Die Last der Schuld

Hallo, alle zusammen :)
Weiter geht's mit den nächsten Kapiteln und ich wünsche euch viel Spaß beim Weiterlesen ;)

Liebe Grüße,
Hela

Die Last der Schuld

Alicia PoV

Zwei Wochen nachdem Sherlock aufgebrochen war, um Evelyn aufzuspüren, konnte ich immer noch nicht so richtig glauben, dass sie wahrhaftig am Leben war. John und ich hatten natürlich unser Wort gehalten und gleich, nachdem wir Sherlock am Flughafen abgesetzt hatten, Mrs. Hudson erklärt, weshalb Sherlock so überstürzt aufgebrochen war. Und bis heute, hatte ich ihren Gesichtsausdruck nicht vergessen, mit dem sie die neuesten Entwicklungen aufgenommen hatte.

Zwei Wochen zuvor...

,,Evelyn lebt?", brachte Mrs. Hudson hervor und John nickte zustimmend.

,,Ja! Es ist wie bei Sherlock damals...sie hat ihren Tod vorgetäuscht und England danach verlassen."

Die Vermieterin von Sherlock wirkte einen Moment lang wie vor den Kopf gestoßen, was ich ihr keineswegs verdenken konnte. Immerhin erfuhr man ja nicht jeden Tag, dass eine geliebte Person den eigenen Tod vorgetäuscht hatte und insgeheim am Leben war. Aber dann verwandelte sich der ungläubige Blick von Mrs. Hudson in ein Strahlen und sie klatschte vor Freude in die Hände.

,,Ach, das ist ja fantastisch. Und jetzt wird Sherlock nach ihr suchen und Evelyn zu uns zurückbringen.", entgegnete sie aufgeregt und John konnte ein Lächeln nicht verbergen.

,,Ja. Zumindest hat er das vor."

,,Hoffen wir mal, dass er sie auch wirklich findet.", pflichtete ich bei, woraufhin Mrs. Hudson mir die Schulter tätschelte.

,,Seien Sie unbesorgt, Liebes. Wenn Sherlock sich erstmal was in den Kopf gesetzt hat, dann ist er nicht mehr aufzuhalten. Und ich hab schon befürchtet, der Arme geht am Tod von Evelyn völlig zu Grunde. Er hat ja kaum gesprochen und nicht ein einziger Fall...im ganzen letzten Jahr nicht."

Mrs. Hudson seufzte und man konnte ihr ansehen, dass sie Sherlock trotz seiner Art und Weise ins Herz geschlossen hatte. Und sie hatte sich immerhin auch große Sorgen um ihn gemacht, weil Sherlock sich völlig isoliert und niemanden mehr an sich herangelassen hatte.

,,Er hat es anscheinend nicht über sich gebracht. Der Tod von Evelyn...der hat ihm mehr zugesetzt, als wir alle dachten. Und ich hab es nicht bemerkt.", brachte John hervor und schien wütend auf sich selbst zu sein. ,,Ich habe ihn dazu gedrängt weiterzumachen und mit der ganzen Sache abzuschließen. Dabei ging es Sherlock viel schlechter, als uns bewusst war und ich als sein bester Freund habe es nicht bemerkt."

Ich legte meinem Freund eine Hand auf seine zusammengefalteten Hände und er strich dann mit seiner rechten Hand über sie, während er mich niedergeschlagen ansah. Aber Mrs. Hudson versuchte nun ebenfalls, John zu besänftigen und sah ihn zuversichtlich an.

,,Nehmen Sie es nicht so schwer, John. Sherlock kann man ja auch nur schwer durchschauen. Und die Hauptsache ist doch, dass Evelyn lebt und bald wieder nach Hause kommt."

Da hatte Mrs. Hudson zweifellos Recht! Evelyn war am Leben und das war das Einzige was zählte. Und Sherlock würde sie finden...da waren wir uns alle ganz sicher.

