Der Weibliche Titan
Kapitel 16 – Der Weibliche Titan
„Kapitän!", rief Eren über das Pferdegetrappel hinweg. Der Schwarzhaarige reagierte erst nicht. „Kapitän Levi!"
„Was ist?", kam es genervt zurück. Er war aufgrund der Gesamtsituation sowieso schon schlecht gelaunt, jetzt musste dieser Rotzlöffel sich noch in die Hose pissen.
„Ich hätte echt nicht gedacht, dass es hier drin so gruselig ist!", unterbrach die Nervensäge einfach die Konversation und blickte im Fliegen nach oben, als ob sie die Baumwipfel erspähen wollte, eine Sache der Unmöglichkeit. Mit einem leisen, aber deutlich verärgerten „Tss!" brachte er sie zum Schweigen. Beleidigt verschränkte sie die Arme vor der Brust. „Nänänä...!" Er verdrehte die Augen und konnte es nicht fassen, dass er sich vor grade mal einer halben Stunde sich so etwas wie Sorgen um sie gemacht hatte.
„Wie Was ist?", kam es angespannt vom Riesenjungen. „Wir sind tief im Wald! Wenn einem die Bäume die Sicht rauben, sehen wir doch gar nicht, wenn Titanen im Anmarsch sind!" Seine Stimme wurde unbewusst ein wenig lauter. Wie alle anderen hier auch konnte er es nicht leiden, unwissend zu sein. „Und von rechts ist doch einer in die Formation eingedrungen. Wie sollen wir hier denn bitte irgendwelche Riesen meiden und die Waggons beschützen?"
Levi hatte keine Lust auf diese kindische Panik, das nervte. „Schieb dir deine blöden Fragen doch in den Arsch", erwiderte er. Neben ihm prustete das Geistermädchen los. Er ignorierte es und sprach weiter mit Eren: „Natürlich fällt das jetzt alles flach."
„Wieso sind wir dann...?", setzte der Dunkelbraunhaarige an, doch er wurde von seinem Vorgesetzten, der seine fliegende Begleiterin, die sich vor Lachen den Bauch hielt, nicht beachtete, unterbrochen. „Hast du keine Augen im Kopf, Eren? Diese riesigen Scheißbäume sind doch wie geschaffen für das 3D-Manöver. Und jetzt, Freundchen, kram mal verdammt gründlich in deinem Oberstübchen. Wenn du nicht draufgehen willst, streng gefälligst deinen Grips an."
„J...Jawohl!", reagierte Eren von der Obszönität des Kapitäns überrascht.
Motte, die jetzt, da sie mit Levi sprechen wollte, näher geflogen kam, lachte immer noch und wischte sich nun die dadurch verursachten Tränen weg. „Weißt du, wie das ist? Du schaust ganz gechillt den gruseligen Wald um dich herum an, hörst, was der Jammerlappen der Truppe sagt, bloß am Rande und auf einmal kommst du mit so 'nem Satz an. Hahahaha!"
Er reagierte gar nicht auf den eigentlichen Sinn des Satzes. „Jetzt tu nicht so", murrte er leicht gereizt zurück. „Wärst du an Erens Stelle, wärst du ein noch viel größerer Hosenscheißer."
„Was bist du denn plötzlich so schlecht gelaunt?"
„Warum bist du auf einmal so gut gelaunt?"
Sie kicherte. „In der Stimmung macht's am meisten Spaß mit dir zu reden", teilte sie ihm mit. Man konnte ihr Lächeln gut heraushören.
Es ertönte ein Schuss. Nur gute fünfhundert Meter hinter ihnen. Die gesamte Einheit drehte sich um, um nachzusehen, welche Farbe der Rauch aufwies. Levi hatte sich nicht umgewandt, die Nervensäge tat das für ihn. „Schwarzer Rauch!", merkte sie auf.
„Schwarzer Rauch!", rief auch Eren laut.
