Game over

Game over

Leonardo starrte Mycroft sprachlos an, der seinem Debüt als Django alle Ehre machte und würden Blicke wirklich töten können, dann hätte Cortes binnen weniger Sekunden bereits auf dem Boden gelegen. Nur wäre das ja viel zu einfach gewesen, denn er fing sich bereits wieder und ich hoffte, dass unser Plan funktionierte. Allerdings schien ich mir ganz umsonst Sorgen zu machen, denn Mycroft legte eine Darstellung hin, für die er locker einen Oskar gewinnen konnte.

,,Endlich begegnen wir uns mal persönlich, Mr. Cortes! Ich muss schon sagen...Sie sind genauso, wie ich es mir gedacht habe: arrogant, überheblich und unglaublich dämlich.", sprach Mycroft mit tiefer Stimme und Leonardo stand die Empörung ins Gesicht geschrieben.

,,Wer sind Sie und was wollen Sie?"

,,Oh, Verzeihung...wie unhöflich von mir. Erlauben Sie mir, mich vorzustellen: mein Name ist Django!", entgegnete Mycroft und Leonardo sah ihn unbeeindruckt an.

,,Nie von Ihnen gehört."

,,Nun, vielleicht kennen Sie mich unter meinem anderen Namen. Dieser dürfte Ihnen eher bekannt sein. Man nennt mich auch den Vollstrecker! Und das nicht im übertragenen Sinn."

Mycroft musterte Leonardo abfällig und eiskalt. Greg und Anderson waren ganz in ihren Rollen als Leibwächter und standen stumm wie Statuen da, während Mycroft nun langsam auf und ab ging und nun seine Umgebung betrachtete, ehe seine Blicke auf Sherlock, John und mich fielen.

,,Oh, eine dreifache Hinrichtung...wie ermüdend. Bringen wir diese Angelegenheit besser hinter uns, bevor ich mich zu Tode langweile."

,,Was wollen Sie? Ich kenne Sie ja nicht einmal.", fuhr Leonardo Mycroft an, doch der blieb vollkommen in seiner Rolle und ließ sich nicht aus der Ruhe bringen.

,,Aber Sie werden mich kennenlernen, Mr. Cortes. Denn mit Ihnen habe ich noch eine Rechnung offen und keine Kleine, wenn ich anmerken darf. Sie haben mich sehr verärgert und das muss bestraft werden."

,,Womit habe ich Sie bitte verärgert, wenn wir uns nie zuvor begegnet sind?"

,,Nun, zum Einen besitzen Sie die Dreistigkeit, in London Ihren Drogenhandel anlegen zu wollen. Doch das hier ist mein Revier und ich lasse mir nicht von Amateuren ins Handwerk pfuschen. Und nebenbei haben Sie auch noch Schuld am Tod von Alison Montgomery. Sie war eine sehr zuverlässige Informantin für mich und obendrein noch sehr nett. Allein dafür sollte ich Sie schon foltern und vierteilen."

Ich kam nicht mehr aus dem Staunen über die Showeinlage von Mycroft heraus. Nie hätte ich gedacht, dass er Django so überzeugend rüberbringen konnte, doch er übertraf all unsere Erwartungen. Und der Blick von Leonardo konnte sich wirklich sehen lassen, denn er war irritiert, schockiert und empört zugleich.
Mycroft schien seinen Spaß zu haben, denn er stützte sich gelassen auf seinem Totenkopfstock ab und in seinem langen schwarzen Mantel sah er ohne Zweifel wahrlich wie ein Mafiaboss aus, mit dem nicht zu spaßen war.

,,Ich habe Alison nicht umgebracht!", knurrte Leonardo, doch Mycroft interessierte dies herzlich wenig.

,,Und wenn schon! Sie haben sie leiden lassen und das ist schon mal Ihren Kopf wert. Ich mache keine halben Sachen und wer mich verärgert und obendrein noch meine Zeit verschwendet, der muss eben die Konsequenzen tragen. Und Sie werden mir dankbar sein, mein Freund. Ich bewahre Sie davor, ein Leben zu führen, welchem Sie ohnehin nicht gewachsen sind. Denn, wie Sie ohne Zweifel wissen...ist es mehr als schwierig, im Drogenhandel Fuß zu fassen und noch schwerer, erfolgreich zu sein. Und, dass Sie regelrecht erfolglos sind, demonstrieren Sie uns allen hier gerade.", gab Mycroft von sich und Leonardo funkelte ihn an.

,,Was soll das bitte heißen?"

