I am SHERLOCKED

I am SHERLOCKED

,,Ich sage dir, diese Frau führt etwas im Schilde.", sagte ich zu Greg, als wir über die Straße liefen und in die Innenstadt gingen, um uns eine Pause zu genehmigen.

Nachdem Sherlock das Rätsel um den Code von Irene Adlers Handy gelüftet hatte, war ich zu meinem Partner gefahren und hatte ihn über die neuesten Ereignisse informiert. Er teilte mein Misstrauen zwar, aber er machte mir wenig Hoffnung, dass wir etwas ausrichten konnten.

,,Nur haben wir nichts, um das zu beweisen."

,,Dann müssen wir eben Beweise finden.", sagte ich, als wir in ein Café gingen und uns hinsetzten.

,,Evelyn, ich glaube genauso wenig wie du, dass man dieser Irene Adler trauen kann...aber wo willst du so schnell Beweise herkriegen? Diese Frau ist schlau...sehr schlau und wenn wir mal ehrlich sind...sie wird uns kaum eine Möglichkeit geben, um Beweise gegen sie zu finden."

Seufzend strich ich mir meine Haare zurück und starrte gedankenverloren in die Ferne. Greg hatte Recht und ich hasste es, wenn er Recht hatte. Irene Adler wäre nicht so dumm, um uns Beweise zu hinterlassen. Und so musste ich wohl akzeptieren, dass wir absolut nichts hatten, mit was wir diese Frau festnageln konnten.
Die Stille zwischen Greg und mir wurde unterbrochen, als auf einmal mein Handy klingelte und ich es aus der Tasche zog. Ich runzelte die Stirn, als ich auf dem Display Unbekannte Nummer sah und meldete mich verwirrt.

,,Evelyn Headley!"

,,Evelyn! Gut, dass ich Sie erreiche. Sie müssen mir einen Gefallen tun.", erklang eine bekannte Stimme und ich seufzte, während Greg mich erwartungsvoll ansah.

,,Mycroft! Sie rufen mal an...ich bin beeindruckt. Sonst lassen Sie doch immer einen Wagen vorfahren, der John oder mich ins Ungewisse bringt."

,,Sehen Sie nach draußen, Evelyn.", forderte Mycroft mich auf und als hätte ich es geahnt, fuhr gerade ein schwarzer Wagen vor und hielt vor dem Café.

,,Das kann unmöglich Ihr Ernst sein."

,,Bitte steigen Sie in den Wagen, Miss Headley. Die Zeit drängt und es ist wirklich wichtig", entgegnete Mycroft und ich erhob mich vom Stuhl.

,,Wissen Sie, das sagt Ihr Bruder auch immer und dann stellt es sich raus, dass gar kein Weltuntergang in Sicht ist."

Ich legte auf und sah vielsagend zu Greg, der eine Augenbraue hochzog. Doch dann winkte er ab und widmete sich der Speisekarte.

,,Schon gut! Geh nur! Ich probiere derweil die Empfehlung des Hauses. Viel Spaß mit Mycroft.", raunte er mir zu und ich verdrehte die Augen.

,,Vielen Dank auch, Partner."

                             ***

Die Fahrt mit dem Auto führte aus der Innenstadt raus und endete schließlich bei einem Flugplatz. Auf dem Weg hierher hatte ich mir bereits den Kopf zerbrochen, was Mycroft dieses Mal für ein Anliegen hatte. Wahrscheinlich würde er mich mal wieder bitten, dass ich ein Auge auf seinen kleinen Bruder haben sollte. Es war ja nicht so, dass ich mittlerweile nichts anderes mehr tat und wenn Sherlock nicht immer solch verrückte Dinge anstellen würde, dann wäre Mycroft sicher auch etwas entspannter und würde keine Leibwächter auf ihn ansetzen.

Mein Fahrer deutete vielsagend auf das einzelne Flugzeug, welches auf dem Platz stand und ich runzelte irritiert die Stirn. Ich konnte nur hoffen, dass Mycroft keinen spontanen Kurzurlaub für mich vorgesehen hatte, denn darauf würde ich mich garantiert nicht einlassen.

Ich stieg aus dem Wagen und begab mich schließlich über die Rampe in das Flugzeug. Zuerst konnte ich nicht wirklich etwas erkennen, da es unglaublich dunkel war, aber dann vernahm ich zwei unverkennbare Stimmen.