***

Beim Gedanken an den Tag musste ich seufzen und strich gedankenverloren über meinen Bauch. Nachdem ich festgestellt hatte, dass ich schwanger war, da war ich überglücklich gewesen und hatte John natürlich sofort die Nachricht überbracht, dass er Vater wurde. Und obwohl wir beide überglücklich gewesen waren, so hatte ich auch daran denken müssen, dass Evelyn es nicht miterleben würde. Dabei hatten wir uns damals schon versprochen, dass wir, sollten wir jemals Kinder haben, jeweils zur Patentante werden würden. Und bis vor kurzem hatte ich noch geglaubt, dass ich Evelyn niemals darum bitten könnte, aber die Tatsache, dass sie lebte, änderte natürlich alles. Und wenn Sherlock es wirklich schaffte, sie nach Hause zu holen, dann würde das Grauen endlich ein Ende nehmen.
Die Tür öffnete sich und John kam nach Hause. Er warf mir einen liebevollen Blick zu und steuerte direkt auf mich zu, um mich zu begrüßten.

,,Hey, wie fühlst du dich?"

,,Ganz gut. Ich kann es kaum erwarten, bis wir endlich erfahren, was es wird.", sagte ich und John lächelte.

,,Ja, ich bin auch schon ganz gespannt. Aber ganz egal, ob Junge oder Mädchen...es wird das tollste Kind der Welt sein."

,,Angeber!", neckte ich ihn und John gab mir nun einen sanften Kuss, den ich erwiderte, ehe ich ihn erwartungsvoll ansah. ,,Hat sich Sherlock bei dir gemeldet?"

,,Noch nicht! Aber ich bin mir sicher, dass er mir schreiben wird, wenn er eine Spur hat. Es ist sicher nicht leicht, Evelyn aufzuspüren."

,,Aber er wird es doch schaffen, oder?", äußerte ich nun verunsichert und John umfasste mein Gesicht.

,,Alicia, Sherlock ist der sturste und zielstrebigste Mensch, den ich kenne. Er wird nicht aufhören zu suchen, bis er Evelyn gefunden hat."

John wollte mir Mut machen und es gelang ihm. Er hatte Recht! Sherlock lag selbst unheimlich viel an Evelyn. Da würde er nicht ohne sie nach England zurückkehren. Und wenn es eben dauerte, bis er sie gefunden hatte...dann mussten wir solange warten, bis er uns mit der rettenden Nachricht erlöste. Aber ich konnte es kaum erwarten, meine beste Freundin wieder in die Arme zu schließen.

,,Ich freue mich schon, sie wiederzusehen. Und wenn Evelyn erstmal wieder da ist, dann wird alles gut. Dann können wir sie zu Patentante machen und..."

,,Alicia!", unterbrach John mich und warf mir einen eidringlichen Blick zu. ,,Hol auch mal Luft. Noch ist Evelyn nicht hier und ich glaube nicht, dass wir es gleich überstürzen sollten."

,,Du freust dich doch auch, wenn sie wieder zu Hause ist oder nicht?"

,,Natürlich tue ich das. Aber wir dürfen bei der ganzen Wiedersehensfreude nicht vergessen: Evelyn könnte sich verändert haben! Ich meine, sie war ein Jahr lang isoliert und war weg von ihrer Heimat und ihren Freunden. Und wenn wir bedenken, dass sie ihre Zeit damit verbracht hat, das Netzwerk ihres Bruders zu zerlegen, dann könnte es durchaus sein, dass das seine Spuren bei ihr hinterlassen hat. Wir sollten also behutsam vorgehen und sie nicht überfordern.", meinte John und ich dachte über seine Worte nach.

Konnte Evelyn sich wirklich so verändert haben? Ich kannte ihre Vergangenheit und ich wusste, wie viel Leid sie hatte ertragen müssen, aber konnte ein Jahr ohne uns und ohne ihre Heimat, sie zu einem anderen Menschen machen?
Es beunruhigte mich und mit einem Mal machte ich mir Sorgen, wie Evelyn reagieren würde, wenn Sherlock auf einmal vor ihr stand. John schien meine Gedanken zu lesen, denn er sah mich zuversichtlich an und legte seine rechte Hand an meine Wange.

