bleiben für einige Minuten so stehen, unfähig die Wärme des jeweils anderen aufzugeben.
Während dem Essen reden sie über lockere Themen, wie TV-Sendungen, Youtube und Memes. Den größten Redeanteil hat zwar Kaminari, aber das stört ihn nicht. Allein die Tatsache, dass Shinsou ihm seine Aufmerksamkeit schenkt und manchmal auch seine eigene Meinung in das Gespräch einfließen lässt, macht den Blonden total glücklich.
Es ist mittlerweile schon eine Art ungeschriebenes Gesetzt, dass ihre Gespräche genau so ablaufen. Es vermittelt dem Blonden eine gewisse Sicherheit, die aussagt, dass sich im Großen und Ganzen nichts ändern wird. Shinsou wird immer ein herausragender Künstler mit Katzen-Komplex bleiben, während Kaminari immer der tollpatschige Angestellte aus dem Cat Café Bakugou sein wird.
Natürlich würden sie sich in einer festen Beziehung mehr nach dem jeweils anderen richten, sich mit seinen Prinzipien und Moralvorstellungen auseinandersetzen und ihn mit einer besonderen Note an Respekt behandeln. Doch das sind alles Dinge, an denen sie ohnehin schon seit Wochen arbeiten. Das sind alles Dinge, die früher oder später jede zwischenmenschliche Beziehung mit sich bringt, die über eine Bekanntschaft hinausgeht.
Würde einer der beiden sich dermaßen verbiegen müssen, dass seine komplette Persönlichkeit über den Haufen geworfen wird, dann könnten sie kein Paar werden. Darum ist Kaminari auch so froh, dass das Gefühl der Gewohnheit sie von Zeit zu Zeit besucht, um zu bestätigen, dass die Präsenz des jeweils anderen sich angenehm in das eigene, funktionierende Leben eingliedern lässt. Der Blonde hat in der Vergangenheit oft genug versucht, sich für andere Leute zurechtzubiegen, um zu wissen, dass es sich nicht lohnt. Der Bakusquad war letztlich immer der einzige Ort, an dem er so akzeptiert wurde, wie er ist. Jetzt hat er auch noch Shinsou, genauso wie Eri, Present Mic und vermutlich auch Shota, sobald Kaminari ihn mal kennenlernen wird.
Nachdem die beiden all die Spaghetti gegessen, den Tisch abgeräumt und das Geschirr gespült haben, begeben sie sich in Kaminaris Schlafzimmer. Der Blonde sieht mit einem sanften Lächeln dabei zu, wie Shinsou seinen Blick über den Raum schweifen lässt. Er ist beeindruckt von dem coolen PC, der auf Kaminaris Schreibtisch steht und wundert sich, warum der Blonde zwei Bildschirme hat, sein Schreibtischstuhl jedoch alt und veranzt aussieht. Shinsou kichert sanft, als Kaminari mit den Schultern zuckt. "Man muss eben Prioritäten setzen."
Daraufhin fällt der Blick des Violetthaarigen auf einen kleinen Zettel, der zusammen mit ein paar Theater-, Konzert-, Kino- und Postkarten an der Wand über dem Bett hängt. Seine Augen weiten sich überrascht, denn auf dem Zettel sind seine Handynummer und eine Zeichnung, welche die Kater Chargebolt, Lord Explosion Murder und Deku darstellt. "Du hast den Zettel aufgehoben." Kaminari nickt. "Wie hätte ich den Zettel nicht aufheben können? Ist schließlich eine exklusive Zeichnung meines Lieblingskünstlers!" Shinsou stößt amüsiert Luft aus. "Auch wieder wahr."
"Willst du etwas cooles sehen?" Shinsou nickt. Kaminari befiehlt ihm daraufhin die Augen zu schließen. Der Violetthaarige tut, wie ihm geheißen. Das gibt dem Blonden Zeit, um alles vorzubereiten. Zuerst schaltet er das Licht aus. Seine Augen brauchen ein paar Sekunden, um sich in dem nun dunkleren Raum zurechtzufinden. Zum Glück scheint der Mond durch das Fenster, weshalb es Kaminari nicht ganz so schwer fällt, etwas zu sehen.
Möglichst leise begibt er sich daraufhin zu seinem Bett. In dem Eck, wo das Bett steht, hängt an der Wand eine Sternen-Lichterkette, die in Magenta und Blau leuchten kann. Kaminari greift nach dem dazugehörigen Schalter, um ihn zu betätigen und das ganze Zimmer in ein angenehmes Licht zu tauchen.
Dann bittet er Shinsou seine Augen wieder aufzumachen. Der Violetthaarige staunt nicht schlecht, als er das Farbenspiel der Lichterkette sieht. Kaminari wartet nicht auf einen Kommentar dazu. Stattdessen legt er sich so auf das Bett, dass er die Decke ansehen kann. Die linke Hand legt er unter seinen Kopf, kurz bevor er mit der rechten auf die noch freie Seite der Matraze klopft. Shinsou versteht sofort. Auch er legt sich in Rückenlage auf das Bett. Ohne ein Wort zu sprechen, greift der Blonde vorsichtig nach der Hand des anderen Mannes. Sie verflechten ihre Finger miteinander.
Unter dem blauen und magentafarbenen Licht in Kombination mit dem Mondschein genießt Kaminari die Wärme des Mannes neben ihm. Gedankenverloren streichelt er mit seinem Daumen über Shinsous Hand. Eine Weile liegen sie einfach nur da und lassen die Atmosphäre auf sich wirken. Sie genießen die Zeit, in der kein Wort gesprochen werden muss, bis sie sich bereit dazu fühlen, das langersehnte Gespräch zu beginnen.
"Kaminari?"
"Hm?"
"Ich hab dich wirklich gern."
"Ich dich auch... Hitoshi."
Kaminari spürt, wie Shinsou bei der Erwähnung seines Vornamen die Hand des Blonden stärker drückt. Kaminari lächelt leicht, wohlwissend, dass die eben gesprochenen Worte von großer Bedeutung für ihn und für Shinsou sind. Shinsou atmet einmal tief durch und rutscht ein wenig auf der Matraze umher. Kaminari kommentiert das nicht. Er weiß, dass der Violetthaarige noch mehr zu sagen hat und will seinen Gedankenfluss deswegen nicht stören.
"Kann ich dich was fragen?"
"Klar."
"Wie hast du herausgefunden, dass du... auch auf Männer stehst?"
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