Der Bibliothekar
Sie sind wunderschön nicht wahr?
Ich drehte meinen Kopf zur Seite, um zu schauen, wer da neben mir stand.
Es war ein Mann Anfang 30. Er hatte blonde, verwuschelte Haare und eisblaue Augen.
Er sah gut aus und das wusste er wahrscheinlich auch.
Ich schaute wieder hinauf zur Decke.
Ja das sind sie. Es ist ein bisschen so, als wären sie wirklich da. Als hätte man gerade mitten in der Nacht, in der die ganze Welt noch schläft und alle Lichter gelöscht sind, einen Fuß nach draußen gesetzt und würde in den endlosen Nachthimmel schauen.
Diesmal schaute ich ihn nicht wieder an, auch nicht um zu sehen, wie er reagieren würde. Seine Antwort würde mir genug über ihn verraten.
Ich spürte seinen Blick auf mir liegen, schaute aber trotzdem weiter die Malerei an.
Ich hörte ihn leicht lachen.
Ja ich denke so in etwa könnte man es beschreiben. Es sind Sternbilder. So viele wie es dem Maler möglich war. Was chaotisch aussieht folgt einer strikten Ordnung.
Das hatte ich natürlich schon längst gesehen.
Ich wendete meinen Blick von der Decke ab und sah den Mann vor mir nun genauer an.
Sie sind der Bibliothekar nicht war ?
Er zog die Stirn kraus.
Er lachte erneut. Ja bin ich.
Er machte eine kleine Verbeugung. Alex Turner. Steht's zu Diensten. Woran haben sie mich erkannt?
Jetzt war es an mir zu schmunzeln. Viele Menschen waren viel durchschaubarer, als sie es sich je vorstellen konnten.
Sie kannten sich mit der Deckenmalerei aus. Das dass Sternbilder sind weiß nur jemand, der sehr oft hier ist und sich gut auskennt. Es hängt nirgendwo eine Infotafel.
Wenn sie laufen, dann hört man die Schlüssel in ihrer Hosentasche klimpern. Sie haben eine Lesebrille umhängen und ein Buch aus 1605 unter dem Arm klemmen, als gäbe es keinen unterschied zu einem Werk von Markus Zusak. Sie tragen einen Anzug und eine Weste, obwohl es draußen 30 Grad hat. Hier drinnen sind es allerdings lediglich 20, da das die optimale Temperatur für ältere Bücher ist.
Sie kommen auch nicht von draußen. Das zu sehen ist einfach. Sie schwitzen und stinken nicht, was sie allerdings müssten, wenn sie sich in diesem Aufzug der Hitze auch nur 3 Minuten ausgesetzt hätten.
Sie arbeiten also hier.
Ein Bibliothekar würde allerdings niemals einem einfachen Mitarbeiter erlauben, die alten Bücher, die Schätze der Bibliothek, seine Schätze, unterm Arm durch die Gegend zu tragen. Sie sind also der Bibliothekar.
Alex Turner sagte nichts, sondern sah mich mit großen Augen an.
Sie sind die weibliche Version von Sherlock Holmes!
Wer ist dieser Sherlock Holmes?
Sie sind offensichtlich nicht von hier.
Scharf beobachtet...
Holmes ist der beste Detektiv den diese Welt je gesehen hat. Es ist ein geniales Genie und als er das erste Mal hier war, hat er zu mir fast das gleiche gesagt wie Sie jetzt. Damals war er in Begleitung seines Freundes und Kollegen Dr. John Watosn hier, um einen Fall zu lösen. Inzwischen kommt er auch öfter alleine her. Er schätzt die Ruhe dieses Ortes sehr.
Sherlock und John... Das waren doch die Namen, welche Mrs. Hudson am Telefon erwähnt hatte. Aber na ja es gab bestimmt viel Sherlocks und Johns in London.
Wer die beiden waren würde ich noch früh genug bzw. morgen heraus finden.
Suchen Sie eigentlich etwas bestimmtes, oder genießen Sie auch einfach die Ruhe?
Ich suche nichts bestimmtes, ich bin gerade erst nach London gezogen und wollte mich mal ein bisschen umschauen. Ich lese gerne und vermutlich auch viel. Sie werden mich hier also wiedersehen.
Da habe ich ja nochmal Glück gehabt, sagt Mr. Turner und zwinkerte mir zu.
Ich lächelte ihn freundlich an, seinen Flirtversuch gekonnt ignorierend.
Na gut ich geh dann mal wieder, sonst komme ich zu spät zur Arbeit.
Bevor Sie gehen müssen Sie mir noch ihren Namen verraten!
Ich verdrehte innerlich ein bisschen die Augen, wand mich zum gehen um, schaute noch einmal über die Schulter und sagte: Johanna Blacke. Steht's zu Diensten. Dann verbeugte ich mich leicht und stieg die Treppe wieder herunter und lief raus auf die Straße.
Sein Lachen hörte ich noch bis zur Tür.
Ein netter Mensch. Ich war gerade nur absolut nicht an einer Beziehung interessiert. Ich brauchte Abstand von dem ganzen Chaos und ich würde mich so schnell auf niemand neues einlassen, so viel stand fest.
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