,,Keine Sorge, Schatz! Sherlock ist hart im Nehmen. Er wird sich nicht von ihr abwimmeln lassen. Ohne Evelyn wird er bestimmt nicht zurückkommen."

,,Ja, du hast sicher Recht!", stimmte ich zu und nun lächelte ich leicht. ,,Und vielleicht finden die beiden ja auch endlich zueinander, wenn Evelyn wieder hier ist. Sherlock und Evie..sie gehören einfach zusammen."

,,Versuch mal, das den beiden klar zu machen. Ich habe mein Glück schon versucht und bin hoffnungslos gescheitert.", seufzte John und ich zuckte mit den Schultern.

,,Ich habe Geduld! Und wenn ich es ihnen 1000 Mal sagen muss...irgendwann werden sie es schon einsehen und dann...kommt endlich zusammen, was zusammen gehört."

***

Als John und ich einige Stunden später zusammen im Bett lagen, wälzte ich mich hin und her und starrte schließlich gedankenverloren an die Decke. Es machte mich fast wahnsinnig, dass Sherlock nichts von sich hören ließ und zerbrach mir den Kopf darüber, wo er und Evelyn wohl sein konnten.
Die Erde war immerhin groß und es gab unzählige Orte, an denen sie sich jetzt gerade befinden konnten. Entweder waren sie meilenweit voneinander entfernt, oder es trennten sie nur wenige Meter voneinander und sie würden sich bald gegenüber stehen.

Mein Blick wanderte zu John, der neben mir lag und seelenruhig schlief. Er war so fest davon überzeugt, dass Sherlock Evelyn finden und zurückbringen würde, dass er anscheinend wirklich nur darauf wartete, dass sein bester Freund ihm die entsprechende Nachricht zukommen ließ und die Warterei endlich beendete. Ich hingegen, musste jetzt wieder daran denken, dass alles auch ganz anders hätte ausgehen können.

Als ich damals erfahren hatte, dass Vincent aus seiner Anstalt geflohen war, da hatte ich natürlich keine Zeit verloren und hatte sofort die Suche nach ihm angeordnet. Als wir ihn jedoch nicht hatten finden können, hatte ich mich auf den Weg nach London gemacht, um Evelyn vor ihrem wahnsinnigen Bruder zu warnen. Aber wenn ich gleich losgefahren wäre, nachdem man mir die Nachricht mitgeteilt hatte, dann hätte ich doch mit Sicherheit verhindern können, dass Evelyn sich dem Spiel des Todes stellen musste. Oder wenn ich Sherlock und John noch vor dem Maskenball einfach gesagt hätte, wer Evelyn wirklich war und welche Schatten ihre Vergangenheit belasteten, dann hätten die Zwei sicher eine Lösung gefunden und wir wären gar nicht erst in die Fänge von Vincent geraten.

Meine Schuldgefühle diesbezüglich lasteten schwer auf mir und ich wünschte mir, dass ich Evelyn endlich sagen konnte, wie leid es mir tat. Natürlich würde sie, wie ich meine beste Freundin kannte, die ganze Schuld auf sich nehmen und es wieder so hinstellen, als hätte es keinen anderen Weg gegeben, aber das hätte es. Es hätte einen anderen Weg gegeben und ich hätte ihn nur gehen müssen.
Und noch ein Gedanke drängte sich in den Vordergrund. Denn, selbst wenn Sherlock wirklich Erfolg hatte und Evelyn aufspüren konnte...Vincent war noch da draußen. Ihm war immerhin damals die Flucht gelungen, als die Polizei sein Versteck gestürmt und uns befreit hatte. Zwar hatte John mir erzählt, dass Mycroft wohl noch sämtliche Hebel in Bewegung gesetzt, um den Bruder von Evelyn zu finden, aber ohne Erfolg. Allerdings wunderte es mich nicht, denn bisher hatte diese miese kleine Ratte es ja immer geschafft, sich so gut zu tarnen und all seine Spuren zu verwischen, sodass man ihn nicht finden konnte. Ich konnte also nur hoffen, dass Sherlock und Evelyn zurück waren, bevor Vincent noch irgendwas bemerkte und am Ende noch rausfand, dass Evie ihren Tod nur vorgetäuscht hatte. Denn, sollte er Wind davon bekommen...dann war das Spiel des Todes sicher nur ein harmloser Vorgeschmack auf seine Rache gewesen.