,,Naja, Ihre Vorgehensweise lässt schon mal sehr zu wünschen übrig. Sie beabsichtigen ganz offensichtlich, diese junge Frau zu erschießen.", meinte Mycroft und deutete vielsagend auf mich. ,,Und offenbar scheint sie Polizistin zu sein, was die Sache noch viel schlimmer macht. Aber anstatt so wenig Spuren wie möglich zu hinterlassen, würde ein Mord durch eine Schusswaffe gleich doppelt so viele Hinweise bedeuten. Und ohne Zweifel sind diese beiden armen Geiseln dort die Nächsten. Bei denen gehen Sie entweder genauso schlampig vor, wie bei der Polizistin oder Sie lassen sich noch etwas Dämlicheres für sie einfallen. So oder so...es wird nicht lange dauern, bis die Polizei alle Hinweis zusammen hat und Sie hinter Gitter bringen wird. Was würde Daddy nur dazu sagen?"

Leonardo kochte sichtlich vor Wut und ich hatte wirklich alle Mühe, nicht in einem Lachanfall auszubrechen. Und während John sichtlich sprachlos auf Django starrte, so schien Sherlock die Maskerade seines Bruders bereits durchschaut zu haben, denn er wirkte ein wenig gelangweilt und verdrehte unauffällig die Augen.

,,Sie verschwinden jetzt besser, bevor ich mich vergesse!", entgegnete Leonardo und zischte. ,,LARRY!"

Ein Leibwächter betrat den Raumin schwarz gekleidet und mit Käppi tief ins Gesicht gezogen. Und als ich genauer hinschaute, erkannte ich Liam, der nun seinen Part ausführte und gehorsam nickte.

,,Sie haben gerufen, Sir!"

,,Ja! Schaff mir diesen Irren aus den Augen, bevor ich mich vergesse und ihn persönlich umlege.", zischte Leonardo und Liam alias Larry nickte.

,,Sehr wohl, Boss."

Er wollte gerade schon zur Tat schreiten, doch als er auf Mycroft/Django zuging, blieb er abrupt stehen und starrte ihn an, als stünde ein leibhaftiger Geist vor ihm.

,,Oh, mein Gott!", war alles, was Liam als Larry beim Anblick von Django hervorbringen konnte und Leonardo sah genervt rüber.

,,Gibt es ein Problem, Larry?"

,,Das...das...das ist Django!", stotterte er und nun runzelte Leonardo die Stirn.

,,Du kennst den?"

,,Sie etwa nicht? Er ist der gefürchtetste Mafiaboss in der Drogenbranche, den es je gab. Ohne Gnade metzelt er seine Widersacher nieder...bis nichts von ihnen übrig ist. Schickt ihren Familien einzelne Gliedmaßen als Abschiedsgeschenk...hinterlässt niemals Spuren. Wie ein Geist sucht er alle heim und verschwindet genauso schnell, wie er erscheint. Boss...bitte tun Sie mir das nicht an. Zwingen Sie mich nicht, ihn zu berühren."

Liam lieferte eine ebenso grandiose Darbietung wie Mycroft ab und Leonardo war ganz offenbar am Ende seiner Weisheit. Er schaute echt dumm aus der Wäsche und selbst Mycroft hatte nun alle Mühe, nicht zu grinsen. Ich nutzte die Gunst der Stunde und brach mein Schweigen.

,,Geben Sie es endlich zu, Cortes! Sie haben Alison getötet. Legen Sie ein Geständnis ab und ich verhafte Sie wegen Mordes. Oder Django häutet Sie, nachdem er Sie brutal gefoltert hat. Es ist Ihre Entscheidung!"

,,Wie oft denn noch? Ich habe dieses Miststück nicht getötet.", fauchte Leonardo und Mycroft unterstützte mich.

,,Wenn nicht Sie, wer dann?"

,,Ich!"

Wir alle fuhren herum, als eine weibliche Stimme ertönte. Und mir fiel die Kinnlade runter, als niemand Geringeres als Claire Davies aus dem Schatten trat und vielsagend in die Runde schaute.
Sie hatte Alison umgebracht? Damit hätte ich nun wirklich nicht gerechnet, aber ich hatte ja auch keine große Möglichkeit gehabt, den Fall weiter zu bearbeiten. Und, dass er sich nun praktisch von selbst löste, war irgendwie beunruhigend. Doch noch viel beunruhigender war Claire, die in ihren dunklen Klamotten und ihrem Auftritt wahrlich wie eine potentielle Killerin wirkte und nun einen missbilligenden Blick auf Mycroft warf.

,,Wer ist das denn?"

,,Das ist Django, Miss. Kommen Sie ihm besser nicht zu nahe.", entgegnete Liam/Larry, doch Claire ließ sich nicht davon beeindrucken.