,,Der aus dem Verteidigungsministerium!", hörte ich Sherlock sagen und Mycroft klang sichtlich angespannt.

,,Mehr braucht es nicht. Einen einsamen und naiven Mann, der unbedingt angeben will...und eine clevere Frau, die ihm das Gefühl gibt, er sei etwas Besonderes."

,,Ihr solltet eure Leute besser überprüfen.", gab Sherlock zurück und nun platzte seinem Bruder der Kragen.

,,Ich meine nicht den aus dem Verteidigungsministerium, Sherlock! Ich spreche von dir!"

Meine Augenbrauen schnellten in die Höhe und ich bekam augenblicklich ein ungutes Gefühl. Zwar hatten sich Mycroft und Sherlock ja ziemlich oft in den Haaren, aber gerade schien bei Mycroft wirklich der Geduldsfaden gerissen zu sein und bevor die Situation vollkommen eskalierte, beschloss ich mal wieder Streitschlichtung zu übernehmen.

,,Hey...ganz ruhig, Mycroft.", sagte ich und die Blicke der beiden Brüder fielen auf mich, woraufhin Sherlock irritiert eine Augenbraue hochzog.

,,Evelyn? Was machen Sie denn hier?"

,,Fragen Sie das Ihren Bruder. Der hat mich her bestellt."

,,In der Tat! Das habe ich! Danke, dass Sie es einrichten konnten, Miss Headley.", entgegnete Mycroft und ich seufzte.

,,Tja, ich hatte ja nicht wirklich eine Wahl. Würdet ihr mich vielleicht aufklären, was das ganze Theater hier soll, wenn ich schon Gastdarsteller bin?"

,,Flug 007!", setzte Mycroft an, woraufhin ich mit den Schultern zuckte.

,,Was ist damit?"

,,Der Code, den Sherlock für Irene Adler entschlüsselt hat...tja, er hat eine aufwendige und sorgfältige Planung von monatelange Dauer vollständig ruiniert. Die Terroristen haben erfahren, dass wir von der Bombe wissen und nun wurde der Flug gecancelt. Und alles nur, weil mein kleiner Bruder eine Jungfrau in Nöten retten wollte. Bist du etwa so leicht zu kriegen?"

Der Blick von Mycroft galt nun nicht länger mir, sondern Sherlock persönlich. Ich starrte perplex zwischen den Brüdern her und nun ging mir ein Licht auf. Irene Adler hatte ja irgendwas auf ihrem Handy eingetippt und offenbar hatte sie die Informationen, die Sherlock ihr über den Code gegeben hatte, weitergeleitet.

,,Dieses verfluchte Miststück! Ich wusste doch, dass die was im Schilde führt!", brachte ich hervor und Mycroft nickte.

,,Sie hatten von Anfang an Recht. Sie haben ihr nicht vertraut und damit sind Sie schlauer gewesen als mein Bruder.", meinte Mycroft und sah Sherlock vielsagend an. ,,Es war wie aus dem Lehrbuch! Das Versprechen von Liebe...der Schmerz des Verlustes...und die Freude über die Erlösung. Dann gib ihm ein Rätsel und sieh zu, wie er tanzt."

,,Das ist absolut lächerlich!", widersprach Sherlock, doch Mycroft blieb gleichgültig.

,,Meinst du wirklich? Wie lange hat es gedauert, bis du die E-Mail für sie entschlüsselt hast?"

Mycroft wirkte ja schon fast ein wenig schadenfroh und je mehr er stichelte, desto wütender wurde ich. Aber ich war nicht wütend auf Sherlock, sondern auf Mycroft und das ließ ich ihn auch spüren.

,,Mycroft...das reicht jetzt!"

,,Er hat alles ruiniert!", fauchte Mycroft mich an, woraufhin ich ihn zornig ansah.

,,Sie haben ein mieses Spiel mit Sherlock gespielt. Als wäre er eine Marionette und Sie ziehen die Fäden. Ganz egal, ob er die E-Mail für Irene Adler nun entschlüsselt hat oder nicht...er ist immer noch Ihr Bruder und, dass Sie ihn so behandeln ist das Letzte. Wie würden Sie reagieren, wenn die Situation umgekehrt wäre? Wenn Sherlock das mit Ihnen gemacht hätte?"

