Erste Hilfe
Nachdem wir unser Eis gegessen hatten begaben wir uns mit unserer Ausbeute auf den Heimweg.
Vor der 221b Bakerstreet angekommen zog ich Mary vor der Tür in eine Umarmung.
„Danke. Für alles.“
Ich ließ sie los und sie lächelte mich warm an.
„Ich bin froh dich kennengelernt zu haben. Du hast diesem Leben hier noch gefehlt. Mit dir ist es perfekt.“
Ich wusste nicht was ich sagen sollte. Das war das größte Kompliment, dass sie mir hätte machen können. Ich hoffte, dass man meine unendliche Dankbarkeit in meinen Augen lesen konnte.
„Bis bald Johanna.“, sagte sie, lächelte und ging davon.
Ich schloss die Tür auf und lief vollkommen glücklich die Treppen zu meinem Schlafzimmer hoch.
Oben angekommen verstaute ich meine Einkäufe in meinem Kleiderschrank und begab mich danach in die Küche um ein bisschen zu experimentieren.
Ich legte gerade eine Kaffeepause ein, als ich Schritte und zwei sich streitende Menschen die Treppe hinauf kommen hörte.
„Sherlock du musst zu einem Arzt!“, rief John aufgebracht und lief stürmisch durch unsere Wohnzimmer Tür.
Sherlock kam einige Sekunden später nach.
Bei seinem Anblick vergaß ich kurz zu atmen. Sein Gesicht war blutverschmiert. Das Blut kam wohl ursprünglich aus seiner Nase und aus einer Platzwunde an seiner Stirn, die er sich behelfsmäßig mit einem Tuch zuhielt.
Außerdem hinkte er etwas.
„Ach was das ist doch nichts. Du hast dir meinen Gegner wohl nicht genau genug angeschaut. Ihm würde ich zu einem Arztbesuch raten!“
John drehte sich wütend zu Sherlock um und die beiden starrten sich in die Augen. Mich schienen sie noch gar nicht wirklich bemerkt zu haben.
Als ich die erste Schocksekunde überwunden hatte, griff ich mir meinen grünen Erste Hilfe Kasten, den ich als Vorsichtsmaßnahme mal unter den Tisch gestellt hatte (ich erinnere hier an frühere Experimente: Ich sage nur Tisch) und steuerte direkt auf Sherlock zu.
Da bemerkten die beiden mich endlich.
„Johanna. Ein Glück. Ich bin mir sicher du teilst meine Meinung. So kann das nicht bleiben. Seine Wunden müssen ordnungsgemäß versorgt werden, aber mich lässt er ja nicht machen.!“, rief John aufgebracht aus.
Natürlich sah ich das genau so. Viel Spielraum für unterschiedliche Meinungen gab es hier auch nicht.
Ich ließ erst gar nicht mit mir reden sondern begann Sherlock in Richtung seines Sessels zu ziehen.
„Was wird das?“, fragte er skeptisch, folgte mir aber brav.
Ich gab ihm einen leichten Schubs, sodass er auf seinem Sessel Platz nehmen musste und kniete mich vor ihm hin.
„John kannst du mir mal bitte ein nasses Tuch bringen?“
„Klar.“ John lief in die Küche und kam kurze darauf mit einem feuchten und sauberen Lappen wieder. Ich musste Sherlock´s Gesicht erst einmal von dem ganzen Blut befreien, bevor ich anfangen würde seinen Wunden genau zu versorgen.
„Johanna,“flüsterte Sherlock leise und müde,“ich... das muss nicht versorgt werden.“
Ich sah ihm darauf hin einmal kurz besorgt und streng in die Augen. Das musste als Antwort genügen und er leistete darauf hin tatsächlich keinen Widerstand mehr.
Ein sprachloser Sherlock Holmes, das musste ich mir merken. Ich beugte mich dicht zu ihn heran und begann das Blut aus seinem Gesicht zu waschen. Er schaute mich währenddessen ununterbrochen mit seinen blau, grünen Augen an. Ich schaute kurz zurück und versuchte dann wieder mich zu konzentrieren.