,,Was Sie nicht sagen. Ich denke, wir sollten diese Schmierenkomödie jetzt beenden, bevor es richtig hässlich wird. Ich gebe Ihnen exakt 2 Minuten, um von hier zu verschwinden, Django oder Sie werden der Nächste sein."

,,Immer diese leeren Drohungen!", raunte Mycroft ihr entgegen. ,,Nur bedauerlicherweise haben Sie gerade einen schweren Fehler begangen, Miss Davies."

,,Ach, ja? Und welchen bitte?"

Claire musterte Mycroft siegessicher und ahnte nichts Böses. Doch ich wusste, was jetzt kommen würde und Mycroft lächelte triumphierend.

,,Sie sind direkt in die Falle getappt!"

,,ZUGRIFF!", brüllte Greg nun und zog seine Dienstwaffe.

Und schon stürmten dutzende Polizisten den Hallenraum und stürzten sich auf die Verbrecher. Leonardo und Claire wurden samt ihrer Kumpanen zu Boden geworfen und ich rannte zu Sherlock und John rüber.

,,John! Sherlock! Gehts euch gut?", fragte ich und John nickte.

,,Ja, das war knapp."

,,Natürlich geht es uns gut, bis auf dass ich vor Langeweile fast gestorben bin.", meinte Sherlock trocken und ich machte mich daran, die beiden von den Fesseln zu befreien.

,,Ach, kommen Sie! Sie hatten keine Ahnung was geschehen würde. Wie können Sie sich da gelangweilt haben?"

,,Ich wusste, dass Sie zur Übergabe kommen würden. Aber mir war auch klar, dass Sie zu stur sind, um Mr. Cortes einfach so davonkommen zu lassen. Da war es naheliegend, dass es einen geheimen Plan gibt."

Genervt verdrehte ich die Augen und befreite John und Sherlock schließlich von den Fesseln. Die beiden standen auf und während John sichtlich erleichtert zu sein schien, war Sherlock ganz er selbst und ich schüttelte den Kopf.

,,Sie sind unmöglich, Sherlock!"

,,Und Sie unglaublich berechenbar.", war seine Antwort, woraufhin ich seufzte.

,,Ich gebe es auf mit Ihnen zu diskutieren. Es wird ohnehin nichts bringen."

,,Aber der Plan war genial, Evelyn. Das muss ich schon sagen. Mycroft als Mafiagangster...hätte ich ihm gar nicht zugetraut.", bemerkte John anerkennend und ich musste grinsen.

,,Ich auch nicht! Aber um ehrlich zu sein war es nicht einmal mein Plan. Sondern der von Liam."

,,Natürlich! So ein Plan kann ja nur von Ihrem Ex-Freund kommen.", sagte Sherlock und ich buffte ihn gegen den rechten Arm.

,,Hey, er hat funktioniert und obendrein noch eure Freiheit gesichert."

John musste grinsen, als Sherlock mich nur unbeeindruckt ansah und ich richtete daraufhin den Blick gen Himmel. Sherlock nannte Liam stur, dabei war er doch genauso ein Sturkopf. Wenn nicht sogar ein Größerer.

,,Wie schön...das Trio ist wieder vereint!", ertönte da die Stimme von Liam und Sherlock deutete vielsagend auf ihn.

,,Wenn man vom Teufel spricht!"

,,Danke für deine Hilfe, Liam. Du und Mycroft...ihr ward unglaublich.", sagte ich und er schenkte mir ein freudiges Lächeln.

,,Jederzeit, Evelyn! Außerdem hat es Spaß gemacht, Leonardo Cortes zum Narren zu halten. Und jetzt wandert er samt Claire Davies hinter Gittern. Alison wäre begeistert."

Liam grinste vor sich hin und ich war ebenfalls froh, dass der Fall abgeschlossen war. Und er würde ganz sicherlich niemals in Vergessenheit geraten, denn Mycroft als Django war definitiv ein unglaubliches Erlebnis gewesen.

,,Zeit zu gehen. Kommen Sie, John!", sagte Sherlock und wollte gehen, als ich ihn aufhielt.

,,Sherlock, Sie sollten wenigstens einen Arzt aufsuchen. Immerhin hat dieser Verrückte Sie verletzt."

,,Ich werde schon nicht daran sterben, Evelyn. Außerdem ist John Arzt und wird mit der Verletzung sicher fertig werden."

Ohne eine weitere Antwort von mir abzuwarten, ging er davon und ich sah ihm nur perplex nach. John tätschelte mir die Schulter und wusste offenbar, was mir durch den Kopf ging.

,,Keine Sorge, Evelyn. Ich sorge schon dafür, dass er am Leben bleibt. Vielen Dank nochmal für deine Hilfe. Oder besser gesagt für eure. Danke, Liam."