,,Kannst du nicht schlafen?", fragte John mit einem Mal, der mich verschlagen ansah und ich schüttelte kaum merklich den Kopf.

,,Nicht wirklich! Ich muss die ganze Zeit an Evie denken."

John setzte sich auf und ich fühlte mich mies, weil er meinetwegen aufgewacht war. Er legte einen Arm um mich, woraufhin ich mich an ihn lehnte und John ließ natürlich nichts unversucht, damit ich mich besser fühlte.

,,Mach dir nicht zu viele Sorgen. Evelyn ist schlau und weiß, wie sie sich verstecken muss. Vincent wird schon nicht rausfinden, dass sie am Leben ist. Und wenn Sherlock sie gefunden hat, dann wird er sie vor allem und jeden beschützen. Das hat er schon getan, seit sie damals hergezogen ist und angefangen hat, mit uns gemeinsam zu arbeiten. Er würde eher sterben, als zuzulassen, dass ihr was passiert."

John sah mich zuversichtlich an und gab mir einen Kuss auf die Schläfe, während ich seine Worte verinnerlichte. Sherlock war immerhin der beste Freund von John und wenn jemand wusste, wie Sherlock dachte und möglicherweise handeln würde, dann war es mein Freund. Und angesichts der Tatsache, dass Sherlock den scheinbaren Tod von Evelyn wirklich kaum verkraftet hatte, glaubte ich ebenfalls daran, dass er sie unter allen Umständen schützen würde.

,,Was ist, wenn Vincent herausfindet, dass Evie am Leben ist? Was sollen wir dann tun?", brachte ich hervor und John strich nun leicht über meinen gewölbte Bauch.

,,Dann werden wir einen Weg finden, um Evelyn vor ihm zu beschützen. Dieses Mal wissen wir Bescheid und er kann uns nicht mehr überraschen. Außerdem ist er allein und wir sind in der Überzahl. Und wir haben Greg, die Polizei und Mycroft...wir haben so viele Möglichkeiten, um Vincent auszuschalten, da wird er es vielleicht gar nicht erst riskieren, sich mit uns anzulegen."

,,Da kennst du Vincent aber schlecht.", entgegnete ich und nun warf ich meinem Freund einen ernsten Blick zu. ,,Selbst wenn du eine ganze Armee hättest...sowas hat ihn noch nie abgeschreckt. Er ist gnadenlos und wer sich zwischen ihn und Evelyn stellt, der wird von ihm brutal aus dem Weg geräumt. Vincent ist gnadenlos und wird nicht eher ruhen, bis er sein Ziel erreicht hat. Erst, wenn er hat, was er will...dann wird dieses grausame Spiel enden."

Es graute mich davor, was Vincent tun könnte, sollte er die Wahrheit herausfinden. Denn ich wusste ja, was er in der Vergangenheit schon getan hatte und er würde vor nichts zurückschrecken, um seine wahnsinnigen Ziele durchzusetzen. Und auch, wenn ich mir insgeheim wünschte, Evelyn hätte ihren Tod nicht vorgetäuscht, so konnte ich auch verstehen, warum sie diesen Weg gewählt hatte. Denn, sie wusste genauso gut wie ich: wenn man sich mit ihrem Bruder anlegte, dann würde Einen nichts anderes erwarten, als ein grausamer und qualvoller Tod. Und mein Gefühl warnte mich inständig davor. Das Spiel des Todes hatte begonnen, als Evelyn nach London gekommen war...und es war noch lange nicht zu Ende gespielt.

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