Motte flog noch näher beim Schwarzhaarigen. Innerhalb eines Wimpernschlags hatte sie Angst bekommen. „Ach, wo ist denn die gute Laune hin?", provozierte er sie ein wenig mit tonloser Stimme. „Dir kann doch sowieso nichts passieren."
„Direkt hinter uns!", ergänzte Auruo leicht panisch.
„Na und? Ich hab halt Angst!", rief sie wegen ihrer Angst aufgekratzt und somit lauter als beabsichtig in sein Ohr. „Schrei nicht so, ich versteh dich sehr gut", brummte er.
„Ey, Herr Emotionslos, nur weil du deinem Spitznamen alle Ehre machst, heißt das noch lange nicht, dass alle so ticken wie du!", ärgerte sie sich über ihn.
„Das ist der Riese von der rechten Flanke!", stellte Eldo klar.
„Hör auf zu nerven", meinte er bloß. „Ich nerve nicht!" Sie blies empört die Backen auf. Entnervt seufzte er auf: „Du trägst deinen Spitznamen nicht zu Unrecht, Nervensäge! Alle Mann zu den Klingen!" Letzteren Satz hatte er mit erhobener Stimme ausgesprochen, es war ein Befehl an seine Einheit gewesen. Er selber tat es. „Wenn das Drecksvieh sich erstmal zeigt, ist jede Sekunde entscheidend."
Von hinten kam mithilfe des 3D-Manövers ein Soldat mit gezückten Klingen angeflogen, der sich wieder umdrehte, um die Spezialtruppe vor dem Unnormalen zu schützen. Die Einheit außer ihr Anführer – dafür aber wieder Motte – blickte über die Schulter. Die Spannung in der Luft war nervenzerreißend. Keiner gab einen Mucks von sich, nicht mal die Nervensäge. Jeder wusste, dass jeden Moment etwas zwischen den Bäumen hervorbrach, das sogar für die unnormalen Riesen besonders war. Eine Killermaschine, die es geschafft hatte, die Aufklärungslegion so weit zu bringen, in diesen Wald zu flüchten... so erschien es zumindest Levis Leuten.
Dennoch brauchte nun auch der Kapitän selber vollste Konzentration. Dieses Ding war ihr Zielobjekt und es war höchst gefährlich. Jetzt kam es darauf an, was es war... und es lange genug in Schach zu halten, wobei möglichst wenige draufgehen sollten. Der Schwarzhaarige schaute zwar nach vorne, aber eigentlich sah er den Weg gar nicht. Er hatte seinen Gehörsinn aufs Äußerste geschärft.
Nicht mehr lange...
Auf einmal ertönte ein lautes Krachen. Alle, die nach hinten blickten, sahen, wie der Soldat mit dem 3D-Manöver, der vermutlich aus der Nachhut kam, achtlos von einer riesigen, hautlosen Hand beiseite geschlagen wurde. Sein Blut spritzte durch die Luft. Und sie sahen auch den vierzehn Meter großen Titanen, der auf sie zu rannte. Er hatte blondes Haar und, wie auch der Kolossale Riese, keine Haut. Das am weitaus Bemerkenswerteste aber war, dass dieser Riese die Figur einer Frau hatte. Eren holte erschrocken und für jeden hörbar Luft.
„Der Weibliche Titan!", hauchte Motte angsterfüllt. Levi wagte einen kurzen Blick nach hinten und sah das Monster. Erwin schien rechtgehabt zu haben, es handelte sich hier und vermutlich auch bei den Mördern von Swaney und Bean um einen Menschen, der sich wie Eren in einen Riesen verwandeln konnte. „Schneller!", rief der Kapitän.
Bei jedem Schritt, den das Monster machte, bebte die Erde ein wenig. Er war viel schneller als ein gewöhnlicher Riese. Er ging in die Knie und sprang einige Meter nach vorne, seine Hand hatte er scheinbar nach Eren ausgestreckt. Es fehlten nur noch gut fünf Meter und der Junge wäre in seine Fänge geraten.
