Mitbewohner?
Ich sah Holmes mit hochgezogenen Augenbrauen an.
Sind Sie sich sicher, dass Sie mich als Mitbewohner wollen?, fragte ich ihn skeptisch.
Das war irgendwie zu einfach gewesen.
Ich bin mir immer sicher in dem was ich tue., sagte er und wand sich mir wieder zu.
Bloß nicht zu bescheiden sein...
Er schaute mich mit seinen verflucht schönen Augen noch einmal durchdringend an. Er schien allerdings auch diesmal nicht mit dem zufrieden zu sein, was er sah. Mir ging es mit ihm ja genauso.
Es war wirklich komisch, dass ich aufgrund seines Äußeren keine wirklichen Schlüsse über ihn ziehen konnte. Das verunsicherte mich auch ein bisschen. Ich wusste überhaupt nicht auf was ich mich da einlassen würde.
Zu diesem Zeitpunkt wusste ich ja auch noch nicht, dass dieser Mensch mein komplettes Leben verändern würde.
Ich finde Mitbewohner sollten die schlimmsten Eigenschaften des anderen kennen, fing ich an Ich spiele zu jeder Tages- und Nachtzeit in unregelmäßigen Abständen Cello. Ich besitze quasi ein ganzes Chemielabor an Ausrüstung und forsche regelmäßig an neuen Medikamenten, auch an Giften und Gegengiften. Ich habe keine feste Arbeitszeit und schlafe wenig. Wenn mich mein Handy nicht ans essen erinnern würde, dann würde ich es vergessen. Obwohl mich die meisten Menschen als sehr empathisch beschreiben, kann ich, wenn ich müde oder gestresst bin, auch sehr direkt sein. Ich holte tief Luft und überlegte, was mach noch über mich wissen musste, wenn man mich schon in seine Wohnung ziehen lies.
Mit Ihrem Chemielabor habe ich keine Probleme. Ich meine sehen Sie sich um. Ich spiele auch zu den ungewöhnlichsten Zeiten Geige. Manchmal rede ich tagelang nicht und fast alle Menschen die mir bis jetzt begegnet sind halten mich für einen empathielosen, gemeinen Soziopathen., unterbrach Sherlock meine Gedanken.
Wow... Das war auch ehrlich. Das mit unserer Wohngemeinschaft könnte wirklich funktionieren.
Zwei der seltsamsten Menschen in einer Wohnung. Was soll da schon passieren...
Gut. Wenn das so ist, dann freue ich mich Ihre neue Mitbewohnerin zu sein Mr Holmes.
Nennen Sie mich Sherlock. Mitbewohner sollten sich bei ihrem Vornamen ansprechen.
Johanna, sagte ich und streckte ihm meine Hand entgegen. Er ergriff sie und schüttelte sie leicht. Er hatte große, warme, raue Hände.
Warum mir das jetzt auffiel, war mir auch schleierhaft. Vermutlich die Macht der Gewohnheit.
Wann kann ich denn Einziehen?
Sofort, war das einige was er sagte. Dieses Wort reichte, um bei mir innerliche Freudentänze auszulösen. Ich musste keinen weiteren Tag in diesem Bordell zubringen!
Ich hätte ihn am liebsten umarmt, entschied mich im letzten Moment dann allerdings doch dagegen.
Kommen Sie mit. Ich zeige Ihnen ihr Schlafzimmer und das Badezimmer. Er lief aus der Küche raus durch das Wohnzimmer, trat ins Treppenhaus und stiegt die Treppen nach oben.
Ich folgte ihm.
Ich kam in einem kleinen Flur an. Links und rechts vom Gang erkannte ich eine Tür. Dahinter waren vermutlich die Schlafzimmer.
Aber wenn ich mich nicht täuschte, dann fehlte noch eine. Wo war das Badezimmer?
Sherlock öffnete die linke Tür und bat mich mit einer Geste einzutreten. Ich betrat das Zimmer und mochte es sofort. Der Boden bestand aus einem dunklen, schönen Holz. Die Wände waren hellblau gestrichen und gegenüber der Tür gestatteten mir zwei große Fenster einen schönen Blick auf die Straße und die gegenüberstehenden Häuser.
Es war perfekt!
Ich drehte mich im Zimmer um und erkannte eine zweite Tür.
Da geht es ins Badezimmer., sagte Sherlock, als habe er mir die Frage aus dem Gesicht lesen können.
Wenn es in meinem Zimmer eine Tür für das Bad gab, dann musste es in seinem auch eine geben...
Sie haben also auch einen solchen Zugang zum Bad?, sprach ich meine Gedanken laut aus.
Japp den habe ich., meinte er und es war offensichtlich, dass er in der Tatsache, dass man das Bad nicht so einfach abschließen konnte, kein Problem sah.
Woran merken Sie, dass das Bad besetzt ist?, fragte ich nun deutlicher nach.
Jetzt schien es ihm auch zu dämmern. Ich könnte klopfen bevor ich eintrete?
Damit konnte ich leben. Hoffentlich würde das auch so funktionieren. Aber mir war definitiv alles bedeutend lieber, als meine momentane Wohnsituation.
Ich nickte leicht und öffnete die Tür.
Das Bad war hellblau gefliest und wurde durch ein Milchglasfenster von der Straßenseite her beleuchtet. Es war ganz schön. Neben der Tür gab es eine Badewanne und eine Dusche, gegenüber zwei Waschbecken mit Spiegel und jeweils zwei Regalen an der Seite.
Die Wohnung war wirklich perfekt!
Es ist wirklich schön hier, sagte ich und wand mich ihm wieder zu.
Ja das ist es, sagte er und lächelte leicht.
Ein Gesichtsausdruck, wie ich später noch merken würde, den er nicht all zu oft zeigte.
Gut... Ich werde jetzt zu meiner momentanen Wohnung fahren, alles abklären und morgen früh anfangen einzuziehen.
Holmes nickte, als Bestätigung, dass er mit meinem Plan einverstanden war und verließ das Badezimmer. Ich hörte ihn kurz darauf wieder die Treppe nach unten steigen.
Ich lief wieder in mein neues Zimmer und sah mich ein letztes Mal um.
Die Sonne fing bereits an hinter den Häusern zu verschwinden.
Ich trat aus dem Zimmer heraus und schloss die Tür hinter mir. Ich lief die Treppe nach unten und schaute noch einmal in das Wohnzimmer.
Sherlock sah in einem der Sessel vor dem Kamin (der natürlich nicht brannte immerhin war gerade Hochsommer) und las in der Times.
Dann bis morgen, sagte ich und lächelte ihn an.
Er schaute von seiner Zeitung aus und nickte.
Bis Morgen Johanna.
Er lächelte mich an, als würde er sich ehrlich darüber freuen mich wieder zu sehen und verschwand mit dem Kopf wieder hinter der Zeitung.
Ein merkwürdiger Mensch. Aber ich mochte ihn. Immerhin konnte ich von mir selber auch nicht gerade behaupten normal zu sein.
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