Geradezu herausfordernd musterte ich Mycroft Holmes, doch dieser hatte keine Antwort darauf. Das überraschte mich gar nicht und ich warf einen flüchtigen Blick zu Sherlock. Dieser schwieg zwar ebenfalls, aber ich glaubte fast, ein flüchtiges Anzeichen von Dankbarkeit in seinem Blick zu sehen. Und ehe die beiden Brüder ihr Schweigen brechen konnten, ertönte eine weitere Stimme.

,,Welch poetischen Worte, Miss Headley!"

Ich erstarrte und stöhnte innerlich auf, als doch allen Ernstes Irene Adler aus dem Schatten trat. So langsam kam ich mir wirklich vor, wie in einer Schmierenkomödie und es wurde allmählich wirklich lächerlich. Hätte ich mir ja gleich denken können, dass Mycroft mich für solch einen Schwachsinn her zitierte.

,,Das darf doch wohl nicht wahr sein!", brachte ich hervor und Irene ging auf Sherlock zu.

,,Mr. Holmes, ich glaube, wir müssen uns unterhalten."

,,Das glaube ich auch! Es gibt da einige Aspekte, die noch nicht ganz klar sind.", erwiderte dieser, doch Irene zeigte ihm die kalte Schulter.

,,Nicht Sie, Junior! Sie sind nicht länger von Nöten.", meinte sie, ehe sie auf Mycroft zusteuerte. ,,Es gibt noch mehr! Auf diesem Smartphone habe ich Geheimnisse, Fotos und Skandale, die Ihre ganze Welt zum Einsturz bringen könnten. Sie haben keine Ahnung, wie viel ich anrichten könnte und es gibt genau eine Möglichkeit, mich davon abzuhalten. Es sei denn, Sie wollen Ihrem Vorgesetzten sagen, dass Ihre größte Sicherheitslücke Ihr eigener kleiner Bruder ist."

Alle Blicke lagen auf Irene Adler, die Mycroft eindeutig in der Hand hatte und somit triumphierte. Sherlocks Miene war komplett ausdruckslos, aber dennoch konnte ich ihm ansehen, dass er getroffen war. Doch würde er dies niemals zeigen und erst recht nicht zugeben.
Ich hingegen, war einfach nur unglaublich sauer und bereute mittlerweile, dass ich überhaupt hier hergekommen war.

,,Großer Gott!", entgegnete ich genervt und Irene sah mich herausfordernd an.

,,Haben Sie ein Problem, Miss Headley?"

,,Ja, um ehrlich zu sein schon. Sie sind mein Problem! Miss Adler, Sie halten sich für unglaublich schlau und wichtig...dabei sind Sie in Wirklichkeit nichts weiter, als ein intrigantes eingebildetes Flittchen, was andere Menschen manipuliert, um seinen eigenen Arsch zu retten. Wenn Sie mich fragen, sind Sie einfach nur erbärmlich.", gab ich zurück und ging Richtung Ausgang, als Mycroft mich aufhielt.

,,Evelyn, Sie müssen bleiben!"

,,Nein, das muss ich nicht. Sie haben mich her zitiert, um was? Mir dieses Schauspiel vorzuführen? Wenn das wirklich alles ist, dann sehe ich garantiert keinen Grund, um mir das länger anzutun. Ich habe kostbare Zeit meines Lebens verschwendet, nur, um mir diese Schmierenkomödie hier reinzuziehen, die Sie ja für so wichtig halten. Dabei sollten Sie zuerst mal über die Eigenschaften Ihres Charakters nachdenken und darüber, wie Sie mit ihrem Bruder umgehen. Und wenn Sie mich das nächste Mal anrufen, Mycroft Holmes...sollte es besser wirklich wichtig sein. Denn sonst, werfe ich Sie für ein paar Stunden zum Nachdenken in den Knast."

                           ***

Ich kam zwar nicht wirklich weit, als ich das Flugzeug verlassen wollte, denn Gefolgsmänner von Mycroft stellten sich mir in den Weg, aber immerhin wurde das ganze Theater auf das Anwesen von Mycroft verlegt. Und da waren wir nun: Mycroft, Sherlock und Irene Adler im Gefecht um ihre Machtspiele und ich mittendrin. Als ich nach London gezogen war, hatte ich ja gedacht, dass meine bisherigen Erlebnisse nicht übertroffen werden konnten, aber dieses Trio belehrte mich eindeutig eines Besseren.
Mycroft versuchte natürlich mit allen Mitteln, eine Schwachstelle in Irene Adler hervorzulocken, doch dabei war er nicht sonderlich erfolgreich. Denn unsere Domina hatte immer wieder Gegenargumente und die Schlussfolgerungen, die Sherlock dazu abgab, unterstützten sie auch noch.