Als die Nervensäge das sah, entfuhr ihr ein spitzer Schrei und sie wollte sich an Levis Arm klammern, hatte jedoch vergessen, dass sie keinen Körper besaß. Kurz spürte er die warme Kälte, die bei ihm eine Gänsehaut verursachte, dann war sie wieder weg. „Reiß dich zusammen!", fuhr er sie knurrend an.
„Nein, das werde ich nicht tun!", schrie sie zurück. „Ich bin fünfzehn! Ich gehe in eine Schule, in der man den ganzen Tag nur rumsitzt und irgendwas an den Kopf geworfen kriegt, was man sowieso nicht mehr braucht! Psychische und physische Stärke wird allerhöchstens im Sportunterricht gelehrt, allerhöchstens! Ich habe allen Grund in Panik zu verfallen!" Sie versuchte was anders und flog hinter den Schwarzhaarigen. Sie legte ihre Arme um seinen Brustkorb und gab sich Schwerkraft, sodass sie hinter ihm auf dem Pferd saß. Das Reittier wieherte kurz überrascht auf, als es die Kälte spürte.
„Was machst du da?", zischte er ihr zu. „Lenk mich nicht ab!"
Das Pferd gewöhnte sich an die Temperatur, die am Fleck hinterm Sattel zu spüren war, und beruhigte sich wieder. Das Mädchen manifestierte nun ihre Unterarme, sodass sie seine Jacke greifen konnte. Ihren Körper spürte er in Form von Kälte an seinem Rücken, allerdings nur auf der Haut und nicht im Körper wie sonst. Demnach war ihr Kopf zwischen seinen Schulterblättern. Sein Umhang müsste durch sie hindurchflattern. Das alles passierte innerhalb zwei Sekunden.
„Lass mich, ich hab Angst!", verteidigte sie sich bockig. Er konnte sich vorstellen, dass sie die Augen zusammengekniffen hatte. „Dann musst du dich aber nicht an mir festklammern und mich behindern!", erwiderte er gereizt. „Doch, muss ich!", kam es als Reaktion. „Das ist ein menschlicher Instinkt: Wenn man Angst hat, hält man sich an jemandem fest, damit man weiß, dass man nicht alleine ist! Außerdem", ergänzte sie noch und ließ ihm keine Zeit zu widersprechen, „hatte ich früher oft Albträume, in denen ich vor irgendwas weglaufen musste, es aber nicht konnte, weil ich vor Angst wie gelähmt war. Ich will nicht, dass mir das auch wirklich mal passiert!"
Das war wirklich nicht der richtige Zeitpunkt, um zu diskutieren. „Sieh zu, dass meine Leute deine Arme nicht sehen." Er spürte, wie sie schnell nickte. Leise seufzte er.
„Abartig schnell!", meinte Günther hektisch in Bezug auf ihren Verfolger. „Im Wald kommen wir niemals davon!"
„Er hat uns gleich!", schrie Eldo.
„Kapitän, dürfen wir zur 3D-Manöverausrüstung wechseln?!", bat Petra laut vor Anspannung um Erlaubnis. „Kapitän?!"In diesem Moment kamen von hinten zwei weitere Soldaten der Nachhut mittels des 3D-Manövers angesaust. Den einen zerquetschte der Riese zwischen seiner Schulter und einem Baum, der andere wurde mit der Hand weggeschlagen. Mir nichts, dir nichts zählte die Aufklärungslegion zwei Soldaten weniger. Es war schrecklich. Levi hörte Motte gegen seinen Rücken wimmern. „Ich glaube, ich mach mir gleich in die Hose... Das mein ich ernst!" Der Kapitän fände es höchst unangebracht, wenn sie ihm jetzt hier aufs Pferd pinkeln würde, aber er sagte nichts, er musste auf den Riesen achten.
Eren hatte, als er die Auslöschung der beiden Soldaten gesehen hatte, entsetzt Luft geschnappt, Petra auch. Die Rothaarige drehte sich nun mit vor Panik weit aufgerissenen Augen nach vorne. „Kapitän, wir brauchen Befehle!"