„Okay, ich glaube ich werde hier nicht mehr gebraucht. Du bist jetzt ja in den besten Händen.“, meinte John, sah mich erstaunt an und bewegte sich Richtung Tür.
„Danke, dass du ihn noch in einem Stück wieder gebracht hast.“ John drehte sich noch einmal um und grinste leicht.
„Immer doch. Für irgendwas muss ich ja gut sein.“ Jetzt musste ich auch grinsen.
„Hey ich bin noch da.“ Ich wand mich wieder Sherlock zu und besah mir seine Platzwunde nun genauer, während ich unten die Tür ins Schloss fallen hörte.
„Sie ist zum Glück nicht besonders tief. Ich denke es reicht, wenn ich sie klebe.“
Sherlock schwieg weiter und ließ mich machen.
Fünf Minuten später sah sein Gesicht nicht mehr so ramponiert aus und ich war sehr zufrieden mit meiner Arbeit.
„Bist du jetzt fertig?“, fragte Sherlock mich leise und ich konnte deutlich hören, dass er wirklich dringend ins Bett musste.
„Fürs erste ja, aber komm morgen ja zur Visite!“, sagte ich und schmunzelte.
Er lächelte mich an und wollte aufstehen, keuchte schmerzhaft auf als er stand und setzte sich sofort wieder.
Ich sah ihn kritisch an.
„Fuß her!“ Er fügte sich seinem Schicksal und ließ mich seinen Fuß untersuchen. Er war geschwollen und bläulich verfärbt. Ich konnte allerdings keinen Bruch ertasten.
„Vermutlich nur geprellt. Leg ihn hoch, kühl ihn und vor allem: Schonen!“
Sherlock gab ein Geräusch von sich, was einem Knurren nicht unähnlich war.
„Noch irgendwelche Verletzungen von dehnen ich wissen sollte?“
„Nein!“
Na gut. Immerhin etwas. Ich zog ihn hoch und stützte ihn beim Treppe hoch laufen.
Ich würde ihm morgen mal ein Paar Krücken aus dem Krankenhaus mitbringen!
Oben angekommen öffnete Sherlock seine Zimmertür und wir traten ein.
Auch sein Zimmer hatte eine größere Fensterfront an der gegenüberliegenden Seite zur Tür. Seine Wände waren dunkelgrün gestrichen, wovon man allerdings nicht viel sah, denn Regale bedeckten alle vier. In den meisten standen Bücher. In anderen konnte ich die unterschiedlichsten Dinge erkennen. Von einer Napolenbüste bis zu einem Block mit Messern war alles dabei. Vermutlich Artefakte aus seinen früheren Fällen.
Sein Bett war groß, bestand aus dunklem Holz und stand in der Mitte des Zimmers, das Kopf- und Fußende auf die Seiten links und rechts neben der Tür zeigend.
Am Kopfende stand eine Art Schreibtisch. Es war schwer zu identifizieren, denn das etwas war überladen von Papierstapeln.
Mit der Ordnung hatte er es wohl auch nicht so. Obwohl es einen Unterschied zwischen Ordnung und Chaos gibt. Ordnung ist absolut subjektiv. So kann etwas, was für jemanden unordentlich aussieht für einen anderen ein geordnetes System darstellen, das der andere nur nicht begreift. Chaos sorgt für innere Unruhe weshalb die meisten Menschen versuchen er zu vermeiden.
Ich dirigierte Sherlock in Richtung Bett und ließ ihn sich setzen.
Er atmete einmal hörbar aus.
Ich wand mich zur Tür und wollte gerade den Raum verlassen.
„Danke Johanna.“, raunte Sherlock leise. Ich drehte mich zu ihm um und ein warmes Gefühl breitete sich in mir aus, als sich unsere Augen trafen.
„Klar.“, sagte ich einfach unfähig ein Wort mit mehr Buchstaben heraus zu bringen. Ich lief in den Flur, schloss seine Tür öffnete meine, schloss sie und lehnte mich schwer ausatmend dagegen.
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