,,Gut, wir zerstören das Smartphone! Dann hat niemand die Informationen.", entschied Mycroft und Irene zuckte mit den Schultern.

,,Fein! Schöne Idee! Es sei denn, dass von diesen Informationen...das Leben britischer Staatsbürger abhängt."

,,Ist das so?", raunte Mycroft ihr entgegen und ich verdrehte die Augen.

,,Himmel, Mycroft! Könnten Sie sich vielleicht einfach ihre Forderungen anhören und sie entweder annehmen oder ausschlagen, damit wir es hinter uns bringen?"

Mycroft und Irene sahen mich perplex an und Sherlock konnte sich ein Grinsen kaum verkneifen. Ich hoffte einfach nur inständig, dass die Diskussion bald zu einem Ende kam und ich den Heimweg antreten konnte. Aber offenbar musste ich mich gedulden, bis die ganze Sache bis ins kleinste Detail durchgekaut war.

,,Sie sollten auf Sie hören, Mr. Holmes!", stimmte Irene mir zu und warf mir ein triumphierendes Lächeln zu. ,,Sie mag zwar kratzbürstig und direkt sein...aber in diesem Fall ist sie definitiv klüger als Sie."

,,Danke für die Blumen, Miss Adler!", warf ich in den Raum und sie griff schließlich in ihre Tasche, ehe sie einen Umschlag hervorzog und diesen Mycroft rüberschob.

,,Eine Liste meiner Forderungen und ein paar Ideen für meinen Schutz, wenn diese erfüllt worden sind. Ich hätte fast gesagt, es wären Peanuts für eine reiche Nation...aber das wäre dann doch gelogen."

Mycroft warf einen Blick auf die Forderungen und staunte nicht schlecht über diese. Offenbar war Irene Adler mehr als gründlich und keineswegs zurückhaltend gewesen. Doch das überraschte mich bei dieser Frau überhaupt nicht, denn sie mochte zwar vieles sein...aber bescheiden ganz bestimmt nicht.

,,Sie waren wirklich sehr...gründlich! Ich wünschte, die Unsrigen wären halb so gut wie Sie.", brachte Mycroft hervor und Irene zuckte mit den Schultern.

,,Ich kann das nicht alles mir anrechnen. Ich hatte ein bisschen Hilfe.", erwiderte sie, ehe sie sich an Sherlock wandte. ,,Jim Moriarty lässt herzlich grüßen!"

Ich erstarrte und spürte, wie mir das Blut geradezu in den Adern zu Eis gefror. Jim Moriarty! Der große Gegenspieler von Sherlock war also ihr kleiner geheimer Helfer gewesen. Wieso um alles in der Welt überraschte mich das jetzt nicht?
Es konnte ja nur dieser Mistkerl sein, der John und mich entführt und gegen Sherlock eingesetzt hatte.
Auch Sherlock spannte sich augenblicklich in dem Sessel an, was mir keineswegs verborgen blieb. Wenn ich schon eine tiefe Abneigung gegen Jim Moriarty verspürte...wie mochte es ihm wohl erst dabei gehen? Ich hatte, was das anging, eine dunkle Ahnung und lag damit wahrscheinlich gar nicht mal so falsch.

,,Er hat mir viele Tipps gegeben, wie ich die Holmes-Jungs am besten manipulieren kann.", riss mich die Stimme von Irene aus den Gedanken und sie erhob sich vom Stuhl. ,,Wissen Sie, wie er sie nennt?", setzte sie an und als Mycroft nichts erwiderte, schlich sich ein Lächeln auf ihr Gesicht. ,,Den Eismann...und die Jungfrau!"

Sie sah vielsagend zu Sherlock und ich konnte nicht fassen, wie eiskalt und selbstverständlich sie diese Informationen kundtat. Irene Adler schien keinerlei Gewissensbisse zu haben und genau deswegen hasste ich sie wahrscheinlich auch so sehr.

,,Ach, und was Sie angeht, Evelyn...auch Ihnen soll ich schöne Grüße bestellen. Er bezeichnet Sie als seinen persönlichen Joker...was auch immer das bedeuten mag.", fügte Irene hinzu und lächelte erneut. ,,Aber, was es auch ist...ich glaube, ich möchte nicht in Ihrer Haut stecken. Er freut sich jedenfalls, wenn sie beide sich mal wiedersehen."