„Machen Sie hinne! Das Vieh nimmt uns auseinander!", stimmte Auruo laut zu. „Jetzt machen Sie einfach!"
Eldo zog eine Klinge. „Ich mach Hackfleisch aus dir!"
Eren war siegesgewiss. Dies hier war die Eliteeinheit der Aufklärungslegion, eine Truppe von Menschen, die dazu da waren, Titanen zu töten. Das Ding würde keine Chance haben. Doch eine Sache fehlte noch... Der Befehl. Vor ihm flatterte der dunkelgrüne Umhang mit den Flügeln der Freiheit seines Vorgesetzten. „Kapitän Levi?", fragte der Riesenjunge nach.
„Du weißt schon, dass du sie nervös machst?", wurde der Schwarzhaarige von der Nervensäge informiert. Er reagierte nicht.
„Kapitän!", rief Petra.
„Wir brauchen Befehle!", kam es von Auruo.
„Gleich hat er uns eingeholt!", stellte Günther angespannt klar.
„Wir bringen hin sofort um die Ecke!", meinte Eldo. „Darum sind wir doch im Wald!" Es war fast schon eine Frage an den Schwarzhaarigen, der ganz vorne ritt. „Kapitän?!"
„Kapitän, Befehle!", verlangte Eren panisch.
„Das macht mich verrückt!", murmelte Motte, doch Levi meinte zu wissen, dass sie nicht sein Schweigen, sondern die Panik der anderen meinte. In dem Fall stimmte er ihr voll und ganz zu.
Also handelte er. Er setzte sich aufrechter auf sein Pferd – was die Nervensäge ein wenig erschreckte und sie sich noch mehr an ihn klammerte – und meinte: „So, schön die Ohren zu halten." Leiser – und man könnte auch denken sanftmütiger – ergänzte er zu dem Mädchen hinter ihm: „Du auch." Sie nickte. Sie war die einzige, die nicht überrascht war. Verständlich... Sie weiß, was ich vorhabe...
Der Schwarzhaarige zog eine Pistole und hielt sie senkrecht in die Luft. Er entschärfte sie und legte seinen Zeigefinger auf den Auslöser. Motte entmanifestierte einen Arm und presste anscheinend ihre Hand auf ihr Ohr. Zumindest eins ist verdeckt, dachte er sich und drückte ab.
Ein hoher, lauter Ton war zu hören. Auch wenn die meisten versucht hatten, ihre Ohren zu schützen, so drang er doch in jedermanns Ohr. „Fuck, ist das laut...!", murmelte die Nervensäge zu sich. Levi hatte kein Ohr verdreckt; eine Hand hielt die Zügel, die anderen die Pistole. Dem Riesen schien das kalt zu lassen.
Im Prinzip hatte es nichts gebracht.
Hoffentlich hört Erwin das, dachte Levi sich.
„Eine Schallexplosion?", fragte Eren verwundert nach, nachdem der Ton allmählich abgeklungen war.
„Wofür seid ihr überhaupt hier?", kam es von Levi zurück. „Dafür, dass ihr hysterisch rumkreischt wie kleine Mädchen?"
„Soll das eine Anspielung sein?!", wollte die Nervensäge hinter ihm gereizt wissen. Interessant, dass sie sich angesprochen fühlt. Er war leicht amüsiert.
„Will ich nicht hoffen", redete er weiter zu seinen Leuten. „Wir haben dafür zu sorgen, dass er nicht auch nur einen Kratzer abkriegt. Selbst wenn wir dabei draufgehen." Er meinte Eren. „Wir flüchten auf den Pferden und basta. Kapiert?"
„Jawohl!", sprach Petra sicher.