,,Nicht dafür, Dr. Watson! Es war cool, Sie und Sherlock mal persönlich kennenzulernen.", erwiderte Liam und John verschwand mit einem Lächeln.

Ich sah dem Duo noch nach und schüttelte nur fassungslos den Kopf. Typisch Sherlock, der nach dem ganzen Theater einfach so davon spazierte, als wäre nie etwas gewesen. Aus dem Augenwinkel heraus nahm ich das breite Grinsen von Liam wahr, der meinem Blick folgte und sichtlich amüsiert war.

,,Du stehst auf ihn!"

,,Das tue ich nicht, Liam. Und wenn du das noch einmal behauptest, dann landest du bei Cortes in der Zelle.", gab ich zurück und er zuckte mit den Schultern.

,,Wenn du meinst."

Die nächsten Minuten standen wir schweigend da und ich konnte immer noch kaum glauben, dass unser Plan wirklich funktioniert hatte. Ich musste mich wohl noch bei Mycroft für seine grandiose Darbietung bedanken, denn er war wirklich einsame Spitze gewesen.
Ich war so in Gedanken, dass ich zusammenzuckte, als Liam mit einem Mal unser Schweigen wieder unterbrach und auf einmal ziemlich bedrückt wirkte.

,,Es tut mir leid, Evelyn.", sagte er und ich sah ihn irritiert an.

,,Wieso? Dein Plan hat doch funktioniert. Da sollte ich mich eher bei dir entschuldigen."

,,Nein, das meinte ich nicht. Ich meine wegen damals. Es tut mir leid, wie das alles gelaufen ist. Ich hatte niemals die Absicht, dich zu verletzen...das musst du mir glauben."

Ich sah Liam überrascht an und war zuerst so perplex, dass ich nichts sagen konnte. Er meinte es ernst, das wusste ich und außerdem war es ihm anzusehen. Aber es überraschte mich, dass er dieses Thema jetzt zur Sprache brachte.

,,Ist schon gut, Liam! Zu einer Beziehung gehören immer Zwei und ich habe auch Fehler gemacht. Es tut mir leid, dass ich dich so herablassend behandelt habe.", erwiderte ich und nun kehrte das Lächeln von Liam zurück.

,,Aber genau das war der Grund, weshalb ich mich damals in dich verliebt habe. Dein Temperament hat mich vom ersten Moment an umgehauen und das hat sich auch bis heute nicht geändert. Ich bin froh, dass wir uns wieder begegnet sind. Auch, wenn die Umstände besser hätten sein können."

Ich musste schmunzeln und nickte zustimmend. Ein Mord war niemals eine schöne Angelegenheit für ein Wiedersehen, aber ich teilte die Meinung von Liam. Ich war ebenfalls froh, dass sich unsere Wege wieder gekreuzt hatten. Auch, wenn ich am Anfang weniger begeistert war.

,,Tja, dann werde ich mal besser gehen. Zeit für mich, England den Rücken zu kehren.", sagte er.

,,Wo wirst du hingehen?"

,,Ich weiß es noch nicht. Aber ich schicke eine Postkarte...versprochen!"

Wir beide mussten grinsen und nun verspürte ich den Wunsch, dass Liam nicht sofort wegging. Zwar konnte er mir gehörig auf die Nerven gehen, aber es war auch schön gewesen, einen alten Bekannten um sich zu haben. Wenn auch nur für kurze Zeit.

,,Du bist etwas Besonderes, Evelyn. Vergiss das niemals, okay?", meinte er auf einmal und ich nickte kaum merklich.

Einen Moment verbrachten wir wieder mit Schweigen und Liam wirkte nun ziemlich nachdenklich. Als schien er mit sich zu hadern und zu zögern. Aber bevor ich fragen konnte, beugte er sich vor und küsste mich.
Ich war überrascht, aber ließ es zu und erwiderte den Kuss. Schließlich beendete Liam ihn und lächelte leicht, während er mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht strich.

,,Das war das perfekte Abschiedsgeschenk!", bemerkte er und ich schmunzelte.

,,Pass auf dich auf, Liam."

,,Du auch auf dich, Evie. Und solltest du jemals wieder Hilfe brauchen...dann lass es mich wissen. Ich bin immer für dich da...versprochen!"

Ich nickte zustimmend und schließlich wandte sich Liam von mir ab, ehe er seiner Wege ging. Ein paar Minuten blieb ich noch stehen und sah ihm nach. Und ich wusste nicht warum oder weshalb...aber ich hatte das eigenartige Gefühl, dass Liam und ich uns eines Tages wiedersehen würden.

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