,,Tja, dann können Sie ihm ja ausrichten, dass ich ihn mit einem Paar Handschellen und einer Zelle auf Lebenszeit empfangen werde.", gab ich eiskalt zurück und Irene wirkte mächtig amüsiert.

,,Natürlich! Ich bin sicher, er kann es kaum erwarten."

,,Da ist sie nun...die Domina, die eine ganze Nation in die Knie gezwungen hat.", sagte Mycroft schließlich und nickte ihr anerkennend zu. ,,Gut gespielt!"

,,Nein!", widersprach Sherlock und ich hob irritiert eine Augenbraue.

,,Was ist denn?"

,,Ich sagte Nein. Sehr, sehr nah dran...aber nein.", wiederholte Sherlock und stand auf, ehe er auf Irene zusteuerte. ,,Sie haben sich hinreißen lassen. Das Spiel war zu raffiniert...Sie hatten zu viel Spaß bei der Sache."

Nun war ich neugierig! Ich kannte Sherlock inzwischen gut genug, um zu wissen, dass es jetzt richtig interessant wurde. Er forderte Irene heraus und irgendwas sagte mir, dass er dieses Mal über die Domina triumphieren würde.

,,So etwas wie zu viel, gibt es gar nicht.", entgegnete diese siegessicher, doch Sherlock blieb vollkommen gelassen.

,,Oh, Nervenkitzel bei der Jagd ist in Ordnung. Für das Bedürfnis nach Unterhaltung bei dem Spiel, habe ich Verständnis...aber Gefühle..."

Mycroft und ich schauten beide ziemlich dumm aus der Wäsche, während sich Sherlock und Irene nun direkt gegenüberstanden und mit einem Mal, wie König und Königin auf dem Schachbrett wirkten und um den Sieg buhlten.

,,Gefühle sind ein chemischer Defekt, der auf der Verliererseite zu finden ist.", zitierte Sherlock seinen Vorsatz und Irene sah ihn irritiert an.

,,Gefühle? Wovon reden Sie da bloß?"

,,Von Ihnen!", erwiderte er und zuckte nicht einmal mit der Wimper.

,,Ach, du großer Gott! Sie armer Mann. Sie denken doch wohl nicht wirklich, dass ich an Ihnen interessiert war.", entgegnete sie und als Sherlock nichts sagte, setzte Irene noch Einen drauf. ,,Wieso? Weil Sie der große Sherlock Holmes sind? Der clevere Detektiv mit dem lustigen Hut?"

,,Nein!"

Sherlock beugte sich zu Irene Adler vor und für einen Moment glaubte ich schon, dass er sie küssen wollte. Doch er lehnte sich an ihr vorbei zum Tisch und griff nach dem Smartphone von ihr, ehe er sie wieder ansah und ich erkannte das typische Funkeln in seinen Augen, wenn er seinen Zug ausspielte.

,,John Watson denkt, die Liebe sei ein Rätsel für mich und wahrscheinlich ist Evelyn der gleichen Meinung.", setzte er an und sah kurz zu mir, woraufhin ich abwinkte.

,,Bei Ihnen wundert mich schon gar nichts mehr."

,,Die Chemie der Liebe ist unglaublich simpel und sehr destruktiv. Bei unserer ersten Begegnung sagten Sie, dass Verkleidung immer ein Selbstportrait ist...wie wahr! Ihre Maße als Kombination für Ihren Safe, aber das hier...das ist weitaus intimer. Das ist Ihr Herz und das sollten Sie niemals Ihren Kopf regieren lassen."

Ich konnte den Blick nicht von Sherlock abwenden, denn seine Deduktion war gerade so eindrucksvoll, dass es mir geradezu eine Gänsehaut verpasste. Und Sherlock tippte nun auf dem Handy von Irene etwas ein, ohne dabei den Blick von ihr zu wenden.

,,Irgendeine Zufallskombination und Sie wären jetzt hier mit den Früchten Ihrer Arbeit rausgegangen. Aber Sie konnten einfach nicht widerstehen, oder?", meinte Sherlock und seine Mundwinkel zuckten leicht. ,,Ich hab das schon immer angenommen. Liebe...ist ein gefährlicher Nachteil! Danke, für den endgültigen Beweis."

,,Nichts, von dem was ich sagte...ist wahr. Ich hab einfach nur...gespielt.", versuchte Irene die Situation noch zu ihren Gunsten zu ändern, aber genau in diesem Augenblick...setzte Sherlock Holmes sie schachmatt.