„Flüchten?", wiederholte Eren. „Wohin denn? Das Vieh sitzt uns doch im Nacken!" Er drehte sich nach hinten. „Wieder Verstärkung!", merkte er auf. Alle hörten das Zurren der Seile des 3D-Manövers. „Wir dürfen nicht noch einen sterben lassen!" Motte wimmerte wieder leise.
„Eren! Blick nach vorne!", befahl Günther. „Günther!", kam es vom Braunhaarigen.
„Tempo! Fall bloß nicht zurück!", meldete sich nun auch Eldo zu Wort. „Eldo?!", meinte Eren. „Wieso? Wenn nicht wir, Levis Einheit, ihn aufhalten, wer dann?!"
Ein Krachen vermischt mit Knacksen verriet, dass dem Verstärkungssoldat soeben sein Leben ausgehaucht worden war.
„Ich muss wirklich mal." Motte hatte tierische Angst und eine volle Blase. Der Schwarzhaarige hatte jetzt echt keine Zeit, sich um sie zu kümmern. „Und wenn du einfach aufwachst, kannst du pissen gehen und dir sitz kein abnormales Monster im Na-..."
„Noch ein Toter!", wurde er von einem entsetzten Eren unterbrochen. Der pisst sich eher in die Hose als die Nervensäge! Der Kapitän hatte das Gefühl auf Kleinkinder aufzupassen. „Wir hätten ihn doch retten können!", schrie der Riesenjunge weiter.
Unterdessen schüttelte die Nervensäge schnell den Kopf. „Ich will bei dir bleiben", erwiderte sie auf Levis Vorschlag hin. „Wenn ich aufwachen würde und dann wieder schlafen ginge, wer weiß, wo ich dann bin! Ich will nicht alleine im Wald sein!"
Ein zweiter Soldat der Nachhut kam angesaust. Den Geräuschen nach zu urteilen, versuchte er, den Riesen zu stoppen. „Einer kämpft noch!", rief Eren laut. „Wir müssen ihm sofort helfen!"
„Eren! Blick nach vorn und bleib in Bewegung!", riet Petra ihm, sodass es fast schon wieder wie ein Befehl klang.
„Soll ich einfach wegschauen oder was?!", reagierte er wütend. „Einfach abhauen und meine Kameraden verrecken lassen?!"
„Hast schon richtig verstanden!", meinte die Rothaarige. „Halt dich an deine Befehle!"
„Wieso lassen wir sie einfach im Stich?! Und wieso hör ich kein Wort der Erklärung?! Sagt doch was!" Wäre die Situation eine andere, würde der Junge sich wirklich ein nervendes Kind anhören.
„Weil der Kapitän es eben so will!", antwortete Auruo, der ebenfalls genervt wirkte. Weil Erwin es so will..., korrigierte besagter Kapitän. „Du raffst", sprach der Levi-Nachmacher weiter, „es einfach nicht, weil du noch grün hinter den Ohren bist! Nun halt den Mund und halt dich raus!"
Kurz blieb es still zwischen der Einheit, doch auf einmal rief Petra: „Was soll das werden, Eren?!"
„Er will sich in den Finger beißen", teilte Motte Levi mit. Das war bloß eine Frage der Zeit...!, dachte er sich und schnaubte dabei unbewusst.
„Das darfst du nur, wenn du in akuter Lebensgefahr schwebst!", informierte die Frau den Riesenjungen. „Ist dein Wort etwa nichts wert?" Anscheinend brachten ihre Worte nichts und der Braunhaarige schien seine Meinung nicht zu ändern, denn sie mahnte ihn laut: „Eren!"
„Ist vielleicht gar nicht so falsch", fiel Levi Petra mit ruhiger, tonloser Stimme ins Wort. „Mach, was du willst."
„Man könnte auch meinen, dass du megagenervt bist." Motte wirkte etwas belustigt. Könnte sein...