,,Ich weiß! Und jetzt gerade verlieren Sie!"

Er tippte noch eine Taste und dann drehte er das Handy zu Irene Adler, um ihr seine Schlussfolgerung zu demonstrieren. Auf dem Display stand nun I am SHERLOCKED und diese Lösung, schien die Domina wie ein Blitz zu treffen. Ihr liefen Tränen über die Wangen und Sherlock gab das Handy, welches nun endlich entsperrt war, an seinen Bruder weiter.

,,Hier, bitte. Ich hoffe, der Inhalt lässt den Ärger verfliegen, den du heute Abend vielleicht wegen mir hattest."

,,Da bin ich ganz sicher!", erwiderte Mycroft und Sherlock wandte sich ab.

,,Wenn du gnädig bist, sperr sie ein...sonst lass sie laufen. Ich bezweifle, dass sie ohne ihren Schutz lange überleben wird."

,,Erwarten Sie, dass ich um Gnade flehe?", brachte Irene schon fast verzweifelt hervor und Sherlock hielt inne.

,,Ja!"

,,Bitte!", sagte Irene mit brüchiger Stimme. ,,Sie haben Recht! Es würde nicht mal sechs Monate dauern."

Für einen kurzen Moment sah Sherlock sie an, doch ihre Mitleidstour schien bei ihm nicht mehr zu ziehen. Und verübeln konnte ich es Sherlock gar nicht, denn immerhin hatte Irene Adler ihn regelrecht benutzt.

,,Tut mir leid wegen des Essens.", sagte Sherlock und ging Richtung Ausgang. ,,Kommen Sie, Evelyn?"

,,Liebend gern! Schönen Abend noch, Mycroft!", sagte ich und wollte Sherlock schon folgen, als Irene mich noch einmal zurückhielt.

,,Ich dachte, gerade Sie würden mich verstehen. Sicherheit...ist niemals eine Garantie, Miss Headley! Denn, ganz gleich...was man auch versucht...es hört niemals auf."

Für einen Moment erstarrte ich und sie warf mir einen eindringlichen Blick zu. Ich spürte, wie Mycroft mich nun etwas verständnislos ansah, doch ich ignorierte es. Und schließlich wandte ich mich von Irene ab, ohne ihr eine Antwort zu geben.

Ich folgte Sherlock, der vor dem Haus auf mich wartete. Und schon wieder hatte er bewiesen, dass er einfach unschlagbar war und immer dann mit der Lösung des Rätsels kam, wenn man es am Wenigsten erwartete.

,,Das war beeindruckend!", gab ich zu und er grinste ein wenig.

,,Überrascht Sie das?"

,,Keineswegs! Aber verraten Sie mir eins...woher wussten Sie es?"

,,Woher wusste ich was?", fraget Sherlock und ich warf ihm einen vielsagenden Blick zu.

,,Dass Irene Adler Gefühle für Sie hegt."

,,Ich mag Gefühle vielleicht für einen chemischen Defekt halten, Evelyn...doch erkenne ich sie dennoch ziemlich schnell. Und ich dachte eigentlich, dass Sie mir jetzt sagen, dass es mehr als offensichtlich gewesen ist.", erwiderte er und nun war ich diejenige, die grinste.

,,War es ja auch! Aber ich wollte es von Ihnen persönlich hören."

,,Dann haben Sie Ihr Ziel ja erreicht.", gab Sherlock schmunzelnd zurück und ich nickte eifrig.

,,So ist es! Und jetzt würde ich liebend gern nach Hause, wenn Sie nichts dagegen haben. So beeindruckend Ihre Deduktionen auch sind...irgendwann ist Feierabend."

,,War das gerade ein Kompliment für meine Fähigkeiten?", hakte Sherlock nach und ich zuckte grinsend mit den Schultern.

,,Vielleicht! Bilden Sie sich ja nichts darauf ein."

,,Aus Ihnen soll man schlau werden.", brummte Sherlock und schüttelte kaum merklich den Kopf. ,,Ich kann es versuchen, so oft ich will...Sie bleiben mir ein Rätsel."

,,So ist das eben manchmal, Sherlock. Man kann nicht alles über jeden Menschen wissen.", erwiderte ich und warf ihm einen vielsagenden Blick zu, der allerdings auch ernst war. ,,Und glauben Sie mir...manche Fakten bleiben besser vor der Außenwelt verborgen."

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