„Ich merk schon:", sprach der Kapitän weiter mit dem Jungen. „Der Kerl ist ein wahres Ungetüm. Und damit mein ich gar nicht seine Riesenkraft. Ganz gleich, wie brutal man ihn auch unterdrücken mag... ganz gleich, in welche Ketten man ihn legt... Seinen Geist in Knechtschaft zu zwingen, ist ein Ding der Unmöglichkeit. Eren, was deine und unsere Entscheidung voneinander unterscheidet, ist Erfahrung. Aber weißt du was? Pfeif doch einfach auf unsere Erfahrung. Entscheide selbst. Entweder du glaubst an dich selbst oder an die Soldaten der Aufklärungslegion, zu denen auch ich mich zähle. Ich weiß nicht, was richtig ist. Ich wusste es nie. Selbst als ich an mich glaubte und auf die Entscheidungen meiner engsten Kameraden vertraute, war mir das Endergebnis stets ein Rätsel. Und genau darum solltest du nach Kräften versuchen, einen Entschluss zu fassen, den du rückblickend nicht bereuen musst."
Kurz blieb es still, seine Worte prägten sich in die Köpfe der Einheit ein.
„Weise gesprochen, alter Mann", unterbrach Motte Levis Stille.
Eren schien immer noch nicht überzeugt zu sein. „Eren!", hörte man Petra wieder sagen. „Glaub an uns!"
Der Junge erinnerte sich an den Vorfall vor drei Wochen. Als er sich aus Versehen in einen Riesen verwandelt hatte und die Einheit ihn erlegen wollte. Am Abend jenes Tages hatte er mit Kapitän Levi über sie gesprochen. Dass ihr Handeln den Umständen entsprechend korrekt war, hatte der Schwarzhaarige gesagt, und dass sie dennoch Eren am liebsten nichts antun wollten. Auch hatte Hanji herausgefunden, dass für Erens Verwandlung mehr als nur eine Verletzung nötig war: Er brauchte auch ein klares Ziel vor Augen. In dem Fall war es das Aufheben des Löffels gewesen. Die Einheit... hatte sich bei dem Jungen aus tiefsten Herzen entschuldigt. Auch wenn es ihm nichts brachte, hatten sie sich allesamt in den rechten Daumen gebissen. Sie hatten Abdrücke ihrer Zähne hinterlassen, aber nicht sich blutig beißen können. „Wir glauben an dich", hatte Petra Eren gesagt, „also glaub bitte auch an uns!"
„Glaub an uns!", bat die Rothaarige den Riesenjungen nochmal. Er senkte seinen Blick ein wenig und sah die Bissspuren an ihrem Daumen. Sie hatten so fest reingebissen, dass sie immer noch gut zu sehen waren.
„Eren! Mach hinne!", drängte Levi ihn. „Entscheide dich!"
Motte zuckte zusammen. „Was schreist du auf einmal so?" Sie murrte.
„Blick nach vorne!", rief Eren laut, auch wenn er mit seiner Entscheidung nicht ganz zufrieden klang. Levi aber war ehrlich erstaunt, damit hatte er nicht gerechnet.
„Okay, ich nehm alles zurück!", meinte die Nervensäge, die sich von dem plötzlichen Lautwerden abermals erschrocken und Levi fast losgelassen hatte. Er schreit rum!"
Noch ein Soldat der Nachhut kam angeschossen. Binnen weniger Sekunden war tot.
„Schneller!", rief Levi.
„Friss unseren Staub!", kam es aggressiv von Auruo zum Riesen.
Der beugte sich etwas gen Boden und legte einen Sprint hin. Er war viel näher.
Doch auf einmal stockte die Einheit. Nicht wegen des Titans, sondern wegen etwas was zwischen und auf den Bäumen war, durch die sie nun hindurchritten. Es waren Soldaten der Aufklärungslegion. Und es waren nicht wenige. Außerdem standen einige Geschosse bei ihnen, aus denen Harpunenspitzen herauslugten.
Die Einheit preschte durch das Szenario hindurch, gleich hinter ihr kam der Weibliche Riese.
Gut, er hat mich gehört, dachte Levi sich.
„Feuer!!", brüllte Erwin Smith.
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